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28. März I8S6 Nr. 72 Freitag Preis für das Vierteljahr I V, Thlr.; jede einzelne Nummer 2 Ngr. . «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Jnsertionsgebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Zu beziehen durch alle Postämter des In- und Auslandes, sowie durch die Expedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Äeipßia. Die Zeitung ?SM-- Deutsche Allgemeine Zeitung De«tschland Aus Thüringen, 21. März. Aus einem Erlaß der preußischen Re. gierung ersehen wir, daß die Bundesversammlung über den Friedensfuß des Militärs der deutschen Staaten erweiternde Bestimmungen getroffen hat. Es soll nämlich künftig die Friedensbereitschaft die Mittel gewähren, mit dein Hauptcontingent gleichzeitig auch die Reserve marsch- und schlag fertig aufzustellen. Die gedachte Regierung hat nun infolge dessen ange ordnet, daß — wenige Fälle ausgenommen — auch den zur Reserve über- gegangenen Militärpflichtigen die Erlaubniß zur Auswanderung versagt wer- den solle, ein Verbot, dem man nun auch in den andern deutschen Bun desstaaten entgegensehen darf. (H.N.) Preußen. Berlin, 26. März. Uebcr den Diergardt'schcn Antrag auf höhere Besteuerung deS Tabacks, zu dem der Abg. Carl das Amende ment gestellt hat, daß der Erhöhung des Einkommens aus der Tabackssteuer gegenüber eine Ermäßigung der Classen-, Einkommen-, Schlacht- und Mahl steuer eintreten möge, hat die Commission des Abgeordnetenhauses Bericht erstattet. Die Bedenken, ob cs überhaupt angemessen fei, daß das Ab geordnetenhaus der Staatsregierung eine Steuererhöhung Vorschläge, wur- den in der Commission rasch beseitigt; der volkswlrthschastliche Standpunkt, welcher gegen übermäßige ConsumtionSbesteuerungen spricht, wurde mehr von der Negierung als von der Commission vertreten, und da die Negie rung am Ende auch keine Veranlassung hat, der Besteuerungslust der Fabrikanten und Volksvertreter erhebliche Schwierigkeiten entgegenzusehen, so mögen sich Tabacksfabrikantcn und Tabacksconsumcnten auf das Schlimmste gefaßt machen. Der Vertreter der Staatsrcgierung gab folgende Erklärung ab: Die Negierung Hobe nie verkannt, daß der Taback als ein beliebtes und doch entbehrliches Genußmittel sich zu einer höher» Besteuerung vorzugsweise eigene. Eine hohe Einnahme vom Tabacksverbrauch könne aber nnr erlangt werden, wenn man den inländischen Taback erheblich höher besteure, und dies sei nnr statthaft, wenn im ganzen Zollverein eine gleichmäßige, zur gemeinschaftlichen Thcilnng kommende Steuer erhoben werde. Denn wolle Preußen die inländische Tabackssteuer einseitig erhöhen, so müsse zum Schuh derselben, sowie des inländischen TabacksbauS auch die lleber- gangsstener von dem zur Zeit ganz unbcsteucrten Taback der süddeutschen Staaten gleichmäßig erhöht werden. Sei aber schon jetzt die vom Centner Taback 20 Sgr. betragende UebcrgangSabgabe kaum zu schützen, so würde deren erhebliche Erhöhung eine Besetzung der Grenzen gegen die süddeutschen Staaten erfoderlich machen, was wol Niemand ernstlich bevorwortcn könne. Inzwischen hätten sich die süddeutschen Staaten gcneigterklärt, ihren inländischen Taback zu besteuern, und bereits im Jahre 1853 seien, namentlich von Ler kurfürstlich hessischen und königlich württcmbergischcn Regierung, ausführliche Vorschläge behufs Erzielung einer hohen Einnahme aus dem Tabacksverbrauch, sei es im Wege des Monopols oder im Wege einer Fabrikations steuer, abgegeben, welche auf den svätern Eonferenzcn derZvllvereinSrcgierungen wei ter erörtert seien. Infolge dessen habe die königlich preußische Negierung cs übernom men, nach Beendigung der von den übrigen Negierungen zugesagten statistischen Er mittelungen über den ttmsang des inländischen TabacksbauS, auf der nächsten Gene- ralzollconferenz bestimmte Vorschläge zur Beschlußnahme zu unterbreiten. Das Er gebniß jener statistischen Ermittelungen sei erst vor einigen Monaten vollständig ein gegangen, und eS