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348 Napoleon gesagt haben, wird eS sein wie im Theater: «6e sont leg speo« tstvurg qui pg^vront!» Warum sollte die- Rußland nicht als die beste der Friedcnsbedingungen annehmen? Auf diese Weise käme ja jede der feindlichen Kriegsmächte zu ihrer Entschädigung! Und in Petersburg ist man nicht so sentimental, den Zuschauern ihre Neutralität mit Dank be lohnen zu wollen. Selbst die Solidarität der absoluten Interessen schlägt man dort nicht im geringsten so hoch an wie in Wien. Zwar wird Nie mand glauben, daß jene Foderung an die Zuschauer sofort ohne Verzöge rung gestellt werden würde; aber daS Gedächtniss in einem Staate, der nur auf äußere Machtvergrößerung gestellt ist, ist lang. Wie übel steht «S hiergegen mit der gedankenlosen Zerstreutheit eines dbeißigköpfigen Klein- staatenbundcs. Dies sind nur flüchtige Andeutungen, die eS rechtfertigen sollen, wenn man den angebahntcn Frieden einen faulen nennt, weil er die Kriegsmacht, die er beugen sollte, nur zu einer gefährlicher» Versammlung und Anwen dung seiner Kräfte reizen und durch nichts daran hindern wird. Die Benennung des «faulen Friedens» kann aber noch sehr viel an dern Sinn in sich schließen, den wir aber, aus Furcht zu breit zu wer den, nur noch viel flüchtiger andeuten wollen. Die Reaktion in Deutsch land, die un« bisher schon da und dort über das Maß des Erträglichen zu gehen schien, dürfte nun erst recht ihren Anfang nehmen. Es ist nicht-, was Oesterreich, nach dieser Glorie seiner Friedensstiftung und seines vor trefflich begründeten orientalischen Einflusses, nicht unternehmen würde; in Italien, in der Schweiz, in Preußen, in Deutschland, im Geldwesen, mit dem Zollverein, mit der Kirche, am Bundestage, wo immer und wie immer eS sei. Es .ist eine oft bemerkte Eigenschaft der römischen Hierar chie, daß sie, voll Ehrgeiz, und in ihrem Ehrgeize zwar voll Klugheit und schlauer Thätigkeit, doch immer unersättlich vorgeht und im Glück sich zu blinder Rücksichtlosigkeit treiben läßt; keine weltliche Macht hat in dieser Beziehung zu aller Zeit und Gelegenheit so viele Aehnlichkeit mit der Curie verrathen wie Oesterreich. Man wird in Deutschland alle Ursache haben, auf seiner Hut zu sein in dieser nächsten Zeit des Friedens. Ob auch die Westmächte solche innere Gefahren von diesem Frieden zu befürchten haben? Es ist nicht leicht, diese Frage aus der Ferne beantworten zu wollen. Aber nichts wäre in der menschlichen Natur mehr begründet, als wenn in Frank reich wie in England die Nation es ruhig zum Frieden kommen ließe, der doch seinen großen, unverkennbaren Nutzen hat für Alle, und wenn dann, besonders in England, eine furchtbare Entfesselung des Volkswillenö aus bräche, nachdem man, dieses Nutzens sicher und der Kriegsgefahr überhobcn, nun nicht mehr die Rücksicht gegen ein Ministerium zu haben brauchte, das seine Aufgabe so wenig preislich gelöst hat. Es ist schwer zu über blicken, wohin solch eine Wendung gerade dort in England führen könnte. Die Gefährdung des Bündnisses unter den zwei Westmächten ist nicht das Fernste, waS aus ihr sich ergeben könnte. Denn ist erst einmal mit der Kriegsgefahr die Rücksicht deS Schweigens abgenommen, wie viele Bc- schuldigungrn wird es dann zu machen geben, nicht allein gegen die eige nen Regierungen, sondern auch gegen die Bundesgenossen. In solchen Herzensergießungen pflegt der Engländer nicht der Feinste zu sein. Der Franzose aber würde einen von dorther gebotenen Anlaß mit Begierde er greifen, um seinen Groll, den er gegen das eigene Regiment nicht unmit- telbar auslassen darf, gegen die fremde Firma desto maßloser auSzuschütten." Deutschland. Preußen. -^Berlin, 18. Febr. Rußland weist die Foderung we- gen der Wiederaufbauung von Bomarsund zwar nicht unbedingt zurück, aber es bestreitet zunächst den Satz, daß das fragliche Begehren eine Fo derung des allgemeinen europäischen Interesse sei. Wolle man aber gleich- wol diese Foderung unter dem fraglichen Titel aufrechthalten, so frage Ruß