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von 3000 Mann nebst zwei Batterien nach Kertsch mit dem Zusatz gemel- vet, auch dort sei die Haltung der Russen so drohend geworden, daß die Garnison schleunigst um Verstärkung gebeten habe. — Die Pattie enthält einen länger» Bericht, über einen Zusammenstoß russischer und französischer Boote im Hafen von Sewastopol. Da die Russen öfter während der Nacht kleine Recognoscirungen von der Nord- feite her unternahmen, so hatte man auch von französischer Seite drei Boote in den Hafen geschafft, um diese Bewegungen zu überwachen. Als dieselben am 29. Jan. Abends die Runde machten, gerieth «In Boot des Mogador in der Nahe de» versenkten Linienschiff- Die zwölf Apostel plötz lich fast Bord an Bord mit einem starken russischen Boote zusammen; jedes feuerte einen Kanonenschuß ab, auf welchen von beiden Seiten eine Gewehrsalve folgte. Dadurch wurde den russischen Batterien das Signal gegeben; eS erschienen plötzlich an den verschiedensten Stellen bengalische Lich ter, welche den ganzen Hafen beleuchteten, und an 300 Kanonen eröffneten ein furchtbares Feuer, sodaß man völlig in die Zeiten der Belagerung zu- rückversctzt wurde. Dennoch gewannen die französischen Boote ihre Verstecke auf der Südseite wieder; nur das vom Mogador langte durch eine Kugel schwer beschädigt an und hatte einen Verwundeten. Nach den außerordent lichen Sicherheitsmaßregeln der Russen, die bei dieser Gelegenheit an den Tag kamen, scheint cs, daß sie irgendeine größere nächtliche Angriffebewe- gung gegen die Nordfort» befürchteten. — Der Russische Invalide gibt folgenden Auszug aus dem von dem Ober- commandirenden der Südarmee und der in der Krim stehenden Truppen, Generaladjutanten Lüders, eingereichten Journal der Kriegsoperationen: Vom 2V. Dec. v. I. bis zum 14. Jan. d. I. ist nichts Bemerkenswerthes in der Krim vorgefallen. Unsere Artillerie fuhr fort, mit Erfolg zu agiren, besonders gegen das feindliche Lager auf den Fedjuchinbergen. Die Verbündeten haben die Kamicsch- bucht befestigt und am 8. Jan. angefangen, zwei Nedonten gegenüber der Kurt an der Tscherna-Rjetschka und Logement» neben dem sogenannten Zuckerhut z» errichten; das Feuer der Artillerie und der Schützen von der Nordseite that diesen Arbeiten Eintrag. Am 12. Jan. »ersuchten die feindlichen Truppen ein Logement am Genuesischen Thurnie zu errichten; allein das wohlgeztelte Feuer unserer Büchsenschützen zwang sie zum Ab züge. Auf unserer linken Klauke kamen unbedeutende Vorpostengefechte vor; unter An- derm rückten am 13. Jan. zwei feindliche Compagnien mit einem Zuge Cavalerie au» der Ortschaft Baga an den Paß über das Baidarthal und griffen auf dem Weg« vom Markur die vorderste Verschanzung an, kehrten aber nach einstündigem Schießen von beiden Seiten nach Urkusta zurück. Nachrichten aus Eupatoria zufolge leidet di« dort befindliche türkische Cavalerie großen Mangel an Fourrage. — Die Post von Datum ist vom 24. Jan. Omer-Pascha steht mit 32,000 Mann in Redut-Kale. Das tunesische Truppencorps hat von der Kälte so gelitten, daß es bis auf den vierten Theil seines frühem Effectiv- bestandes zusammengeschmolzen ist. In den Blättern wird der Wunsch ausgesprochen, daß man die Trümmer dieses ArmeecorpS nach Tunis zurück schicken möge. — Der Sultan besuchte bekanntlich auch den Ball deS französischen Gesandten in Konstantinopel. Der Correspondent der Oesterreichi- schen Zeitung meldet hierüber unterm 7. Febr.: „Alle Localblätter strotzen heute von Schilderungen des Monlagsballs, welchem der Sultan im fran zösischen Botschaftspalast beiwohnte. Da die Sympathien der hiesigen Presse sich ohnehin dem französischen Banner bereitwilliger und wärmer anschlie ßen als dem englischen, dem sic früher folgten, ehe der Glanz des Fix sterns Stratford neben dem Kometen La