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S66 ^siähe hiesiger Stadt bei Untertürkheim am Neckar ist anfang- dieser Woche eine ansehnliche Höhle im GypS entdeckt worden; der bisjetzt gemessene Theil weist eine Ausdehnung von 162 Fuß nach. Baden. Manheim, 8. Mai. Wie weit das pietistische Ele ment innerhalb der evangelischen Kirche auch hier geht, und wie e» ge radezu dem KatholieiSmus entgegendrängt, davon hatten wir in diesen Ta gen einen neuen Beweis. Als bei Gelegenheit der Ausbesserung der hiesigen evangelischen Kirche im Kirchengemeinderath auch die Rede auf Herstellung neuer Kirchenstühle kam, trug einer der zur streng pietistischen Richtung gehörenden Geistlichen darauf an, daß die neuen Stühle doch auch mit Bänken zum Knien versehen werden möchten. Der Antrag wurde jedoch mit überwiegender Mehrheit zurückgewiesen. (Frkf. I.) Thüringische Staaten. Gera, 9. Mai. In der vorgestrigen Sitzung des Landtags wurde auch die Erklärung des zweiten Eidesver- weigercrS, des Abg. Hösler, verlesen, derzufolge nach Ertheilung der landesherrlichen Sanction des über die Eidesverweigerung gefaßten Landtags beschlusses für ihn kein Grund zur Nichtableistung des Eides mehr vorliegt und er demnach letzter» nach seinem Wiedereintritt ableisten werde. (L. Z.) Oldenburg. Oldenburg, 1V. Mai. Vor einigen Tagen ist die Sonn- und Festtagsordnung für das Herzvgthum publicirt worden. Der von der Staatsregierung dem Landtage darüber vorgelegte Gesetzent wurf hat auf demselben eine erhebliche Abschwächung erhallen. Während der Entwurf eine Feicrtagsstille (Einstellung der Feldarbeiten, lärmender Vergnügungen rc.) für die Zeit von 8 Uhr Vormittags bis 4 Uhr Nach mittags gebieten wollte, hat der Landtag nur einer Beschränkung für die Dauer des Vormittagsgottesdienstes zugestimmt, davon ausgehend, daß das Weitere unter den bei uns obwaltenden Verhältnissen mit Vertrauen der Sitte überlassen wcrdcm dürfe. An gemeinsamen christlichen Feiertagen sollen auch die Nichtchristen den gleichen Beschränkungen unterliegen, während an denjenigen Tagen, welche eine christliche Religionsgcnoffenschaft für sich allein feiert, auch nur ihre eigenen Genossen durch das Gesetz gebunden sind. (Wes.-Z.) Freie Städte. Hamburg, 9. Mai. Bekanntlich hatten die Ham burger Nachrichten seinerzeit mehre Bundestagsbeschlüsse in der orientalischen Angelegenheit in ihren Spalten zuerst veröffentlicht, und wurde bald darauf, obgleich ähnliche Mittheilungen von Bundesbeschlüssen und Ausschußberichlen gleichzeitig in andern deutschen und auswärtigen Blät tern erfolgten, von der Bundesversammlung beschlossen, den Hamburger Se- nat zu einer Vorladung der Eigenthümer der Hamburger Nachrichten und Anhaltung derselben zur Namhaftmachung des oder der betreffenden Ein sender zu veranlassen. Infolge dieser Requisition ging der Rath mit Po- lizeicitationen bei Androhung steigender Strafen gegen die Hamburger Nach richten vor. Die Eigenlhümer glaubten sich jedoch zu einer derartigen Nam haftmachung ihres Korrespondenten nicht verpflichtet und wandten sich mit einer Eingabe gegen das an sie gestellte Verlangen an den Rath, indem sie sich hauptsächlich darauf bezogen, daß von einer Vernehmung als Zcu- gen nicht wohl die Rede sein könne, da ja der objektive Thatbestand des Vergehens einer Verletzung des Amtsgeheimnisses gar nicht constalirt sei, ohne jedoch eine gewährende Antwort vom Nath und Sistirung des poli zeilichen Verfahrens erlangen zu können. Ebenso wenig war das RccurS- verfahren an die Oberallen und daS Collegium der Sechziger von Erfolg gekrönt; beide Collegien verwarfen vielmehr das an sic gestellte Gesuch um Verwendung. Durfte es schon Wunder nehmen, daß dcr Rath auf die Requisition des Bundestags einging, da gemeinrechtlich das Vergehen einer Verletzung des Amtsgeheimnisses kaum angenommen werden könnte, wäh rend doch der Bundestag gerade darauf, daß