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114« zu einer Gemeinschaftlichkeit in diesem Punkte kommen lassen. Handel und Verkehr leiden in den deutschen Bundesstaaten offenbar unter den Schwie rigkeiten, mit welchen die Geltendmachung von Foderungen noch vielfach verbunden ist, wenn Gläubiger und Schuldner verschiedenen Staaten an- gehörcn, und es wäre zu wünschen, daß in dieser Beziehung über den Gerichtsstand und über die Vollziehbarkeit rechtskräftiger Urtel eine allge meine Gesetzgebung zustande käme. Vorgeschlagen wird noch speciell, daß die Commission, welche mit der Entwerfung eines Handelsgesetzbuchs be auftragt werden soll, zugleich auch zu einer Berichterstattung über die sen Gegenstand zu veranlassen wäre. Die weitern Vorschläge der bairi- schen Negierung beziehen sich noch auf die Herstellung eines allgemeinen Heimats- und Ansässigmachungsgesetzcs und auf die Regulirung der Aus wanderung. Aus den verschiedenen Heimats- und Ansässigmachungsge- schen der deutschen Bundesstaaten ergeben sich für die Untcrthanen oft die größten Belästigungen und für die Regierungen Schwierigkeiten mancher Art. Es liegt darum nicht minder im Interesse der Regierungen selbst als in dem der Untcrthanen, baß die betreffenden Verhältnisse den Bedürfnissen der Zeit entsprechend endlich einmal regulirt werden. Ein Anfang dazu ist bereits gemacht durch den sogenannten Gothaer Vertrag. Zu wünschen wäre aber, daß nicht nur dessen Bestimmungen für ganz Deutschland zur Gültigkeit kämen, sondern daß auch die Gesetze über die Heimat und An- sässigmachung innerhalb des gesammten Bundes mehr in Einklang gebracht werden könnten. Was den Gothaer Vertrag insbesondere betrifft, so hat sich die Bundesversammlung mit demselben früher schon beschäftigt und an die einzelnen Bundesregierungen die Anfrage gerichtet, ob sie demselben bci- treten wollen. Auf diese Anfrage ist indessen von mehren Negierungen die Antwort bis heute noch nicht erfolgt. Hoffentlich wird eine solche Verschlep pung bei der nunmehrigen neuen Behandlung des Gegenstandes nicht mehr vorkommen; denn wenn die Reaktion auch noch so sehr blüht, so ist die vor märzliche Zeit doch nun einmal vorbei und die Regierungen müssen einsehen gelernt haben, daß cs nicht mehr angeht, die nationalen Bedürfnisse der Nation über die Achsel anzusehen und deren Befriedigung, in materieller Beziehung wenigstens, im Geiste der alten Zeit auf die lange Bank hin auszuschieben. Was die Auswanderung betrifft, so ist eine Regulirung der selben bekanntlich ebenfalls schon seit Jahren als ein Bedürfniß anerkannt wor den. Die Frage ist freilich, ob die specicllen Vorschläge, die hier gemacht werden, auch in der That zutreffend sind; indessen kommt es, zunächst wenigstens, nicht sowol hierauf als vielmehr darauf an, daß der Gegenstand überhaupt in Behandlung genommen wird. Durch die Behandlung wird sich auch schon das Zutreffende herausstellen. Das ist nun, das allgemeine deutsche Handelsgesetzbuch eingeschlofsen, die Summe der bairischen Vorschläge. Ihre Verwirklichung würde ein ungeheurer Schritt vorwärts sein in der innern Einigung des deutschen Volks, und sie verdienen darum umsomehr die leb hafteste Unterstützung aller Freunde des Vaterlandes, als sie, nach der von der bairischen Regierung kundgegcbenen Absicht, nicht die Grenze Dessen bilden sollen, was geschehen soll, sondern nur ein Anfang sein sollen zu Dem, was überhaupt geschehen könnte. Unter solchen Umständen kann cs natürlich nur angenehm sein, wenn man hört, daß die Aussichten auf eine Verwirklichung dieser Vorschläge sich in der lctztern Zeit wieder merklich ge hoben haben. Früher waren diese Aussichten minder gut; vielleicht hat die Foderung Oesterreichs nach einer Bundcsreform auf dem politischen Felde zu diesem Umschwünge mit beigetragen. Diese Foderung Oesterreichs soll, wie es heißt, demnächst wieder neu aufs Tapet gebracht werden. 