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Nr. 2L8 § 17. September ISS«. für den Raum ein 2 Ngr. Zu beziehen durch alle Postämter dcS In- und Auslandes, sowie durch die Erpeditiou in Leipzig (Querstraße Nr. 8). DwWt Mgmtim Mililg -Wahrheit und Recht, Freiheit uud Gesetz!» Mittwoch. LeiPziS Die Zeitung erscheint mit Ausnahme de- Montaa« täglich und wird Nachmittags 4 Uhr aus- gegeben. Preis für das Vierteljahr 1'/, Thlr.; jede einzelne Nummer 2 Ngr. Die neuenburger Frage und der Deutsche Bund. -----Leipzig, t6. Sept. Es ist ausgefallen, daß die Frankfurter Postzei- tung, die man als einen Fühler des österreichischen CabinetS anzusehen sich gewöhnt hat, in der neuenburger Frage nicht blo- das Recht Preußen« vertritt, sondern auch, und zwqr mit einer fast leidenschaftlichen Heftigkeit, die preußische Regierung zu praktischer Geltendmachung dieses Rechts auf. fodert, ja geradezu provocirt und dem Deutschen Bunde (somit indirect auch sich selbst) eine activ« Unterstützung Preußens bei solchem Vorgehen zumu- thet. Da eine so aufopfernde Hinneigung Oesterreichs zu Preußen nach allem Vorangegangenen- Nicht wohl erwartet werden kann, so wird man unwillkürlich an das triviale Sprichwort von der Wurst und der Speckseite erinnert. Es ist bekannt, daß Oesterreich schon längst, schon vor dem orien talischen Kriege und wiederholt während desselben, große, aber vergeblich« Anstrengungen machte, um eine Gesammtbürgschaft Preußens und dcS Deut schen Bundes für seine sammtlichen Besitzungen — jedenfalls mit besonderer Rücksicht auf Italien — zu erlangen. ES ist auch wol früher schon ein mal (irren wir nicht, in der Neuen Preußischen Zeitung oder einem ähn lichen Organ der gleichen Partei) von einer ähnlichen gegrnseiligen Solida rität der beiden derttschen Großmächte — mit ausdrücklicher Bezugnahme auf Neuenburg und auf Italien — die Rede gewesen, wie sie jetzt von öfter- reichischer Seite, allen Anzeichen nach, erstrebt wird. Ob Preußen seine Rechnung dabei finden würde, für die Hüls« Oestrrreich- in d«r Neuenbur ger Frage, eine Hülfe, die doch über eine bloße diplomatische Jntercession nicht hinausgehen würde, da es zu einer Wiedereroberung Neuenburgs mit Waffengewalt und zu einem Kriege mit der Schweiz schwerlich kommen möchte, wenn auch der Artikelschreiber der Frankfurter Postzritung in sei nem Eifer sich bereits nach den Militärstraßen umsteht, di« an die Schwei zergrenzt führen; wir sagen: ob Preußen klug handeln würde, um solchen Preis sich Verpflichtungen von unberechenbarer Tragweite aufzuladen, dies zu erwägen, mag billig der Weisheit der preußischen Staatsmänner anheim- gegeben. bleiben. Näher liegt uns die Frage: was soll der Deutsche Bund thun, wenn jenes Ansinnen einer Unterstützung der preußischen Foderungen wegen NsuenburgS — wohlgemerkt, nöthigenfallS mit Waffengewalt — wie es jetzt daS mrhrgedachte Organ befürwortet, förmlich und officiell an den selben gestellt werden sollte. Und da sagen wir: er soll eine solche Zumu- thung unbedingt und unter allen Umständen ablehnen. Eine Verpflichtung, in diese Sach« sich einzumischen, hat er auf keinen Fall, denn Art. 37 der Wiener Schlußakte, den sonderbarerweise die Frankfurter Postzeitung an zieht, spricht bloS von Irrungen zwischen einem „Bundesstaat" und einer auswärtigen Macht. Nun geht aber die ganze neuenburger Frage den „Bun desstaat" Preußen gar nichts an, denn Neuenburg war nicht ein Zubehör de« preußischen StaatS als solchen, sondern ein völlig abgesonderte-, seiner Verfassung und seinen ganzen Rechtsverhältnissen nach selbständig dastehen- d«S