möglicherweise ein solches vvr- liege, sein Verlangen basirte, so mußten die Entscheidungen der Oberalten und des Sechzigercollegiums noch viel mehr überraschen. Hatten doch die Oberalten in dem Campe-Vehse'schen Falle, als cs sich bei einer objektiv constatirten Ehrenbeleidigung darum handelte, den ursprünglichen Jnjurian- ten zu ermitteln, sich mit großer Entschiedenheit auf Seiten Campe's ge- stellt und gegen die Zulässigkeit eines Verfahrens ausgesprochen, wodurch dec Verleger einer Schrift, durch deren Veröffentlichung jene Ehrenverletzung erfolgt war, gezwungen werden sollte, seine Quelle anzugeben. Ebenso hat ten die Sechziger in einem ähnlichen Falle, als der Verleger Campe sich weigerte, die Sortimentsbuchhändler, an welche er eins seiner incriminirten Verlagswerke versandt hatte, zu nennen, hervorgehoben, daß kein Geschäfts mann verbunden erachtet werden könne, um eine auswärtige Criminalunter- sachung zu erleichtern, seine Geschäftsbücher vorzulegen. Man ist begreif licherweise sehr begierig, welchen weitern Verlauf diese Angelegenheit, bei dcr die Unabhängigkeit der Presse in hohem Grade bethciligt ist, neh- men wird. (Wes.-Z.) Oesterreich. DerRegierungsrath und pensionirteBürgermeister von Wien, Ignaz Czapka Ritter v. Winstetten, ist zum Hofrath und Polizri- direclor in Wien ernannt worden. Italien. Sardinien. Turin, 7.Mai. In derKammcrsitzung vom gestrigen Tage sollte dcr Ministerpräsident Cavour die von verschiedenen Seiten an ihn gerichteten Interpellationen in Betreff des FriedenStractats beant worten. Der Abg. Buffa nahm das Wort. Seine Interpellation betraf vorzüglich drei Punkte. Erstens verlangte er Aufklärung über die Umwand- lang Piacenzas durch die Oesterreich» in eine Festung ersten Ranges, während ihnen daselbst bloßes Besatzung-recht zugestanden sei. AuS diesem Umstand sowie au- der Besetzung des HerzogthumS entstehe große, nicht zu verkennende Gefahr für Piemont. Zweiten- machte er auf eine weitcre Ge fahr aufmerksam, die in den unerträglichen Verhältnissen der italienischen Volksstämme liege, welche ohne Hoffnung aufAbhülfe stet- in Revolution-- bereitschaft ständen, und e- thue noth zu wissen, ob die Verbündeten Pie- monts erlauben wollen, daß vor den Thoren Piemont- fortwährend der Krieg und die Revolution Wache halten. Zum dritten Jntcrpellationspunkt gaben die Beschwerden Anlaß, welche Graf Malewski gegen die belgische Presse erhob, und welche Vielen die Vermuthung aufdrängen, daß auch ge gen die freie piemontesische Presse Gewitter im Anzug seien. Graf Cavour ergriff unter lautloser Stille das Wort, um zu antworten. Er machte vorerst begreiflich, daß er durch die diplomatische Convenienz gezwungen, und auch weil viele Fragen noch in Unterhandlung seien, nicht in alle De tails eingehen könne, Vie man vielleicht von ihm zu erfahren wünsche. Zu erst müsse er erklären, daß die Einladung Piemonts zum Congreß niemals und von keiner Macht ernstlich in Zweifel gezogen worden sei. Die Auf gabe der sardinischen Bevollmächtigten sei zweierlei Art gewesen: erstlich zum Frieden mitzuwirkcn, und in zweiter Reihe die Aufmerksamkeit der Großmächte auf die unglückliche Lage Italiens zu lenken, und auf die Mit tel, diesem Uebelstand abzuhelfen. Er kann nicht umhin, auf die versöh nenden Gesinnungen und auf das respektvolle Benehmen der russischen Be vollmächtigten Piemont gegenüber hinzuweisen, und er glaubt, daß zwischen lehtcrm und Rußland nicht bloS Frieden hergestellt ist, sondern daß auch jene Freundschaftsbande wieder werden angeknüpft werden, welche seit Jahr hunderten das Haus Savoyen mit dcr Familie der Romanow vereinigten. Wenn auch der Friede Piemont keine direkte Entschädigung gebracht habe, so sei die Neutralisation des Schwarzen Meeres und die Freiheit der Do- nausckiffahrt für die sardinischen Lande ein großer Gewinn. Wegen der vermeintlichen Gefahr, die der Preßfreiheit drohe, könne