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Mittwoch. - '-r 1». ' n r/.' Rr. 82. — 9. April L8S8. Ettpzig. Di.Ze«ti»g . , W Deutsche Mgemeiue Ztitiillg P«I-sw-da» «ierteljach» < -Wahrheit und «echt, Freihtit und Test-!» Zu bezichm durch all, Postämter des In- und Auslandes, sowie durch »ke tLrpedili«» in Leipzig (Querstraße Ak. 8). InsetNon-atbühr für den Raum einer Zeile S Ngr. ötr Ostsee, 6. April. Die Mutralifation de» Schwarzen M«- re» Mini der Ostsee Und ihren Küstenstäatcn Wit ein« großen S«fahr zu »dichen. Rnpdnv darf seine PontUSflpttt nicht wieder errichten, wird «- sein« Geestreitttäst« nun nicht in dwzOfis«, wo man ihnen dem Verneh- Mn nach fein« GchraNktn setzt, verdoppeln? Wird e» jene Geldkräfle, di« «- di-yee auf die Flotte vtz- Schwarzen Merrt« verwandte, jetzt nicht d« Dflstefiotte zuwenden? Ist dadurch nicht Rußland der Dreizack des K»l- tischen Meeres in dir Hand' gegeben, da Vie vereinigten Flotten Schwe den- und Dänemark», stlvst w«nn die in der Bildung begriffene preußische noch dazukdmmt, der ganzeiH im Finnischen Meerbusen liegenden russi- schon Seemacht nicht gewachsen sind? In der That matschirm die Equi- pogen der weiland fewasiopvler Flotte nach dem Norden und hadm Mv-- kau betest» pafsirt, Etz untsrkiegt keinem Zweifel, baß Rußland nun seine Stemacht in seinen Ostseeprovlnzen eoneenttlren wirb. Glücklicherweise liegt hier nicht ein ähnliche- Operutivn-odject vor wir im Schwarzen Meere. Preußen, Schweden und Dänemark find einer türkischen Lethargie nicht anyeimgefirllen; Schweden steht überdies unter der Schutzwache der West- Mächte, und da der Sund das D(bouch« gegen England bildet, da Eng- land sich hier nicht wie beim Schwarzen Meere in der Ferne, sondern in nächster Nähe befindet, so würde eine übermäßige Entfaltung russischer Set- streitkräfte in der Ostsee sogleich die Wachsamkeit England- Hervorrufen, und eine britische Armada würde jeden Augenblick bereit sei«, jene in die- sAbm Schranken zurückzuweisen, in welchen sie sie seit zwei Zähren gehal-, tetr hat, Demnach scheint für die Ostsee aus der Neutralisation de« Schwar zen Meere« eint »oirkliche Gefahr nicht zu erwachsen. Preußen. Berlin, 7. April. Wie wir äußerlich vernehmen dürste die besondere Commission, welcher der Antrag des Abg. v. Berg, den Potsdamer Depeschendiebstahl betreffend, überwiesen worden ist, schon recht bald sich in der Lage befinden, dem .Hause über diese wichtige Angelegenheit Bericht zu erstatten, und «S kann darum auch erwartet wer den, daß jedenfalls noch vor dem Schluffe der gegenwärtigen Session die Sache im Plenum zur Verhandlung kommen wird. Es kann nicht fehlen, daß auf die betreffenden Verhandlungen die Aufmerksamkeit nicht nur Preu- ßms und Deutschlands, sondern gewissermaßen auch des ganzen Europa ge richtet sein wird. Bis das Resultat dieser Verhandlungen vorliegt, wird man wohlthun, sich jedes Urtheils über die Sache selbst zu enthalten. Wir bezwecken darum auch unsererseits nichts weniger, als schon jetzt auf die Sache irgendwie erörternd «inzugehen; nur scheint e« uns, und zwar eben der Sache wegen, angemessen, ein Wort über den Charakter zu sagen, den man diesen Verhandlungen gegeben zu sehen wünschen müßte. Man sagt, daß von betheiligten hochstehenden Personen — man nennt außer dem Ge- neraladjuianten v. Gerlach und dem Cäbinetsrath Niebuhr sogar auch den Prinze« von Preußen — ver dringende Wünsch ausgesprochen worden sei, daß die Sach« in det LcmdeSvettketung, also vor den Augen der ganz«« Nation, öffentlich zur Sprache gebracht