habe sich hierauf die Staatsregierung mit der vorliegenden Frage eifrigst beschäftigt und dieselbe der eingehendste» Untersuchung selbst durch eine beson ders niedergesetzte Ministerialcommission unterworfen, ohne jedoch bisher zn einer festen Entschließung über das Detail der Ausführung gelangt zu sein. Es erhelle hieraus, daß die Negierung durch den vorliegenden Antrag auf eine höhere Besteuerung des Tabacks nicht erst habe hingewiesen werden können, und daß dieselbe auch ohne einen auf jenen Zweck gerichteten Beschluß deS Hauses der Abgeordneten die vorliegende Frage weiterhin sorgsam erörtern und zur Entscheidung fördern werde. Daß diese Erklärung von den Antragstellern mit großer Befriedigung aufgenommen wurde, versteht sich von selbst. Der Abg. Carl gab dieser Befriedigung Ausdruck und erörterte dann seine Vorschläge, nach welchen der ausländische Taback 25 Thlr., der inländische 12/r Thlr. per Centner zahlen sollte, um, nach einer hierdurch hcrbeigeführten Einschränkung der Consumtion um ein Drittheil, der Staatskasse 6 Mill. Thlr. einzubringen. Der Rcgierungscommissar machte gegen diese unersättliche Besteuerungslust denn doch bemerklich, daß hohe Steuern einen wirthschaftlich und moralisch höchst nachtheiligen Einfluß auf die Bevölkerung zu üben pflegen, daß dra konische Gesetze gegen Contraventioncn Erbitterung und demoralisirenden Schmuggel, der bekanntlich die reichhaltigste Quelle des Diebstahls bildet, erzeugen. Die Commission lehnte schließlich die beantragten motivirten Ta gesordnungen ab und adoptirte mit 16 gegen 8 Stimmen den Diergardt'- scheu Antrag in folgender Gestalt: Die Commission, in Erwägung, daß LcrTabsck ein zur Besteuerung vorzügliches Object ist, daß aber die davon in Preußen cinachenden Steuern, im Verhältnis; zn dem Ergebniß der Tabacksbestcucrung anderer Großstaaten, zu gering sind, spricht ihre Uebcrzeugung dahin ans, daß eS dringend wünschenswcrth sei, bei den Verhand lungen mit den Zollvereinsstaaten eine höhere Besteuerung des inländischen und aus ländischen Tabacks in fernere Erwägung zu ziehen. (Nat.-Z.) t Berlin, 26. März. Der junge Prinz Friedrich Wilhelm wird sich nicht, wie bisher angcordnct war, jetzt schon von Koblenz nach Lon don begeben, sondern hierher zurückkehren, um den Frühlingsfeldübungen der Truppen beizuwohnen. Im Monat Mai wird derselbe aber, wie man in wohlunterrichteten Kreisen hört, nach England reisen, da die Verlobung dieses Prinzen mit der englischen Prinzessin, der ältesten Tochter der Kö nigin Victoria, statthaben wird. Für England wie für Preußen wird die ser Tag ein Festtag sein. Gegen Ende Mai dürfte das Fest begangen werden. Wir brauchen kaum darauf hinzuweisen, mit wie vieler Freude und Beruhigung auf diese Verbindung des preußischen Königshauses mit der englischen Herrscherfamilie hingeblickt wird und welche schöne Hoffnungen für die Zukunft sich daran knüpfen. Daß ein naturgemäßes inniges Freundschaftsbündniß zwischen Preußen und England zustande kom- men möge, ist der Wunsch Aller, deren Blicke und Anschauungen sich nicht dem Norden zuwenden. — Wie man wissen will, würde der Urtclsspruch in Bezug auf Hrn. v- Rochow auf Plessow schon in den nächsten Tagen erfolgen. Der Generalsuperintendent Büchscl hat, wie man hört, in der hiesigen Mallhäikirche in diesen Feiertagen gegen den Zweikampf gepredigt. Die Bemerkung, welche derselbe aber bei dieser Gelegenheit gegen das dem Gencralpolizeidirector v. Hinckeldey zutheil gewordene großartige Leichen- bcgangniß machte, soll den weit überwiegenden Theil der Zuhörer sehr un- angenebm berührt haben, wenn dieselben auch seinen Ansichten über die verwerfliche Sitte des Zweikampfes beistimmten. L Berlin, 26. März. Das blutige Ereigniß vom 10. März hat des- halb alle konservativen und amtlichen Kreise mit Bestürzung erfüllt, weil der Vorgang so ganz und gar unprcußisch ist. Wo ist das alte preußische Regiment, die stramme Zucht geblieben, wenn ein hoher Staatsbeamter, der