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Dienstag. —— Rr 284. — >6 December ISS«. LeiPziß. Dir Zeitung erscheint mit Ausnahme des Montag« täglich und tvird Nachmittag« 4 Uhr aus gegeben. Preis für das Vierteljahr I'/, Thlr.; jede einzelne Nummer 2 Rgr. Deutsche Allgemeine Zeitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Zu beziehen durch alle Postämter des In- und Auslandes, sowie durch die Erpeditwn in Leipzig (Querstraße Rr. 8). Jnsertion-gebühr für den Naum einer Zeile 2 Ngr. Devtfchler« d. Preußen. ^Berlin, 1-1. Dec. Es sind in der Stadt kriege, rische Gerüchte verbreitet, und hieß eS namentlich gestern an der Börse und in andern Kreisen, daß die Mobilmachung mehrer Armeecorps bevor- stehe. Es ist nun allerdings auch nicht zu leugnen, daß die schon an und für sich gespannte Situation seit dem Erscheinen des eidgenössischen Mö- moire noch vkel gespannter geworden ist. Dies M^moire wäre besser nicht geschrieben worden. Was beweist es? Daß die Schweiz sich im Rechte be finde. Wenn aber die Schwei; sich wirklich im Rechte befände, was folgte daraus? Daß die europäischen Verträge und der faktische Stand der Dinge bis zum Jahre 1848 leer und nichtig sein müßten. Das aber ist, mit allem Respekt vor dem oder den Verfassern des Me'moire, eine Lächerlich keit. Darum wird man auf das Mömoire, in officieller Beziehung we ¬ nigstens, diesseits auch nicht antworten. Nach einer andern Seite hin hat das Mömoire dagegen «ine nm so größere Bedeutung; eS wird durch das selbe nämlich die Eventualität nähergerückt, in Bezug auf welche der Kö- nig in der Thronrede gesagt Hal, daß er nicht zugeben dürfe und werde, daß seine Langmuth in eine Waffe gegen sein Recht selbst umgewandelt werde. Nichtsdestoweniger müssen wir, wie sehr wir den Ernst der Si tuation auch würdigen, die angedeuteten kriegerischen Gerüchte noch als ver frühten und voreiligen Charakters bezeichnen. Durch das Erscheinen des eidgenössischen Me'moire ist die Situation allerdings noch gespannter gewor den; aber zu übersehen ist auch nicht, daß der Bundesrath in den Schluß folgerungen des Aktenstücks nichts behauptet, was er nicht auch schon frü her behauptet hätte. Die Ausführung ist nur ausführlicher, in der Sache selbst aber stimmt das Me'moire mit der Antwort, welche der Bundesrath auf die wiederholten Proteste des diesseitigen Gesandten Hrn. v. Sydow gegeben Hat, ganz überein. In der objektiven Sachlage bringt das Mömoire ditrum auch kein« Veränderung hervor, und daraus folgt, daß, wenn da- Mcsmoire die herrschende Spannung auch noch straffer gemacht hat, nach wie vor von einer thatsächlichen Inangriffnahme kriegerischer Vorbereitungen doch immer noch nicht eher die Rede sein kann, bis die Antwort der Groß mächte auf die jüngste diesseitige Note hier cingetroffen sein wird. Aus demselben Grunde ist es auch noch nicht bestimmt, ob, nach dem Eintreffen dieser Antworten, die Dinge nicht so liegen, daß einem eventuellen bewaff- neten Einschreiten Preußens nicht noch ein anderes Mittel zur Regulirung der neuenhttrger Frage vorherzuschicken beliebt würde. Welcher Art dieses andere Mittel fein könne, haben wir in unserm jüngsten Schreiben ange deutet. Preußen seinerseits wird nichts mehr thun, als höchstens der Schweiz da« übliche Ultimatum zusenden. Wenn daher vorher noch etwa- Anderes geschehen soll, so kann dies nur darin bestehen, daß die Großmächte eine Colltktivauffoderung an die Schweiz stellen, den Zustand der Dinge im Fürstenthum Neuenburg vertragsmäßig wiederherzustellen. Wird eine solche Auffoberung gestellt und es hat zu der betreffenden Zeit der Proceß gegen die gefangenen Royalisten noch nicht