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<220 hannoverischerseits geübten Zollverfahrens, welches die Interessen der benachbarten preußischen Bezirke in mancher Beziehung benachtheiligte, früher Beschwerde geführt worden ist, so wird gegenwärtig in gleich offener Weise anerkannt, daß die bisherigen Uebelstände gehoben und die einheit liche Behandlung-weise der gemeinschaftlichen Zollangelegenheiten jetzt recht erkennen lasse, wie sehr in dieser Hinsicht die Bereinigung des Zollvereins und des Steuervereins beiden Theilen zum Vortheil gereicht. — Dem Vernehmen nach ist die gerichtliche Untersuchung gegen den Rcdacteur der Patriotischen Zeitung, vr. Lindenberg in Minden, wegen des vielbercgten Bericht- desselben über eine hohe Person bereits eingeleitet worden. — Die im künf tigen Jahre hier in Berlin stattfindende europäische Versammlung deS Evangelischen Bunde- dürfte muthmaßlich eine größere Ausdehnung erlangen als die bisherigen Versammlungen in London und Paris, da die Aufmerksamkeit deS evangelischen wie des beobachtenden katholischen Deutsch land in regerer Weise auf diesen Gegenstand gerichtet ist als in England und Frankreich. Die englische Deputation deS Bundes soll wegen der außerordentlich günstigen Aufnahme beim König höchst befriedigt die hiesige Hauptstadt verlassen haben. Bei der Rückkehr der Deputation nach Lon don wird eine außerordentliche Versammlung des Bundes daselbst statt haben, um über den Erfolg der Sendung der Deputation den Bericht zu hören. Bekanntlich ist der Zweck dieses Bundes, eine auf allgemein aner kannte Grundsätze des Christenthums gegründete Vereinigung aller evange lischen Kirchcngcsellschasten, unbeschadet ihrer besonder« Eigenthümlichkeiten, zustande zu bringen. — Die Berliner Börsen-Zeitung schreibt unterm 17. Juni: „Es ist be kanntlich seit längerer Zeit von einem Besuche der Königin von Eng land am hiesigen und andererseits des Prinzen und der Prinzessin von Preußen am englischen Hofe die Rede. Man vernimmt nun, daß der bei derseitige Besuch jetzt ftststeht. Der Prinz und die Prinzessin von Preu- ßen werden sich wahrscheinlich zu Ende des Juli nach London begeben und etwa acht Tage daselbst verweilen. Ueber die Zeit, zu welcher die Königin von England nach Berlin kommen wird, scheint eine Bestimmung noch nicht getroffen zu sein, doch vermulhet man, dieser Besuch werde gegen den September hin stattfinden." — Die National-Zeitung schreibt: „Für die neuesten Maßregeln, welche die katholischen Kirchenbchörden in Oesterreich in Beziehung auf bisher ge meinschaftliche Begräbnißplätze ergriffen haben, suchte man eine Recht fertigung in angeblichen Präcedenzfällen, welche sich in protestantischen Län dern geboten. In Betreff eines bei dieser Gelegenheit erwähnten Vorgangs geht uns von compctcnter Stelle folgende Mittheilung zu: «Mehre öffent liche Blätter haben eine Mittheilung darüber gebracht, daß den katholischen Einwohnern von Fürstenwaldö nicht gestattet worden sei, die Beerdigung ihrer Angehörigen auf dem dortigen evangelischen Friedhöfe nach dem Ritual der katholischen Kirche zu vollziehen. Ein solcher Fall ist allerdings vorge kommen und man hat sich dabei evangelischerseits auf die bisherige Obser vanz und die bestehende Bestimmung gestützt, wonach einem auswärtigen Geistlichen nicht gestattet ist, den liturgischen Act auf dem Friedhöfe zu vollziehen. Nachdem indessen bei dem katholischen Bethause in Fürstenwalde ein eigener Geistlicher in Function getreten und demnächst diese Angelegen heit im Wege der Beschwerde zur Cognition der geistlichen Behörden ge langt ist, haben dieselben schon im April d. I. die Anordnung getroffen, daß die Ausübung des kirchlichen Ritus bei Beerdigung katholischer Con- fessionsverwandten auf dem evangelischen Kirchhofe fernerhin ungehindert er folgen kann, sodaß jeder weitern Beschwerde vorgebeugt worden