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S75 Theil der großtentheilS reichdotirten Institute und öffentlichen Anstalten, welche zu Fulda ihren Sitz hatten und für daS ganze damalige fuldaischc Gebiet zu geistlichen und weltlichen ^Zwecken bestimmt waren, zu machen habe? Da jedoch die deshalb geführten Verhandlungen mit Kurhcssen ohne Erfolg blieben, so hatte sich die großherzogliche Staatsregicrung bewogen gefunden, die im Großherzogthum ausstehenden Activcapitalien jener An stalten in Verbot zu legen, und überwies dieselben einer besonder« Verwal tung. Erst im Monat Dcccmbcr v. I. kam die Sache zu einem vollstän digen Vergleichsabschluß, nach welchem Weimar im Besitz der in Verwal tung genommenen Kapitalien verblieb und außerdem eine Abfindungssumme von 50,000 Fl. erhielt. Diese Summe mit jenen Kapitalien und deren Zinsenabwurf berechnet sich nun auf 75,330 Thlr. Die großhcrzoglichc Staatsregierung hat dem Landtage diesen Vcrmögenserwerb angezeigt und vorgeschlagen, cs möge der Landtag seine Zustimmung ertheilcn, daß dieses Vermögen in folgender Weise zur Verwendung komme: 1) 2513 Fl. und 4000 Thlr. Conv.-M. für das Krankenhaus zu Eisenach, 2) 225 Thlr. für das Gymnasium daselbst, und 3) der übrig verbleibende Kapitalstock möge zu einer milden Stiftung unter dem Namen Karl-Alexander-Stif tung für Landeswohlfahrtszwecke vorzugsweise für das eisenacher Oberland bestimmt werden. Schleswig-Holstein. Altona, 10. Mai. Unser Oberpräsident, Hr. Heinzelmann, ist gestern Abend von Kopenhagen hier wieder ein- getroffen, wird, aber dem Vernehmen nach morgen oder übermorgen dahin zurückkehren. (Nat.-Z.) Oesterreich. Die Oesterreichische Zeitung bringt einen Artikel über re- ligöse Duldung. Wiederholt und namentlich auch bei Verkündigung des ConcordatS wurde den Akatholiken Oesterreichs die ungestörte Gleich heit der bürgerlichen Rechte zugcsagt. Der Kaiser hat sich auch noch neu lich gegen die Evangelischen Ungarns in freundlicher und befriedigender Weise geäußert. Die wirklichen Zustände entsprechen aber noch häufig nicht den Verheißungen auf dem Papier. Am übelsten daran sind die Juden; das Recht, Grundbesitz zu erwerben, ist ihnen wieder genommen, und sie sehen dem neuen Judengesetz, das ihnen wenigstens theilweise ihre bür gerlichen Rechte sichern soll, noch immer erst entgegen. Der Oesterrei chische Volksfreund hat vor kurzem in einem polemischen Artikel die Theorie aufgestellt, daß diejenigen österreichischen Kronländer, „in welchen es seither gar keine «katholischen Genossenschaften gab", das Recht ha ben, „sich die Participation der Akatholischen an ihrem heimatlichen Boden zu verbitten". Die Oesterreichische Zeitung bemerkt dazu: „Uns ist sehr wohl bekannt, daß das Toleranzpatcnt weiland des hochgefcierten Ahnherrn Kaiser Joseph's II-, welches, nachdem die Evangelischen in den österreichi- schen Erbländern seit der Gegenreformation traurigen Andenkens harte Zu rücksetzungen hatten ertragen müssen, dieselben endlich auch «zum Häuser- und Güterankaufe», freilich nur «<si8p6N8ansto», zuließ, für Tirol zwar erlassen, in diesem Lande aber nicht kundgemacht wurde, sowie uns nicht fremd ist, daß die zillerthaler «Jnclinanten», 423 Köpfe stark, im Jahre 1837 das Land räumen und sich ein neues Vaterland suchen mußten. Al- lein ein Gesetz, welches die Ausschließung der Evangelischen als Gemein schaft aus dem Lande Tirol statuirt, haben wir ungeachtet eifriger Nach forschung in dem 6o<1ex legum pgtriarum nicht auffindcn können." In der That verstößt der Zustand in Tirol sogar gegen die deutschen Bundes gesetze; denn der Art. 16 der Deutschen Bundesactc bestimmt ausdrücklich: „Die Verschiedenheit der christlichen Religionsparteien kann in den Ländern und Gebieten des Deutschen Bundes keinen Unterschied in dem Genüsse der bürgerlichen