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Grätz, 12. Febr. Die Papierfabrik de- Hrn. Ferdinand Briel- mayer zu Voit-berg In Steiermark war in der Nacht vom Fasching-sonn- tag auf den Montag (4. Febr.), um 2 Uhr Morgen-, der Schauplatz ei ner fürchterlichen Zerstörung. Diese Fabrik, welche zur Unterstützung der theilwcisr zu spärlichen Wasserkraft noch drei größere Dampfkessel benutzte, war während des Verlaufs von einigen Sekunden au- einem ansehnlichen Jndustrieetablissement plötzlich in einen großen Schutthaufen verwandelt. Die Ursache diese- Unglücks war nach der Grätzer Zeitung die Explosion eines der drei aufgestellten Dampfkessel, welchen mit dem nöthigen Wasser- quantum zu speisen wahrscheinlich versäumt wurde, und der nun, nachdem er eilig mit Wasser versehen worden sein mag, dasselbe rapid in Dampf zersetzte, sodaß die Wände des Kessels und selbst da- übliche Ventil da- Un glück der Explosion nicht zu verhüten im Stande waren. An Menschen leben sind bei dieser Dampfzerstörung zu beklagen: der Maschinenkeiter, der schon nach zwei Stunden an den erhaltenen Verletzungen starb; der Heizer der Maschine, welcher unter dem Schulte begraben war, endlich ein Papier- schneider, der schwerverletzt danicderliegt. Von den Fabrikgebäuden war nicht nur jenes, in welchem sich die Maschine befand, sondern auch das Nebengebäude de- Papier- und HadcrschneidesaaleS eingestürzt. (Gr. Z.) Italien. Sardinien. Turin, 12. Febr. Nach dem Piemont« werde Ge- neral Lamarmora nicht vor dem 20. Febr. nach der Krim abreisen. Mas simo dÄzeglio, der sich nach Genua begeben hatte, um seine Tochter, die Marquise Ricri, zu besuchen, ist hierher zurückgekehrt. Daß nicht dieser Staatsmann, sondern Graf v. Cavour ausersehen wurde, um Piemont auf den pariser Conferenzen zu vertreten, schreibt der Corriere mercantil« dem Umstande zu, daß dieser nicht blos die Unterhandlung über den Anschluß Piemonts an die Westmächte geführt, sondern auch durch seine mündlichen Besprechungen mit den Gesandten derselben die genaueste Kenntniß des Ge genstandes sich angeeignet habe; überdies sei die Gesundheit de« Hrn. d'Aze- glio noch immer nicht hergestellt. Dasselbe Blatt vermuthet, Baron Tecco, ein genauer Kenner der orientalischen Verhältnisse, werde vielleicht selbst auf einige Zeit nach Paris abgehen, jedenfalls aber mit seinem Rath dem Gouvernement zur Seit« stehen. — Die Armonia brachte kürzlich «in Gerücht vonCabinetsänderungen; die Herren Ratazzi, Lanza und Paleocapa wür den aus-, Revel und Polliane dagegen eintreten und Graf Cavour das Por tefeuille des Aeußern übernehmen; andere turiner Blätter stellen die Wahr- heit dieser Angaben bestimmt in Abrede. (Oest. Cz.) Frankreich. LI Paris, 17. Febr. „Der Orient ist und bleibt eine europäische Wunde; was ein Arzt nicht heilen konme, werden vier Acrzte noch wem- ger heilen; es muß eine Amputation gemacht werden", ist ein Wort aus dem Munde des Hrn. Thiers, das nach dem Ausspruch vieler Politiker scharf genug die Situation bezeichnet. „Mit Rußland können die West mächte wol fertig werden; was aber fangen sie mit der Türkei an?" soll «in anderer Staatsmann auf die Frage geantwortet haben, ob er wol an den Frieden glaube. Wie Sie sehen, fängt man bereits an, über die Un terhandlungen hinauszudcnken, was zunächst darthut, daß man an ein Re sultat derselben glaubt, daß man aber die Schwierigkeiten hinterher sich er heben sieht. Daß Rußland wirklich zu außerordentlichen Concessionen ge neigt ist, behaupten die meisten Leute, welche Gelegenheit fanden, sich mit Hrn. v. Brunnow zu unterhalten. Darauf ist allerdings nicht viel zu ge ben; denn der russische Diplomat sagt ja doch nur, was er glauben ma chen will. Wie man versichert, empfängt der Abgesandte viele Besuche aus dem Faubourg St.