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Eine ausgedehnte Reise führte Mendelssohn 1830 bis 1832 über Weimar und Wien nach Italien, die Schweiz, Paris und London. Bereits seit Wien nahm der Plan zur „Walpurgisnacht" immer mehr Gestalt an, und in Italien wurde das Werk vollendet. Mit welchem Ernst sich Mendelssohn dieser Aufgabe widmete, zeigt der Brief, in dem er Goethe am 28. August 1831 von der Fertigstellung der Komposition berichtete: „. . . es ist eine Art Kantate für Chor und Orchester geworden, länger und ausgedehnter, als ich zuerst gedacht habe, weil die Aufgabe sich ausdehnte und größer ward und mir mehr sagte, je länger ich sie mit mir herumtrug." Die Ouvertüre zur „Walpurgisnacht" entstand in Paris, und im Dezember 1832 wurde das Werk im Berliner Schauspielhaus unter Mendels sohns Leitung uraufgeführt. Seitdem gehört die Kantate zu seinen meistgespiel ten Werken. Die endgültige Fassung wurde im Jahre 1843 abgeschlossen. Der historische Kern der Kantate „Die erste Walpurgisnacht" ist der uralte Volksbrauch, den Frühling zu begrüßen. Die heidnischen Kelten taten das, indem sie in der Walpurgisnacht ein Feuer entzündeten. Diese Zeremonie wurde bei Todesstrafe verboten, als die Christen ihre Herrschaft antraten und die Heiden zum christlichen Glauben „bekehrt" werden sollten. In seiner Ballade schildert Goethe, wie die Kelten, die sich zur Ausübung ihres Brauches in die Berge zu rückgezogen haben, beschließen die „dumpfen Pfaffenchristen" mit List zu verjagen: „Mit dem Teufel, den sie fabeln, wollen wir sie selbst erschrecken!" Diese List hat Erfolg; in panischem Schrecken stürmen die christlichen Wächter davon. Auch die kleinmütigen Zweifler aus den eigenen Reihen sind nun be ruhigt, und der Keltenpriester kann die Zeremonie einleiten: „Die Flamme reinigt sich vom Rauch: so reinig' unsern Glauben! Und raubt man uns den alten Brauch, dein Licht, wer will es rauben?" Goethe selbst hat in einem Brief an Mendelssohn den „hochsymbolischen" Charakter des Gedichtes hervorgehoben. Indem er Partei für die Heiden nimmt, bekennt sich Goethe zugleich zu einer Art Naturreligion und stellt so seine eigene Haltung dar. Mit den „dumpfen Pfaffenchristen" wollte er auch die christlichen Romantiker seiner Zeit treffen. Mendelssohn folgte in seinem Werk in genialer Weise den Gedanken Goethes. Einem Chor, der freudig den Frühling begrüßt, folgt die Aufforderung eines Druiden, das traditionelle Feuer zu entzünden. Im folgenden Frauenchor kommt Furcht vor den Herrschern auf, der Druidenpriester kann jedoch überzeugen: „Wer Opfer heut zu bringen scheut, verdient erst seine Bande." Der Höhepunkt des Werkes ist die Vertreibung der Christen mit Hilfe des Höllenspuks im nächt lichen Wald und die hastige Flucht der christlichen Wächter. „Großer Lärm muß auf jeden Fall gemacht werden", schrieb Mendelssohn hierzu. Das Werk endet mit einer Darstellung der Zeremonie, die mit Größe und Feierlichkeit gestaltet ist und die Überlegenheit des Naturvolkes spüren läßt. Die Kantate, die Goethe selbst nicht mehr hörte, ist das originellste Chorwerk Mendelssohns. Hector Berlioz, der die „Walpurgisnacht" in der Endfassung hörte, umreißt in seiner begeisterten Würdigung die Größe dieses Werkes: „Man weiß nicht, was man am meisten darin bewundern muß, ob das Orchester, ob den Chor oder den mächtigen Wirbel, der das Ganze bewegt. Ein wahres Meisterstück." Die erste Walpurgisnacht Tenor und Chor (Ein Druide und Chor der Druiden und des Volkes): Es lacht der Mai! Der Wald ist frei von Eis und Reifgehänge. Der Schnee ist fort, am grünen Ort erschallen Lustgesänge. Ein reiner Schnee liegt auf der Höh', doch eilen wir nach oben, begehn den alten heil'gen Brauch, Allvater dort zu loben. Die Flamme lodre durch den Rauch! Hinauf! Hinauf! So wird das Herz erhoben! Alt und Frauenchor (Eine alte Frau aus dem Volke und Chor der Weiber aus dem Volke): Könnt ihr so verwegen handeln? Wollt ihr denn zum Tode wandeln? Kennet ihr nicht die Gesetze unsrer strengen Überwinder? Rings gestellt sind ihre Netze auf die Heiden, auf die Sünder. Ach, sie schlachten auf dem Walle unsre Väter, unsre Kinder! Und wir alle nahen uns gewissem Falle. Bariton und Chor (Der Priester und Chor der Druiden): Wer Opfer heut’ zu bringen scheut, verdient erst seine Bande. Der Wald ist frei. Das Holz herbei, und schichtet es zum Brande! Doch bleiben wir im Buschrevier am Tage noch im Stillen, und Männer stellen wir zur Hut, um eurer Sorge willen. Dann aber lasst mit frischem Mut uns unsre Pflicht erfüllen. Hinauf! Hinauf!