begonnen, so ist es möglich, daß sie zuvörderst auf bedingungslose Freigebung der Gefangenen gestellt wird, um, für den Fall der Bewilligung, in Betreff der Regulirung der staatsrechtlichen Verhältnisse des Fürstenthums Neuenburg den dann geebneter« Weg im Inter- esse der Schweiz offenzuhalten. Jedenfalls würde aber eine solche Collectivauf- foderung der eigentlich liefern Bedeutung ermangeln, wenn, im Fall ihr nicht nachgekommen würde, die rcsp. Gesandten der vorstellenden Mächte noch in der BundeSstadt verblieben. In einem solchen Falle würde aber die Abbe rufung derselben, wenigstens von Seilen Frankreichs, Oesterreichs und Ruß- landS, um so eher zu erwarten sein, als diese Mächte es an der lebhafte- üen Unterstützung der berechtigten Foderungen Preußens nickt fehlen lassen. Indem wir das hierhergehörende Weitere also abzuwarten haben, wollen wir nur noch hinzufügen, daß die Thätigkeil in unsern Laboratorien in die sem Augenblick eine sehr große ist und daß bedeutende Fruchtankäufe von Seiten der Regierung auf die größere Verproviantirung einer Armee im Felde berechnet zu sein scheinen. Man spricht auch von einer eventuellen Vorlage an die Landesverlretung über eine Kriegsanleihe. — In der Denk schrift, welche der HandelSminister über die Abänderung des Vereinszoll tarifs dem Hause der Abgeordneten übergeben hat, heißt es unter An- derm: „Die StaätSregierung hatte, als weitere Consequenz der wegen des Getreidezolles getroffenen Verabredungen, auch cine Ermäßigung der Ein gangsabgabe für geschälten Neis von > Thlr. auf '/, Thlr. vom Centner gewünscht und bei den Vereinsregicrungen beantragt; es hat jedoch dieser Antrag die allseitige Zustimmung nicht gefunden." Außerdem ersehen wir aus der Denkschrift noch, daß neben der für den nächsten 1. Jan. bereit- erfolgten Aufhebung des AuSgangSzolles für Torfkohle von 2'/, Sgr. auch di« völlige Aufhebung des AusgangszollcS für Galmei und Zinkblende be antragt war, daß indessen die völlige Aufhebung für diese beiden Artikel wegen des Bedenkens einer VereinSregierung nicht bewirkt werden konnte und man sich deshalb mit der inzwischen bereits bekannt gewordenen Herab- setzung de« AusgangszollcS von 5 auf 2'/, Sgr. vorläufig begnüge» mußte. — Die Protestantische Kirchenzeitung für das evangelische Deutschland äußert sich über di« Antwort des Königs von Baiern auf die nürnbergerPro- testation folgendermaßen: ...„Ist so in der That die Durchführung al ler sechs Erlasse mindestens zur Zeit suspendirt und wird außerdem bei Gelegenheit des ersten Punktes für die Ausführung selbst «eine allenfallsige weitere Beschwerdcführung» ausdrücklich in ihrem Recht anerkannt und «r- muthigt, so kann diese Antwort nicht anders denn als eine höchst günstige auf- geßaßt werden, und eS läßt sich erwarten, sowol daß die Gemüther in den Gemeinden durch sie beruhigt werden, als auch daß die kirchlichen Behör den in ihr eine ernste Mahnung finden, auf dem beschrittenen Wege ein- zuhaitSn und künftighin wenigstens behutsamer vorzugehen, wo da- Recht der christlichen Gemeinden und die Gewissensfreiheit durch ihre Anordnun gen berührt werden könnten. Wir freuen uns, daß die Bedenken, welche uns bei der Beschwerdeführung, als wir von ihr hörten, aufstiegcn, sich in keiner Weise verwirklicht haben, und können unsern evangelischen Brüdern in Baiern nur Glück wünschen über den Schuh, den die Weisheit eines katholischen Königs ihnen gerade da gewährte, wo das eigene evangelische Kirchenregiment in seinen Maßregeln katholisirt." r Berlin, 14. Dec. In Kopenhagen soll sich eine Aenderung in der Auffassung der hylstein-lauenburgischen Angelegenheit und an derer Dinge von