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Rr. M. 4. Juni 18S« MittznM. Nummer z Ngr. Ädir Zeitung - . ;-M- Deutsche Agemme Zeitung Preis für da» Vierteljahr LThlr.; jede einzelne «Wahrheit md Accht, Freiheit und Gesetz l» Zu beziehen durch all Postämter t»- 'Al- und Auslandes, sowie durch di« Erpeditto» in Leipzig (Querstrutze R^. 8). ' Zusertion-gebüßr , für den -kaum einer Zeil« » »gr. Deutschland. Preußen. Berlin, 2. Juni. Alle für die Dauer des eben be endigten Kriegs geschloffenen Bündnisse haben natürlich von dem Au- genhlick an, wo der Friede ipiederhergestellt worden war, keine Gültigkeit mehr gehabt, wie z- B. der Decembervertrag, der Aprilvertrag rc. Hierher gehört selbstredend auch der Zusagartikel zum Aprilvertrage^ in welchem Preußen und der Deutsche Bund hie Verpflichtung übernommen hatten, die österreichische Occupation der Donaufürstenthümer zu schützen, wenn e- npthsg werden sollte. Dauert die Occupation nun jetzt, nach wiederherge- stelltem Frieden, noch fort, so steht dieselbe zu dem gleichzeitig mit dem Hauptversrage erloschenen Zusa-artikel natürlich in gar keiner Beziehung mehr; Oesterreich thut eben etwas ganz auf eigene Faust, was Preußen und den Deutschen Bund gar nicht- mehr angeht. Dieses Moment, über welche- sämmtliche deutsch« Regierungen einig sind, zu constatiren, ist um somehr von Zntereffe, als die Schwierigkeiten der Fürstenthümerfrage gerade infolge der fortgesetzten Occupatio» mit jedem Tage größer zu werden scheinen. An- London ist bekanntlich bereit- gemeldet worden, daß Eng- land solange Anstand nehchen dürfte, seinen Eommiffar für die Donau fürstenthümer zu ernennen und abzusenden, bis die österreichischen Truppen sammtlich in ihre Heimat zurückgekehrt sein würden. Ob dies bereit- als feststehend betrachtet werden kann, wissen wir nicht; Da- aber wissen wir, daß die fortdauern sollende Occupation die englische Regierung aufs leb hafteste beschäftigt und daß st« sich bereits an die französische Regierung gewandt hat, um ein geeignetes Zusammenwirken zwischen England und Frankreich in der wichtigen Frage zustande zu bringen. Uebcrhaupt muß gfsggt werden, daß diese Angelegenheit di« Thätigkeit der ganzen Diplo matie fast ausschließlich in Anspruch nimmt. Namentlich beschäftigen sich die russischen Diplomaten in diesem Augenblick kaum noch mit etwas An- derm, und wenn man hört, daß daS einzige politische Moment, welches der gegenwärtig hier anwesende russische Minister des Auswärtigen, Fürst Gortschakow, Hier zur Sprache gebracht habe, sich eben auf die Verhält- nifft der Donaufürstenthümer beziehe, so stimmt dies mit dem Gesagten ebenso sehr überein, als gerate dies« besondere und für den Augenblick fast ausschließliche Thätigkeit dem hohen Interesse, welches Rußland an der Sache nehmen muß, entsprechend ist. Nachdem Rußland sein ausschließii- chr«: Protektorat über die Donaufürstenthümer einmal aufgegeben und in- folge de« Kn«gS Alle- einmal gekommen, wie e« eben gekommen ist, so muß es natürlich auch eine Kräftigung der Verhältnisse jener LandeStheile einer bleibenden Lockerung derselben, di« nur einer immer wachsenden Fest setzung und Ausbreitung de- prädominirenden österreichischen Einflusses Vorschub leiste» könnte, entschieden vorziehen. Fürst Gortschakow soll darum auch , wie wir hören, einer Bereinigung der beiden Fürstenthümer ganz entschieden da- Wort reden und in diestm Sinne auch bereit- die auswär- tigeh russischey Diplomaten in ganz bestimmter und unzweifelhafstr Weise