-Germain; auch lautet eine unverbürgte Nachricht dahin, daß Hr. Berryer denselben mit einem Besuch beehrt habe. Es könnte die- aber blos von der Kriegspartei ausgestreut sein, um vor Rußland zu war nen. Ich sprach das Wort Kriegspartei aus und halte es für nothwendig, demselben einige Aufklärung folgen zu lassen. Nach allen Berichten, welche von hier in- Ausland gelangen, müßte man glauben, daß in Paris Jeder, oben und unten, Bürger, Soldat oder Arbeiter Royalist, Bonapartist oder Republikaner sei, die brennendste Sehnsucht nach Frieden in sich trägt. Wenn man die Stimmung im Allgemeinen ins Auge faßt, kann man es ohne weitere- sagen, daß Paris für den Frieden gestimmt ist; indessen ist eil andererseits unleugbar, daß eine beträchtliche Fraktion von Bonapartisten von mehr oder weniger Einfluß den größten Vorthcil für die kaiserliche Re gierung in Fortsetzung des Kriegs erblickt. Diese Ansicht ermangelt nicht, dem Kaiser persönlich gegenüber mit mehr oder weniger Talent und Ent schiedenheit vertreten und verfochten zu werden. Als Gründe ihrer Ansicht machen sie geltend, daß der Krieg sein natürliche- Ende nicht erreicht habe, da Rußlands Macht nicht niedergeworfen, nicht vernichtet ist, und wenn zwei Nationen im Verein wie Frankreich und England das Schwert gegen eine Nation ziehen, so dürfe dasselbe nicht eher in die Scheide gesteckt wer den, als bis der Sieg ein ganzer, ein unbestreitbarer, ein vernichtender ist. „Vue vioti8", so und nicht anders müsse man eS im Kriege halten, wenn die Erreichung den großen Opfern entsprechen soll. Und Frankreich wird, wenn es vielleicht für den Augenblick den Frieden mit scheinbarer Genug- thuung hinnimmt, Nachdenken und wegen deS Versäumten und Unausge führten umsoeher Rechenschaft fodern, al- wahrscheinlich Verlegenheiten erwachsen würden, die zu MiSmuth und Krittelei Anlaß geben könnten. Der Tadel des Landes werde folgen. Außerdem finden sie durch den Frieden auf Grundlagen, wie sie jetzt festgestelll würden, festgestellt werden konnten, die englische Allianz gefährdet, und doch sei diese für Ludwig Napoleon die einzig wahre, die einzige, da sich die englische Nation nicht daö Geringste um die Abstammung de-Kaiser-, um da- von ihm vevtreten« System, um seine historische Bedeutung kümmert, während die drei andern europäischen Groß. Mächte diese wichtigen Elemente unmöglich übersehen und vergessen können und werden. Diese Allianz, sagen sie, sei gefährdet, weil dir bisher durch den Krieg errungenen Vortheile nicht groß genug seien, daß sich die beiden Nationen ohne Rivalität, ohne Widerstreit darein thrilen könnten. Man fühl« die» in England sehr Wohl und dringe auf Fortsetzung de- Kampfe«. Ludwig Napoleon'« Regierung thäte Unrecht, auf diesen richtig gefühlten Wunsch nicht einzugehen; da der Kaiser Napoleon UI. von Napoleon 1. so Viele- »er- meiden gelernt, sollte er auch die Feindschaft Englands vermeiden lernen, die dem Stifter des Kaiserthrons so theuer zu stehen kam. Sardinien müsse für große Dienste und Opfer unbelohnt bleiben; die Schuld diese» Undanks fiele auf Frankreich allein, da ein größerer Fortschritt der westli chen Waffen diese Belohnung möglich gemacht hätte. Bon den Leuten an- derer politischer Farbe, welche die Fortsetzung deS Kriegs wünschen, spreche ich vorläufig nicht, weil ihr Einfluß blos ein numerischer ist und ihre Stim- men vom Friedenjubel übertönt werden. — Wie der Jndspendance belge aus Pari« geschrieben wird, willigt Nuß- land in den Nichtwiederaufbau der Befestigungswerke von Bomarsund ein, es wünscht aber die Neutralisirung der Insel Helgoland und will die Nordforts von Sewastopol, um deren Zerstörung zu verhindern, als im Innern des Landes und nicht an der Küste deS Schwarzen Meeres bele- gene Forts betrachtet wissen, zumal die völlige Zerstörung des SüdtheilS von Sewastopol diesem Punkte jede maritime Bedeutung genommen habe. Was Nikolajew betrifft, so soll Rußland nicht glauben, daß man auf das Eingehen der dortigen bedeutenden Schiffswerften bestehen wird, die um so leichter ausschließlich zum Bau von Handelsschiffen