France zu erlöschen begann, so ist natürlicherweise der Strom der Rede in jenen Schilderungen entfesselter und schwellender, als es neulich bei Anlaß des gleichen Festes im engli schen Botschaftshötel der Fall war. Es ist schwer, sich hiernach ein be stimmtes Urtheil zu bilden, ob der eine oder der andere Ball absolut den Sieg davongetragen hat, und die Discussion über diese Frage ist so leb- hast, daß sie fast di« einzige Conversation in allen CotillonS am Sksrcki spgg bildete. Anhaltspunkte, auf die Gewicht gelegt wird, sind, daß der Sultan wirklich eine Stunde länger im französischen als im englischen Pa- laiS geblieben ist, daß er sich länger und zusammenhängender mit dem di plomatischen CorpS unterhielt, sich auch die Damen, welche ihm vorgestellt wurden, genauer angesehen hat alö neulich, und sogar Urtheile über euro päische Schönheiten (ich citire die schöne Fürstin Stourdza) fällte, die von einem sehr gewählten Geschmack zeugen. Es ist etwas Eigenthüm- licheS um einen mächtigen Fürsten, der zum ersten male in den Kreis einer in geselligem Formen geübtem, an Geschmack und Pracht zugleich gewöhnter» Gesellschaft tritt, und dort gewissermaßen die ganze Schule durchzumachen hat, die einem Anfänger diesen schlüpfrigen Boden so ge fährlich macht, mit dem Unterschiede, daß die Welt dem fürstlichen Gast viel schwerer etwas verzeiht, viel leichter etwas verübelt als jedem Andern, daß sie vergißt, daß der Sultan nicht um ihretwillen auf den Ball gekommen ist, sondern sie nur die Staffage für ein Genrebild aus der türkischen Ge genwart abzugcben berufen war, welches in dem Cabinet der Tuilerien, in dem Parlament Englands zur Ausstellung bestimmt ist! Nie ist wol ein Souverän auf einem Balle so umbrängt, jede seiner Mienen und Worte st> belauert worden, wie in den wenig geräumigen SalonS de» Hrn. v. Thou- venel. Die Hälfte der Gäste hat den Sultan gar nicht gesehen, die an dere Hälfte aber erzählt, daß y: im Ganzen befriedigter geschienen habe, als bei seinem ersten Debüt in den englischen Salons, welche, obwol kö- niglichtr decorirt und eingerichtet, doch gerade an jenem Abend von der An wesenheit ungeheuerlicher Masken und abenteuerlicher Costüme in so bizarrer Weise dem reinen und hohen Geschmack entfremdet waren, daß cs nicht Wunder nehmen darf, wenn die Begriffe des Sultans von europäischem Salonwesen einer Läuterung durch den französischen Ball bedurften. Einen wohl zu markirenden Fortschritt des Interesse der Türken an diesen Feier- 35t ! lichkeitcn hat man nicht ohne zweideutiges Lächeln darin bemerkt, daß an der Seite de» Großherrn auch sein Ki»lar-Aga (oberster Haremsinspector), mit musterndem Blick auf die Damenwelt, rinherstolzirte." — Dir neueste Post aus der Levante bringt den Wortlaut des Memo randum, welches Lord Redcliffe rücksichtlich der Reconstitution dec Donaufürstenthümer aufgesetzt hat. Dasselbe ist sehr umfangreich und enthält folgende Punkte: I) Die Walachei und Moldau bilden mit einem Theil von Bessarabien unter der gemeinschaftlichen Garantie der Großmächte einen einzigen Staat. 2) Die Nation hat das Recht, den neuen Fürsten aus ihrer Mitte oder aus einer europäischen Fürstenfamilie zu wählen. Die Erblichkeit dieser Würde müßte vom Sultan unter Bürgschaft der Groß mächte anerkannt werden. 