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1188 Großbritannien. ^Loudon, 10. Juni. Gegen alle Erwartung wurde die Judenbill, die auf der vorgestrigen Tagesordnung des Unterhauses stand, zum zweiten male gelesen, ohne daß sich ein Laut dagegen erhob. Als der Sprecher ver kündigte, daß der Negicrungsantrag die des HauseS habe, brach ein Beifallssturm von der ministeriellen Seite des Hauses aus, der das Ge murmel auf der entgegengesetzten Seite erstickte. Daß die Conscrvativcn ohne Schwertstreich die Zulassung der Juden ins Parlament unterschreiben wür den, durfte nicht angenommen werden, obwol sie die Unpopularität dieses Widerstandes fühlen mögen. Man sah mehre ihrer notabeln Führer den Saal verlassen, ohne Zweifel, um eine Confercnz zu halten und den Scha den womöglich auszubesscrn. In dieser Meinung war man auch nicht'ge täuscht. Im Verlaufe des Sitzungsabcnds erhob sich Sir F. Thesiger, der gelehrte, aber sehr langweilige Advocat der Tories, und „informirte das Haus über die Maßregeln, welche er in Bezug auf die Eidesbill zu ver folgen gedenke^. Obwol er sich vorgenommen, der zweiten Lesung der Bill kciney Widerstand entgegcnzusetzen, so habe er doch mit Ucberraschung be merkt, zu welchem „MiSverstänbniß" der Beifall leiten mußte, der sich auf der entgegengesetzten Seite des Hauses erhob. Deshalb erkläre er, daß er in hcr Comitesitzung des Hauses dem vorgcschlagcnen Eide die Worte „bei dem treuen Glauben eines Christen" anhängen werde. Pflichtgemäßer Bei fall erscholl von konservativer Seite, der übersetzt sagen sollte: wir lassen die Juden nicht ins Parlament. Im Grunde hat sich die Situation trotz der Motion der Negierung nicht geändert. Im conservativen Lager rechnet man auf die Lords im Obcrhause, das beweist der Ton ihrer Journale, die dem Parlament zugckommcncn Petitionen, die frommen Meetings >c. Nicht blos die Hochkirchlichen, sondern auch die Nomisch-Kalholischen, die in der Wolle gefärbt sind, halten die Agitation gegen die Zulassung der Juden lebendig. So wurde kürzlich ein zahlreich besuchtes katholisches Meeting ge halten, dem der Herzog v. Norfolk präsidirte und bei welchem alle einfluß reichen Jünger des Cardinals Wiseman zugegen waren. Die Rcgierungs- bill für die Emancipation der Juden wurde als eine „Gefahr für die ka tholische Kirche" erklärt, als eine „Unwürdigkeit und Ungerechtigkeit", und der Beschluß wurde gefaßt, daß die Bill bei ihrer Discussion in der Co- mite'sitzung des Parlaments ein Amendement erhalten müsse. Wie wir ge sehen haben, entledigte sich Sir F. Thesiger dieses frommen Wunsches an dem selben Tage, woraus zu ersehen, daß in „Judensachcn" die bittere Feind schaft zwischen Exeter-Hall und Nom zum Schweigen gebracht wird. Es ist hier am Platze, eines Documents zu gedenken, das in Form einer „Pe tition treuer Christen von Testworth" dem Parlament vor einigen Tagen eingcreicht wurde. Unter den Gründen, welche gegen die Zulassung der Ju den ins Parlament angeführt werden, heißt es: „daß die Leute, gewöhnlich Juden genannt, nicht Engländer, Schottländer oder Irländer sind; daß sie eine Nation für sich bilden und nicht nur einen Messias erwarten, sondern sogar ein Land zu ihrem Bcsitzthum verlangen, entweder England oder Pa lästina; daß sie die Göttlichkeit unsers Herrn Jesus Christus leugnen; daß sie weder als Freunde noch als Feinde der Christen ins Parlament zugc- lassen werden dürfen. Die Petitionircnden bitten deshalb, daß die Leute, im gewöhnlichen Leben Juden genannt, niemals in das chrenwerthe Unter haus zugelasscn werden mögen". Zu Ehren des englischen Volks sei cs ge sagt, daß diese zelotischcn Ausbrüche sincs unverantwortlichen Glaubcnsei- fers nur in wenigen Petition Exemplaren dem Parlament zugestellt wurden, daß hingegen die Zahl der liberalen Petitionen, welche die Negierungsbill unterstützen, die weitaus größte Majorität bilden und von Tausenden un terschrieben sind. — Vorgestern gab der Minister des Innern Notiz von zwei Regierungsmaßregeln, deren eine für die Vermehrung von Negicrungsbc- amtcn für die kirchliche Commission, die andere