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131 reich den Lombardo Beneten gegenüber ist. Die Heilige Schrift und ihre Commen- tatoren haben die Lhat der Judith bis zum Himmel erhoben, welche, nachdem sie den Keldherrn Holofernes mit ihren Reizen bestrickt hatte, ihn im Schlafe überfiel und ihm den Kopf abschnitt; Holofernes, Feldherr eine« asiatischen Monarchen, war für die Israeliten DaS, waS für die Lombardo-Beneten Marschall Radetzky ist, der Feldherr eines österreichischen Kaisers. Die Heilige Schrift und ihre Commen- tatoren haben die Lhat der Jatt hochgepriesen, welche, indem sie die den Orienta len so heilige Gastfreundschaft verletzte, den Feldherrn Sissra meuchlings ermordete. Die Propheten waren cS, welche im Namen Gottes dem Jerobeam befahlen, sich aufzulehnen und dem Enkel David'S das Reich Israel zu entreißen; die Propheten waren e«, die in gleicher Weise dem Jehu befahlen, das Haus deö Achab auszu- rotten, um daß unschuldige, von ihm vergossene Blut zu rächen. Die Heilige Schrift hat auch den patriotischen Eifer der Makkabäer hochgepriescn, die sich gegen ihren gesetzmäßigen, aber tyrannischen König AntiochuS empörten. Kann man die Blasphemie und den CyniSmuS weitcrtreiben und un verblümter KönigSmord und Revolution predigen? Und diese blutigen Worte wurden am Christtagc geschrieben, während der Kaiser von Oesterreich im nachbarlichen Lombardisch-Venctianischen Königreich verweilte und dort Gna- dcnacte gegen verirrte Untcrthanen übte. Die Preßgesetze aller civilisirten Staaten pflegen einen Paragraphen zu haben, der den Fall der Verun glimpfung eines fremden Monarchen vorsieht. Enthält das picmontesischc Prcßgesctz einen solchen Paragraphen, so ist vielleicht Graf Cavour, der neulich die Güte hatte, die enge Verbindung der Correspondanee italienne (Stefani) mit seinem Ministerium abzuleugnen, so freundlich, dem Kaiser von Oesterreich anheimzugebcn, daß er die Unionc bei den piemontesischen Gerichten verklage." Schweiz. Bern, 15. Jan. Friede! lautet heute die Botschaft aus der Schweiz. Der Telegraph hat Ihnen schon das Resultat der Abstimmung im Nalio- nalrath über die. große Tagesfrage gemeldet. Im Auslande wird man sich wundern, daß auch jetzt noch in den Bundesbehördcn eine solche Einstim migkeit in dieser Angelegenheit herrscht, zumal sich in der Französischen Schweiz eine nicht unbedeutende Volksbewegung, die einen entschieden krie gerischen Charakter hat, kundgibt. Der, Große Rath von Genf hat sogar mit Einstimmigkeit, unterstützt von einer aus 6607 genfer Bürgern beste henden Volksversammlung, eine Petition an die Bundesversammlung be schlossen, des Inhalts, es möge auf keinerlei Friedensvorschläge eingcgan- gen werden, die nicht gleichzeitig mit der Freilassung den förmlichen Ver zicht des Königs von Preußen auf Neuenburg enthalten; jedes andere Vor gehen sei unverträglich mit der Ehre der Schweiz. Gestern noch mußte man nach der Stimmung vieler Nationalräthe wenigstens auf eine starke Minderheit gefaßt sein, und heute waren cs nur vier Mitglieder der Be hörde, welche ihre Zustimmung zu den Anträgen versagten. Der Grund dieser Erscheinung liegt darin, daß gestern Abend eine sehr stark besuchte Vorversammlung in einem hiesigen Gasthofe stattfand, wo nach einer sehr offenen Erörterung der ganzen Sachlage eine Verständigung zustande ge bracht wurde. In dieser Vorversammlung sprachen besonders Fazy, Vogt und Camperio gegen die Anträge, Kern, Hungerbühler und Trcichler für sic. Von bedeutendem Eindruck war eine Mittheilung des vr. Kern aus seinem officiellen Bericht, woraus hervorging, daß der französische Kaiser mit großem Nachdruck den schweizerischen Abgeordneten erklärt hat, wenn die völlige Unabhängigkeit Neuenburgs vom König von Preußen nach der Freilassung der Gefangenen nicht anerkannt würde, er die Sache wie seine eigene ansehen und mit aller Macht auf