Volltext Seite (XML)
Dienstag. Leidig. Die Zeitung »scheint mit Ausnahme de« Montag« täglich und wird Nachmittag« 4 Uhr au«« gegeben. Preis für da« Bierteljahr 1V, Thlr.; jede einzelne Nummer 2 Ngr. —— Nr. 42. — IS. Februar 1836. DMchc Mgemim Ztitililg. Zu beziehen durch alle 'Postämter de« In- und Auslände«, sowie durch die Expedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). -Wahrheit und Recht, Freiheit und Seseh!» Jnserttonsgebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Deutschland. Preußen. L Berlin, 17. Febr. Dit am 3. d. M. an den Gra fen Arnim in Wien gerichtete Depesche des Ministerpräsidenten Frhrn. v. Manteuffel ist zwar von der Jnd^pendance belge in französicher Ueber- sehung mitgetheilt und hiervon eine deutsche Rückübersetzung in deutschen Zeitungen bereits abgedruckt worden. Indessen scheint es doch bei der Be deutung, welche daS Dokument insofern hat, als es die Stellung Preußens nicht nur im Allgemeinen innerhalb der europäischen Krisis, sondern im Speciellen zu dem österreichischen Antrag am Bunde sowie zu den einzel nen Mächten 'genau bezeichnet, hinlänglich gerechtfertigt, den deutschen Ori- givaltept. sowol des preußischen Erlasses vom 8. d. M. selbst als auch der Eirculardepesche, mit welcher der erstere den preußischen Gesandten an den verschiedenen Höfen übersandt worden ist, kennen zu lernen. Die Depesche selbst lautet: Berlin, 3. Febr. 1856. Mei» unterm 26. v. M. an Ew. Exc. gerichteter Erlaß wird.sich bereits in Ihren Händen befunden haben, als mir die anliegende österreichi sche Miltheilung vom 25. v. M. durch Graf Esterhäzy am 28 v. M. übersendet wurde. Wir haben deren Beilage, die von Oesterreich demnächst beabsichtigte Erklärung am Bunde, natürlich zum Gegenstand reiflichster Erwägung gemacht. Hätte sich das wie ner Eabinet darüber, bevor dieselbe festgestellt war, mit uns ins Benehme» gesetzt, so würden wir vielleicht in der Lage gewesen sein, manche Veränderung als wünschens- werth zu bezeichnen, und auch die Frage, ob es sich nicht überhaupt empfehle» möchte, die Mttthcilung an die Bundesversammlung noch einige Zeit zu beanstanden, würden wir von vornherein nicht unbedingt haben verneinen können. Dies hat uns indessen nicht abzuhalten vermocht, der einmal feststehenden Entschließung des kaiserlich öster reichischen Cabiiiets auch unsererseits mit dem so oft bethätigten aufrichtigen Wun sche nahczutreten, sich an dieselbe einen die Einmüthigkcit Deutschlands und sei ner beiden Großmächte bekundenden Beschluß der Bundesversammlung knüpfen zu sehen, soweit dies mit der Würde und den wahren Interessen des Deutschen Bun des irgend verträglich erscheint. Wir sind überzeugt, daß alle nufere deutschen Ver bündeten in den von den kriegführenden Mächten angenommenen Präliminarien mit ebenso aufrichtiger Befriedigung als wir selbst eine neugewonnene Grundlage für einen baldigen Frieden erkennen. Daß Preußen in seiner Eigenschaft als europäische Macht bereit ist, diese Grundlage, zu deren Gewinnung cs sich bewußt ist lm Inter esse des europäische» Friedens an entscheidender Stelle das Seine beigctragen zu haben, durch Mituuterzeichnung der Präliminarien und Theilnabme an den sich daran schlie ßenden Verhandlungen, wenn es von den beiheiligten Mächten dazu eingeladcn wird, sich in der Art anzueignen, daß es sie nicht wieder verschieben und beeinträchtigen läßt, habe ich bereits in meinem Erlaß vom 26. v. Mts. erklärt. Indem Preußen als eu ropäische Macht diese Stellung einnimmt, ist es seiner Pflichten als deutsche Macht sowol gegen die Gesammtheit des Bundes als gegen seine einzelnen deutschen Verbün deten vollständig eingedenk gewesen. Es glaubt daher von Letzter» voraussetzcn zu dürfen, daß auch sie die durch das Elnverständniß aller betheiligten Mächte gewon nene Grundlage als Bürgschaft eines baldigen, die Interessen Deutschlands wah renden Friedens anzuerkcnnen und in demselben Maße zu vertreten geneigt sein werden, als ihnen in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des Deutschen Bundes die