und politischen Rechte begründen." Schweiz. *Von der nördlichen Schweizcrgrenze, 8. Mai. Die Schweizer in Paris tragen sich mit dem Gedanken, die Million, welche Preußen als Ersatz für seine aufgegebene Souveränetät in Neuenburg zu erhalten hat, durch im Auslande angesessene Schweizer decken zu wollen. „Die Summe ist zu unbedeutend", schreibt ein in Paris residirender Waadtländer, „als daß cs sich der Mühe lohnte, Geldcontingente der Cantone oder die Bundcs- kaffe ihretwegen in Bewegung zu setzen." — Der «Bund» vom 10.Mai schreibt: „Nach dem Korrespondenten des Genfer Journal hätten Unterhandlungen über von Preußen verlangte Mo- dificationen des Vergleichsvorschlags in der Neuenburger Angelegen heit stattgefunden und man wäre über folgenden neuen Artikel übereinge kommen: «Der nächste Verfassungsrath des Kantons Neuenburg soll aus schließlich von eingeborenen Neuenburgern gewählt und diesem dann der endgültige Entscheid über Alles, was die Kirchengüter und die frommen Stiftungen betrifft, anheimgestellt werden.» Der Herr Korrespondent des Genfer Journal ist offenbar übel berichtet. Eine solche Bestimmung würde der Kantons- und Bundesverfassung zuwiderlaufen und dürfte der Schweiz nicht zugemuthet werden. Wenig mehr Glauben verdient die Behauptung eines berliner Korrespondenten des Schwäbischen Merkur, es existire noch ein geheimer Vcrtragsartikcl, dcr verhindern soll, daß aus der Beibehaltung des Titels die Geltendmachung dcr frühem Rechte erfolgen könne." Bern, 8. Mai. Es wird hier als Thalsache versichert, daß sich die Arbeiter verschiedener Branchen in Genf, Lachaux-de-Fonds, Bern, Zü rich und andern größern Ortschaften dcr Schweiz zum Zweck der Lohnerhö hung untereinander verbündet haben. So erhielten gestern die hiesigen Schneider einen Wink von Lachaux-de-Fonds, sie sollen mit ihren Lohn erhöhungen vorwärtsschreiten, es sei dafür gesorgt, daß für die Dauer dcr Arbeitseinstellung kein Succurs von andern Schneidergesellen nach Bern kommen werde. Die Schuster arbeiten noch nicht, und die Echncidcrrcvo- lution steht, wie es scheint, vor dcr Thür. Dagegen arbeiten die Stein hauer wieher. Die Zimmerleute haben einige Lohnerhöhung erhalten, nur lassen sich die Meister eben nicht vorschrciben. Vcrmuthlich werden auch die Steinhauer einige Ausbesserungen erhalten. (N. Z. Z.) Italien. Neapel und Sicilien. Dem Siecle wird aus Neapel vom 28. April geschrieben: „Die neapolitanische Armee sängt an, bis zu einem ge wissen Grade von der öffentlichen Meinung beeinflußt zu werden, und dcr König ist besorgt wegen der Stimmung seiner Soldaten. Plötzliche und häufige Garnisonwechsel beweisen dies. Die Regimenter werden von Pa lermo nach Neapel und von Neapel nach Palermo, von den Abruzzen nach Kalabrien und von Kalabrien nach den Abruzzen geschickt. Höchst wahr- scheinlich sind die Truppen wenig erbaut davon; aber was ich aus eigener Anschauung weiß, ist, daß die Lazzaroni über die Abwesenheit des Königs und des Hofes, die Abnahme der Studenten und der reichen Ausländer sehr unzufrieden sind. Ein Engländer sagte mir kürzlich: «Die Lazzaroni bc- reiten ihre Petitionen vor», d. h. sic schicken sich an, Steine zu werfen, wie das ihre Gewohnheit ist, wenn sie nicht zufrieden sind. Die nea politanische Bank hat den Zinsfuß ihrer Vorschüsse von 4/, auf 4 Proc. herabgesetzt, und die Negierung posaunt jetzt in die Well hinaus, die finan zielle und commcrzielle Lage sei in Neapel weit besser als in England und Frankreich. Die Sache ist aber ganz einfach die, daß in den Geschäf ten die vollständigste Stockung eingctreten ist, welche das Geld nöthigt, um jeden Preis ein Placement zu suchen. Uebrigens sucht man das Ausland über die wahre Sachlage auf jede Weise zu täuschen." Frankreich. Paris, 10. Mai. Es heißt nun gar, Prinz Napoleon werde diesen Sommer