3) Dem erwählten Fürsten und seiner Regie rung bliebe eS Vorbehalten, nach den Grundlinien, welch« die Hohe Pforte im Einverständniß mit den verbündeten Mächten aufstellt, die nöthigcn Re formen und Institutionen im Lande einzuführen, als da sind: Abolition der Leibeigenschaft, Emancipation des Bauer», verhältnißmäßige Reparation der Steuern auf alle Stände, Einführung von Statuten und Gesehen, wie sie in civilisirten Staaten bestehen rc. Königreich Sachfen. Dresden, 18. Febr. Das Dresdner Journal berichtet: „Wenn seit der Regierung Kurfürst Johann Georg's II. beinahe zwei Jahrhunderte ver flossen sind und seitdem keiner der Herrscher Sachsens den Rath hiesiger Residenz mit einem persönlichen Besuch auf dem Rathhause beglückt hatte, so ist der vorgestrige Tag (Sonnabend) zu einem denkwürdigen in der Ge schichte unserer Stadt geworden durch einen unverhofften Besuch Sr. Maj. des Königs. Allcrhöchstdieselben erschienen Mittags 12 Uhr in Beglei tung des Generaladjutanten Gencrallieutenants Reichard, wurden unter dem Haupteingange deS NathhauseS von dem Oberbürgermeister Ritter rc. Pfo tenhauer und dem Bürgermeister Neubert ehrfurchtsvoll empfangen und zu nächst nach dem großen Sitznngssaale geleitet, woselbst die Stadttath-mit- glicder zu einer außerordentlichen Sitzung versammelt waren. Se. Maj. geruhten daselbst Sich auf den Präsidialsitz niederzulassen, die Aussprache der Freude und des Dankes für das beglückende Erscheinen, sowie die Ver sicherung der Liebe und der unerschütterlichen Treue aus dem Munde des Oberbürgermeisters gnädig entgegenzunehmen und Allerhöchstsich einen Vor trag über einen soeben der Bcrathung unterliegenden Gegenstand von all- gemeinerm städtischen Interesse erstatten zu lassen. Se. Maj. verfügten Sich darauf unter Führung des Oberbürgermeisters in sämmtliche Sitzungs zimmer und in alle die zahlreichen in drei Etagen des Rathhauses vertheil- ten Kanzleien, Kassen-- und Buchhaltereiexpeditionen, nahmen unter sp«ci«ller Einsicht von Acten, Rechnungen und Kassenbüchern Kenntniß von dem Gang und Betrieb der mannichfaltigen Geschäfte und besichtigten auch die aus älterer Zeit stammenden, auf dem Rathhause aufbewahrten goldenen, silbernen und gläsernen Trinkgefäße, nicht minder mehre der ältesten Urkun den. Der ebenfalls beabsichtigte Besuch der weitern wegen Mangels an Raum im Rathhause in das auf der Scheffelgasse gelegene Gemeindehaus v«rlegten stadträthlichen Expeditionen ward bei der vorgerückten Zeit aufge geben. Gegen 2 Uhr verließen Se. Maj. wiederum das Rathhaus, nach dem Allerhöchstdieselben zuvor Ihre Befriedigung über daS Gesehene aller- gnädigst auszusprechen geruht hatten. Wie aber diese allerhöchste Theil- nahme an der städtischen Verwaltung der Bürger- und Einwohnerschaft der Residenz einen neuen Anlaß zur lebhaften Freude und innigsten Dankbar keit darbietet, so wird auch die Erinnerung an diesen Tag vor allem in den Herzen der Mitglieder deS Raths und der Beamten desselben eine un vergängliche, ermunternde und zu neuer Thatkräftigkeit ermunternde im merdar bleiben." — Auf den sächsischen Staatseisenbahnen ist im Laufe des vergan genen JahrcS eine Einnahme von 2,898,336 Thlrn. gemacht worden, 199,608 Thlr. mehr als 1854. Von diesen Einnahmen brachte die Strecke Lcipzig-Zwickau-Hof 1,580,912 Thlr.; die Strecke Chemnitz-Riesa 360,433 Thlr.; die Strecke Dresden-Bodenbach 403,790 Thlr. und die Strecke Dresden-Görlitz 553,200 Thlr. Die sächsischen Telcgraphenlinien brachten im Jahre 1855 für 51,751 Depeschen (wovon 10,386 interne und 30,979 internationale wa ren) die Summe von 21,691 Thlrn. ein. Neuere Nachrichten. Paris, 18. Febr. (Telegraphische Depesche.) Der heutige Moni teur berichtet, daß der Kaiser gestern Lord Clarendon, der durch Lord Cowley vorgestellt wurde, in besonderer Audienz empfangen habe. Graf Malewski war bei dieser Zusammen kunft zugegen. — Nach dem Journal des De'batS wird die Türkei die Zerstörung von Nikolajew und die Festsetzung der asiatischen Grenze fodern. Rußland ist wenig geneigt, dies ohne Entschädigung zuzugesteh«». — Die 3proc. Rente eröff nete zu dem gestrigen Curse von 73 Fr. 75 C. und stieg im Laufe der Börse bis 73 Fr. 95 C., dann aber trat wieder ein Weichen des CurseS ein. Mersoaaknachrichte«. Ordensverleihungen. Hannover. Guelphcnorden, Ritterkreuz: der Hof rath Dr Stöckhardt zu Tharaud.