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Tonnabend. — Mx. 167. 19. Juli 18SS Die Sekuvg erscheint mu Ausnahme de« Montags täglich und wird Nachmittags ä Uhr a«S- gegeben. Preis für da« Vierteljahr 1V, Thlr.; jede einzelne Nummer S Ngr. De«Wt AllgeMim Zcitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Zu beziehen durch alle Postämter des 3ti- und Auslandes, sowie durch die Expedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Zfnfertton-gebühr für den Raum einer Zeile S Ngr. D*Otschr««d. Preußen, -rl-Berlin, 17.Juli. Unsere officiösen Correspondtnten geben heute zu, daß allerdings auch noch eine zweite Roke nach Kopen hagen obgeyangen sei. Sie heben zwar hervor, daß dies nur von Sei- t«n Oesterreich«, nicht aber auch von Seilen Preußens geschehen sei; allein in Bezug «ins die Sache selbst macht dies, wie Jedem einleuchten muß, keinen besonder» Unterschied, indem «S zunächst ja eben darauf awkommt, -aß erneute Vorstellung«« überhaupt gemacht worden sind. Bor einigen Lagen haben wir darauf hingewiesen, wie au« den officiösen Mitteilung«» au» Frankfurt a. M. mit Nochwendigkeit hervorgehe, daß zur Behandlung der holsteinischen Sache am Bunde einleitend» Schritt« absolut bereits g«- than sein müßten; heute sind <S nun unsere Officiösen selbst, welche auch das andere von uns hervorgrhobene Moment in Bettest der wiederholten Borstillungen in Kopenhagen bestätigen. Der Umstand, daß diese erneuer ten Vorstellungen lediglich von Oesterreich ausgegangen sein sollen, ändert am Wesentlichen der Sache, wie gesagt, gar nicht-. Wa« ist nun an un sern früher« Mittheilungen über die betreffenden Punkte Falsches gewesen? Die Einwendungen, welche man jetzt wiederholt gegen die Lauterkeit der Absichten Oesterreich« vorbtingt, dürften, wie wir schon früher bemerkt ha ben, wol schwerlich gerechtfertigt sein, und wir hätten gedacht, daß man dies« Einwendungen, nachdem das Preußische Wochenblatt dieselben so furchtbar gegeißelt, doch endlich ganz aus sich beruhen lassen sollt«. Daß Oesterreich sogenannte Bundesreformplane hat, wissen wir. Diese Plane können aber mit der holsteinischen Angelegenheit unmöglich in Verbindung gebracht wer den. Hier handelt es sich lediglich um ein gekränkte« dentsches Land und Recht, die zu schützen sind. Will Oesterreich seine sogenannten Reformbe- strebungen früher oder später wirklich ernstlich aufs Tapet bringen, so mag «s das thun; die Regierungen werden dann ja wissen, was sie Oesterreich darauf zu antworten haben. Jedenfalls aber sind diese Reformbestrebun- gen, wie gesagt, eine Sache für sich, di« mit der holsteinischen Angelegen heit weder in Zusammenhang steht, noch überhaupt in Zusammenhang ge bracht werden kann, und es dürfte darum Oesterreich gegenüber in Betreff der holsteinischen Frage ein von vornherein ausgesprochenes Mistrauen um soweniger gerechtfertigt sein, als, wenn «ine Bundesexecution gegen Däne mark vom Bunde beschlossen würde, Oesterreich dann ja ebenso gut sein Truppencontingent zu stellen hätte wie jede andere deutsche Regierung. Das Alles ist so einfach und klar, daß man sich in der That nur darüber wundern kann, daß man dies erst noch sagen und auSeinandersetzen muß. Vollends lä cherlich erscheinen un« aber die Angaben, welche zu dem Zweck gemacht wer den, um die Stellung Preußens zur holsteinischen Frage dem Publicum klarer und verständlicher zu machen. Preußen, sagt man, sei durchaus nicht abgeneigt, die holsteinische Angelegenheit beim Bunde in Behandlung bringen zu lassen; es bedürfe aber, wie man weiter erläuternd hinzufügt, hierzu keiner besonder» Eile, indem die holsteinischen Stande ja