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auf dem Zweige sitze*. „Und es soll Leute geben,* sagte er dann wohl mit bedenklichem Kopfschütteln, „die Stearin kerzen gebrauchen und dem Baum Lichthalter in den Stamm bohren. Die Welt ist voll Unvernunft, mein Sohnl" Schöne Dinge aus Schokolade und Zuckerwerk, blank- geriebene Aepfel, bunte Netze, Papierketten und Glaskugeln fanden eine luftige Wohnstatt in dem grünen Gezweig; auch Lametta rieselte in blinkenden Wellen hernieder. Gegen künstliche Blumen, gegen Watteschnee und Wachs engel aber hatte er eine große Abneigung, wie er auch das Auftreten des Weihnacktsmannes als eines Erschrecke!» und Belohners der Kinder nicht leiden mochte. Es schien ihm, als würde mit solch gewaltsamen Mitteln die zarte Phantasie der Kleinen vergewaltigt. Den Baum, zündete Seidel siets mit einem Lichte des Christbaumes vom vorigen Jahre an, und diesen Träger der heiligen Weihnachtsflamme bewahrte er Jahr für Jahr in einer Perlmutterschale auf. Während der Be scherung pflegte ein von ihm mit großer Sorgfalt zu- sammengestellter Iulklapp ins Zimmer zu fliegen, und wenn dann die Lichter allmählich verloschen, wenn schon im Nebenzimmer der Abendbrottisch gedeckt wurde, ging er mit den Kindern durch die Straßen, um fremde Weih nachtsbäume zu besehen. Dann hörte er zücht auf, die wunderbarsten Dinge zu erzählen, „bis wir, lautlos durch den Schnee stapfend, irgendwo einen Lichterschein auf blitzen sahen, und nun mit ihm stehenblieben und an der Freude unbekannter Leute, so gut wir es konnten, tiil- nahmen." Spariazistischer „Parlamentaris mus-. Man hatte geglaubt, das Versassungsleben Deutsch lands werde nunmehr in einigermaßen geregelte Bahnen kommen Nach den Siegen der Mehrdcitssozialisten, die allenthalben in Sachsen, in Anhalt, ja auch in Berlin zu verzeichnen waren, hatte man hoffen dürfen, daß der Einfluß der radikalen Gruppe im Schwinden sei. Und tatsächlich ist ihre Anhängerschaft so gering, daß es un verständlich ist, wie die große Masse der besonnenen ruhig gesinnten Mehrheitssozialisten sich länger diktato rische Gelüste der äußersten Linken gefallen lassen kann. Und es ist auch durchaus nicht die Zahl der Anhänger, mit denen Spartakus und die ihm nahestehenden Unabhängigen von der Couleur Ledebour und Adolf Hoffmann usw. imponieren können, sondern es ist lediglich die geschickte Inszenierung, mit der Liebknecht und seines gleichen arbeiten. Der neueste Streich war das Tohu wabohu, das sie in die Dienstagsitzung des Berliner Rätekongresses brachten. Nach dem Rezept des Herrn von Oldenburg erschienen plötzlich 10 Mann — nur der Leutnant fehlte — und brachten im Namen der Berliner Garnison eine Reihe von Forderungen vor, deren sofortige Annahme sie verlangten. Die weit überwiegende Mehr heit des Kongresses, und mit ihm auch Haase, erklärte, daß solch umfassende Wünsche, die eine völlige Umgestal tung der Heeresverfassung bedeuteten, einer gründlichen Durchberatung bedürften. Nur Herr Ledebour mar wieder anderer Ansicht, wieder schlug er wie ein Wahnsinniger aus den Tisch, erregte ein fürchterliches Durcheinander und erreichte schließlich nur, daß die Mehrheit protestierend den Saal verließ, woraus der Vorsitzende in dem fürchterlichen Tumult die Sitzuna schloß. So geht es nicht weiter! Diese Art von bvlschewiftff' e n Parlamentarismus is! unmöglich. Schon trist t cniiä st n '» alle Kennzeichen eines in völlige Zerrüttuna übergehenden Reiches. Vom Feinde besiegt und bezwungen, vor unerhört harten Friedensbedingungen stehend, geht es dmm die Schuld einer terroristischen Gvnppe, der keimrre