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Mittwoch. -7^n!l 1»'.' ''' Die Zeitung erscheint mit Ausnahme des Montag» täglich und wird Nachmittags 4 Uhr aus- gegeben. Preis für da« Vierteljahr IV, Thlr.; jede einzelne Nummer 2 Ngr. Nr. 2 » -— 30. Januar I8S«. Dmtschc AllgmnM Zkitmig. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Zu beziehen durch alle Postämter des In- und Auslandes, sowie durch die Erpedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Jnsrrtionsgebühr für den Raun, einer Zeile 2 Ngr. Deutschland. Preußen. /X Berlin, 28. Jan. Trotz aller Bemühungen, welche man namentlich von Wien aus macht, um die Unverfänglichkeit deS fünften Punkts der von Rußland en i>Ioo angenommenen österreichischen Vorschläge darzuthun, beharrt, hier wenigstens, die nunmehr schon längst zur Besonnen heit zurückgekehrte öffentliche Meinung auf der entgegengesetzten Ansicht. Der Taumel der Ueberraschung ist verdampft und in welchen Schichten der Gesellschaft man auch die Meinung sondiren möge — überall hat die Zuversicht dem Zweifel Platz gemacht, der sich vielfach bis zur vollständig sten Ungläubigkeit steigert. Der Theil unserer Tagespresse, welcher sich beim Eintreffen der russischen Depesche der guten Nachricht mit Eifer sofort bemächtigt und die aufkeimende Hoffnung auf Frieden mit weniger Urtheil als Emphase zur Friedensgewißheit gesteigert und gestempelt hatte, weiß nun nichts Besseres zu thun als zu schweigen. Daß die Mehrzahl der österreichischen Blätter fortfährt, den durch die Diplomatie vermeintlich er langten Erfolg zu preisen, liegt eben in der Eigenthümlichkeit der Verhältnisse und der Stellung der österreichischen Blätter. Wir unsererseits haben schon neulich die Ueberzeugung ausgesprochen, daß eS die einzig richtige Art sei, die Sache anzugreifen und den Unterhandlungen wenigstens die Möglichkeit eines Erfolgs zu sichern, wenn man zunächst den Nichts und Alles bedeutenden Appendix zu den vier Garantiepunkten mit concretcn Foderungcn ausfüllt. Wer sich hiergegen sträubt, muß den Verdacht der Hinterhältigkeit auf sich ziehen. Nebenher bemerkt, das hiesige Organ Rußlands sieht in den von England auf Grund des fünften Punktes gestellten, so unerwartet mäßi gen Foderungen „neue Vorbedingungen" und insinuirt, es würden diese neuen Vorbedingungen in der Absicht gestellt, den Friedensschluß durch neue Schwierigkeiten hinzuhalten. t Berlin, 28. Jan. In Bezug auf die Militärkräfte der fünf europäischen Großmächte enthält das neueste Preußische Wochen- blatt aus sehk namhafter Feder überaus beachtenswerthe Angaben. Nach denselben können die deutschen Staaten im Allgemeinen 1'/- Procent ih rer Volkszahl, Oesterreich, Frankreich und Rußland fast 2 Proc., Preu ßen 3 Proc. kriegsgerüstet aufstcllen; die Einrichtungen sind überall so, daß man auch für einen dauernden Krieg, wenn man Garnisonen, De pots rc. mitrechnet, 2 Proc. der gesammten Bevölkerung unter den Waffen halten kann; die Staatskräfte wenigstens in den großen mittel- und west europäischen Staaten ertragen dies. Das englische Heer jedoch mit Ein schluß des englisch-indischen, zählt höchstens 140—160,000 Mann oder '/»Proc. der Bevölkerung. Rechnet man die Miliz von 8—12,000 Mann und etwa 60—70,000 Matrosen und Marinefoldaten dazu, so erhält man freilich über 1 Proc., aber die Letzter» gehören nur theilweise zu der Mann schaft, woraus man die Heere zu ergänzen pflegt. Die Miliz ist bekannt- lich durchaus nicht frei verwendbar, sondern wird eS erst durch Parlaments- acte. Die Hauptnachtheil« des englischen Heeres gegenüber den festländi- schen liegt in