erst in drei Jahren wieder zusanr- mentrHteu und eine Beschwerde derselben am Bunde also ja auch erst dann, nach drei Jahren, erfolgen könne. Wer diese Ausrede erfunden hat, ver dient ci»e Auszeichnung schon ihrer unaussprechlichen Naivetät wegen. Wasi Wer hat denn der dänischen Negierung mahnende Vorstellungen gemacht? War e« nicht Preußen? Was haben die holsteinischen Stände mit der gan zen Sache, wenigstens wie sie bisjeßt noch liegt, zu schaffen? Hat Preußen etwa eine Vollmacht von den holsteinischen Ständen zu seinen Vorstellun gen in Kopenhagen erhalten oder überhaupt gebraucht? Liegt die Bercch- tigung Preußen« zu diesen Vorstellungen nicht in seiner Eigenschaft als deut sche Macht und hauptsächlich in den Conseguenzen des von ihm mit Däne- mark abgeschlossenen FriedenSttactats vom 2. Juli 1860? Handelt es sich, mit Einem Wort, hier nicht ganz einfach um eine deutsche Bundessache, die, wenn den nach Kopenhagen abgegangenen Vorstellungen nicht entspro chen wird, von jeder deutschen BundeSmacht, und besonders von Preußen, -an den Bund gebracht werden kann? Wo liegt hier die Nochwendigkeit, mit der Behandlung am Bunde warten zu müssen, bis nach drei Jahren — und noch dazu vorausgesetzt, daß eS dann überhaupt geschieht oder ge- schihen kann — die holsteinischen Stände eine Beschwerde dircct einreichen? Eine unglücklichere Au-rede als die erwähnte möchte cö in der That kaum noch geben, und ihr Erfinder verdient, wie gesagt, eine Auszeichnung schon ihrer unvergleichlichen Naivetät wegen. Allerdings kann man warten, bis die holstemischen Stände selbst klagend einkommen; eS würde die- aber nichts And/reS heißen, -als daß man bie .holsteinische Sache vorläufig wieder ganz auf sich beruhen lassen wolle. Inwiefern «in solche- Aufsichberuhenlassen al- identisch,zu betrachten sein müßte mit einem völligen Preisgeben Hol stein- und der deutschen Rechte, die- wollen wir hier nicht näher erörtern, und zwar aus dem sehr einfachen Grund«, weil di« Widersprüche, auf die wir hingewiesen haben, zu craß und zu kolossal sind, als wir auch nur einen Augenblick annrhmen konnten, daß die Negierung selbst sich in den- ' selben bewege. Warten wir darum das Weitere ruhig ab! Unsere früher» Mittheilungen üb«r die holsteinische Frage haben sich, trSH aller verfang- sichen Widersprüche, in allem Wesentlichen bewahrheitet; wir zweifeln nicht, daß Dasselbe auch in letzterer Beziehung noch der Fall sein wird. Um so auffallender bleibt immer freilich die Stellung, welche die officiösen Federn Holstein gegenüber in der letzten Zeit einnehmen. ES ist diese Stellung weder «ine ganze noch ein« halb«, und sie ficht mit Gründen und Phrasen; al- ob wir in einer Zeit lrbten, wo der Mond einen Burzelbaum schlügt und ähnliche Wunder passirten. Worauf diese verdrehte Stellung beruht, wiss«n wir nicht und ist zu untersuchen auch nicht unsere Sache ; der Wahr nehmung kann man sich indessen nicht verschließen, daß die betreffenden Schreibereien einen durchaus schlechten Eindruck gemacht haben und daß die Regierung in dem vorliegenden Falle mehr att j« Ursache haben dürfte, zu sagen: Bewahre mich Gott vor meinen Freunden. — Das berliner Korrespondenz-Bureau vom 17. Juli schreibt: „Man sieht binnen kurzem dem Eintreffen eines dänischen Spccialbevoll- mächtigten entgegen, der Uebcrbringer einer noch besonders persönlich von ihm zu vertretenden Denkschrift des dänischen Cabin«ts sein wird. Diese Denkschrift soll dazu dienen, die bekannten Schritte Dänemarks, den deut schen Herzogthümern gegenüber als solche darzustellen, die mit der von Dänemark übernommenen Verpflichtung und dem Erlasse vom 