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528 beamten zu zählenden Zinsen aus den beim sogenannten CautionSdeposttUm aufkommenden Zinsen bestritten werde." Der Antrag wurde, nachdem er vom Antragsteller und von dem Abg. v. Gerlach vertheidigl, von dem Fi- «anzminister aber bekämpft worden, bei namentlicher Abstimmung mit 14!) gegen 130 Stimmen angenommen. Der Antrag wegen Verwendung des Eisenbahnactienamortisationsfonds wurde mit 168 gegen 130 Stimmen verworfen. — Die Kölnische Zeitung bringt an der Spitze ihrer Nr. 75 folgende Anzeige: „Das Hauptblatt der gestrigen Nummer 74 ist wegen eines Ar tikels «*Vcrlin, 13. März», der hauptsächlich eine der Neuen Preußischen Zeitung entlehnte Mittheilung über die Debatte des Abgeordnetenhauses wegen der geheimen Dispositionsfonds sowie eine Entgegnung auf einen in jenem Blatt der Kölnischen Zeitung gemachten Vorwurf enthielt, am Sonn abend Abend polizeilich mit Beschlag belegt worden. Die zweite Auflage des betreffenden Blatts konnte deshalb den hiesigen Abonnenten erst am Sonntag früh zugcstellt, nach auswärts aber nebst den Beilagen großcn- theils nicht zur gewöhnlichen Zeit versandt werden." Baiern. München, 16. März. Die neuesten Bulletins über das Befinden der Prinzessin Luitpold sind von gestern. Das erste besagt: „Der Zustand der Schwäche bei Ihrer königl. Hoh. noch groß. Das Fie ber gemindert." Und das Abends 7 Uhr: „In den Abendstunden hat sich ein Schweiß eingestellt mit Erleichterung der Brustbeklemmung." Württemberg. Stuttgart, 14. März. Soeben erfolgte in der Eisenbahndebatte der II. Kammer folgende Abstimmung: Der Antrag Wurst's und Schustcr's, den Ncgicrungsvorschlag (von Lonsee aus nach Wasseralfingen) anzunehmcn, wird mit »6 gegen 30 Stimmen abgelchnt; cs ist damit das Lonsee-Project verworfen. Die Coinmissionsanträge lau ten: 1) den zweiten Absatz des Art. 1 des Gesetzentwurfs, betreffend wei tere Eisenbahnbautcn, dahin abzuändern: „eine Eisenbahn von Heidenheim über Aalen nach Wasseralfingen" (im Gesetzentwurf: von Lonsee über Hei denheim nach Wasseralfingen); 2) ihre Bereitwilligkeit zu erklären zur Ver- willigung der Geldmittel für Erbauung einer Bahn von Gmünd nach Aalen; 3) die königliche Staatsregierung zu bitten, die nöthigen Vorarbei ten für die etwaige Erbauung einer Eisenbahn von Cannstadt über Waib lingen und Schorndorf nach Gmünd vornehmen zu lassen; 4) die könig liche Staatsregierung zu bitten, ihre Verhandlungen mit der königlich bai rischen Staatsregierung wegen Anschlusses an eine in südwcst-nordöstlicher oder west-östlicher Richtung von der würltembergischcn Hauptbahn abzwci- gende Eisenbahn in Nördlingen fortzusctzen; 5) die königliche Staatsregic- rung zu bitten, falls diese Verhandlungen zu einem Ziele führen würden, den Ständen entsprechende Vorlagen machen zu wollen; 6) in diesem Falle der königlichen Staatsregicrung die erfoderlichen Mittel für etwa nöthig wer dende größere Kunstbauten zur Verfügung zu stellen. Dieselben werden sämmtlich, Ziffer 1 mit 57 gegen 29, die übrigen durch Aufstchcn ange nommen. (Schw. M.) Hannover. Hannover, 11. März. Seit dem Eintritt des Königs in den Freimaurerorden mehren sich die Aufnahmegesuchc in unge wöhnlicher Weise; die hiesigen drei Logen erhallen fast täglich neue Mit glieder, besonders aus der nähern Umgebung des Königs und aus dem Beamten- und Offiziersstande. ' (N. C.) Baden. Das Frankfurter Journal enthält aus Heidelberg vom 7. März folgende Anzeige mehrer Heidelberger Studcnten: „Um den viel fachen Anfragen, welche unaufhörlich an uns ergehen, zu entsprechen, und unsern freiwillig und unfreiwillig von hier abgegangenen Freunden zur Nach richt, machen wir hiermit bekannt, daß infolge der strafrechtlichen Unter suchung, welche, die ladcnburger Angelegenheit betreffend, dahier geführt worden ist, keiner der damaligen Corpsstudenten als schuldig zur Strafe gezogen