Besttzthum des Hauses Hohenzollern. ES tritt also nicht einmal der Fak des Art. 47 der Wiener Schlußakte ein, wonach bei einer Bedrohung eine- BundeSstaatS in seinen außer dem Bunde belegenen Besitzungen für den Bund die Frage entstehen kann, ob er zur Hülfcleistung verpflichtet sei, «in Fall, der auch außerdem hier um deswillen nicht vorliegen würde, weil von einer „Gefahr für daS Bundesgebiet" nicht entfernt die Rede ist. -Genug, der Bund ist nach seinen Grundgesetzen zu einer Einmischung in dies« Frage nicht verpflichtet und folglich — da, nach Art. 3 der Wiener Schlußakt«, „Umfang und Schranken der Wirksamkeit dcS Bundes durch di« BundeSaci« bestimmt und seine Befugnisse wie seine Verpflichtungen durch dies« begrenzt sind" — auch nicht berechtigt. Die Klugheit mahnt aber gleichermaßen den Bund von einer solchen Einmischung in die Ange legenheiten der Schweiz dringend ab, umsomehr, als er dadurch (wenn wir die Absichten Desjenigen, der durch die Frankfurter Postzeitung spricht, recht errathen) über kurz oder lang Such zu einer gleichen Intervention zu Gun sten Oesterreichs in Italien, als der natürlichen Konsequenz jenes ersten Schritt-, sich hingedrängt sehen möchte. Man hat nicht für gut befunden, «in entschiedene-, aktives Auftreten des Bundes in dem orientalischen Kriege «intreten zu lassen, obschon e- sich dort um die Vertheidigung von Inter essen und die Abwendung von Gefahren handelte, bei denen Deutschland so nahe wie nur irgendein Staat betheiligt war; rS steht daher mit Zuversicht zu erwarten, daß der Bundestag sich auch nicht in eine Sache einlasscn werde, bei welcher er!m besten Fall nicht- gewinnen, wol aber sehr leicht in Verwickelungen hineingerathen könnte, deren Folgen für die Regierungen wie für die Völker Deutschland- schwer zu berechnen sein möchten. De«tschla«». Preußen. ^Berlin, 15. Sept. Dit Time- bemerkt in einem Artikel, welcher als Antwort auf die neapolitanisch« Note dienen soll, die Wrstmächte müßten «in« Amnestie, di« Freilassung d«r politisch«», Ge ¬ fangenen und die Gewährung einer Constitution fodern; im Weigerungs fälle müßten französische und englische Kriegsschiffe nach Neapel abgeschickt, die westmächtlichen Gesandten abberufen und die Gesandten Neapels von London und Paris weggeschickt werden. (Nr. 217.) ES ist dies nicht« als die Bestätigung Dessen, was wir bereits in unserm Schreiben vom 12. Sept, über die betreffende Angelegenheit mitgetheilt haben. Da wo die Times, in Bezug auf die an die neapolitanische Regierung gestellten Foderungen, von uns einigermaßen abweicht, möchten wir übrigen- unsere Angaben für die richtiger» halten. Wenn die Times z. B. sagt, daß ein« Amnesti« und auch die Freilassung der politischen Gefangenen gefodert wer den müßte, so sagt sie damit Eins und Dasselbe zwei mal; nach unsern Sprachbegriffen wenigstens schließt das Wort Amnestie die Freilassung der politischen Gefangenen selbstredend in sich. Was die Times von einer zu foderndcn Constitution sagt, dürfte wol mehr in einem einseitigen Wunsch« Englands als in den mit Frankreich gemachten gemeinsamen Vorstellungen seine Begründung finden. Frankreich ist wol in der Lage, geeignete Ne- formen von Neapel verlangen zu können; was aber eine Constitution be trifft, so kann «in Staat, dessen eigenes System dec Absolutismus und dessen Einfluß in einem andern Lande (in Spanien) die Niederwerfung deS konstitutionellen Wesens zu verdanken ist, in einem dritten Staate unmög lich das gerade Gegenthcil befürworten wollen. Es war uns indessen haupt sächlich nur darum zu thun, die Richtigkeit unserer Angaben