seiner numerischen Schwäche und in seiner geringen Ergän- zun-Sfähigkeit; die Unbeholfenheit, die Erstarrung in den Formen der ver alteten Lineartaktik, die genau mit dem auf Werbung gegründeten Heer wesen des vorigen Jahrhunderts zusammenhängt, sind nur Folgen davon. Wenn einige englische Blätter in ihrem gegenwärtigen Kriegseifer so weit gehen, zu behaupten, England werde in gewissen Fällen den Krieg gegen Rußland allein fortsetzen, so kann man bei der jetzigen thatsächlichcn Hrer- verfassung Englands darüber nur lächeln. — Von dem hiesigen bekannten Geschichtschreiber Professor Zinkeisen ist vor kurzem der dritte Band der „Ge schichte des osmanischen Reichs" nach bisher noch gänzlich unbenutzten Quel ls« erschienen. Dieser Band beansprucht ein besonderes Interesse, weil er da» innere Leben und die innern Einrichtungen des osmanischen Reichs be handelt und zeigt, wie dieselben bereits im 17. Jahrhundert sich dem Ver fall zuwendeten. Sehr bemerkenswerth ist die dem König Heinrich IV. von Frankreich vorgelegte Denkschrift, worin derselbe aufgefodert ward, die Os- manen aus Europa zu vertreiben und sich des Kaiserthrons von Konstanti nopel zu bemächtigen. Professor Ainkeisen theilt diese denkwürdige Urkunde im italienischen Urtext mit. Heinrich IV. hielt aber die Erhaltung des os manischen Reich- für unerläßlich und ließ sich auf diesen Plan nicht ein. In Betreff der Fragen der Heiligen Stätten stellt der Verfasser in dem in Rede stehenden Bande geschichtlich dar, daß Frankreich di« erste Macht des Westens gewesen sei, welche sich durch ihre einflußreiche Verwendung zu Gunsten der Heiligen Stätten das unbestreitbare Anrecht auf dir später so vielfach bestrittene Gchutzherrschaft über die Christen der Heiligen Stadt er- worben habe. Zur Vollendung des bedeutsamen GeschichtSwerkS werden noch drei bis vier Bände folgen. — Das hiesige Centralcomitö zur Sammlung von Unterstützungen für die entlassenen Beamten, Geistlichen, Lehrer rc. au- dm Herzogthümern Schleswig-Holstein hat eine vierte Sendung von > !)00 Thlrn. an den altonacr Hauptvcrcin befördert. Die Gesammteinnahme des hiesigen Centralcomile beträgt jetzt 2191 Thlr. Erfreulicherweise ist die Gründung von Zweigvercinen im preußischen Staat sowie überhaupt in Deutschland für den besagten nationalen Zweck in wachsender Zunahme be griffen, sodaß die Hoffnung hinsichtlich einer Gcsammlmitwirkung der deut schen Lande mit jedem Tage wenigstens neue Anhaltepunkte für die end- liche Verwirklichung gewinnt. — Im Hause brr Abgeordneten ist der Bericht der Commission für VcrfassungSangelegenhciten (Berichterstatter Abg. Graf v. Schweinitz) über den von der Regierung eingcbrachten Gesetzentwurf, betreffend die Abände rung des Art. 42 und die Aufhebung des Art. 114 der Verfassung-- urkunde vom 31. Jan. 1850 au-gegeben. Der^Geseßentwurf lautet: Art. I. Die Art. -12 und II-1 der VersassungSurküNde vom 31. Jan- 1850 find aufgehoben. Art. 2. An dle Stelle de« Art. 42 treten folgende Bestimmungen: Ohne Entschädigung bleiben aufgehoben: I) das mit dem Besitz gewisser Grundstücke ver bundene Recht der Ausübung oder Ucbertragung der richterlichen Gewalt (Lit. VI der Verfassungsurkunde) und die aus diesem Recht fließenden Exemtionen und Abgaben; 2) die aus dem gerichtS- und schutzherrlichen Verbände fließenden persönlichen inicht mit dem Besitz eines Grundstücks in der Person deS Verpflichteten in Verbindung ste henden) Abgaben und Leistungen. Mit den aufgehobenen Rechten fallen auch die Ge genleistungen und Lasten weg, welche den bisher Berechtigten dafür oblagen. Art. 114 lautet: „Bis zur