hteu Widerstand zu leisten wagt, in politisch und wirtscha lliche Zersetzung über. Zu spät wird die Regierung, zu spät werden die umgarnten Massen merken, daß sie s e l b st am meisten unter der Ent - Wicklung leiden werden, die wir einschlagen. Noch ist es vielleicht Zeit, daß die Regierung die Zügel fester ergreift. Auch die sozialistische Regierung muß erkennen, daß ohne eine gewisse Straffheit, ohne eine gewisse Härte in der Welt keine Organisation aufgebaut werden kann. Gewiß steht ihr die eigene sozialistische Vergangenheit vielfach hindernd im Wege. Allzusehr ist vielfach von feiten des Sozialismus gegen jedes feste Rückgrat im Staats- und Gesellscha'tslebeu nngekämpst worden. Aber inzwischen hat man selbst die Herrschaft ergriffen und bat erkennen müssen, daß nicht alles so geht, wie man es sich vorher gedacht hatte. Wer sich auf die bloße Einsicht breite st er Schichten verläßt, wird erfahren müssen, daß aus der ungeschul ten vonSchlagworten leicht betörten Masse Strömungen herauswachsen können, die energischer Gegenwehr bedürfen, falls nicht alles drunter und drüber gehen soll. In einer Zeit, da alle Autorität verloren geht, da der Uebermut radikaler Gruppen selbst die Vertrauensmänner der Masse, die Gewerkschaftsführer, ja die A.- und S.- Räte über den Haufen zu rennen droht, La muß auch eine sozialistische Regierung erkennen, daß alles seine Grenzen har, daß der Uebermut zügelloser Agitatoren ge dämpft werden muß. Und wenn Herr Barth, der sonst in der Regierung manche Einsicht gewonnen hat, die Konsequenzen seiner Einsicht nicht ziehen wich so wird man sich von ihm trennen müssen. Bor allein muß Sorge getragen werden, daß der neu entstehende Parlamentarismus sich ruhig entwickeln kann. Es ist unglaublich, daß dieses Borparlament, das nur aus Vertrauensleuten der Ar beiter und Soldaten besteht, das, nach den Wünschen der Epartakusleute unmittelbar aus Betriebswahlen heroor- gegangen ish selbst ein im eigentlichen Sinne proletarisches Vorparlament ist, nicht ruhig funktionieren kann. Es scheint fast, als ob es nicht möglich ist, den Parlamen tarismus der deutjchen Politik in Berlin tagen zu lassen. Luch derjenige, der die enormen Schäden sieht, die ent stehen, wenn der Schwerpunkt des Deutschen Reiches mm Berlin fortrückt, auch derjenige wird allmählich zweifelhaft, ob Berlin der geeignete Ort ist, wo Räte kongresse und Nationalversammlung tagen können. Ganz ernsthaft wird die Frage akut, ob für diese Tagungen nicht ein anderer Platz geeigneter wäre, schon haben sich Nürnberg, Kassel, Erfurt und andere Plätze erboten, die Nationalversamm lung aufzunehmen, und es ist kein Zweifel, daß sie dort eine weniger sturmbewegte Stätte finden wird, als in dem von bolschewistischen Umtrieben unterminierten Berlin. Es blrikt abzumarten. roie der Rütekongretz aus» laufen wird, vielleicht, daß er leihst, .aememlam mit der Regierung, sich gegen das wahnwitzige Treiben der Lieb knecht-Gruppe ermanne» und dafür sorgen wirb, daß seine Beratungen in Ruhe und Frieden zu Ende gehen. S,. kann es jedenfalls nicht weitergehen! Aus Grob Berlin. -st Eine dankenswerte ärztliche Kundgebung. In einer Versammlung der mehr als FOOO Mitglieder um- fassenden ärztlichen Vereine Groß-Berlins wurde eine Erklärung angenommen, in der es i.eißt, daß die Ausführungen erster Kapazitäten, wie der Professoren Rubner, Kraus, Czerny, Geheimrat Dr. Hames, Stadt medizinalrat Weber und Professor L. Kuttner die Er fahrungen der praktische» Aerzte über die z u » e h m e n o e Verschlechterung unserer Ernährungs- Verhältnisse bestätigen. Unter dem Hinweis, daß unsere