2 Berlin, 5. Juni. Der russische Minister der auswärtigen Angele genheiten, Fürst Gortschakow, Hal sich gestern Abend von hier nach Wien begeben. Wie man hört, sind die Angaben und Vermuthungen, welche an dessen hiesige Anwesenheit in Bezug auf die Stellung Rußlands und Preußens in politischer Beziehung geknüpft worden sind, ohne that- sächliche Anhaltepunkte. Besondere Verhandlungen und Verabredungen haben nicht stattgefunden. — In auffälliger Weise werden in Bezug auf Griechenland in der europäischen Presse die unbegründetsten Angaben und Gerüchte-verbreitet. Als ein solches falsches Gerücht wird von unter richteter Seite namentlich die Mitlheilung in mehren Blättern bezeichnet, als ob man in Athen an höchster Stelle damit umgehe, die Verfassung Griechenlands über den Haufen zu werfen. Wie man in hiesigen diplo matischen Kreisen andeuten hört, ist diese Behauptung geradezu der Wahr heit und dem wirklichen Verhalt der Dinge entgegen. — Die «Zeit» betont, daß der Besuch des Kaisers von Rußland in Berlin durchaus nicht den Sinn einer Demonstration gegen die Triple allianz vom 15. April habe, sowie daß der gleichzeitige Besuch deutscher Fürsten in Berlin in den verwandtschaftlichen Beziehungen derselben zum russischen Kaiserhause seine einfache Erklärung finde. — Das berliner Corrcspondenz-Buceau vom 5. Juni sagt: „In der vo- rigen Woche ist in der Sundzollangclegenhcit eine officielle Mitthci- lung aus Kopenhagen hier eingctroffen, welche die Hoffnungen auf eine güt liche Ausgleichung belebt zu haben scheint. Man glaubt, daß, abgesehen oon den Verhältnissen Dänemarks zu Nordamerika in dieser Frage, die Ver handlungen schon in den nächsten Tagen in Kopenhagen wiederaufgenom- men werden dürften. — Unter den Anträgen, welche für die bevorstehende Zollconferenz in Eisenach vorbereitet werden, bezieht sich einer auf eine schon längst alS nothwendig erkannte Modificalion der Grundsätze über den Zollcredit." ' Baiern, -j-München, 4. Juni. Aufgrschoben ist nicht aufgehoben, e- ist kein Friede, sondern nur ein Waffenstillstand, man ist nicht zufrie- dengeflellt, man wartet nur ab, schrieb ich Ihnen seinerzeit, al- von den Anfoderungen unserer klerikalen Partei und von gewissen Zugestäub- nissen der Negierung viel die Rede war. Die Sprache und Agitation der betreffenden Presse konnte da- fortwährend bestätigen. Heute aber finden wir in einer münchencr Correspondcnz der von der Partei gut bedienten Augsburger Postzeitung die merkwürdige Aeußerung, daß, „wollten die Ka tholiken Baierns die alten Rechte ihrer Kirche zurückfodern, um damit einen fest konservativen, monarchischen Thron zu schirmen", die Revolutionäre, Freimaurer rc. sich in gefährlicher Weise geberdcn könnten, und daß daher „es der Verantwortlichkeit unsers klugen und frommgesinnten Episkopat» anheimgegebcn werden müsse, ob und wann rS an der Zeit sei, mit Ernst die Verbesserung unserer kirchlichen Zustände in politischer Beziehung zu verlangen". Interessant ist, wie bei dieser Gelegenheit vr. Stahl in Ber lin, ein früherer Bundesgenosse, der aber kürzlich ein Concordat wie das österreichische für Baiern unmöglich nannte, tractirt wird. „Stahl", sagt die fragliche münchener Correspondcnz, „ist schon gerichtet von allen Denen, die in seinen allerdings meist geistreichen Büchern sich überzeugt haben, wie nahe dieser getaufte Jude der Wahrheit gekommen ist, und wie er sich mit allen Eigenschaften, die seiner Nation ankleben, abmüdet, als königlich preu ßischer Hoftheolog und Nechtslehrer der Wahrheit gegenüber dem preußi schen System oder dem protestantischen «Majcstätsrecht» dienstbarer Knecht zu bleiben." Daß gleichzeitig die „Fremden" schlecht wegkommen, ist na türlich und nicht neu. Doch überrascht uns die Wendung: „Es waren die glorreichsten Tage Baierns, jene, als ein Maximilian für den katholischen Glauben gegen die Fremden das gute Recht vertheidigt hat, unbekümmert um Lob oder Tadel der Fremden, dem schlichten Glauben seiner erhabenen katholischen Ahnen treu, und treu dem Kaiser, dem