ist.»" — Der augsburgcr Allgemeinen Zeitung schreibt man aus Berlin vom 13. Juni: „Ueber Verhandlungen wegen eines neuen Cartelvertrags mit Rußland hört man noch nichts, obwol der alte bereits im Juli oder August dieses Jahres sein Ende erreicht. Die Vortheilc desselben wa- ren überwiegend auf russischer Seite, was sich schon aus der Natur der Sache ergibt, da das polnische Flüchtlingswesen, bisher wenigstens, seine Richtung von Osten nach Westen nahm, und die Fälle von Desertionen preußischer Soldaten oder Militärpflichtiger nach Rußland zu den größten Seltenheiten gehörten. Der einzige und wesentliche Nutzen, welchen der übrigens schon einmal unterbrochen gewesene Cartelvcrtrag für Preußen ge- habt haben mag, bestand wol darin, daß dieser Vertrag die Möglichkeit bot, sich einer Menge lästiger Ueberläufer mit Leichtigkeit zu entledigen, welche sonst, wie das zu Anfang der vierziger Jahre der Fall war, die Cor- rectionsanstaltcn und die militärischen Strafcompagnien in Massen anfüll, ten. Daß eine neue Unterbrechung in den Cartelverhältnissen mit Ruß- land eintreten werde, mag nach den gemachten Erfahrungen unwahrschein- lich sein. Auch deutet das Verhalten der Grenzbehörden, bei welchen gar ! keine Veränderungen bemerkbar sind, eher darauf hin, als werde eine still schweigende Fortdauer des bisherigen Verhältnisses erwartet. Russischerseits werden für den Abschluß eine- neuen Vertrags wol zeitraubende Vorbera- thungen erfoderlich sein, besonders wenn man auf die verschiedenen im Werke begriffenen Reformen Rücksicht nimmt Auch werden sich die preu- ßischen Gegenfoderungen bei dieser Gelegenheit geltend machen müssen." — Die Neue Preußische Zeitung schreibt: „Gestern Mittag ereignete sich im Park deS Jnvalidenhauses folgender trauriger Vorfall: Der Haupt mann a. D. K., welcher im Jnvalidenhause wohnt, begab sich um 12 Uhr nach der Säule deS National-Kriegerdenkmals und überstieg, auf dem Pla- icau derselben angekommen, da- umlaufende 4 Fuß hohe Gitter auf der Nordseite. In der einen Hand seinen in der Scheidt steckenden Degen, in der andern seine Dienstmütze haltend, stürzte er sich von der bezeichneten j Stelle in einer Höht von 136 Fuß auf die unten befindlichen Steinplatten hinab, waS seinen augenblicklichen Tod zur Folge hatte. Die Beweggründe, die ihn dazu getrieben, sind unbekannt. Seine Leicht wurde nach demLa- zareth de- Jnvalidenhause- gebracht. K. war bereit- einige 6V Jahre alt und hinterläßt, dem Vernehmen nach, keine Familie." — Wie die Gericht--Zeitung erzählt, hat vor einigen Tagen der Bör senschwindel wiederum zwei Opfer gefodert. Ein auswärts wohnender Beamter, der sich durch die größte Sparsamkeit einige Hundert Thaler zu rückgelegt hatte, hörte von dem schnellen und reichen Gewinn, den man mit wenigem Gelbe durch Börsengeschäfte sich verschaffen könne. Er reiste deshalb mit seinem Ersparten hierher und fiel hier einem Menschen in die Hände, der ihm mit Rath und That beim Ankauf von Papieren zur Hand ging, die schon nach wenigen Wochen fast werthloS wurden. Der Mann nahm sich dies so zu Herzen, daß er erkrankte und schon nach einigen Ta gen starb. Die Frau wurde infolge der Trauernachricht wahnsinnig und stürzte sich in diesem Zustande kurze Zeit nach dem Tode ihres Manne- au- dem Fenster. So ist eine ganze Familie durch eine einzige Börsenspe- culation in- Unglück und ins Grab gestürzt worden. Magdeburg, 15. Juni. Dem Vernehmen zufolge ist der Literat Heinrich Bürgers, welcher in dem großen Communistenproceffe gegen l)r. Becker und Genossen im Jahre 1852 zu sechs Jahren Haft verurthcilt wurde, von seiner früher» Festung Glatz in unsere Stadt versetzt worden. Derselbe war in der letzten Zeit leidend. Bürgers hat noch circa 2'/, und vr. Becker fast 1/, Jahre zu verbüßen. , (Frkf. I.) Baden. Vom Bodensee, 15. Juni. Gestern ereignete sich am nördlichen Seeufer ein in der Art