Möglichkeit geboten wird, sich über diejenigen Punkte, welche Gegenstand diver- girenderAen Abschluß der Verhandlungen verzögernder oder wol gar in Frage stel lender Ansichten und Ansprüche bilden könnten, ein vollkommen begründetes Urtheil zu bilden. Daß hierzu eine geeignete Vertretung des Bundes selbst bei den Verhand lungen ein besonders geeignetes Mittel und daher im allseitigen Interesse wünscheuS- werth wäre, wird das kaiserlich österreichische Eabinet mit uns anerkenne». Im Sinn vorstehender Bemerkungen sich im Ausschuß auszusprechen, an welchen Graf Ncchberg dle österreichische Erklärung zu überweisen beantragen soll, wird der königliche BundcS- tagsgesandtc beauftragt werden und wir hoffen zuversichtlich, daß er dadurch in die Lage gesetzt sein wird, zur baldigen Herbeiführung eines einmüthigen Buttdesbcschlusses in recht förderlicher Weise mitzuwirken. Vw. Eze. wollen von gegenwärtigem Erlaß dem Hrn. Grafe» v. Buol gefälligst Mittbeilung mache». (Gez.) Manteuffel.. Sr. Epe. Hrn. Grafen v. Arnim zu Wien. Die Circulardepesche lautet: .Berlin, 3. Febr. 1856. Ew. re. empfangen anliegend Abschrift eines Erlasses, den ich heute an den königlichen Gesandten in Wien richte und der zugleich dem kö niglichen Bundcstagsgesandten zur Richtschnur für sein Verhalten in Betreff der von Oesterreich beabsichtigten Vorlage über die orientalische Angelegenheit zu dienen hat. Indem die königliche Regierung in Uebercinstimmnng mit ihrem, in meinem Erlaß an den Grasen Arnim vom 26. v. M. bezeichnete» Standpunkt als europäische Macht, bet der bevorstehenden Behandlung dieser Frage am Bunde, die in der Anlage hervvr- gehobencn-Gesichtspunktc geltend macht, rechnet sie mit Zuversicht auf die Zustimmung und Unterstützung ihrer deutschen Verbündeten. Sie hat es für ihre Aufgabe gehal ten, jeder einseitigen Auffassung der Sache fernzubleiben. In erster Linie stand ihr die Wahrung der Würde und der wahren Interesse» des gesammten deutschen Vater landes; demnächst war maßgebend für sie der aufrichtige Wunsch, der andern deutschen Großmacht möglichst weit entgegenzukvmmen; endlich aber hielt sie sich auch für ver pflichtet, den ihr von einzelne» deptschen Regierungen zu erkennen gegebenen Wünschen und Auffassungen die thunlichste Rücksicht zutheil werden zu lassen. Ew. rc. wollen, unter vertraulicher Hervorhebung der eben angeführten Gesichtspunkte, den anliegenden Erlaß zur Kenntttiß der Negierung, bei der Sie beglaubigt zu sein die Ehre haben, bringen und uns darüber berichten, ob und inwieweit unsere zuversichtliche Hoffnung, HNS mit unsern deutsche» Verbündete« auch fernerhin, wie bisher, im Einverständnis; zu befinden, durch die ihren Vertretern am Bunde zu crtheilenden Instructionen ihre Bestätigung finden wird. . — Die Neue Preußische Zeitung sagt: „Wir deuteten schon früher an, daß in Paris jetzt die Absicht zu herrschen scheine, Preußen sogleich nach Unterzeichnung der Präliminarien und Abschluß deö Waffenstillstandes ohne § Bedingungen zu den Conferenzen einzuladen. Diese Nachricht erwähnt einer unserer pariser Correspondenten heute aufs neue und fügt hinzu, daß man dort hoffe: die Conferenzen (sie sollen am 22. Febr. beginnen) wür den schnell zum Ziele kommen, weil England seine Foderungen wegen des fünften Punkts sehr ermäßigt habe." t Berlin, 17. Febr. Die Statuten der umfassenden neuen Credit anstalt, welche bekanntlich hier in der Gründung begriffen ist, sind be reits entworfen; die Genehmigung von Seiten der Regierung ist aber noch nicht erfolgt. Die Höhe des Stammcapitals, womit diese Gesellschaft auf treten will, wird auf 30 Mill. Thlr. angegeben. Als betheiligt bei diesem großartigen Unternehmen hören wir den Herzog v. Natibor, Grafen Ar- nim-Boizenburg, Fürsten Hohenlohe, Grafen v. Redern, Geh. Commerzien- rath Carl, Geh. Commerzienralh Diergardt, Commerzienrath Conrad, Me- wissen, Bankier Oppenheim in Köln «. nennen. Die beiden Letztgenann. ten haben sich heute nach Köln zurückbegeben. Wie wir hören, steht eS noch nicht fest, wer als Director an die Spitze