zu benutzen sind, als auch die Kriegsschiffe früher dort ihre Armirung nicht erhielten, son dern damit in Sewastopol versehen wurden. Außerdem scheine Nikolajew in seiner tief ins Land hineingcschobenen Lage nicht mehr zum Litorale des Schwarzen Meeres zu gehören als Rouen in Frankreich zum Litorale des Kanals. Uebrigens werden auch die Consuln der andern Seemächte dort über di« strenge Beobachtung des Vertrags wachen. GroHbeitannie«. -f-London, 16. Febr. Die Zeitungen berichten über eine außerordentliche Demonstration zu Gunsten der strengen Sabbathfeier, die vor mehren Tagen stattfand. Eine Deputation von etwa 150 Gentlemen, Parlaments mitgliedern, Geistlichen, Gelehrten, Vertretern verschiedener Missionsgescll- schaften und christlicher Vereine, den Erzbischof von Canterbury und Lord ShafteSbury an der Spitze, machte dem Premier in seiner Privatwohnung in Piccadilly ihre Aufwartung und der Erzbischof von Canterbury verlas mit „tiefbewegter Stimme" eine Adresse an Lord Palmerston, die um Auf rechthaltung der gegenwärtigen Sabbathgesetze fleht und feicrlichst gegen den Vorschlag protestirt, das Britische Museum, den Krystallpalast oder andere VergnügungSorte an Sonntagsnachmittagen öffnen zu lassen. Es heißt darin unter Anderm: „Wir wissen wohl, daß der Tag des Herrn nicht so heilig gehalten wird wie er sollte, doch wird gegenwärtig wenigstens der Buchstabe des Gesetzes, wenn auch nicht immer der Geist desselben beobach tet; und das Volk weiß, daß der Nachmittag des Sabbath ebenso heilig ist wie der Morgen, und daß weltliche Beschäftigungen, Studien und Er holungen, die an andern Tagen unschuldig und selbst pflichtgemäß wären, für den Tag deS Herrn nicht angemessen sind. Wir können als Christen und Patrioten das Maß der Sabbathschändung, welches schon jetzt im Lande vorkommt, nicht ohne tiefen Kummer betrachten", aber um so stärker prote- stiren sie gegen eine Maßregel, die der Gottlosigkeit Thür und Thor öffnen würde. Lord Palmerston erkannte die Wichtigkeit der Frage an, vermochte aber in einer Sache, die das Parlament angeht, als einzelnes Mitglied der Regierung nicht da« Wort für seine Collegen zu geben, ohne sie befragt zu haben. Dies versprach er noch im Laufe desselben Tages zu thun. Noch ein paar Laien und ein methodistischer Geistlicher ergriffen das Wort im Sinne der Adresse, worauf Lord Palmerston sich artig empfahl. Ehe dis Deputation die Treppe hinabkam, verkündigte ein Mitglied die „frohe Bol- schäft", daß die „Damen von Birmingham", die „Damen der Insel Wight", von Derby und andern Orten Bittschriften an die Königin auf gesetzt hätten, die von lauter „Müttern" unterzeichnet werden sollen. Lord Shaftcsbury erklärte sich mit dieser Taktik ganz einverstanden, indem er glaubte, daß man durch die große Zahl einzelner örtlicher Petitionen am besten wirken werde, wenn auch jede nur wenig Unterschriften zählen sollte. Lü»vei. Dem Journal de Constantinople wird ausSewastopol vom 3O.Jan. geschrieben, daß da- Feuer vom Fort Konstantin, welches seit den letzten Tagen fortwährend an Stärke zugenommen, mit äußerster Heftigkeit noch immer fortdaure und schlecht zu den Friedensbotschaften passe. UebrigenS finde der Friede überhaupt auf der Krim nur Ungläubige, da derselbe un ter dem Civil wenige und unter den Militärs noch weniger Anhänger zähle. Letztere würden in ihrer Ansicht von der Fortdauer des Kriegs umsomehr bestärkt, weil die Russen mit Petersburg in direeter telegraphischer Verbin dung stehen und, bi- zum 50. Jan. wenigstens, von ihrer Seite auch noch nicht da- leiseste Anzeichen von einem Waffenstillstand zu gewahren sei. Die neuesten Nachrichten aus der Krim sind vom 2. Febr. An diesem Tage dauerte das Kanonenfeuer deS Fort Konstantin gegen die Stel lungen der Verbündeten noch immer fort. 5000 Engländer rüsteten sich zur Abfahrt, 3000 andere werden in Malta erwartet. AuS Balaklava wird dem Journal de Constantinople die Absendung