land, ob die Neutralisation Helgolands, in dem Sinne, daß diese Insel zu keinerlei Art von militärischen Zwecken benutzt werden dürfe, dann nicht ebenfalls ein Erfoderniß des europäischen Interesse sei? Es dürfe dies, wen» die Festungswerke von Bomarsund nicht wieder aufgebaut werden sollen, zur Erhaltung des Gleichgewichts in der Nord- und Ostsee wol als un zweifelhaft nölhig zu erachten sein. Wie wir vernehmen, soll Hr. v. Brun- now, welcher sich bekanntlich bereits seit mehren Tagen in Paris befindet, ausführliche Instructionen über diesen Punkt erhalten haben. Welchen Ein druck das betreffende Begehren Rußlands auf den Conferenzen machen wird, bleibt abzuwarten; jedenfalls aber ist zur nähern Kennlniß der Situation von der fraglichen Anschauung Rußlands Act zu nehmen. — In den Blät tern sind verschiedenartige und einander widersprechende Angaben über den Vermittelungsvorschlag enthalten, welcher von Baiern in Bezug auf die von Oesterreich am Bunde gestellten Anträge ausgegangen ist. Wir glauben, daS in dieser Beziehung Zuverlässige mit wenigen Worten sagen zu können. Es ist zunächst zu unterscheiden zwischen Dem, was Oester reich anfänglich gewollt, und zwischen Dem, was eS nachträglich am Bunde beantragt hat. Oesterreich verlangte die Aneignung der fünf Punkte in dem Sinne, daß der Deutsche Bund, wenn der Friede nicht zustande käme, unter allen Umständen gezwungen gewesen sein würde, für die Durchfüh rung derselben einzustehen. Dem gegenüber ist der bairische Vermittelungs vorschlag, in der Hauptsache wenigstens, zu identificiren mit der inzwischen publicirten Note des Frhrn. v. Manteuffel vom 3. Febr. an den diesseitigen Gesandten in Wien. Demnach soll der Deutsche Bund die fünf Punkte sich allerdings aneignen, aber, in objektiver Beziehung, nur insoweit, als ein allseitiges Einverständniß über dieselben vdn Seite» der becheiligten Mächte j zur Zeit gegtben ist; über alle-Weitere aber, resp. über die etwa noch auf tauchenden verschiedenartigen Interpretationen, soll der Deutsche Burch sich, ohne jedes Präjudiz nach der einen oder andern Seit«, die eigene unab hängige Prüfung Vorbehalten. ES ist nun allerdings ein wesentlicher Unter- schied zwischen Dem, waS Oesterreich anfänglich gewollt hat, und dem be- zeichneten Inhalt de- bairischen Vermittelung-Vorschlag-; allein e- handelt sich nicht mehr um Das, was Oesterreich anfänglich gewollt hat, sondern nur noch um Das, was Oesterreich jetzt will, und in dieser Beziehung ver nehmen wir, daß Oesterreich erklärt hat, mit dem Inhalt deS bairischen Vermittelungsvorschlags befriedigt sein zu können. Hiernach ist auch eine entsprechende Redactionsänderung in der österreichischen Vorlage, bevor die- selbe beim Bunde officiell eingereicht wurde, gemacht worden. Die Polemik, welche in einzelnen Blättern für oder gegen die österreichische Vorlage noch immer fortgeführt wird, beruht darum auf einer Unkenntniß von der in- zwischen eingetrrtenen veränderten Sachlage. Diese Polemik ist nach den gegenwärtigen Verhältnissen gänzlich überflüssig geworden. — Die Kreuz- zeitung legt unter der Rubrik „Diplomatischer und militärischer Kriegs- schauplatz" eine Reihe heimlicher Bekenntnisse ab, die das Ergötzlichste sind, was wir in diesem ruffenfreundlichen Blatt seit langer Zeit gelesen haben. Rußland habe, sagt die Kreuzzeitung, aus dem gegenwärtigen Kriege den „Vortheil vermehrter Selbsterkenntniß" gezogen. Die 30jährige Regierung des verewigten Kaisers habe, bei all ihrer Vortrefflichkeit, die russische Na-, tion „zu einer gewissen Ueberhebung" und „Manchen zu dem Wahne ge- führt, daß Rußland nicht blos unwiderstehlich, sondern auch berufen sei, die ganze übrige Welt mittelbar oder unmittelbar zu beherrschen". DaS sei jetzt aber ganz anders geworden rc. Run, da selbst auch di« Kreuzzeitung zu der Einsicht gekommen, daß eS um die russische Selbstüberhebung nur eine baare Lächerlichkeit gewesen, so darf mit Fug und Recht wol auch er wartet werden, daß da- sprichwörtliche Klugheit-alter der Schwaben endlich