des Unternehmens gestellt werden wird, das seinen Mittelpunkt hier in Berlin haben soll. Dem Director zur Seite dürfte eine Commission stehen, welche jede Unterneh mung, bevor die Gesellschaft sich darauf einläßt, nach allen Seiten prüft. Auf den Bau von Eisenbahnen u. dergl. mochte sich die Wirksamkeit der Gesellschaft wol auch ganz besonders erstrecken. Das ausgebreitete Unter- nehmen findet hier eine sehr verschiedenartige Beurtheilung. Auf der einen Seite feurige Lobredner, auf der andern Seite kopfschüttelnd! und besorg nißvolle Tadler. In Bezug auf die Bctheiligung an der neuen Credilan- stalt soll sich übrigens em lebhafter Zudrang kundgeben. — Wir lassen aus den Verhandlungen des Hauses der Abgeordneten über das Gesetz wegen der ländlichen Polizeiobrigkeiten eine Episode folgen, welche von Wichtigkeit zur Beurtheilung des Ganzen ist. Bei Berathung der §§.12, 13 und 14, die den 28. Titel des Strafgesetzbuchs, der von Verbrechen und Vergehen im Amte handelt, jfür die Inhaber der ländlichen Polizeigewalt und deren Stellvertreter in Anwendung bringen, äußerte der Abg. Graf Pfeil von der Rechten: „Ich beantrage die Strei chung der gedachten Paragraphen; es ist keine Veranlassung vorhanden, die Rittergutsbesitzer mit entehrenden Strafen zu belegen. Mängel kommen überall vor, wie dies ja auch bei der sonst so rühmlich bekannten berliner Polizeiverwaltung der Fall ist. Um die Tragweite der §§.12—14 zu prü fen, bin ich meine eigene Polizeiverwaltung durchgegangcn und habe da gefunden, daß ich mich schon den schwersten Strafen ausgesetzt habe. So habe ich einmal, um einen gefährlichen Aufstand zu unterdrücken, einen Menschen, von dessen juridischer Unschuld ich überzeugt war, schließen und fünf Tage einsperren lassen. (Hört, Hörl!) In einem andern Falle, wo ich von einem Insassen meiner Güter öffentlich insultirt wurde, habe ich ihn des Nachts verhaften lassen und ihn, weil ich Richter in meiner eigenen Sache war, zu acht Tagen Arrest vcrurtheilt. (Hört, hört!) Ferner habe ich einen Menschen, der, als Hungersnoth im Lande war, von einem tod- ten Pferde, das ich als Köder für die Füchse ausgelegt, sich ein Stück Fleisch abgeschnitten, nicht bestraft, wofür ich aber gewiß mit mehrjähriger Zuchthausstrafe belegt worden wäre. (Starke Bewegung. Hört, hört! Der Satz war wegen der großen Unruhe nicht deutlich zu verstehen.) Einem jungen Manne, der mehre Einbrüche begangen, ließ ich 30 Hiebe aufzäh len, und dafür bedroht mich das Gesetz ebenfalls mit Zuchthausstrafe. Ein anderer Richter Hal freilich anders gerichtet; der junge Mensch ist seitdem ein ordentlicher Mann geworden, und ich glaube, daß er selbst mich zum Abgeordneten gewählt hat. Meine Herren! Ich habe durch diese Thatsache Ihnen nur beweisen wollen, daß man durch Anwendung der Strafgesetze die Polizeiobrigkeit lahm macht. Meine Herren! Unsere Gewalt ist nicht wie die der Beamten an bestimmte Gesetze geknüpft, sondern sie ist eine diskre tionäre; wir Rittergutsbesitzer handeln nach Pflicht, Ehre und Gewissen. (Hört! Die Bewegung vermehrt sich.) Die englischen Friedensrichter kön nen auch nicht zur Strafe gezogen werden, sondern sind blos verpflichtet, Entschädigung zu leisten, und dies ist doch das anerkannt vollkommenste Institut der Welt." (Große Unruhe und Misstimmung auf allen Seiten des Hauses.) Abg. Wentzel (besteigt mit sichtlicher Entrüstung die Rednertribüne und spricht mit großer Heftigkeit): „Nun, meine Herren! wenn Ihnen nach Dem, was Sie soeben gehört haben, die Augen noch nicht ausgegangcn sind, wenn Sie noch nicht sehen, was Ihnen bevorstcht, dann wollen Sie es nicht sehen; dann wollen Sie sich knechten lassen von Personen, die hier die öffentliche Redefreiheit dazu misbrauchen, daß sie sich ihrer Verbrechen rühmen, Verbrechen, welche das Gesetz mit Zuchthausstrafe bedroht. Der Herr Graf Pfeil weiß sehr wohl, daß er hier nicht zur Verantwortung ge zogen werden kann; ich erwarte aber von seiner Ehrenhaftigkeit, daß er DaS, waS er hier gesagt, auch außerhalb des Hauses wiederholen wird,