ist." Großhcrzogthum Hessen. * Mainz, 10. März. Nachdem nun so manche Vorbereitungen gemacht worden, rim dem Jesuiten Haßlacher die Vorlesungen, die zunächst die neuere Naturwissenschaft, insbesondere die Lehren Vogt's, Moleschott's und Büchncr's bekämpfen sollen, zu ermög lichen, zeigt es sich, daß die Bemühungen dafür, die von dem Bischof Kcttcler ausgingen, nicht vergeblich waren. Der Pater erhält einen gro ßen ZuhorerkreiS, und sein Auditorium ist im großen Casinosaal, wo in der Regel die schönen Gestalten der tanzenden Damen mehr entzücken, als die Vorträge des Paters auf die Dauer es vermögen werden. Lasse man sich nicht täuschen, wenn man hören wird, der Jesuit habe 5 — 600 Zu hörer. Die Sache wurde schlau angefangcn und factisch vom Herrn Bi schof verzuckert, der eine große Anzahl Bürger einlud, ihnen die Eröff nung der Vorträge bekannt machte und sie dabei mit Torten, Backwerk und feinen Weinen tractirte. Dieser Name hat nun geworben und mit Glück. Wie Viele haben sich aber gemeldet aus Furcht, Mißfallen und Tadel zu erfahren, wenn sie fehlten, oder aus leidigem Interesse oder gar aus Neu gierde! Kurz, es gibt wieder einen Tummelplatz casuistischcr Klopffechter«. Thüringische Staaten. **Altenburg, 15- März. Dem in den lehtverfloffenen Jahren bemerkbar gewordenen und namentlich durch Aus übung der Strafrechtspflege verursachten Steigen des Jurisdictions aufwandes haben mehre herzogliche Verfügungen entgegenzuwirken gesucht. Diese ordneten — zugleich den diescrhalb von Seiten der Landschaft geäu ßerten Wünschen entsprechend — mehrfache auf Minderung dcS diesfallsi- gen Aufwandes und Ersparung dabei abziclendc Maßregeln an. Dem Ver nehmen nach sollen dieselben aber auch noch weiter und namentlich in Be zug auf die Aufwände für Vertheidigungen ausgedehnt werden. Der Ge ¬ richtshof, welcher namentlich in Altenburg ziemlich häufig in Thätigkelk zu treten hatte, erhielt sich in dem ihm schon seit seinem kurzen Besteht« all seitig beigclegten Rufe großer Kostspieligkeit und steigerte dadurch den schon vielseitig geäußerten Wunsch seiner Umgestaltung, sei es durch Verminderung seiner Spruchzuständigkeit oder durch eine andere Personalzusammensetzung, oder auch durch völliges Aufgeben seines Princips. Nach den neuesten Nachrichten über die Thätigkcit der Criminalbchörden im Jahre 1855 er gibt sich, daß, abgesehen von den der einzclrichterlichen Competcnz unter fallenden Vergehen, wegen Verbrechen 225, und zwar 120 für den Ost kreis, 105 für den Wcstkreis, Anklagen erhoben, 46 Hauptvcrhandlungen an 89 Tagen vor dem Gerichtshof und 152 an 115 Tage» vor den bei den Criminalgerichten zu Altenburg und Roda, außerdem aber noch 6 Gerichtstage vor dem Appellationsgcricht in Jena und 10 vor dem Appel- lationsgcricht in Altenburg abgehalten wurden, sodaß sich dic.Gesammtzahl der stattgcfundenen öffentlichen Verhandlungen auf 214 belief, von welchen 124 auf im Ost- und 90 auf im Wcstkrcise begangene Verbrechen kommen. Bei diesen Ergebnissen, und wenn wirklich durch das neue Strafverfahren, namentlich infolge der darin aufgestellten, von den früher» strenger» For men entbundenen und gegenwärtig hauptsächlich nur auf der gewissenhaften Ucbcrzeugung der erkennenden Richter beruhenden Beweistheorien, welche die sonst so beliebte Theorie des frechen Leugnens für die Verbrecher ziem lich nutzlos und unpraktisch gemacht hat — sowie der Beseitigung der frü her«, immer noch eine halbe Vcrurtheilung enthaltenden Freisprechung von der Instanz, die Zahl der Verurtheilungen überhaupt gestiegen ist, ohne daß in der Mehrzahl derselben ein Rechtsmittel gesetzlich gestattet ist, darf cs wol kaum Wunder nehmen, wenn in der letzten Zeit auch die Zahl dcr in der Straf- und Correctioiisanstalt auf der Leuchtcnburg detinirten Sträf linge verhältnißmäßig zugcnommen hat, wobei übrigens auch dem Aufhören der Patrimonialgerichtsbarkeit