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DRESDNER PHILHARMON Freitag, den 9. Mai 1975, 20.00 Uhr Sonnabend, den 10. Mai 1975, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden 8. KONZERT IM ANRECHT C UND 8. ZYKLUS-KONZERT BRUCKNER-ZYKLUS Dirigent: Günther Herbig Solist: Konrad Other, Weimar, Violine Johann Cilensek Konzertstück für Violine und Orchester (1974) geb. 1913 Auftragswerk der Dresdner Philharmonie Uraufführung PAUSE Anton Bruckner Sinfonie Nr. 5 B-Dur 1824-1896 Introduktion (Adagio) — Allegro Adagio (Sehr langsam) Scherzo (Molto vivace; schnell) Finale (Adagio — Allegro moderato) ZUR EINFÜHRUNG KONRAD OTHER, 1950 in Dres den geboren, wurde von frü hester Kindheit an durch ein musikalisches Elternhaus in sei ner Begabung erkannt und ge- föideit. Der 7jährige wurde Geigenschüler von Annemarie Dietze an der Volksmusikschule Dresden, 1959 kam er als Schü ler von Heinz Rudolf in die Kinderklasse, 1965 an die Spe zialschule der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber" Dresden. An der Dresdner Mu sikhochschule legte er auch 1971 sein Staatsexamen ab. Seitdem vervollkommnet er seine Ausbil dung als Meisterschüler Prof. Fritz Ehlers an der Franz-Liszt- Hochschule in Weimar. 1965 und 1966 wurde Konrad Other Re publiksieger des „Zentralen Solistentreffens junger Künstler in der DDR" in Berlin und Dresden, und 1969 erhielt er den 1. Preis des nationalen Violinwettbewerbes in Markneu kirchen. 1972 gewann er den 2. Preis und die Silbermedaille beim IV. Internationalen Bach- Wettbewerb in Leipzig. Der junae Künstler, der 1973 das Felix-M endelssohn-Barlholdy-Sti- pendium erhielt, steht am Be ginn einer hoffnungsvollen Lauf bahn. Erste Gastspiele in der DDR und im Ausland (Bulga rien, CSSR) fanden große Beachtung. Johann Cilensek, Nationalpreisträger und ordentliches Mitglied der Akademie der Künste der DDR, zählt zu den bedeutendsten Komponisten unse res Landes. 1935 bis 1939 studierte er am Konservatorium Leipzig Orgel bei Friedrich Högner und Komposition bei Johann Nepomuk David. 1945 (bis 1947) wurde ihm eine Dozentur für Musiktheorie am damaligen Thüringischen Landes konservatorium Erfurt übertragen. 1948 folgte die Ernennung zum Professor für Komposition an der Franz-Liszt-Hochschule Weimar, als deren Rektor er 1966 bis 1972 wirkte. Cilenseks kompositorisches Werk entfaltete sich zunächst unter starker Beein flussung durch die polyphone Schule J. N. Davids, von der er sich mehr und mehr loste, ohne dabei seine Vorliebe für kontrapunktisch-polyphone Gestat tungen aufzugeben. Nach 1945 traten Einflüsse von Dmitri Schostakowitscii, Bela Bartök und Paul Hindemith hinzu (1. Klavierkonzert, 2. Violinkonzert, Sin fonien Nr. 1—4), später bezog der Komponist auch die Reihentechnik in sein Schaffen ein (Sinfonietta, Konzertstück für Klavier und Orchester), ohne sich jedoch technisch einseitig festzulegen. Das Streben nach klarer musikalischer Struktur, prägnanter Rhythmik und melodisch-thematischer Entwicklung kenn zeichnet alle seine in bedächtigem Schaffensprozeß entstandenen Werke, unter denen die 2. Sinfonie (1956), die 4, Sinfonie (1958) und das Konzertstück für Klavier und Orchester (1966) als bisherige Höhepunkte herausragen. Seit der Sinfonietta (1963) ist Cilenseks Stil durch eine zunehmende Farbigkeit und Virtuosität in der Orchesterbehandlung gekennzeichnet. Sinfonie und Konzert sind die bevorzugten Ausdrucksformen des Komponisten, sie manifestieren Eigenart und Bedeutung des zwar nicht quantitativ, um so mehr aber qualitativ bemerkenswerten Oeuvres von Cilensek, Das jüngste Opus des Komponisten, das Konzertstück für Violine und Orchester, das ursprünglich für den im Jahre 1973 verstorbenen Konzertmeister Jürgen Pilz geschrieben werden sollte, entstand 1974 im Auftrag der Dresdner Philharmonie und in der gesellschaftlichen Partnerschaft des Freundeskreises aus dem VEB Kombinat Pentacon Dresden. Es handelt sich um ein locker-virtuos, farbig und kontrastreich konzipiertes Stück, das den Hörer unter gewissem Anspruch unterhalten und dem Soloinstrument geben möchte, was ihm gebührt. Es ist sichtlich auf das konzertante Wechselspiel von Solo violine und Orchester hin angelegt; wie im Konzertstück für Klavier und Orche ster sind auch aleatorische Abschnitte einbezogen. Der Komponist äußerte zu dem Werk: „Das Konzertstück für Violine und Orchester ist einsätzig. Es ist jedoch deutlich in vier Abschnitte gegliedert. Am Anfang steht eine umfangreiche Kadenz der Solo-Violine. Hier tritt das Orchester nur episodisch in Erscheinung. Die Kadenz wird durch ein Orchester-Zwischenspiel mit dem zweiten Teil verbunden. Dieser verläuft in sehr schnellem Zeitmaß. Sein Grundcharakter ist lebhaft, spielerisch, virtuos. Das Orchester ist hier gleichberechtigter Partner des Solo-Instrumentes. Ein sehr ruhiger Abschnitt der Streicher und Posaunen eröffnet den dritten Teil, in dem das melodische Element dominiert. Der Solo-Violine stehen im Orchester fast nur Streicher gegenüber. Gegen Ende dieses Teiles leiten größere Gruppen des Orchesters in den vierten Teil über, der in seinem Charakter durch virtuose Passagen der Solo-Violine bestimmt wird. Dem Solopart werden ver schiedenste Gruppen aus dem gesamten Orchester in locker gefügter Folge gegenübergestellt." Anton Bruckners 5. Sinfonie in B-Dur, sein „kontrapunktisches Meisterwerk", wie er es nannte, entstand zur Zeit seiner Berufung an die Wiener