man sich beruhi- gen, und er verweise auf eine Erklärung, die er schon vor fünf Jahren in diesem Betreff gegeben habe, nämlich daß für die inner« staatlichen Ver hältnisse die Preßfreiheit ohne Gefahr bis zu den letzten Grenzen schreiten könne; nicht aber so in Besprechung der Zustände anderer Staaten. In Betreff der Besprechung der Lage Italiens auf dem pariser Congreß sei auf dem Felde der Diplomatie nicht viel zu erwirken gewesen; doch seine Berechtigung zur Herbeiziehung dieser Frage habe er darin gefunden, daß die italienischen Zustände weil entfernt seien, tractatgemäß zu seien, daß die Wiener Verträge verletzt und das politische Gleichgewicht aufgehoben sei. England und Frankreich hätten dem von Sardinien eingereichten Memoran dum ihre Zustimmung gegeben; England ganz und völlig und Frankreich > wenigstens dem Princip nach, wenn auch nicht völlig in der Art der Aus- i führung. Wenn die Diplomaten anderer Mächte aus Couvrnienzrücksichten sich diesen Ansichten nicht ««schlossen, so müsse er doch bemerken, daß kein Bevollmächtigter die Gültigkeit der von dem piemontesische« Abgeordneten vorgebrachten Argumente zu bestreiten wagte. Was die Befestigung Pia cenzas betreffe, so sei beim Congreß von ihnen förmlich Protest eingelegt worden. Dem Verhalten der österreichischen Abgeordneten trug er volle An erkennung, was diplomatische Courtoisie betreffe, und man sei ohne persön liche Gereiztheit auseinandergegangen; doch habe er, nachdem die sardini schen Bevollmächtigten zwei volle Monate zur Seite der österreichischen ge sessen, die innerste Ueberzeugung, daß die Politik dieser zwei Länder sich einander entgegengesetzter sei als je, und daß wirklich für die Zukunft auf dieser Seite Gefahr drohe; aber daß er fest auf Italiens Wiederge burt und Piemonts Sieg vertraue, da mit ihm die öffentliche Meinung Hand in Hand gehe. Nachdem der Friedenstractat und daS Wirken der piemontesischen Abgeordneten zuerst von der rechten Seite durch Solaro della Margherita und von der linken Seile durch Brofferio angegriffen worden war und Cavour sich gegen diese beiden Extreme unter großem Beifall und vielem Glück vertheidigt hatte, endigte die Sitzung, um heute fortgesetzt zu werden. (Allg. Z.) — In der Nacht vom 3. auf den 4. Mai ist dcr Glockenthurm und das Pfarrhaus in Zerega (Piemont) cingestürzt; der Pfarrer und seine Magd wurden ein Opfer der Katastrophe, deren Veranlassung noch nicht ermittelt ist. Frankreich. 2: Paris, 11. Mai. Das Ereigniß des Tages ist die Erklärung des Grafen Cavour, worin der sardinische Minister gegen die Erfolglosig keit der Congreßverhandlungen über Italien protestirt. Diese Erklärung, welche eine förmliche Anklageakte gegen Oesterreich- Politik in Italien ist, beweist zunächst, daß Sardinien weiter als je von einer Verständigung mit dem wiener Hofe ist. Diese Erklärung beweist aber auch zugleich, daß wir genau unterrichtet waren, als wir Ihnen mittheilten, daß die Westmächte ihre Federungen in Bezug aus Italien nicht aufgegeben haben. Die Zu kunft wird lehren, ob der von Oesterreich vorgeschlagene Weg, durch daS Zusammenwirken der katholischen Mächte einige Verbesserungen zustande zu bringen, angenommen werden wird. Die Erklärung de- Grafen Cavour läßt es fast bezweifeln. Es ist nämlich nicht anzunehmen, daß der sardi nische Cabinetspräsident diese Erklärung ohne vorhergegangene Einwilligung Frankreichs und England- veröffentlicht haben- soll. Auf der andern Seite muß man sich sagen, daß die genannten Mächte den aufgeregten Zustand Italiens zu wohl kennen, um die Wirkung eine- solchen Aktenstück- nicht vorherzusehen. Sie scheinen also Sardinien ihre Unterstützung zugesagt zu haben. Wie sich dies« äußern und wie weit sie sich erstrecken dürft«, läßt sich nicht vorherbestimmen; aber wir muss«« unter allen Umständen auf neue Ereignisse in der Halbinsel gefaßt sein. Oesterreich-Btmühungm beim