ein Einfluß nicht abzusprechen sein dürfte. Die Gcsammtzahl der im Jahre 1855 aus der Leuchtenburg detinirt gewe senen Personen betrug nämlich 246, von denen 150 neueingebracht waren, während im Laufe des Jahres 113 entlassen wurden, sodaß am Schlüsse des Jahres der Personalbestand sich auf 133 belief, während er am Schlüsse des Jahres 1854 nur 96 betragen hatte. Von jenen 246 Gefangenen waren 54 Zuchthaus-, 127 Arbeitshauösträflinge und nur 25 Correclioner, dabei 202 männlichen und 44 weiblichen Geschlechts, 115 aus dem Ost-, 98 aus dem Westkreise und 35 aus dem Auslände gebürtig, 236 ehelich und 10 unehelich Geborene. Nach ihrem Lebensalter standen sie in dem Alter von 17 — 77 Jahren. 175 gehörten der mittler», 71 der nieder», Keiner der höher« Bildungsstufe an. Die Dauer der Haft betrug bei 81 zwischen 2 und 6 Monaten, bei 52 über 6 Monate, bei 87 über 1 — 5, bei 16 über 5 —10, bei 9 über 10 Jahre; nur einer war lebenslänglich verurtheilt. Unter obiger Gcsammtzahl der Gefangenen waren 84 rückfällig, darunter mehre zum siebenten und achten mal. Die Mehrzahl der Gefan genen war wegen Eigenthümsverbrcchcn verurtheilt; es hatten nämlich be gangen 150 Diebstahl, 18 Veruntreuung; außerdem 1 Widersetzlichkeit gegen dic öffentliche Autorität, 1 Störung des Hausfriedens, 2 Mord, 2 Todtschlag, 2 Kindesmord, 1 Nothzucht, 2 Unzucht mit Kindern, 5 Raub, 2 Erpressung, 2 Brandstiftung, 4 Meineid, 1 Gotteslästerung, 12 Be trug, 1 Fälschung, 1 leichtsinnigen Bankrott, 7 Falschmünzerei, 1 verbo tenes Wiederbetreten des hiesigen Landes. Freie Städte. Frankfurt a. M., 15. März. Die Frankfurter Postzeikung stellt die Nachricht, daß vr. Jürgens, früher Redactcur der officiellen Hannoverschen Zeitung und gegenwärtig in Frankfurt, in Unter handlungen über seinen Eintritt in dic Rcdaction der Frankfurter Postzei tung begriffen ssei, gänzlich in Abrede. Oesterreich. ^Wien, 14. März. Dic durch eine monströse und augenblickliche Verbindung der principiell einander cntgegenstehenden zahl reichen Fractionen des englischen Parlaments herbeigesührte unvorhergese hene Niederlage des Ministeriums, und die hierdurch veranlaßte und nahe bevorstehende Parlamentswahl nimmt die Aufmerksamkeit und ^heil- nahme sowol der maßgebenden Kreist als des Publicums in hohem Grade in Anspruch. Allgemein drückt sich die öffentliche Meinung unumwunden zu Gunsten des britischen Premier aus, dem allein wol der factiöse An griff der zum Stur; des Cabinets vereinigten und aus allen parlamentari schen Schattirungen gebildeten Opposition gegolten. Auch in den gouver- ncmentalen einflußreichen Regionen herrscht augenscheinlich gleichfalls eine demselben günstige Stimmung. Denn nirgends mehr gelangt wol der bekannte und Jahrtausende alte Nömerspruch „Tempora mutsntun ot. nos mulumui in Mis" schneller und öfters in Anwendung als in der Politik. Jene Zeil liegt wahrlich fern von uns, in welcher es noch vor vier Jahren, durch ein befremdliches und kaum erklärbares Verfahren, möglich geworden, den damals durch eine, in England bekanntlich nur selten mit dauerndem Er folg gekrönte Hofintriguc herbeigeführten Sturz Lord Palmerston'« durch Straßenplacate bekannt zu geben. Man schien in jenem Augenblick eines errungenen und wol nur scheinbaren Vorthcils offenbar nicht bedacht zu haben, daß der größte Staatsmann Englands gerade wegen der Unpopu larität der unconstitulionellen Weist, in welcher er entfernt worden, bei dem ersten politischen Anstoß um so schneller wieder durch die unermeßliche Macht der öffentlichen Meinung zu hohem politischen Einfluß gelangen würde. Die durch den orientalischen Krieg herbeigesührten Verhältnisse haben seit her durch dic unabweisliche Gewalt der Ereignisse und gemeinsamer Ge fahren und Interessen zur Erneuerung der frühern zwischen Oesterreich und England bestandenen traditionellen Freundschaftsbande geführt. Bei der