über den Ernst der Situation im Allgemeinen zu constaticen, und es kann darum bei den angedcuteten Rektifikationen der von der Times gemachten Angaben über das Maß der gestellten Foderungen für heute sein Bewenden haben. — Wie eS heißt, dürfte der diesseitige Gesandte in der Schweiz, Hr. v. Sy dow, zur bevorstehenden Vermählung der Prinzessin Luise hierherkommen. Daß, wenn sich dies bestätigt, diese Reise, bei der dermaligen Lage der Dinge in der Schweiz, einen vorwiegend politischen Grund haben dürfte, liegt ziemlich nahe. Uebrigens sind, nach hierhergelangten anderweiten Mit- theilungen, die in den Blättern enthaltenen Angaben über ein angeblich principiell abweisendes Verhalten des schweizerischen VundeSrathS dem Hrn. v. Sydow gegenüber durchaus nicht richtig. Es ist hier zwischen Form und Wesen wohl zu unterscheiden. Das Weitere wird die Zukunft lehren. Bei dieser Gelegenheit wollen wir noch auf eine Notiz der Kreuzzeilung zurückkommen, in welcher cs heißt, Hr. v. Sydow sei fürs erste nur noch ausschließlich im Interesse der Gefangenen thälig; andere Instructionen habe er noch nicht. Es heißt dies, bei Licht betrachtet, wol nichts Anderes, al- daß Preußen in der Schweiz hauptsächlich nur zu Gunsten der Gefangenen wirken und daß alles Uebrige seinen diplomatischen Weg gehen werde; ein Verhalten, welches Das, was wir über die von Preußen einzuhallcnde Stellung von Anfang an gesagt haben, durchaus bestätigt. — Die Berliner Vörsen-Zcitung schreibt: „Wie wir hören, hat der Ent schluß unserer Regierung, sich für das LooS der gefangenen neuenburger Royalisten energisch bei der schweizerischen Bundesbehördc zu verwenden, die entgegenkommende Zustimmung bei allen übrigen europäischen Groß mächten gefunden." Dasselbe Blatt sagt: „Das den Kammern bei deren nächster Einbe rufung vorzulegende Budget wir)), wie wir hören, besondere Rücksicht auf die Erhöhung der Beamt engehalte nehmen und namentlich auf eine Verbesserung der Lage der Subalternbeamtcn berechnet sein. Man ist in den betreffenden Ministerien zu der Ueberzeugung gelangt, daß die bisherige Be messung der Gehalte im grellen Widerspruch mit den, dermaligen Werth des Geldes und überhaupt mit den thatsächlich bestehenden Verhältnissen des praktischen Lebens steht. Man hat sich namentlich der Betrachtung nicht verschließen können, daß es bei dem Verbleiben in den jetzigcn Ge haltsbezügen immer schwieriger werden müßte, tüchtige und zuverlässige Kräfte zum Staatsdienst heranzuziehen, da für solch« sich «in« pekuniär weit günstigere Aussicht in einer großen Anzahl von Privatinstituten eröffne." — Wir entnahmen vor kurzem der Zeitung «Deutschland» die Nachricht, daß in Düsseldorf eine Militärperson verhaftet sei, welche einem deutschen Fürstenhaus« angchöre. Nach einer Berichtigung im Hamburgischen Lorre- spondenten (der Redacteur des Hamburgischen Correspondenlen ist ein Bruder des NedacteurS der Düsseldorfer Zeitung) sind die Verhafteten ganz einfach ein Unteroffizier und ein Fähnrich, welch« aus Mainz desertirten, und jene Mitthtilung stammt daher, weil „zufällig«rweise einer derselben einen Ramen führt, der darauf schließen ließ". *Auö Ostpreußen, 12. Sept. Den Redakteuren der Provinzialblätter ist ein Ministerialrrscript publirirt worden, welches ihnen untersagt, die neuenburger Bewegung eine „aufständische" zu nennen und dieselbe „in einer für die Sache der Loyalität ungeeigneten Weise" zu besprechen. Kqlls di« Blätter d«m Rescript zuwiderhandcln, so soll, wir «S am Schluss« des- selben heißt, gegen sie „in drr ernstesten Weise" eingeschritlen werden. W«l»