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hohen Berufung noch nicht bewußt. Was er bis dahin komponiert hatte, war erst Vorbereitung, war Schularbeit, war Tasten und Suchen und zeigte nur gelegent lich Ansätze zur eigenen Note. Und es schien, als schrecke der junge Komponist ängstlich zurück, mit solchen großen Schritten voranzukommen, lieber verfiel er, der allzu bescheiden lernen und nichts als lernen wollte, wieder in den voi- sichtigen Schülerschritt. Das war zunächst auch in Linz so, wo er ja nun endlich den rechten Lehrer gefunden hatte, den berühmten „Fugenschmied" Simon Fechter, bei dem er mit solchem Fanatismus in die Schule ging, daß er ihn mah nen mußte, „sich mehr zu schonen und sich die nötige Ruhe zu gönnen". Er predigte tauben Ohren. Bruckner lernte und ließ sich prüfen, immer und immer wieder, und nicht nur bei Fechter. In Otto Kitzler, dem aus Dresden stammenden Theaterkapellmeister, fand er den Führer zu Richard Wagner, der ihm die „Tann- häuser"-Partitur zum Studium vorsetzte, und der ihn mit einer „Tannhäuser "• Aufführung im Februar 1863 völlig verzauberte. Und nun geschah das Wunder von Linz. Wie ein mühsam gebändigter Fluß, wenn das Stauwehr gebrochen ist, mit um so größerer Gewalt, mit um so größerer Wildheit davonstürmt, so machte sich jetzt die lange aufgespeicherte schöpferische Kraft in Bruckner Bahn, alle Dämme niederreißend, und es entstanden die beiden ersten vollgültigen Werke, die beiden ersten, die Bruckner selbst als seiner würdig bezeichnete: die Messe in d-Moll für Soli, Chor und großes Orchester und diel. Sinfonie c-Moll (1865/66). Es ist wie ein Wunder, daß gleich diese erste den Typ der Bruckner sehen Sinfonie in Vollendung ausprägt. Vierzig Jahre hatte Bruckner gewartet, bis er die Feder ansetzte zu diesem Werk, Was an Sinfonischem vorher geschaffen war, zählte nicht. Nicht die f-Moll-Sinfonie, die als unmittelbare Frucht der Studien bei Kitzler von ihrem Schöpfer selbst als „Schularbeit" bezeichnet wurde, nicht die in d-Moll aus den Jahren 1863 64, die Bruckner trotz bedeutender Gedanken später als „ungültig", als „nur ein Versuch" ablehnte und deshalb als die „Nullte" in sein Gesamtschaffen einreihte. Nun aber kommt die c-Moll-Sinfonie und braust wie ein Gewittersturm ins Land — er weiß es wohl, der junge Meister, was er damit tut: „So kühn und keck bin ich nie mehr gewesen, . . . der ganzen Welt warf ich den Fehdehandschuh hin, so habe ich nie mehr komponiert". Mit diesem Werk hat Bruckner, so hat es Stro- dal trefflich formuliert, „den Speer weiter in die Zukunft geworfen als selbst Wagner". Im ersten Satz erleben wir die neue, die Brucknersche Sonatenhaupt satz-Form, die die bisher nur gelegentlich angewandte Themen-Trinität an Stelle des klassischen Themen-Dualismus zur Regel macht, wobei man die Bruckner sehen Themen als Themengruppe, also als etwas Zusammengesetztes, auffassen muß. Die drei Themen der ersten Sinfonie, das über den pochenden tiefen Streichern in den ersten Violinen einsetzende Hauptthema, das als Duett der beiden Violinen beginnende warmblütige Gesangsthema und das dritte, in den Posaunen erklingende „Monumentalthema" (so möchte ich es als Typ bezeich nen) - bilden gewissermaßen das Schema aller späteren Sinfoniethemen, die nur die Variationen dieser ersten zu sein scheinen. Im zweiten Satz kündigt sich der Meister der Adagios an, das Scherzo ist, wie später so oft, ausgegangen vom bäuerischen Tanzboden, greift aber schon hinüber ins Reich der Gespenster und Dämonen, das Finale geht auf den ersten Satz zurück — auch das ein typisch Brucknerscher Sinfoniezug, der sich wiederholen wird. Die erste Sinfonie wurde am 9. Mai 1868 in Linz unter Leitung des Komponisten uraufgeführt und harte einen gewissen äußeren Erfolg. Daß mit ihm ein neuer sinfonischer Tag ange brochen war, hatte niemand erkannt. VORANKÜNDIGUNGEN: Sonnabend, den 29., und Sonntag, den 30. März 1975, jeweils 20.00 Uhr, Kulturpalast 8. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Milan Horvat, SFR Jugoslawien Solist: Ludwig Güttler, Dresden, Trompete Werke von Mozart, Haydn und Brahms Freier Kartenverkauf Freitag, den 11., und Sonnabend, den 12 April 1975, jeweils 20.00 Uhr, Kulturpalast Einführungsvorträge jeweils 19.00 Uhr Dr. habil. Dieter Härtwig 7. KONZERT IM ANRECHT C UND 7. ZYKLUS-KONZERT Dirigent: Hartmut Haenchen Solist: Herbert Collum, Dresden, Orgel Werke von Fidelio F. Finke, Herbert Collum und Anton Bruckner Anrecht C und B Infolge einer Auslandstournee der Dresdner Philharmonie nach Spanien und Portugal in der Zeit vom 25. Februar bis 15. März 1975 entfällt das 7. AUSSERORDENTLICHE KONZERT Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1974/75 — Chefdirigent: Günther Herbig Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Die Einführung in die 1. Sinfonie von A. Bruckner schrieb Prof. Dr. Karl Laux Druck: GGV, Produktionsstätte Pirna - 111-25-12 2,85 ItG 009-18-75 »Inillnarnnonio 6. ZYKLUS-KONZERT UND 6. KONZERT IM ANRECHT C 1974/75