instruirt Hahm., Was Preußen und da« übrige Deutschland betrifft, so stimmt das. Moment der „deutschen Interessen" mit Dem, was Oesterreich jetzt scheint, wol schwerlich noch überein. Die deutschen Inter ¬ essen eMWn isi den Donaufürstrnthümrrn vor allen Dingen die Herstel- läng ejnts äustaydes, welcher die größtmögliche Gewähr dafür gibt, daß jene Lqnde-tWe nicht Her Erisäpftl der europäischen Diplomatie bleiben und,;»icht chied» V«rqnlassung zu einem neuen Kriege -eben. Zur Her- stell^g dftsech ZM vor alltn Dingen ein« Bereinigung der beiden FÜpstentkM und die Schaffung gesund«« liberaler Institutionen in den- Wen npWs Oesterreich aber will in beiden Beziehungen das Vegentheil. de^ AprisverstagS pnd seine-ZusaharlikelS wird unter ftl- natürlich nur noch von um so größerer Vkdeutsing; denn DeptMqD hat nicht nur «snzupeysn für die etwaigen Folgen der verschiß gerien Occupatio», sondern eS Has guch hi« Hände frei, um ist.Betreff s« M ass dq« wahre deutsche Interesse betrachtet, sein Po-, tüm ist geeigneter Weift: chtt ahgeb^n zu können. E- fragt sich nun »och, was Fransrelch ihn» wird., Auf den Pariser Eonferenzen hat e« die Ber- ejnsgung der btidey Fürstenthümep, als eme politische Nothwendigkelt, .;»- , erst zur Sprach« gebracht. Ob «- Oesterreich inzwischen gelungen, die An- sichtest Frankreich- umjustimtste», da- Wissen wir Mich nicht; dach möchte es ün Allgemeinen wol schwerlich zu erwarte» sein. So liegen die Dinge in diesem Augenblick. Ihre Entwickelung ist natürlich abzuwarten; jeden- fäll« aber ist die Sachlage, in ihrer Gaüzheit wie in ihren Detail«, wohl ist- Astge zu fasst» und in ihrer Bedeutung ja nicht zu unterschätze». Sie ist günz danach angethan, Neue Verwickelungen hetvyrzuruftv, und sie zeigt handgreiflich Da-, wa» wir kurz näch dem Abschlusse br-Frieden« gesagt haben, nämlich daß dieser Friede, dessen angebliche „gute und dauernde Bast«" mit so großer Emphase hervorgehoben wurde, nicht« ist al- ein ist Eile und gewissermaßen auf Commando gemachter, ein künstlicher, ein, wenn wir uns so ausdrücken dürfen, zusammengepappter. — Auf eine Reihe von „Widerlegungen" und „Berichtigungen", welche in der. letzten Zeit, theilweise auch mit Bezug auf von uns behauptete Thatfachen, gemacht worden sind, sind wir nicht zurückgekommen. Wir wolle» di«? auch heute nicht, wie dankbar z. B. eine geeignete Behandlung des in der, aug-burger Allgemeinen Zeitung über die hiesige Anwesenheit de« Fürste»! Windischgrätz enthaltenen RomanS auch sein müßte. Auf «inen andei» Punkt wollen wir aber kurz aufmerksam machen, wodurch sich jene Be^ richti'gungen selbst widersprechen,, Man behauptet steif und fest, eS sei, österreichischerseit- von einer Garantie für seine italienischen Besitzungen, niemals die Rede gewesen, sagt aber gleichzeitig und fast in demselben; Athem: eine solche Foderung sei „berechtigt", und ruft Preußen zu, daß es nicht vergessen solle, daß der Po den Rhein decke rc. Wir überlassen eS dem Leser, den geeigneten Schluß hieraus zu ziehen. WaS indessen den Satz: „der Po deckt den Rhein", betrifft, so wollen wir hieran eine kurze Bemerkung, und zwar ebenfalls zur „Berichtigung", knüpfen. Dieser Satz, richtig aufgesaßt und verstanden, findet hier viele Anhänger, und man wird M erinnern, wie es namentlich die Kreuzzeitung gewesen ist, welche denselben vor einigen Jahren wiederholt ausgesprochen und mit Vor-, liebe behandelt hat. Der Sinn aber, welchen man dem fraglichen Sah« hier zugrunde legt, bezieht sich lediglich auf eine