Retter Deutschlands." Diese Zusammenstellung der „fremden Bürde" mit Gustav Adolf und sei nen Schweden ist denn doch etwas stark, wenn solche Taktik gleich im Sy- stem liegt. — In dem neuesten Referat des Professors Edcl über die Gr- richtsorganisation ist namentlich die Erklärung bemerkenswerth, daß seine persönliche Ansicht dahin gegangen sei, die Organisationsfrage zu ver- tagen und einen ticfergreifenden Organisationsplan für die Justizverwaltung aller Instanzen, mit gänzlicher Trennung der Justiz von der Verwaltung, abzuwarten; daß jedoch der Ausschuß in dem gegenwärtigen Entwürfe den Keim zu weiterer Entwickelung erblicken zu müssen glaubt und bei der Mangelhaftigkeit des jetzigen Zustandes auch Abschlagszahlungen für an nehmbar gehalten habe. Ucbcr den Regierungsentwurf selbst fällt Hr. Edel das charakteristische Urtheil, daß er alle Principienfragcn möglichst umschiffe. Er habe nicht die Befürchtungen des vorigen zurückgezogenen, aber auch nur ein geringes Maß von Hoffnungen erzeugt. — Dieses Jahr brachte uns, im Gegensatz zu gewissen Velleitäten des Jahres 1849, eine neue Art von Festen: Die fünfzigjährige Erinnerungsfeier des Uebergangs von preußischer zu bairischer Landeshoheit. Nachdem das etwas in Ungunst stehende Fürth, das zu diesem Landtage nur demokratisch gewählt, vorangegangen, konnten natürlich auch andere Städte nicht zurückbleibcn. Der Wille war gut, nicht so war der Geschmack. So z. B. ist in einem Fcstbcricht aus dem hopfengescgncten Spalt (vordem bischöflich) zu lesen: „Gut war unterm Krummstab leben, Unser Hirt war fromm und mild; Seines Volkes red lich Streben Schirmte Preußens fester Schild. Doch weit mehr als Preu ßens Aar Gab uns Baierns Leu' fürwahr." Baden. Karlsruhe, 2. Juni. Der von dem preußischen Stand- gcricht zu Rastadt im Jahre 1849 zu zehnjähriger Zuchthausstrafe vcrur- theilte frühere Kriegsschüler Valentin Blind, während der Revolution Commandeur der 6. Artilleriebattcrie, ist vor wenigen Tagen, nachdem er seine Strafzeit in siebenjähriger Einzelhaft (gleich zehn Jahren Zuchthaus) in Bruchsal abgebüßt, nach seiner Vaterstadt Manheim zurückgckehrt und begibt sich von da zur Wiederherstellung seiner Gesundheit in das Bad Nauheim. Aus dem Oberamt Pforzheim, 3. Juni. In einem Ort un- scrs Oberamtsbczirks haben die Lutheraner unlängst die in unserm Lande eingeführtcn Religionslehrbücher verbrannt, wie man vernimmt, auf den Rath der betreffenden Geistlichen selbst, angeblich, damit mit die- sen Büchern kein Mißbrauch getrieben werde. Weitere Beispiele religiöser Verirrungen, die mit Vorgängen verbunden waren, welche näher zu be schreiben der Anstand verbietet, sollen in einem andern Orte des Bezirks vorgekommen sein, wo überhaupt die extreme Richtung, in welche manche dortige Einwohner, namentlich Frauen, gerathen sind, schon eine Reihe ehe licher Zerwürfnisse zur Folge gehabt haben. (Schw. M.) Thüringische Staaten. Der Wcser-Zcitung schreibt man au» Koburg vom 2. Juni: „Aeußerm Vernehmen nach ist von Seiten des hie sigen Justizcollegiums die Frage ins Auge gefaßt worden, ob nicht gegen vn. H. Fischer nochmals eine Anklage zu erheben sei. Derselbe hat näm lich in der Vcrtheidigungsschrift, welche er infolge seiner Verurtheilung und gegen den von der königsberger Iuristenfacultät gefällten Spruch abgesaßt hat, abermals sich einer so maßlosen Sprache befleißigt und den hiesigen Behörden so gravircnde Aeußerungen entgegengeschleudcrt, daß eS in der That, wie versichert wird, geradezu als Pflicht derselben erkannt werden dürfte, ihre Würde und Stellung gegen die unbezähmbare, Leidenschaftlich keit des streitbaren alten Mannes zu vertheidigen und zu wahren. Wenn die Fama nicht lügt, so ist die erwähnte VertheldigungSschrist auch nicht arm an recht netten Malicen, wegen deren eine Klage schwerlich wirb er hoben werden können, sowie an mancherlei CuriosiS. Aus der Reihe der letzter» wird namentlich eins hervorgehvben, welche- allerdings Lanz ge-