Hüter des Gesetzes und der Ordnung, wegen seiner Amtshandlungen auf die vorliegende Weise zu persönlicher Rechenschaft gezogen werden kann? Was muß nothwendig vorhergegangen sein, um einen Generalpolizeidirector zu diesem verzweifelten Schritt zu zwingen? Kann fernerhin ein Beamter seiner Pflicht mit Gewissenhaftigkeit obliegen, wenn er von Jedem, welcher bei der allgemeinen Wehrpflichligkeit in Preußen nebenbei auch Landwchr- lieutcnant, wie der Rittergutsbesitzer v. Rochow-Plessow ist, persönlich zur Genugthuung gezogen werden kann? Wäre es früher auch nur denkbar gewesen, daß mehre junge Landwchrlieutenants wegen der Auf hebung eines HazardspiclclubS den königlichen Polizeipräsidenten persönlich belangen und denselben fast unter den Fenstern des königlichen Schlosses im Zweikampf erschießen durften, nachdem sie sich hinter das Privile gium der Ducllgcsctze für Offiziere verschanzt hatten? Diese Fragen ru fen eben eine solche Entrüstung in der conservalivcn Partei hervor, da mit der Anerkennung jenes Grundsatzes fortan die strenge und gewissenhafte Ausübung der Amtspflicht gelähmt wird. Unwillkürlich erinnert man sich hierbei eines Armeebefehls des Königs Friedrich Wilhelm III., welchem die Nachwelt den Beinamen des Gerechten gab. Der Armeebefehl lautet: Ich babe Las kriegsrechtliche Erkenntniß, welches den aggregirten Sccondelleute- nant Grafen Blücher v. Wahlstatt des GardchusarcnregimcntS wegen Verwundung des Schauspielers Stich durch einen Dolchstoß zu einem dreijährigen Festungsarrest ver- urtheilt, heute bestätigt, obschon die Hchwere des Verbrechens eine weit härtere Ahn dung verdient hätte. Wenn jedoch die Mehrzahl der Mitglieder des Kriegsgerichts die Beweggründe, von der gesetzlichen Strafe abzugehen, daraus hergenommen hat, daß der re. Blücher bei dem Vorfall sich int Stande der Nothwehr befunden habe, indem er, von dem Schauspieler Stich in seiner Verkleidung erkannt und ergriffen, sich eines Dolches umsomehr habe bedienen müssen, als ihm bei seinem schwächlichen Körper kein anderes Mittel zur Erhaltung seiner Ehre übriggeblieben, so kann ich über diese un richtige und höchst verdammungswürdige Ansicht nur mein lebhaftes Bedauern zu er kennen geben. Ich will nicht, daß die Offiziere meiner Armee die Anfrechthaltung der Würde deS Standes in der blutigen Erwiderung selbstverschuldeter Beleidigung suchen, sondern ich fodere von ihnen, daß sie dieselbe durch ein anständiges und stilles Be tragen und durch Unterlassung von Handlungen bewähren, die nach den Grundsätzen der Moral und der Ehre gleich verwerflich find. Ich trage Ihnen auf. dies der Ar mee bekannt zu machen und dabei zu bemerken, daß es mir schmerzhaft ist, durch diese Veranlassung einen gesegneten Namen berührt zu scheit'. Berlin, S. Oct. 1823. Fried rich Wilhelm. An den Kriegsminister v. Hake. So wurde damals verfahren, wo cs sich doch nur um eine „Verwun dung" in einem Prjvatstreit zwischen einem Schauspieler und einem Edel- mann handelte, welcher sich überdies „im Stande der Nothwchr befunden" und dem „kein anderes Mittel zur Rettung seiner Ehre übrigblicb". Da von ist aber in der heute uns vorliegenden Angelegenheit durchaus nicht die Rede. Im Gegentheil geht aus den bisjetzt veröffentlichten beiderseitigen Mittheilungen hervor, daß der Gcncralpolizeidirector, da er in seiner aml- lichen Qualität den rechenschaftfodernden Herren die Auskunft verweigerte, nach Aussage deö Staatsanwalts Nocrner sich „den schwersten Beleidigun gen" so lange ausgesetzt sah, bis er schließlich dahin gedrängt wurde, zu wählen zwischen seinem Ehrgefühl und den Gesetzen des Landes. — Die Weser-Zeitung vom 18. März enthielt über den Depeschen, diebstahl unter Anderm folgende Korrespondenz: „Schon seit acht Wochcn circulirte, besonders in diplomatischen Kreisen, eine Rechtfertigung dcS Geh. OberregierungsrathS, zeitigen ersten Directors der Obcrrechenkammer in Potsdam, Hrn. Skiffart, über seine Betheiligung bei dem gegen den Ge-