der Ausführung gewiß seltener Selbst mord. Küfer A. von L. wollte mit Frau und Kind von dem Leichenbe- gängniß eines Verwandten in S. auf der längs des Seeusers hinführenden Straße nach Hause zurückkehren. Infolge eine- entstandenen Zwistes zwi schen dem Ehepaar ging die Frau auf dem Wege voraus, während ihr Ehemann auf kurze Entfernung schmollend zurückblieb, dem bei ihm geblie benen Söhnlein plötzlich seine silberne Uhr in die Hand gab und sich in den hart an die Straße stoßenden Bodensee stürzte. Die Frau, welche auf das Geschrei de- Knaben zurückkam, sah nichts mehr von dem Gatten; er war schon in der Tiefe verschwunden. Erst später gelang es, den Leich nam aufzufinden. (Schw. M.) Großherzogthum Hessen. Gießen, 16. Juni. Ein tragischer Vorfall erregt hier viele Theilnahme. Gestern früh hat man den Pfar rer Bender in dem benachbarten Wilseck mit vielen Schnitten im Hals, am Arme und sonst auf seinem Lager verblutet gefunden. Da die Kinder mit in demselben Zimmer geschlafen haben und nichts auf fremde Gewalt- that deutet, so bleibt freilich nichts übrig, als daß der sonst allgemein ge achtete und achtbare, überall in den glücklichsten Verhältnissen lebende Mann in einem Anfall tiefster Geistesstörung bedauerlicherweise selbst Hand an sich gelegt habe. (Frkf. I.) Thüringische Staaten. Meiningen, 15. Juni. Unsere nach- märzliche Strafgesetzgebung hat nun auch eine sehr wichtige Revision erfahren. Ein gestern publicirter Nachtrag zu der Strafproceßordnüng von 1850 beschränkt die Competenz der Geschworenengerichte auf diejenigen Ver brechen, welche mit Todes-, Zuchthaus- oder mehr als vierjähriger Ar beitshausstrafe bedroht sind, erweitert die Befugnisse der Staatsanwaltschaft ' und schließt von der Uebernahme de- Geschworenenamts einige bisher zuge lassene Stände aus. (Nat.-Z.) ** Eisenach, 17. Juni. Die Zollconferenz hat gestern noch keine Berathung gepflogen, da mehre Mitglieder, wahrscheinlich durch Zufall ver- hindert, noch nicht eingetroffen waren. Anträge sollen viele vorliegcn, rcsp. für die Behandlung durch die Instructionen der Regierungen, an welche sie schon vor einiger Zcit gelangten, bereits vorbereitet sein; jedoch hört man nicht, daß von irgendeiner Seite ein principielles Abweichen von dem bis herigen System beabsichtigt werde. Auch über die Bildung verbindlicher Beschlüsse unter den Vereinsregierungen, über welche Preußen in Hinblich auf das ungeheure Hemmniß der erfoderlichen Einstimmigkeit schon 1853 einen Antrag angekündigt hat, scheint in der gegenwärtigen Conferenz keine Motion gestellt zu werden. Waldeck. Arolsen, 14. Juni. Die Ständekammer ist, nach- dem sie nach dreiwöchiger Vertagung am 0. Juni ihre Verhandlungen wie der begonnen hatte, gestern geschlossen worden. Während der Vertagung hatte in ständischem Auftrage Abgeordneter Staatsrath Schuhmacher einen Bericht entworfen, worin derselbe eine vom Regierungsrath Varnhagen zur Vertheidigung der sogenannten Holzverordnung vom 20. Sept. v. I. er lassene Druckschrift ausführlich widerlegte. Die Stände beschlossen, die An gelegenheit einer Juristenfacultät zur Beurtheilung und Entscheidung zu überweisen. Wie man hört, hat die Regierung hiermit sich einverstanden erklärt und werden die diesfalls erfoderlichen Anordnungen bei der nächsten Zusammenkunft der Stände im October d. I. zur Verhandlung komme». Ein weiterer Beschluß der Stände betrifft die Errichtung einer Zettelbank im hiesigen Fürstenthum. Dieselben waren der Ansicht, daß ein derartige- Institut für das allgemeine Interesse der Landesbewohner mehr nachtheilig als vortheilhast sei, und verweigerten deshalb ihre Zustimmung zu deren Concessionirung. , (Wests. Z.) Oesterreich. Wien, 16. Juni. Die heutige Wiener Zeitung brintzt gelegentlich des an diesem Tage erfüllten DecenniumS seit der Erwählung Pius' IX. einen schwungvollen Attikl, au- dem klar hervorgeht, daß an