für die reformato rischen Schulen bestimmt ist. In Oppositionskreiscn herrschte die Mei nung vor, daß diese Maßregeln eingeführt werden, um eine Anzahl Anstel lungen für die Zeit der Session in Bereitschaft zu halten. Infolge dieser Ansicht erhob sich Lord Goderich, der bekannte Administrativreformcr, ehe das Haus sich in Comitcsihung über die Crcditbcwilligung vertagte, und lenkte die Aufmerksamkeit des Hauses auf die gegenwärtige Weise der Zu lassung zum Civildienst hin. Er drang darauf, daß die Regierung das Sy stem rcformiren solle, welches bisher bei Zulassung von Beamten befolgt wurde. Er verlangte das System der offenen Prüfung der Aemterbcwer- ber. Andere Redner ließen sich über das fortwährend im Schwünge be findliche Protectionssystem aus. Der Finanzministcr verschanzte sich hinter die „Prärogative der Krone" und hielt es nicht für gut, die „Commis der Negierung" einer öffentlichen Prüfung zu unterwerfen. — Es dürfte für viele auswärtige Leser nicht ohne Interesse sein, wenn wir das Neueste über öas Schicksal Bakunin's zu weiterer Kcnntniß bringen. Wir erhalten die Nachricht von einer Person, die dem Hötel der hiesigen russischen Gesandt schaft nahesteht. Bakunin'ö Gefangenschaft auf der Festung Schlüsselburg war trotz vieler Milderungen, die er erfuhr, seiner Gesundheit sehr ver derblich. Eine Lähmung der Beine und nahe Erblindung standen ihm be vor. Dem Einflüsse hochstehender Personen am russischen Hofe gelang cs, die Fcstungsstrase in eine Transportation nach Sibirien zu verwandeln. Omsk, eine Stadt von etwa 15,000 Einwohnern und im Centrum Sibiriens, unweit der Grenze der kirgisischen Stämme gelegen, ist ihm zum Aufent haltsort angewiesen worden. Der Gesundheitszustand Bakunin's soll jedoch seine sofortige Reise nicht möglich machen, und man glaubt, daß ihm bis zu seiner Herstellung der Aufenthalt bei seinen Verwandten in Twer ge stattet werde.— Wie man uns mittheilt, haben sich im Hötel der öster reichischen Gesandtschaft eine Anzahl ungarischer Flüchtlinge zur An- ! nähme der Amnestie gemeldet. Graf Apponyi ist in dieser Beziehung vom liberalsten Geiste beseelt und erbot sich sogar jenen ungarischen Offizieren, welche vor dem Ausbruch des Kriegs in derselben Eigenschaft in der oster- rcichischen Armee dienten, Pässe nach Oesterreich zu ertheilcn. Von diesem Anerbieten scheint jedoch, wegen Ungewißheit der Lage der Zurückkehrenden und ob etwa ein Kriegsgericht den liberalen Ansichten des Grafen Apponyi nicht cntgegcnhandle, vorläufig kein Gebrauch gemacht worden zu sein. Von den hiesigen wiener Flüchtlingen hat sich keiner um eine Amnestie beworben. Niederlande. Der Voß'schcn Zeitung schreibt man aus Mitteldeutschland vom 4. Juni: „Ein bisher heimlich gehaltener Protest dcrIHäupter des holländischen Episkopats, des Erzbischofs von Utrecht und der Bischöfe von Haarlem und Deventer, gegen das neue Dogma der «unbefleckten Empfängniß der Jungfrau Maria» ist in distinguirte weltliche Kreise gedrungen und hat dort, da er den Niß, welcher zwischen dem Römischen Stuhl und jenem Episkopat durch das gedachte Dogma entstanden, vollständig documcntirt, ein ungemein lebhaftes Interesse erregt. Jene Würdenträger der katholischen Kirche erklären hier unumwunden: «In Wahrheit, daß wir jenes Dogma offen verwerfen und ihm entgcgentreten, gebührt gleicherweise der Würde unsers Amts, dem katholischen Glauben und Vertheidigern der Wahrheit. Die Bischöfe der katholischen Kirche hatten nicht die Freiheit, ihre Mei nungen über diese Lehre auszudrückcn; kein Ohr ist den Stimmen ihrer Kirchen geliehen worden, sondern blos aus dem Munde Derer, welche nach Nom gingen, wurde überhaupt eine Ansicht angehört. Wegen dieser gegen das Episkopat begangenen Ungerechtigkeit behalten wir uns das Recht vor, eine Berufung an ein künftiges Generalconcil zu machen.»" Rußland. Aus Königsberg vom I I. Juni wird mitgctheilt: „Nach hier einge- troffencn zuverlässigen Nachrichten aus Petersburg hat der neue russische Zolltarif die kaiserliche Sanction erhalten, und wird unverzüglich ver öffentlicht werden." Posen, 5. Juni. Aus