Volltext Seite (XML)
4S Pester Lloyd allem »eit mehr Abonnenten alb alle magyarischen Leitungen zusammen besitzt. Diese« letztgenannte Jomnal verdient aber auch die Be liebtheit, die cs im Publikum besitzt, iü einem hohen Grade, und sehr wünschcnswcrth wäre rS, daß die deutsche HaNdel-welt, für welche dir Kennt- niß der ungarischen Verhältnisse so wichtig ist, diese« Journal in ihren Kreisen immer mehr zu verbreiten suche» würde; denn e« unterrichtet sie über die nativ- nalökonomischen Zustände Ungarn« in so präriser und erschöpfender Weise, wie die« keine zweit» in Oesterreich erscheinend« Zeitung zu thun in der Lage ist; dabei läßt e« auch da« politisch« Feld nicht unbebaut und ist stets bestrebt, seinem Lese- publicum dic politischen Ereignisse schnell und sicher mitzutheilen, was der Redaktion dadurch erleichtert wird, daß sie keine Opfer scheut, um sich di« Mitwirkung verläßlicher Correspondent«» namentlich aus Wien zu sichern. Dic Mittheiiungen der Letzter« machen auch in der Regel die Runde durch dic meisten europäischen Blätter. Unter den übrigen in Pesth erscheinen den deutschen Zeitungen verdient nur noch die amtliche Pesth-Ofener Zeitung ihrcr würdigen und gediegenen Haltung wegen eine besondere Erwähnung. Sir unterscheidet sich dadurch in auffälliger Weise von den übrigen amt lichen Blättern, welche, die Ärätzer und Brünner Zeitung ausgenom men, durchaus ungenießbar sind. — AuS Wien vom 2. Ja«, wird dem Frankfurter Journal geschrieben: „Urber die Lehre des i)r. tduol. Günther, gegen weiche bekanntlich der Erzbischof von Köln, v. Geißel, zuerst und bereits vor zwei Jahren bei dem päpstlichen Stuhle klagbar cingeschrittcn, ist nun in Rom das Urtel gefällt worden. Dieses ist jedoch wider Erwarten ein verdammendes und das bezügliche Werk bereits auf den Index der verbotenen Bücher gesetzt worden. Diese Entscheidung erscheint völlig geeignet, einen lebhaften und empfindlichen Eindruck in einem beträchtlichen Theile des katholischen Klc ru« hcrvorzurufen, und könnte vielleicht sogar zu Spaltungen Veranlassung geben, da bekanntlich zahlreiche und gelehrte Mitglieder desselben und selbst mehre hohe und ausgezeichnete Kirchenfürsten, unter welchen man auch den Cardinal Fürsten Schwarzenberg nennt, der in diesem Werk ausgestellten Doktrin ihre Zustimmung erthcilt haben sollen." — Die Gazzetta uffiziale di Venezia meldet abermals dic Begnadi gung zweier Individuen, welche wegen Majestätsbeleidigung der Eine zu sieben- und der Andere zu viermonatllchcr Kerkerhaft verurtheilt wor den waren. Schweiz. Die Unterhandlungen zu einem friedlichen Austrage des preußisch- schweizerischcn Conflicts sind mit der Sendung des vr. Kern nach Pari« in ein ncue« günstiges Stadium getreten, vr. Kern ist, telegraphischen Berichten aus Paris vom 5. Jan. zufolge, nebst dem schweizerischen Ge schäftsträger Hrn. Barmann in Paris eingrtroffen und am 3. Jan. vom Kaiser empfangen worden. Die schweizer Abgeordneten sollen, wie ver sichert wird, einer friedlichen Beilegung des Streits sehr günstig lautende Instructionen mitgcbracht haben. — Ein bundcsräthlicheS Kreisschreiben an die Cantontregierungen vom 30. Dec., das die in fremden Diensten gestandenen Militärs betrifft, laut«: Getreue, liebe vidgenosseu! Wir find ds> Ansicht, daß noch manch« bedeutende Kraft für die Bertbeidignng unsere Baterlandes auf den Fall eines feindlichen Angriffs unter den in fremden Diensten gestandenen Militärs zu finden ist. Bereit« mehre die ser Offiziere haben uns zwar ihre Dienste angeboten; um aber eine vollständige lleber- ficht aller dispouibeln Kräfte in dieser Richtung zu haben, sehen wir uns im Halle, Sie zu ersuchen, beförderlich ein Verzeichniß derjenigen Militärs, die in fremden Dien sten gestanden und zur Zeit noch dlspouibel sind, aufnehme» zu lasten und unserm Militärdepartement elnzuscnden — Die Bastler Zeitung schreibt: „Man sagt, daß man in einem Hand schuh de« gefangenen Grafen v. W eS d eh len eine Depesche gefunden habe, die ihm und seinen Genossen auf den 3. Jan. die Befreiung zusicherte. Sicher ist, daß die Royalisten auf den 2. oder 3. Jan. die Unterwerfung des Cantons unter die preußische Herrschaft hoffen. Woher sic diese Hoff nung nehmen, weiß ich nicht." — Dem Frankfurter Journal schreibt man aus Zürich vom 1. Jan.: „Aus Freiburg hat man beunruhigende Nachrichten über die Stimmung in einigen dem UltramontanismuS besonders verfallenen Gegenden. Man ließ sogar den «Sonderbund» leben! Macht sich bereits der Einfluß des zurückgekehrtcn Marillcy bemerklich? Zu wundern hätte man sich über diese (jedenfalls vereinzelte) Erscheinung nicht; sie würde nur aufs neue be weisen, daß eine gewiss« Partei kein Vaterland hat und kennt und auch ih ren Anhängern dir Vaterland-liebe gründlich auSzutreiben versteht!" — Der «Bund» erklärt die Nachricht der Ost-Deulschen Post von einer definitiven Anstellung des ehemaligen preußischen Offizier« Rüstow und von der durch ihn erfolgten Einreichung eine« Operation-plan- zur Offen sive gegen da- badische Gebiet für falsch. Aralie«. Modena. Außer verschiedenen Criminalsträflingcn wurde sieben wegen Hochvcrrath- Verurtheilttn die noch abzubüßendc mehrjährige Kerker- flrafe erlassen. — Paris, Jan. Oesterreich soll, so sagt man, einige Sorge haben, Frankreich werde eine Aussöhnung zwischen England und Persien zu stande bringen, weil sich dann auch der Antagonismus zwischen Rußland und England verringern würde und weil dann di» Freundschaft zwischen Oesterreich und England kühler zu werden droh» Dir öffentliche Meinung in England ist keineswegs mit der auswärtigen Politik Lord Palmrrston'S ein verstanden, und die Beschießung vön Kanton war ein ebenso geschickter als willkommener Coup, um dem Premier wieder zu einiger Popularität zu verhelfen. Er wird in der nächsten Session doch heftige Kämpfe zu br- stehrn haben. Obgleich das Cabinet sich am Ende mit Glück aus dcr Schlacht ziehen mag, so wird sich doch ergeben, daß das Land die alten Künste des schlauen Manne« durchschaue und nach ihrem Werthe zu schätzt» wisse- Ein Mann, dcr Lord Palmerston in der Meinung der bürgerlichen Classen durch sein Wirken nicht wenig geschadet hat, ist Ludwig Kossulh, dessen Vorträge im Lande eine ungeheure Sensation erregt haben. Wenn selbst die Times zu einiger Anerkennung sich genöthigt sieht, muß dieser Effect allerdings kein geringer gewesen sein — Die schweizer Angelegen heiten wenden sich immer mehr dem Frieden zu. — Der Moniteur berichtet unterm 3. Jan. über die Ermordung bcs Erzbischofs Sibour: „Ein abscheuliches Verbrechen ist heute in der Kirche von St.-Etienne du Mont verübt worden. Nach bcr Prvcession und in dem Augenblicke, wo er in dic Sakristei zurückkchrlt, ist der Herr Erzbischof von Pari« durch «inen kürzlich interdicirten Priester, Namens Verger, von einem Dolchstiche getrost«» worden. Der Erzbischof wurde in da« Presbyterium der Kirche gebracht, wo er fast augenblicklich den letzten Seufzer aushauchle. Der Mörder ward unverzüglich verhaftrt." Dem Droit entnehmen wir folgende nähere Mittheilungen: „Der Erzbischof hatte sich nach dcr Kirche begeben, um dic religiösen Ceremonicn zu eröffnen, die daselbst während dcr neuntägigen Andacht dcr heiligen Genoveva begangen werden. Um i'/, Uhr verließ Msgr. Sibour den Chor; er wollte eben in die Sakristei eintreten, als ein Mann ihm cntgcgenstürzt, mit der Hand den Chorrock des Erzbischofs zurückschlägt, ihm rin großes catalonischcS Messer in die Brust stößt und auSrust: Nieder mit den Göttinnen! Der Prälat wankt, man eilt herbei, man hält ihn aufrecht: Todesblässc bedeckt sein Gesicht; einige dumpfe Seufzer dringen aus seiner Brust, man bringt ihn nach der Sacristci, man beeilt sich, ihm die Hülfe der Wissenschaft zu spenden. Ucberflüssigc