einmal eine kleine Reduktion, etwa von 40 auf 30 Jahre, erfahre. Die Hoffnungen aber, welche sich an die genannten Bekenntnisse der schönen Seele in der Dessauerstraße knüpfen, daß man die gemachten Erfahrungen in Petersburg nämlich benutzen und vor allen Dingen «in Eisenbahnnetz in wenigen Jahren über das ganze Land legen werde, diese Hoffnungen mögen der Kreuzzeitung und der Nordischen Biene gern zum inner» Trost über lassen werden. In allen hiesigen Kreisen spricht sich noch fortwährend di« tiefste Ent- rüstung über die Anfeindungen aus, welche Graf v. Pfeil dem Hause der Abgeordneten bei Gelegenheit der Debatten über die ländlichen Orts obrigkeiten in den sechs östlichen Provinzen über die Art und Wese seiner Amtsführung bei Ausübung seiner ortsobrigkeitlichen Gewalt gemacht hat. (Nr. 42.) Diese Entrüstung wird getheilt von Allen, ohne Unterschied der politischen Parteistellung, wie sich denn auch im Hause der Abgeordneten selbst nur Eine Stimme des Unwillens dem Grafen v. Pfeil gegenüber kund gab. Auf die Philippika des Abg. Wentzel schien es uns, als säße der vor nehme Graf da wie ein Gerichteter. Der Minister deS Innern hat bekannt lich sofort die Anschauungen des Grafen v. Pfeil auf da- allerentschiedenste zurückgewiesen, und das hätte vom Standpunkte der Regierung dieser Sache gegenüber als genügend erscheinen können; aber die gestrig« Nummer der «Zeit» enthält an bevorzugter Stelle nochmals eine energische Zurückwei. sung nebst gleichzeitiger Beleuchtung des frivolen Begehrens des Herrn Grafen, und aus diesem nochmaligen Zurückkommeu auf die Sache mögen Sie am besten den Eindruck ermessen, welchen der Vortrag des Gra fen v. Pfeil gemacht hat. Der Graf v. Pfeil wohnt, wie sie vielleicht wissen werden, in Thüringen. Man sieht mit Spannung dem Fertigwerdrn deS stenographischen Berichts über die betreffende Sitzung entgegen, um für die gesetzwidrigen, mit Zuchthausstrafe zu belegenden Handlungen, deren der Graf sich gerühmt hat, ein authentisches Zeugniß zu besitzen. — Der russische Bevollmächtigte bei den pariser Conferenzen Graf Or low ist auf der Reise von Petersburg nach Paris heute früh 5 Uhr hier in Berlin eingetroffen. Wie wir hören, wird derselbe schon heute Nach mittag seine Reise über Frankfurt -a. M. fortsetzen. (N. Pr. Z.) — Der Bericht der Commission über den Antrag auf Streichung deS Artikels 12 der Verfassungsurkunde ist erschienen. Die Com- Mission trägt darauf an, das Haus wolle folgendes Gesetz beschließen: tz. I. Der Artikel 12 der VcrfaffungSurkmidc vom 31. Jan. 1858 wird auf gehoben. tz. 2. An die Stelle desselben treten folgende Bestimmungen: Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses, der Vereinigung zu Ncligionsgesellschaften (Art. 31 und 32) und der gemeinsamen häuslichen und öffentlichen Religionsübungen wird gewähr leistet. Der Genug der bürgerlichen Rechte ist unabhängig von dem religiösen Be kenntnisse. Den bürgerlichen und staatsbürgerlichen Pflichten darf durch die Aus übung der Religionsfreiheit kein Abbruch geschehen. Die Regulirung der staatsbür gerlichen Rechte der nichtchrlstlichen Staatsangehörigen blelbt der Specialgesetzgebung Vorbehalten. — Dem Frankfurter Journal schreibt man aus Berlin vom 16. Febr.: „Die Zeitungen haben jüngst eines Zugs aus dem Verhältniß des pom- merschen Gutsbesitzers v. Kapphengst gegenüber seinen Untergebenen Er wähnung gethan. (Nr. 50.) Auch ist von dem Abg. Wentzel in der Be- rathung des Gesetzentwurfs über die ländlichen OrtSobrigkeiken in den sechs östlichen Provinzen des Hr». v. Kapphengst freundlichst gedacht worden. Da durch ist Hr. v. Kapphengst, von dem die Welt sonst wol schwerlich viel erfahren hatte, bekannt geworden, und dieser Umstand rechtfertigt eS gewiß, daß wir auf eine höchst wunderliche Petition zurückkommen, welche derselbe Hr. v. Kapphengst an das Herrenhaus gerichtet hat. Hr. v. Kapphengst ruft nämlich das Herrenhaus zu Hülfe gegen seinen — Kutscher! Der That- ! bestand ist folgender. Der Kutscher des Hrn. v. Kapphengst, NamenS Win-