Emanirung der neuen Gemeindeordnung bleibt es bei den bisherigen Bestimmungen hinsichtlich der Polizciverwal- tung." Die Commission ist einstimmig der Ansicht, daß, wenn eine Auf hebung des Art. 42 der Vcrfassungsurkunde, mit oder ohne den Art. 2 des Gesetzentwurfs erfolgt, auch die Aufhebung des Art. 114 ausgesprochen werden muß. Die Commission empfiehlt daher dem hohen Hause die An nahme des Gesetzentwurfs in nachstehender Fassung mit der üblichen Ein- gangsformcl: Einziger Artikel: „Die Art. 42 und 114 der Verfassungs- urkundr vom 31. Jan. 1850 sind aufgehoben." Baiern. München, 26. Jan. Heute berieth dieKammer derAb- geordneten über einen Antrag des Fürsten Wallerstein, bezüglich der Abände rung des Art. 53 ihrer Geschäftsordnung, wonach Antragsteller bei der Vorprüfung in der Kammer auf die formelle Seile beschränkt sind. Da nach Arnderung dieser Bestimmung sich schon längst der Wunsch aussprach, be antragt Fürst Wallerstein: 1) daß jedem Antragsteller nicht blos die for melle Würdigung im Allgemeinen, sondern auch die materielle Begründung seines Antrags gestattet, und 2) daß die bisher übliche Doppelabstimmung (über Kompetenz und Überweisung an einen Ausschuß) beseitigt werde. Das Directorium der Kammer stimmte diesem Vorschläge bei und fügte noch hinzu, daß jene Anträge, welche die Kammer nicht in nähere Würdi gung ziehen wolle, nicht mehr dem Ministerium überwiesen werden sollen, weil in solchen Fällen die Kammer lediglich den Dienst eines Briefträger« versehe. Derlei Anträge sollen zu den Acten gelegt werden, nachdem die Kammer einfach Anzeige hierüber erhalten. Den Betheiligten bleib« eS un° benommtn, sich selbst an das betreffende Ministerium zu wenden. Diese vom Directorium vorgcnommene Revision des erwähnten Art. 53 findet ohne Entgegnung die Zustimmung der Kammer. — Man schreibt der Allgemeinen Zeitung aus München vom 23. Jan. „Der hiesig« Eis«nhändler und MagistratSrath Schwtigkart, rin«r der Hauptstützen der Nekromantie, die hier fortwährend ungehindert ihr Unwesen treibt, Hal sich mit dem von ihm herausgegebenen Buche »Mit- theilungen deS Erzengels Rafael im Jahre 1855 durch den Mund de« Cresc. Wolf» nach Rom begeben, um dasselbe dort an der höchsten Stelle vorzulegen und weitere persönliche Schritte in der Sache zu thun. Ob ihm das gelungen, ist noch nicht bekannt, woi aber erfährt man, daß Hr. Schweigkart bis auf Weiteres in der Engelsburg (? die Engelsburg ist daS Staatsgefängniß) in Rom zu verbleiben hat, und diese Angelegenheit be reits Schritte auf diplomatischem Wege veranlaßt haben soll. Man ist auf die weitere Entwickelung sehr gespannt." Badtn. Freiburg, 25. Jan. Erst jetzt ist gegen Advocat Fried- rich Hecker von Manheim (gegenwärtig in Nordamerika) vom hiesige» Hofgericht und zwar unter dem 5. Jan. ein Straferkenntniß erlassen, da« wegen Hochverraths ihn schuldig erkennt und zu lebenslänglicher Zucht hausstrafe und zur Tragung der Kosten des Strafverfahren- und der Ur- theilövollstreckung verfällt. Die Entschädigungsansprüche des FiScuS sind, unter Verwerfung der Anschließung desselben, zum besonder« Antrag auf den bürgerlichen Rechtsweg verwiesen. (Manh. I.) — Die officiösc Karlsruher Zeitung enthält heute den folgenden gegen Pro fessor Stahl in Berlin gerichteten Artiktl: Die eben erschienene Schrift von Stahl wider Bunsen enthält eine Stelle, die es rechtfertigen wird, wenn ein badische« Blatt von ihr Notiz nimmt. Sic bezeichuet nämlich den Standpunkt, von dem au« die Buusen'sch« Schrift über di« deutschen uad preußischen Verhältnisse urthetle, al« den „badischen". Da Bussen selbst al» eine Art