28. Jan. 1852 nicht im Widerspruch ständen. Die Intention geht zugleich dahin, die Stimmung mit Rücksicht auf die demnächst bevorstehenden Verhandlun gen am Bunde zu präoccupircn. Eine Wirkung davon ist indessen umso weniger vorauSzusehen, als die Thaisachen deutlich genug für sich selbst reden und eine etwaige Protestation Dänemarks, die Rechte der Herzog- thümrr nicht haben beeinträchtigen zu wollen, nichts Anderes sein würde al- eine protestatio (goto oonttariu." Baden. Aus Heidelberg vom 16. Juli schreibt man der Neuen Preu ßischen Zeitung über die Auflösung der Corps: „Ich beeile mich, Ih nen ein Ereigniß mitzutheilen, welches seit dem heutigen Morgen di« gc- sammte Studentenschaft und den größern Theil der Bevölkerung Heidelberg- in Aufregung verseht hat. In der vergangenen Woche wurde durch Se- natsbcschluß «in Korpsstudent auf zwei Jahre relrgirt, weil er ay einem Studenten der Theologie, der ihm «Satisfaction» verweigert hatte, sich leider lhätiich vergriffen hatte. Wie dies bei derartigen Anlässen meist ge schieht, veranstaltete» sämmtliche Corps «in feierliches Comitat, an welchem ungefähr 200 Korpsstudenten thcilnahmen, und dieses Comitat geleitete den Verwiesenen bis zur nächsten Eisenbahnstation, der Stadt Ladenburg, bei den Heidelbergern dadurch übel berüchtigt, daß seit Jahre» »och nie ein Student cs unangefochten verlassen hat, in weiter» Kreisen hinlänglich da durch bekannt, daß eö im Jahre 1849 das Grab manches braven Solda ten geworden ist, und daß schwer verwundete Offiziere dort mit der kalt blütigsten Grausamkeit ihrer Uhren, Ringe und Börsen beraubt wurden. Es war bei diesem anerkannten Typus der Bevölkerung Ladenburgs leicht erklärlich, daß in kurzem ein kleiner, unbedeutender Covflict entstand, der sich abcr von Augenblick zu Augenblick vergrößerte und allgemein wurde, als mit einem male die Sturmglocke ertönte, wie man sagt, nachdem die zum Thurm führende Thür gewaltsam erbrochen worden war. Dem ener gischen Einschreiten des dortigen GerichtsactuarS gelang es, das Volk zu- rückzutreiben und die völlig unbewaffneten Korpsstudenten sicher zum Bahn hofe zu geleiten, glücklicherweise ahne haß erhebliche Contusioncn stattge funden halten. In Heidelberg angekommen, zogen sämmtliche 200 Mann vor das Haus deö zeitige» Prorectors vr. Schenkel und brachten der «aka demischen Freiheit» ein dreifaches Hoch aus, worauf Alles sich zerstreute. Hauptsächlich auf Grund des Conflicts zu Ladenburg — wenigstens dahin lautet die betreffende Publikation — erschienen nun heute Morgen früh 5 sihr einige Compagnien Infanterie von Karlsruhe, um einige Decrete des Se nats zur Ausführung zu bringen. Diese Decrete verfechte» die Studenten schaft jn eine Art Belagerungszustand. Sämmtliche Corps sind aufgelöst; bei Strafe sofortiger Verhaftung und Relegation in porpeftuum darf Nie mand Farben oder sonstige studentische Abzeichen tragen; die hervorragend sten Mitglieder einzelner CorpS, welche sich früher etwas haben zuschulden komme» lassen, sind relcgirt worden und müssen innerhalb sechs Stunde» d>« Stadt verlassen; jegliche «Zusammenrottung» ist bci Strafe sofortiger Verhaftung verpönt, und einem «Auszuge» der Studenten sucht der Sengt durch ein mit sofortiger Relegation bedrohtes Auömandervngsvcrbot vprzu- beugen. Voraussichtlich wird nur der letztere Punkt dem Senat noch Schwierigkeiten bereiten, da nach Verlauf von 24 Stunden wyl schwerlich noch «in CorpSstudent in Heidelberg sein wird. Die Corps haben sich heute Vormittag einstwfilen aufgelöst, und die schöne Hauptstraße, auf welcher sich ehemals Vandaltzn und Schwaben, Westfalen, Sax.borussen und Nhc-