die Seite der Schw.eiz treten werde. Hieraus ersahen die Zweifelnden, daß der endliche Erfolg nicht auSbleiben könne, und Campcrio erklärte schon gestern Abend, im Nationalrath keinen Gegenanttag stellen zu wollen. Nach diesen Vorgängen begann die heu tige Sitzung deS NationalratHS. Alle Zuhörerräume waren besetzt, ein großer Theil de- diplomatischen Corps war auch anwesend. Präsident Escher ließ einige auf die Tagesfrage bezügliche Adressen verlesen und zeigte die ihm telegraphisch zugekommenen genfer Beschlüsse an. Viele Bürger aus Waadt warnten in den wärmsten Ausdrücken, auf Transactionen cinzu- gehen, welche nicht eine gleichzeitige Verzichtleistung Preußens enthalten. Hierauf überließ Hr. Escher dem Vicepräsidcntcn Migy den Präsidentcn- stuhl und erstattete namens der Commission in einem Dreiviertelstunden dauernden Vortrag Bericht. Mit großer Klarheit entwarf er noch einmal ein Bild von der Entwickelung der ganzen Frage, zeigte, warum diese An träge die Unabhängigkeit Neuenburgs sichern, schilderte die Eventualitäten eines Kriegs und schloß mit dem Satz: nur wenn die von Frankreich ge gebenen Zusicherungen nicht in Erfüllung gingen, wenn die Schweiz ge täuscht würde in der Hauptfrage, dann, aber auch nur dann würde ein Krieg gerechtfertigt sein vor dem Schweizervolk und vor ganz Europa. Diesen Fall aber anzunehmen sei unzulässig. Tieft Stille herrschte wäh rend deS ganzen Vortrags. Stockmar beantragte sofort die Aufnahme die ses Aktenstücks in das Protokoll, um damit für alle Zukunft die Motivi- rung des heutigen Beschlusses aufzubewahren. Hierauf sprach Camperio, um sich öffentlich zu rechtfertigen, warum er heute keinen förmlichen Ge genantrag stelle. Seine Uebcrzeugung sei und bleibe gegen die Anträge. Da er aber voraussehe, daß sein Anttag keine Majorität auf sich vereini gen würde, so wolle er die gewünschte Einheit in der Versammlung nicht unnützerweise schwächen. Hierauf schritt man zur Abstimmung: 91 Stim men antworteten mit Ja, 4 mit Nein. Die Sitzung wurde aufgehoben und löste sich in sichtlicher Bewegung auf. Da rief eine Stimme von der Tribüne: „Dieser Beschluß ist ein Schandfleck in der Schweizergeschichte!" Ihn und einen Andern, der sagte, nun sei die Schweiz eine Provinz ! Frankreichs, faßte die Polizei. (Frtf.J.) i Bern, 16. Jan. Daß der Ständerath heute mit 35 gegen 3 Stimmen dem Beschluß de- Nationalraths beigetteten, somit dec Friede ge sichert ist, hat der Telegraph bereits mitgetheilt. Ein einläßliches Referat über diese in den Annalen der schweizerisch-parlamentarischen Thätigkeit einzig dastehende Sitzung müssen wir- auf morgen verschieben; für heute ist die Zeit zu kurz. Hier nur einige Notizen über den äußern Verlauf der mehr als sechsstündigen Debatte. Hr. Dubs, als Berichterstatter der Commissionsmehrheit, eröffnete den parlamentarischen Reigen in einem ruhig und klar gehaltenen Vortrag. Hierauf ergriff Hr. Fazy aus Genf das Wort und suchte in beredter Weise seinen Minoritätsantrag zu rechtfertigen, der dahin ging, die Entscheidung auf die Dauer eines Monats zu verschieben, um während dieser Zeit beim französischen Cabinet genauere Erkundigungen über einzelne wichtige Punkte einzuziehen; bis dahin sollte der Neuenburger Proceß stillstchen. Or. Kern, der außerordentliche Gesandte des BundeS- rathS an Kaiser Napoleon, verbreitete sich sehr einläßlich über die ganze Frage und machte äußerst interessante Eröffnungen über die Gesinnungcn des französischen Kaisers. Wie sich von selbst versteht, empfahl er drin gend die Annahme der Commissionsanlrägc. Bundespräsident Forncrvd erging sich ebenfalls in einem lebhaften Vortrag über die Tagesfrage, wo rin er besonders ein großes Vertrauen in die Zusicherungen Napoleon'S an den Tag legte. Das Gegcnthcil von Allem, was man bisher über diesen Gegenstand gehört hatte, sagte hierauf Professor Karl Vogt aus Genf in einem