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Rabenauer Anzeiger : 24.12.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-12-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191812245
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19181224
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19181224
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-12
- Tag 1918-12-24
-
Monat
1918-12
-
Jahr
1918
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Beilage zum Rabenauer Anzeiger Ammer 1S2. AM D-»d-n 2lA M«tG kl A. Dezemder ML A°,-,g« A. MgW. Vie Weihnachtsreise. Welhnachtsnovelle von Fritz Molitor. (Nachdruck verbaten.) schneite es ununterbrochen, und ein frischer MW» Südostwind trieb die Schneeflocken in eiliger Jagd vor sich her. Hier drinnen aber, im mollig durch- wärmten und stattlich eingerichteten Konto.zimmer ** " der Großfirma Haßbach L Söhne, war es äußerst gemütlich. Trotzdem schickten sich die beiden hier arbeiten den Beamten, der Prokurist Ernst Eschenbach und der erste Buchhalter Werner Hertling, an, Feierabend zu machen; denn eben hatte die große altertümliche Kontor uhr die sechste Tagesstunde verkündet. Eins der großen Geschäftsbücher nach dem andern wurde zugetlappt* und dem gewaltigen diebes- und feuersicheren Kassenschrank gemächlich anvertraut. Plötzlich unterbrach der jüngere Buchhalter die Stille mit einer Frage: »Sagen Sie mal, liebster Eschenbach, in welchem Alter zieht eigentlich nach Ihrer Meinung ein männlicher Mensch endgültig die Kinderschuhe aus? Während fast des ganzen Jahres bin ich der Meinung, daß ich damit bei meinen wohlgezählten 35 Lebensjahren so ziemlich zu stande gekommen bin, aber immer, wenn das Weih- nachtsfest in die Nähe rückt, muß ich bemerken, daß ich doch noch mitten drinstecke. Dann ergreift mich eine Stimmung, eine Sehnsucht nach etwas Unbestimmbarem, Großem, etwa so, wie es in meinen Knabenjahren der Fall war. Nur mit dem Unterschiede, daß dies Gefühl damals, solange meine lieben Eltern lebten, meist be gründet war, während es jetzt, da ich so ganz allein in der Welt dastehe, doch völlig überflüssig ist. Es ist etwas ganz Eigenartiges mit diesem meinem Zustand! Eine Ausnahme machten lediglich die drei Weibnacbtsfeste, die ich im Felde erlebte. Waren das stets schöne Tage! Ein Kamerad suchte da dem anderen das Leben so angenehm wie möglich zu gestalten. Einer teilte mit dem anderen, was liebe Hände aus der Heimat ihm zugelandt halten. Kurz, wir betrachteten uns als eine einzige große Familie. Aus diesem Grunde werde ich immer gern an die schöne Zeit zurückdenken, trotz ihrer Kriegsschrecken. Lange Zeit zürnte ich gar der Englänüerkuge'l, daß sie micb zwang, vorzeitig wieder auf dem Bureausessel Zuflucht zu suchen." „Lieber Kollege Hertling," antwortete der Gelragle, „das Leid, das Sie mir da klagen, habe ich in früheren Jahren selbst zur Genüge durchgekostet. Ich entsinne mich noch genau, wie ich als Junggeselle am Heiligen Abend aus einem Lokal in das andere wanderte, in der Hoff nung, irgendwo einen der Bekannten zu treffen. Aber überall war es wüste und leer. Das Weihnachtsfelt ist eben ein Familienfest, drum verlebt jeder, der Familien anschluß hat, und wäre er sonst der trinkfesteste Kneipen bürger, an ihm feine Zci« l» t-r. Aumillr uno uoeria^i die weniger begünstigten Freunde dem Trübsinn und der Einsamkeit. Nein, nein, lieber Freund, mit den Kinder- schuhen