Galizien berichten die polnischen Zeitungen, daß unter der ländlichen Bevölkerung selbst große Noth herrsche; die Bauern, welche früher zu den Wohlhabenden gehörten, sind so heruntergekommen, daß sic nicht einmal mehr die Abgaben bezahlen können. Daher werden jetzt viele Grundstücke und zwar zu Spottpreisen verkauft. Der Grund dieser beklagens- werthen Erscheinung liegt, den Zeitungen zufolge, in der unglaublich geringen Geistesbildung der ländlichen Bevölkerung und in dem Wucher von Seiten der Juden, die gegenwärtig überall auf dem besten Wege zu sein scheinen, alles edle Metall in ihre Taschen zu locken und alle Christen zu Bettlern zu machen. Besser könne es nicht eher werden, als bis die Landleute gezwungen würden, ihre Kinder in die Schule zu schicken, und bis den Wirthen Darlehne zu billigen Zinsen zugänglich gemacht werden. Die hie sige Zeitung macht dazu die behcrzigenswerthe Anmerkung, daß die zahl reichen Landleute, die jetzt aus allen Theilen Deutschlands nach Amerika auswandcrn, viel besser daran thäten, wenn sie nach Galizien gingen, wo sie Bauergüter, befreit von allen gutsherrlichen Lasten, für sehr mäßige Preise erwerben könnten. Es herrschen dort jetzt ähnliche Zustände wie im Großherzogthum Posen unmittelbar nach Freigcbung des Bauernstandes und nach Negulirung der bäuerlichen Verhältnisse. Damals wurden auch bei uns die Bauergüter geradezu verschenkt. Die unter der Bürde derHofc- dicnste ausgewachsene Generation war in dem eigenen Grundbesitz nur eine Last zu erblicken gewohnt, und cs kam nicht selten vor, daß regulirungs- fähige Bauern mit Tagelöhncrbesitzungen tauschten, um der Mühe der Be- wirlhschaftung mit eigenem Inventar überhoben zu sein. Wie sehr hat sich das in kurzer Zeit geändert! Das höchste Streben des Feldarbeitcrs geht jetzt auch bei uns dahin, ein Stück eigenes Land zu erwerben, und die früher fast werthlosen Wirthschaften werden jetzt mit vcrhältnißmäßig hö her« Preisen bezahlt als größere Güter. In Galizien nehmen jetzt die Dinge denselben Verlauf, zumal das Land überaus fruchtbar ist und im mer neue Absatzwege sich eröffnen. Für deutschen Fleiß ist Galizien eine reiche Quelle künftigen Wohlstandes. «Königreich Sachsen. Dresden, 11. Juni. Das Dresdner Journal schreibt: „Seit gestern circulirt hier das beunruhigende Gerücht, Se. Maj. der König seien in Slresa erkrankt. Indem wir auf die in der vorgestrigen Nummer unsers Blatts mitgetheilten Nachrichten ans Stresa verweisen, können wir auf Grund von Erkundigungen, die wir heute an unterrichteter Stelle eingezo- gcn haben, versichern, daß das erwähnte Gerücht von einer Erkrankung Sr. königl. Maj. erfreulicherweise aller und jeder Begründung entbehrt." -s. Reichenbach, 10. Juni. Am 7. Juni brannten gegen Mittag in dem an der von Reichenbach nach Zwickau führenden Chaussee gelegenen Dorfe Schönfcls zwei Häuser nieder. Die Entstehungsursache ist noch nicht ermittelt; Kinder waren allein zu Hause gelassen worden. — Gestern wurde ein Leichnam, Soldat S. aus L., der sich erschossen hatte, im hiesigen sogenannten Bürgcrholz gefunden und gerichtlich aufgehoben. Chemnitz, 9. Juni. Auch im Bezirk des Gerichtsamts Chemnitz sollen nun, und zwar zum Besten der Ortsarmenkassen, in Zukunft die Tanzvcrgnügungen besteuert werden. Nach dem Entwurf hat Je der, der an dem Tanze theilnimmt oder auch nur den Tanzsaal betritt, selbst jeder Gast, ohne Unterschied des Geschlechts eine Steuer von einem halben 9 gungcn, OW« Damals lenden Ge saune; n gartibu« zu bauen. Grillparzc deinem La im Somm gegeben, rechten Ze den dahiry können w« len. Die eingeblißt. die. Börse schlecht bei rolle an d lichkeit ein auch nicht mächtigt n die Credit: Börse spie Gelder zu Directoren Finanzgrö das werde und ist es einer Stell ist die Unt Resultate nein Belar den ausfä Chancen d nur mühsa Königswar Contremim Contremine Hebung de des Public müssen erst wird. Lro Itaatseisen Berwaltun, Ziffer von wir dürfen nern und : die bisher MProc. U das einerse dererseits a Erklärung des Spesen will nicht j erlangt. 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