und untersucht werdvn möchte. Ob dem wirklich so ist oder nicht, wissen wir nicht; jeveiffalls aber wird man zu dem Schluffe sich wsl berechtigt fühlen dürfen, daß die Antragsteller, lauter Männer von der äußersten Rechten mit den Herren v. Gerlach und v. Berg »n der Spitz«, ihren' Antrag schon au- allgemeinen consevvativen Gründe« nicht gestellt hake» würden, wenn sie nicht schon im Vorau- die UebeWUgung und auch wol die Gewißheit gehabt hätten, daß die durch Vo« Antrag hervorzurufende Verhandlung und Untersuchung nicht nur nicht- Compromitlirendcs für die in dem bekannten Flugblatt« beschuldigt«» Per sonen haben, sondern im Gegentheil dieselben auch in aller und jeder Be ziehung auf- vollständigste disculpiren würde. Es dürsten also schon alls diesem einfachen Grunde die.triftigsten Zweifel an der Wahrheit der in dem Pamphlet erhoben«,; Beschuldigungen zu erheben sein. Je mehr dies aber auf der einen Seiet der Fall ist, desto mehr drängt sich auch wieder auf der andern Sri« da» folgende Moment in den Vordergrund. Man spricht van Hrn. Teiffäre und immer wieder von Hrn. Seiffart. Man sagt, stine Wahlmänner hätten ihm die Buffoderung zügrhen lassen, sie nicht mehr in der Kammer zu vertreten; man sagt ferner, eS sei seitens der Re- gierung eine energische ÄiSciplinäruntersuchung gegen ihn eingekeitet wordrn; endlich geht auch der Antrag der äußersten Rechten nur dahin, daß dieRt- gierung eine MItthrilung darüber machen möge, was in Beziehung auf die gegen Hrn. Seiffart erhobene Beschuldigung der Betheiligung an der Ent- Iwendung von Briefschaften von Seiten der R-girrung geschehen sei. Alles .Dntz ist, soweit «» sich «cm die Frage Ker Batheiligung de« Hrn. Seif- scharr an dtr ganzen Sach« handelt, gewiß sehr gut; aber dich Frage, wie wichtig Und interessant sie auch an und für sich, ist doch, wt- uigstens wie un« scheint, der Hauptsache gegenüber nur untergeordneter Natur. Denn wenn auch festgchM wird, daß Hr. Seiffart an dem Da- peschendiebstahl wirklich bethcttigt gewesen, so ist, de« Laud« gegenüber, damit doch noch so gut wie gar nichts gesagt, wonn nicht zugleich auch die nöthige Aufklärung darüber gegeben wird , zu welchem Zweck und für wen der ga^e Diebstahl stqttgefunden. Daß die wichtigen Papiere ledig lich zum Privatgebrauch für Hrn. S«iffart entwende» worden seien, ist doch wol rin« ganz unstatthaft« Annahm«. Darum ist i« dieser fast btispiel- losen osua« oMbro die strengste Untersuchung nöthig „nach allen Seiten hin", wie der Graf Schwerin sich «»«gedrückt hat. Da indessen die ganze Sach« einmal vor die Landcsvertretung gebracht ist, so dürft« da- etwas Einseitig«, welche- der Antrag der äußersten Rechten zu haben scheint, «ine Beschränkung in der nöthige« allseitigen Behandlung de« Ganzen doch wol nicht gut mehr zur Folg« haben können, und wenn der zu erwartende Be- richt der au« lauter Mitgliedern der Rechte« zusammengesetzten Commission in Betreff de« Einen oder Andern auch etwa« zu wünschen lassen sollet, so werden die Verhandlung«, im Plenum da« etwa noch Frhlrnd« doch ganz gewiß so vollständig al« nur immer möglich ergänzen. Allen, di« in diesem Sinn« wirken, wird man nur dankbar sein können; denn nachdem die unerhört« Sach« «inmal so weit in die Oeffmtlichkrit gekommen und, wie gesagt, sogar vor die Lande»,ertr«t»vg gebracht ist, liegt es im In teresse der Regierung sowol als auch in der Fodrrung der Ehre und Würde de- Lande-, daß von Allem, was zur Sache gehört, auch nicht da« Aller geringste im Dunkeln bleibe. Inzwischen kann man sich auswärts kaum «inen Begriff davon machen, mit welcher Spannung man den betreffenden Verhandlungen hier schon jetzt allgemein «ntgegensieht. — Di« Nachricht, daß der Kaiser Alexander im bevorstehenden Sommer eine Reise nach dem Westen machen werde, ist auch hi«r eingegangen. Mehr aber als die allgemein« Absicht zu Vieser Reise verlautet bisjetzt noch nicht, und die v«r- schiedenen Angaben, welche schon jetzt über die Route gemacht werden, die der Kaiser wählen dürfte, sind darum fürs erst« jedenfalls noch auf bloße Bermuthungen zurückzuführen. — Dem Urtheile des Kriegsgerichts in der Hinck« de Aschen Sache gegen Hrn. v. Rochow sieht man hier mit jedem Tage entgegen, da die Sache schon Ende der vorigen Woche bis zur vollkommenen Spruchreife gediehen gewesen sein soll. — In d«r heutigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten legte der Abg. Herzberg (Ostrow») ein Schreiben vor, worin zwei Schullehrer aus der Provinz Pose«, von denen der Abg. v. MorawsÄ in s«in«r bei Gelegen heit d«S Graf Schwerin'schen Antrag- gehaltenen Rede behauptet«, diesel ben seien vom Landrath (v. Schopis) durch Drohungen veranlaßt worden, bei den Wahlen im Sinne der Regierung zu stimmen, erklären, daß der Abg. v. Morawski gegen seine Urberzeugung gesprochen und deshalb Sine Rüg« verdien«. Der Abg. v. Morawski erklärt- daß «r von drei Schulleh rern gesprochen; wa« di« zwei zu ihrer Erklärung veranlaßt, wolle er nicht untersuchen; der dritte aber sei von feinem Amt« fu«pmdirt. Abg. Herz berg: Da die Entgegnung des Hrn. v. Morawski seine Rede nicht berühre, so habe er seinerseits nichts darauf zu erwidern. Bei der Berathung über die neue Städteordnung für di« Rheinpro vinz ergab sich ein eigenthümlicher Awischenvorfall: Der Abg. MichMsper- gee (Köln) hatte verlangt, und eS ward dieses Verlangen von der ganzen Linken unterstützt, daß alle Städte ohne Ausnahme unter der direkten Auf sicht de« Regierungen siche« sollen. Der Minister des Innern trat dem entschieden entgegen. Es ward über das betreffende Amendement abgcstimmt, wie gewöhnlich,. durch Aufstehen und Sitzenbleiben. Das Resultat erschien entschieden günstig für die Linke; es eilten aber während der Abstimmung viele Mitglieder der R«hten, welch« sich au- dem Saal entfernt hatten, auf ihre Plätze zurück, und da- Bureau erklärt« das Resultat der Abstim mung für zweifelhaft. Es ward deshalb beschlossen, das Resultat der Ab stimmung durch Zählen zu ermitteln. Inzwischen completixten sich di« Rei hen der Recht«« noch immer mehr und von -er Linken wurden sehr ver nehmliche Töne der Unzufriedenheit laut. Der Abg. v. Mallinkrodt (Schrift führer), wrlchcr glaubte, daß in diesen Unzufriedenheit-äußtrungen rin Mis ttauen gegen das Bureau liege, rief der Linken zu, daß da- Buwau, indem es das Resultat der Abstimmung für zweifelhaft erklärt, nach bester Ueber- zeugung gehandelt habe. Die Zählung war inzwischen beendigt-. 1l6 Ab geordnete hatten für und 138 gegen das Amendement gestimmt, welches sonach verworfen war. Abg. Wentzel: „Der Abg. v. Mallinkrodt har ge glaubt, daß sich auf diesrt (der linken) Seite «in MiSkrauen gegen da« Bureau geäußert hab«. Darin hat er sich geirrt. Die Unzufriedenheit brr Linken war n«r g«g«n di« Unsitte gerichttt, welche hier eingerissm Ist, daß viele Mitglieder von jener (der rechten) Seite ihren Aufenthalt im Ranch odex nn Vergnügung-zimmer zu nehmen und nur bei dm Abstimmungen »der während derselben «inm Auge«blick auf ihre Plätze zvrückzukehrm pfle gen. DaS, -ich Unsitte ist »S, was die Entscheidung«« de- Bur«au in »rr-