hat Ihr Zustand nicht das mindeste zu tunl Sie sehnen sich einfach nach einer harmonischen, gemütlichen deutschen Häuslichkeit, wie sie Ihnen einst das Elternhaus bot. Da liegt der Hase im Pfeffer! Drum geht mein Rat dahin: Sehen Sie sich mal um unter den Töchtern des Landes, heiraten Sie, und Sie werden dann mit Staunen erleben, daß Ihr bisher ungestilltes Sehnen Be friedigung findet: wenn anders es Ihnen natürlich ge lingt, die Richtige zu entdecken!" „Da mögen Sie wirtlich nicht ganz unrecht haben, lieber Eschenbach," erwiderte Hertling, „habe selbst schon Aehnliches gedacht. Sogar Geld habe ich mir die An gelegenheit bereits kosten lassen. Denken Sie, volle 3 M. 50 Pf. habe ich angewendet, um zu erfahren, welche weiblichen Wesen man heiraten oder nicht heiraten soll! Ein Schriftsteller hat sich nämlich der Mühe unterzogen, das zu untersuchen und hat ein ganzes Buch über die Frage geschrieben. Er ist dabei so gründlich zu Werke gegangen, daß nach meiner Ausfassung überhaupt keine Frau als empfehlenswerte Heiratskandidatin übrigbleibt. Wollte man ihm glauben, dann mühte man fast alle» Damen in großem Bogen aus dem Wege gehen. Im übrigen aber erging es mir nach der Lektüre des Buches genau wie dem guten Dr. Faust, nachdem er das , Wissensquantum aller vier Fakultäten durchstudiert hatte: >Da steh' ich nun, ich armer Tor! Und bin so klug als wie zuvor.'" Lachend meinte der Prokurist: „Das muß ja ein vor treffliches Buch fein! Möchte beinahe selbst noch nach träglich darin nachlesen, ob ich eigentlich meine Frau hätte heiraten dürfen oder nicht. Na, ich hoffe aber, wenn Sie mal ernstlich an die Wahl einer Lebensgefährtin denken sollten, daß Sie sich weniger an die Theorie dieses Buches halten, als an die praktische Ueberzeugung, die Ihnen Ihre Augen, Ihr Verstand und vor allem Ihr Herz beibringen werden. In demselben Faust, den Sie eben zitierten, stehen nämlich auch die schönen Worte: ,Grau, teurer Freund, ist alle Theorie, Und grün des Lebens voller Baum.' Uebrigens, lieber Hertling, möchte ich Ihnen einen wohlgemeinten Vorschlag machen. Da man Ihnen nicht gut zumuten kann, daß Sie sich in den vier Tagen bis zum Fest schnell noch einen Hausstand gründen, so möchte ich Sie einladen, den Heiligen Abend mit uns zu verleben. Eie wissen ja, große Gastereien kann es bei der herrschenden Kriegsknappheit nicht geben, aber eine bescheidene Mahl- zeit wird für einen lieben Gast schon abfallen, und im übrigen weiß meine kleine Frau so viel Gemütlichkeit und Frohsinn um sich zu verbreiten, daß ich und die Kinder auch davon ganz gern einem Darl^nden etwas abtreten können. Nun was meinen Sie?" „Liebster Eschenbach! Ihr Anerbieten ist geradezu großartig und zeugt von einer Selbstlosigkeit,» die kaum noch überboten werden kann. Ich danke Ihnen dafür von ganzem Herzen. » Aber annehmen kann ich es unter keinen Umständen. Nein, nein, reden Sie mir nicht dazwischen das weiß ich nun besser I An jedem anderen Tage würd« ich Ihre Einladung mit Dank annehmen, aber am Weih i s nachtsabekrd soll sich kein Unbeteiligter in eine Familie einörängenl Trotz besten Willens würden wir uns alle beengt fühlen, Sie als Gastgeber und ich als Gast, am meisten aber Ihre Kinder. Also nichts für ungut! Uebrigens habe ich meinen Entschluß, wie und wo ich die Feiertage»diesmal verleben will, schon »seit heute nach mittag gefaßt. Daß ich nicht hier in der öden Großstadt