Vortrage, welcher, wenn er in seinen Einzelheiten bekannt geworden ist, nicht verfehlen wird, von der schweizerischen Presse sehr lebhaft bespro chen zu werden. In ausländischen Blättern eine genaue Darstellung seines Gedankcngangs zu geben, verbieten dort die Prcßzustände. Der Grundge danke in seiner Rede war: Vertraut den Zusicherungen der Diplomatie nicht; vertraut besonders Preußen nicht. Seine Mittheilung der Bedin gungen, unter welchen der König von Preußen nach seinen dem Kaiser Napoleon gegebenen Versprechungen auf Neuenburg nach Freilassung der Gefangenen verzichten wolle, erregte großes Aufsehen. Vogt kann dies« Mittheilungcn nur von einem Commissionsmitglied erhalten haben, da vr. Kern nur dort diesen dclicatcn Punkt berührt hat. Daß Hr. Vogt nun in öffentlicher Sitzung davon Gebrauch machte, rief bei allen Vertheidigern der Commissionsanlrägc große Erbitterung hervor. Auch auf seine Aeußerung, man bettachte die ganze Angelegenheit von zu exclusiv schweizerischem Stand punkt, wurde heftig entgegnet. Ueberhaupt ist man hier eine Vortrags weise, wie sic Hrn. Vogl eigen ist, nicht gewohnt, und kann diese scho nungslose Kritik durchaus nicht vertragen. Es kam deswegen zwischen den Herren Kern und Vogl zu einer schr heftigen Scene. Ein sehr großes Pu- blicum hatte sich eingefunden; von dem diplomatischen CorpS fehlten nur wenige Mitglieder. Für den Antrag Fazy's stimmten nur Fazy, Vogt und Pignat, die übrigen 33 für den Nationalrathsbeschluß. (Frkf. I.) Bern, 17. Jan. Die Bundesversammlung wurde auf unbe stimmte Zeit vertagt. Die Angeklagten erhalten heute Pässe. Pourtalcs- Steiger geht nach Rom, vr. Kern wahrscheinlich nächstens wieder nach Paris. Die Französische Schweiz ist unzusricden mit den Beschlüssen der Bundesversammlung. (Allg. Z.) — Aus Neuenburg thcilt die Neue Züricher Zeitung mit, der Ge- chichtsproftffor Roulct sei fortgewiescn worden, weil er seinen Schülern cr- lärte, Teil sei ein Königsmörder gewesen. — Der Große Nath von Freiburg hat dem Staatsrath mit Einmuth einen unbedingten Militärcrcdit bewilligt und ihn zu Anleihen ermächtigt. Die Motion Werro auf Verfassungsrevision ist mit allen gegen 5 Stim men erheblich erklärt worden; der Staatsrath wird nun einen Bericht über die Frage vorzulegcn haben. Die Discussion über den Gegenstand war theilweise eine hitzige. Eine neue Motion (des Hrn. Gendre), betreffend allgemeine Amnestie für alle politischen Verbrechen, wurde ebenfalls erheb lich erklärt und die Angelegenheit zur Berichterstattung an den StaatSrath gewiesen. (Bund.) Btalie«. Parma. Aus Parma vom 8. Jan. wird dem Nord geschrieben: „Der Abmarsch der Ocsterreicher ist dem Vernehmen nach auf den näch sten Monat festgesetzt. In kurzem werden von den 22 wegen der letzten Ereignisse verhafteten politischen Gefangenen elf ihr Urtel erhalten; elf an dere wurden bereits sreigclassen, weil die Anklagckammcr keinen Grund zur Anklage gegen sie fand." Spanien. Das pariser Pays vom 17. Jan. theilt mit, daß die Cortes zum 1. Mai zusammenberuftn werden sollen. Die Wahlen sollen nach dem Ge setz vom Jahre 1816 stattfinden; der Senat wird wie im Jahre 1854 zu sammengesetzt sein. — Eine Depesche aus Madrid vom 14. Jan. lautet: „Aus dem Ge fängnisse von Valencia sind 25 der aus Anlaß der jüngsten dortigen Un ruhen verhafteten Personen entwichen." — Am 11. und 12. Jan. habcn in Madrid zahlreiche Verhaftungen stattgefunden. Frankreich. * Paris, 17. Jan. Der schon erwähnte vom Moniteur aus der Revue contemporaine abgedruckte Artikel über die Neuenburger An gelegenheit lautetwörtlich: Man weiß bereit-, daß die durch den schweizerischen Gesandten zu Paris und durch den außerordentlichen Gesandten des Bundesraths, Hrn. Kern, gethanen Schritte zum Ausgangspunkt von neuen Mittheilungen zwischen Frankreich und der Schweiz gedient haben, welche die Hoffnung, wo nicht die Gewißheit einer