Bemühung — der Erzbischof war todt. Der Mör der war ein Priester, dcr unempfindlich, das blutige Messer in der Hand, bej seinem Opfer geblieben war, das cr mit teuflischer Freude hinscheiden sah. Dieser Priester war einer der Pfarren von Paris beigcgebcn; seine Aufführung hat zu wiederholten malen da« einstweilige Verbot, seine prie sterlichen Verrichtungen auSzuüben, nöthig gemacht. Er war zu Melun, als im vorigen November dcr dortige Asfisenhof über eine Vergistungs- anklage abzuurthcilcn hatte, deren eine Frau bezüglich ihres Manne« be schuldigt war. Er folgte mit lebhaftem Interesse den Debatten dieses Prv- cesses, der mit Vcrurthcilung zu lebenslänglicher Zwangsarbeit endigte. Dieses Ergebniß entmuthigte den Eifer de« Beschützer« der Angeklagten nicht. Er betheuerte öffentlich ihre Unschuld, ließ auch, um seiner Pro- lestälion mehr Nachdruck zu geben, dieselbe drucken und wollte sie ver theilen lassen, al« das kaiserliche Parquet einschritt und ihre Beschlagnahme verfügte. Diese Maßregel war durch die Prottstation selbst und durch die Au-drückt, in denen sie abgefaßt war, nöthig geworden, indem sie die schwersten Anschuldigungen gegen die bei der Verurtheilung betheiligten Richter enthielt. Diese Schmähschrift und andere war Gegenstand einer Unter suchung, während deren der Priester, den sie betraf, große Ueberspannung kündgab- Die kirchlichc Behörde mußte unter diesen Umständen cinschreiten und da« Interdikt de« Priester« aussprechen, dcr seine Pflichten so arg ver kannt hatte. Dieses Jnterdict hatte die Auflegung des davon Betroffenen auffallend gesteigert; sie gab sich jedoch nicht durch Handlungen kund, di« das Verbrechen hätten ahnen lassen können, das bald die der Patronin von Pari« geweihte Kirche mit Blut beflecken sollte. Der interdicirte Priester hat mit furchtbarer Ruhe seine Frevelthat beschlossen, vorbereitet und ausgeführt; er versah sich mit einem 30 Cemimeter langen catalonischen Messer, dessen Klinge drei Finger breit war; er wußte, daß am 3. Jan. der Erzbischof zu St.-Etienne du Mont Gottesdienst halten würde, und mit dem festen Entschluß zu tödten begab er sich dahin. Man hat ihn gefragt, ob er dem Erzbischof mehre Stöße versetzt habe? Er erwiv«rte: -Rein, einen einzi gen; denn ich hatte ins Herz getroffen und ich wußte, daß der Stoß tödt- lich war.» Man fragte ihn weiter: «We-Halb riefen Sic bei de« Stoße aus: Rttdcr mit den Göttinnen?» Er antwortete: «Weil ich nicht an die unbefleckte Empfängniß glaube, über die ich mich auf der Kanzel ausge sprochen habe; ich habe noch einmal gegen diesen gottlosen Cultus protcsti- ren wollen.» Man fragte ihn, warum cr ein so große« Verbrechen began gen habe? «Weil ich intndicirt war und weil man mir angekündigt hattr, daß die«mal eine Aufhebung des Interdikts nicht erfolgen werde.» Die Ruhe diese- Menschen im Angesicht eine- so großen Verbrechens, die Um stände selbst, unter denen c« verübt wurde, scheinen den Gedanken an einen gesunden Verstand zurückzuweisen, und man muß zur Ehre der Menschheit glauben, daß di«ser Mann, dem das heilige Amt eines Priesters übertra gen war, «in Wahnsinniger und nicht ein Ungeheuer ist. Man hat ihn nach der Bürgermeisterei de- zwölften Bezirks gebracht. Dorthin begaben sich sofort Hr. Moignon, Stellvertreter des kaiserlichen Procurators, und der Untersuchungsrichter Treilhard, die den Gefangenen einem ersten Ver hör unterzogen. Der kaiserliche Procuralor Corduin und der Polizeipräfekt Pittri verhörten darauf ihrerseits den Mörder, der endlich dic Größe seines Verbrechens zu begreifen schien und in dessen Augen man einige Thränen sah. Die Leiche de- Msgr. Sibour ist in dak Hau- des Pfarrers von St.-Etienne du Mont gebracht und im Saal auf eine Matratze gelegt worden. Die Grsichtszüge de- Prälaten zeigten gar keine Veränderung. Seine Familie und sein« zahlreichen Freunde eilten bald herbei. Die