etwaige Gefahr von Sei ten Frankreichs — eine Eventualität, an welche jetzt doch wol umsoweniger zu denken sein möchte, als Oesterreich mit Frankreich ja auf so freund schaftlichem und vertrautem Fuße steht. Daß der Satz auch auf daS Ver- hältniß Oesterreichs zu den italienischen Staaten und der italienischen Frage Geltung haben soll, das ist neu und wol nur einem lupsus oslsmi zu zuschreiben. Davor, daß wir zu den faulen italienischen Verhältnissen auch nur in die entfernteste direkte Beziehung kommen sollten, möge uns der Himmel bewahren. — Man schreibt der Neuen Preußischen Zeitung aus Potsdam nnterm 1. Juni: „Beinahe hätten der König und Kaiser Alexander gestern Abend bei der Rückkehr aus Berlin ein Unglück haben können. Der königliche Wagen fuhr nämlich auS dem Bahnhofe heraus gegen die große Havel- brücke. Eine Droschke kanr ihm von der Brücke her entgegen, und da e« eine sehr dunkle Nacht war, ein heftiger Regen überdies auch noch den Schein der Laternen schwächte, so konnte die Droschke bei der raschen Wen- düng der königlichen Equipage nicht rasch genug ausweichen, sondern suhr so unglücklich zwischen die Pferde hinein, daß die Deichsel brach und der König mit seinem kaiserlichen Gaste im bösesten Wetter einen andern gleich darauf folgenden Hofwaaen besteigen mußte. In der entstandenen Der- wirrung gelang eS dem Droschkenkutscher, mit seinem Fuhrwerk unbemerkt fortzukomMen. Bald war er indessen ermittelt und sein« Arretirung noch Sanssouci .berichtet. Der wachthabende Offizier kam indessen mit. der Rach-' richt wieder auS dem Schlosse, daß der Arretirte sofort wiehdr in Frejheit zu setzen und ihm nur der Rath zu geben sei, künftig etwas vorsichtiger^ zu fahren." — Die Neu« Preußische Zeitung enthält unserm 2. Juni Fol-eHeA, „Der Kaiser von Rußland gedenkt, wie wir Horen, sich in der. Pächt vom 2. zum 3. Juni von Sanssouci mit Eisenbahn nach Königsberg und/ von dort mit Extrapost nach der Grenze zu begeben. - Der Großher- zog von Oldenburg ist heute Vormittag gegen 9 Uhr von Potsdam in Berlin eingetroffen und beehrte unmittelbar darauf den Ministerpräsidenten Frhrn. v, Manteuffel mit seinem Besuche. Derselbe wird heute Nachmit tag »ach Oldenburg zurückkchren. — Der Großfürst Michael beehrte, am 31. Mai den Ministerpräsidenten Frhrn. v. Manteuffel mit seinem Be suche. — Der Fürst Windischgrätz nebst Begleitung wird, wie wir Hören, morgen die Rückreise antreten. — Graf Nesselrode, der in Ber lin Mit ganz besonderer Auszeichnung empfangen worden ist, und hier mit seinem Schwiegersohn, dem königlich sächsischen Gesandten am französischen Hoft Baron v. Sechach, zusammentraf, ist heute abgereist, um sich nach Bad Kissingen zu begeben. — Der russische Gesandte am berliner Hofe, Baron v. Budberg, wird, wie wir hören, in gleicher Eigenschaft an den wiener Hof versetzt und der Baron v. Brunnow wird, zur Zeit in Paris, früher kn London, zum russischen Gesandten am berliner Hofe ernannt wer- d«n.^ Unser« frühere Nachricht, daß Fü^ff Dolgoruki (bis vor kurzem Krieg-Minister) zum Gesandten in P-ri« ernannt werde, bestätigt sich." — Di« Berliner Börsen-Zeitung vom 1 Juni sägt: „Wir haben heut« «in« prvsönliche Veranlassung, in die allgemein« Klag« de« Handel-stande« allep Orten der Monarchie über die Schließung der Postbureaux an dtn Sonntagen rinzusttmmen, da wir infolge dieser Einrichtung die be reit- am Morgen hier eingetroffene westliche Post unbenutzt lassen müssen. Gvwol Zeitungen al- Briefe lagen auf dem ZeitungScontor im Interesse