noch eine Reise nach Petersburg machen, um daselbst dem Kaiser von Rußland einen Gegenbesuch für die durch die Ankunft des Großfürsten Konstantin widerfahrene Ehre abzustattcn. — Am 15. Mai wird der Großfürst Konstantin sich nach der Insel Wight zum Besuch dcr Königin von England begeben. Es scheint, daß dieser Besuch mehr vom Hofe als vom Volke gewünscht wird, und daß die directen Einladungen, welche von Osborne aus an den Großfürsten ergangen sind, mehr nach dem Geschmack des Prinzen Albert als nach dem des Ministeriums sind. Von Osborne aus kehrt Großsürst Konstantin wieder nach Frankreich zurück, um seine Rundreise durch die sranzösischen Häfen anzutretcn. Er wird Frankreich noch nicht verlassen haben, so ist der König von Baiern schon angekommen. Der pariser Stadtrath hat bereits einen Ball im Stadthause auf den 25. Mai zu Ehren des bairischen Monarchen angeordnet. — Dic pariser Börse hat einen neuen Speculantcn gewonnen, dcr wohl geeignet ist, die ganze Gesellschaft der Coulisse wieder zu Ehren zu bringen. Der Hei lige Vater in Nom hat an der hiesigen Börse seine römischen Eisen- bahnactien mit 27 Fr. Prämie verkauft. Bald mochte es scheinen, als hätten dir Manöver von Freund Mires dem Kirchenoberhaupt allen Spaß an seinen eigenen Bahnen verdorbcn und ihm nur das lohnende Bewußt sein der Prämie gelassen. — In Italien wird es jetzt überhaupt ruhig. Der Marquis de Villamarina, sardinischer Gesandter in Paris, hat dem Grafen Walewski eine Verbalnote im Auftrage des Grafen Cavour mit- getheilt, wonach das militärische Lager in der Ebene von Marengo, wel ches für Oesterreich ein Stein des Anstoßes war, dieses Jahr nicht gebil det wird. Man wirkt sogar von anderer Seite auf die sardinische Politik sehr besänftigend ein. So soll Lord Clarendon sich haben bestimmen lassen, den Grafen v. Cavour um eine Erklärung zu bitten, daß Piemont einem jeden Versuch zu Gunsten der italienischen Einheit sich widersetzen würde. Man versuchte dies auf directem Wege, später durch einen Umweg über Paris. Graf Cavour wies dieses Ansinnen entschieden zurück und ver stand sich schließlich dazu, in der Kammer sich dahin auszusprechcn, daß Sardinien die bestehenden Verträge achten werde. — In Konstantinopel Hal Frankreich Gelegenheit zum Misvergnügen über Oesterreich gefunden. Dcr französische Gesandte daselbst, Hr. v. Thouvcncl, hatte sich nämlich bei dcr Pforte bitter über das Verfahren der Kaimakams der Moldau und der Walachei gegen die Unionsbcstrebungen in den beiden Fürstcnthümcrn beschwert. Der österreichische JnternuntiuS fand sich veranlaßt, das Ver fahren dcr bciden Herren in jeder Weise in Schutz zu nehmen. — Unter der Anschuldigung der Betheiligung an einer geheimen Ge sellschaft standen dieser Tage 14 Angeklagte vor dem pariser Zuchtpoli lizeigericht. Die Anklage lautete folgendermaßen: Am 24. Fcbr. 1857 sollte auf dem Bastilleplatz ein Aufstand versucht werden. Um einen Con- flict herbeizuführen, sollte einer dcr Verschworenen eine Krone an den Fuß der Julisäule werfen und den Polizeiagenten, welcher ihn zu verhaften käme, erdolchen. Hierauf sollten die Uebrigen sich auf die benachbarten Wachen werfen, sich der Gewehre bemächtigen, während Andere die Bou levards durchlaufen und den Bcrcitstehcnden das Signal zum Aufruhr geben. Am 24. Fcbr. wurden auf dem Bastilleplatz in der That sieben Individuen verhaftet, welche Dolche und Cartouchen bei sich trugen, unter welchen sich mehre der Angeklagten befanden. Als Chef der geheimen Ge sellschaft wird ein vr. der Rechte, Pilette, bezeichnet; die Zusammenkünfte wurden bei dem Weinwirth Bailly gehalten. Nach der Verlheidigung und Berathung wurden vier der Angeklagten freigesprochen, dagegen Pilette zu 15 Monaten Gefängniß und 1000 Fr. Strafe, die Uebrigen zu vcrhältniß- mäßigen Strafen verurtheilt.