Nahrungsmittelvorcate binnen kurzem erschöpft sein werden, daß die Volksgesundheit wäh rend der 4'U jährigen Blockade Deutsch lands schwer beeinträchtigt worden ist und die Sterblichkeit um ein Drittel, bei Kindern zwischen 1 und 15 Jahren um die Hälfte und bei Tuberkulose in den Städten sogar um das Doppelte zugenommen hat, daß ferner die mit der Erfüllung der Waffenstillftandsw Rn- gungen weiter beoorst henden Einbußen unserer Ernäh rung eine allge m eine Hungersnot in kurzer Zeit herausbeschwören werden, wird an die Regierung die dringende Forderung gerichtet, mit allen Mitteln du ordnungsmäßige Erfassung und Verteilung der in Deutschland vorhande nen Lebensmittel durchzuführe». Es wird die Hoffnung ausgesprochen, daß die feindlichen Negierungen ibren in letzter Stunde bekundeten Willen betreffend Zu fuhr von Lebensmitteln nach Deutschland rechtzeitig und ausrei chend erfüllen werden. Es heißt zum Schluß: Wir bitten nicht um Gnade, wir wenden uns an das Gewissen derjenigen Männer der feindlichen Völker, in deren Brust die Stimme der Menschlichkeit und das Bewußtsein der Verantwortung vor beni Urteil der Geschichte nicht erstickt ist. 4- Einzug der Märker in veriin. Die 5. I n - fanterie-Division unter General Johow zog am Donnerstag über Schöneberg in Berlin ein. Rathe» nower Husaren ritten voraus, dann kamen die Frank furter Grenadiere, die Kottbusser und andere märkische Garnisonen. . Den Empfang auf dem Pariser Platz leitete der Gesang Berliner Schulkinder ein, die das - „Gott grüße Dich" und „In der Heimat gibt's ein Wieder sehen" anstimmten. Kriegs Minister v. S ch e ü ch begrüßte den Kommandierenden General des Brandenburgischen Hl. Armeekorps, General Frhrn. v. Lüttwitz, und dann die 5. Division. Er sagte u. a.: „Aeiht Euch entichlossen ein in die Reihen der arbeitenden Bürgerschaft, die die Stütze sein muß für die Ordnung, für unsere regierenden Männer. Darum mit Herz und Hand fürs Vaterland!" Oberbürgermeister Domini us-Schöneverg hieß die Truppen im Namen von Groß-Berlin in der Hauptstadt ihrer Heimatprovinz willkommen. Der Redner schloß mit einem Hoch auf das deulswe, große, einüeituche Vater land. Die Munk spielte „Stimmt 0N Mit Hellem, hohe» Klang". Alt die Mehrenden Krieger! Die langersehnte Heimkehr ist eingetreten. Zwar kommt Ihr nicht als Sieger wieder, Eure Waffenehre, Euer Waffen ruhm aber sind unbefleckt und werden in der Geschichte unauslöschlich bleiben. Voll dankbarer Freude grüßt Euch die Heimat, die äußerlich zwar noch immer das traute Gesicht, innerlich aber so manche Veränderung erfahren hat. Mag der Ausblick in die Zukunft gegenwärtig auch nicht gerade ermutigend sein, mag das Gedenken an Ge fallene, an noch leidende Kameraden manche schmerzliche Empfindung bei der Rückkehr in Euch auslösen : Die Hoffnung auf ein baldiges Wiedererstehen der Heimat, auf Zeiten, die die trüben Stunden der Kriegsjahre ver gessen machen, kann und soll Euch bleiben. An Eurer Mitarbeit wird es gelegen sein, Ruhe und Ordnung im Innern aufrecht zu erhalten, die Erschwernisse nach außen recht bald abzutun und die weitere wie die engere Hei mat wieder zu dem werden zu lassen, was sie Euch vor dem Kriege gewesen ist. Voll Dankbarkeit rufen wir Euch „Herzlich willkommen" zu. Voll Dankbarkeit werden wir jederzeit der Opfer gedenken, die Ihr für die Daheimgebliebenen gebracht habt. Möget Ihr Euch recht bald heimisch fühlen unter uns! Möge Euch Glück und Wohlergehen ein reicher Vergelter sein für das Ausgestandene. Für die Einwohnerschaft zu Rabenau: Meier, Bürgermeister. 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