Seiten des dänischen Cabinets vorzubereiten, da leh- teres die Vorstellungen und Eröffnungen der beiden deutschen Großmächte in sehr reifliche Erwägung gezogen habe. Das dänische Cabinet soll in Pe tersburg und in Paris nicht in solchem Maße Förderung seiner Zwecke fin den, als e« in den Blättern behauptet worden ist. Die österreichisch-preu ßische Vorlag« in der Sitzung vom 29. Juli 1852 sagt ausdrücklich: „Die rechtlich bestehende und nach dem Grundsätze des Artikels 56 der Wiener- Schlußacte nur auf verfassungsmäßigem Wege abzuändernde Wirksamkeit der holsteinischen Provinzialstände und der lauenburgischcn Ritter-und Land- schäften wird wieder ins Leben gerufen." In der Depesche dcS kopenha- gener Cabinets vom 6. Dec. 1851 an Oesterreich heißt eS: „Wol aber würde die Competen; des Bundes nach dem Artikel 56 der Wiener-Gchluß- acte begründet sein, wenn Se. Maj. der König die Verfassung des Her- zogthums Holstein anders als auf verfassungsmäßigem Wege verändern woll ten." Diesen klaren Worten gegenüber verlieren die Versuche einer andern Auslegung und Auffassung ihre Bedeutung, welche Erfahrung Dänemark gemacht haben dürfte. — Der erwähnte, vom Abg. Rohden und andern katholischen Abgeord neten eingebrachte Antrag lautet wörtlich: Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: die königliche StaatSregierung aufzufodern, eine Gesetzvorlage einzubringen, wodurch unter Abänderung des ß. I des Gesetzes vom 2. Jan. 1849 die geistliche Gerichtsbarkeit mit maßgebender Wirk samkeit für die von den Civilgerichten zu regulirenden bürgerlichen Rechte der Ehe leute insoweit wiederhergestellt wird, daß die Entscheidung über Trennung, Ungültig keit und Nichtigkeit einer Ehe den geistlichen Gerichten zusteht. Die Motive zu dem Anträge, heißt eS weiter, wären schon bei der früh«rn Einbringung desselben dargtlegt. „Die wiederholte Einbringung desselben ist jetzt umsomehr veranlaßt gefunden, als jetzt der Gesetzentwurf über Ehescheidungen eingebracht ist." Baiern, -s-München, 12. Dec. Der Gesetzgebungsausschuß der Kammer dec Abgeordneten ist in fortwährender Thätigkeit. Von seinen Beschlüssen, insofern dieselben in die Oeffentlichkeit dringen, hat besonders derjenige Interesse erregt, welcher die körperliche Züchtigung sowol aus dem Strafgesetzbuch als aus dem Polizeistrafgesehbuch entfernt. (Der betreffende Antrag des Referenten wurde einstimmig angenommen.) Dieses Strafmittel war 1848 principiell beseitigt worden; jetzt soll es wiederhergestellt werden. Astch hatten bald nach 1848 Polizeibehörden, besonders in Altbaiern, das selbe reichlich angewendet, weil es wol als strafrechtliches, nicht aber auch als polizeiliches Correctiv beseitigt sei. Daß der Antrag des Referenten vr. Weiß, auch die Todesstrafe abzuschaffen, von dem Ausschuß nicht adoptirt wurde, ist um so erklärlicher, als eine solche Bestimmung die Gutheißung der StaatSregierung wol nimmer erhalten haben würde. Dagegen sprach sich der Ausschuß gegen die von der Regierung proponirte Hinrichtung in einem geschlossenen Raume und vor einer exclusiven Zahl von Zeugen au«. Er beantragte nur Beschränkung in dem Sinne, daß Frauen und Kinder ferngehalten würden. — Wenn die protestantische Kirchenbcwegung formell und in der Richtung nach oben durch die königliche Bescheidung der Nürnberger Adresse vorläufig einen Ruhepunkt erhalten hat, und wenn so- gar eifrige Gegner der oberconsistorialräthlichen Bestrebungen in dem frag- lichen königlichen Erlasse eine vorläufige Beruhigung finden, so dauert der Kampf in der Presse doch unvermindert fort und dehnt sich derselbe auf immer mehr Gegenstände aus, wir z. B. im Augenblick namentlich da-