bleiben würde, stand schon längst bei mir fest, als ich nun aber heute die Schneeflocken so lustig tanzen sah, entstand unwillkürlich der Gedanke, meinen Rodelschlitten wiedei einmal mobil zu machen und mit ihm ins bayrische Hoch gebirge zu reisen. Werde das Rodeln ja wohl während des Krieges nicht ganz verlernt haben. Zwar sehen die Herren Bajuvaren uns Preußen zurzeit nicht gern kommen, aber da ich keinerlei Hamsterabsichten mitnehmen werde, dulden sie mich doch vielleicht die paar Tage in ihrem schönen Lande." , Mit der raschen Entschlossenheit, die ihm in allen Dingen eigen war, hatte Hertling seine Absicht, eine Rodel partie zu unternehmen, ausgeführt. In der Gegend von Partenkirchen batt - er sich häuslich niedergelassen und lag nun mit unermüdlia-er Ausdauer der Rodelei ob. Wieder stand er auf bei Höhe des Startplätze;» und musterte die Leutchen alle, die gleich ihm aus der Enge der Städte in die herrliche Freiheit des Gebirges geflüchtet waren. Plötz lich stutzte er. Eine stattliche Blondine in schmuckem Sport kostüm trat soeben mit ihrem Schlitten auf den Rodel Leberecht Hühnchens Weihnachten. Unter den Dichter», die den Schönheits- und Stim mungsgehalt unserer deutschen Weihnachtsfeier am reinsten ousgeschöpft haben, stobt neben Theodor Storm Hein rich Seidel, der Schöpfer des unsterblichen „Leberecht Hühnchen", dieses Urbildes der Bescheidenheit und Zu friedenheit, an erster Stelle. Wolfgang H. Seidel erklärt in seiner schönen Biographie seines Vaters dieses Vor walten der Weihnachtsstimmung in seinen Schriften mit Recht daraus, daß diese Weihnachtsstimmung die Grund- siimmung seines ganzen Lebens war. Wie sein Leberecht Hühnchen, in dem der Di nter sich selbst gezeichnet, suchte und fand er ja auch in den Dunkelheiten des Daseins stets den freudigen Lichtschimmer der Hoffnung, und die höchst« Aufgabe seines Ledens und seiner Kunst war es ihm, die Lichtkräste des Guten zu offenbaren und die Niedrigkeit der Welt durch Liebe zu überwinden. Den Winterfrühling hat er das Weihnachtsfest ein mal genannt, das Fest, an dem wieder aufleuchtet an Güte des Herzens und Freude der Seele, was vielleicht längst erloschen schien. „Ich ging nach Licht und nicht nach Brot", dies Wort eines seiner Briefe war ein Motto seiner Lebenswanderung, und wo hätte er da lieber halt machen können im Kreislauf des Jahres, als an dem Tage, da das Licht der Welt zu uns gekommen ist. Der Schmuck des Weihnachtsbaumes wie das An zünden der Lichte war Seidels ureigentümliches Haus- uaterrecht, das ihm kein anderes Mitglied der Famlie streitig machen durfte, und wenn et einmal gesagt hat, daß jeder Mensch den eigenen Christbaumfürden schönstenaufder ganzen Welt halte, somachte er jedenfalls von dieser Regel keine Ausnahme. Beim Schmücken hatte er seine besonderen Grundsätze, von denen er nie abging. Die Lichte mußten ans reinem Bienenwachs bestehen: mit Verachtung sprach er von dem bleichen Kunstwachs, das nach 5 Minuten kein Rückgrat mehr habe und „wie ein betrunkener Jockey platz. Täuschten ilm seine Augen? Aber nein, dos konnte ja nicht sein! Und ohne sich lange zu besinnen, trat Werner Hertling auf die Dame zu und begrüßte sie in ritterlicher Weise: „Schwester Irmgard, Sie hier? Das ist ja für mich ein gänzlich unverdientes Glück! Welcher urvernünstige Zufall hat Sie gerade in diesen Tagen hier her geführt?" Ein flüchtiges Rot huschte über die hübschen Züge der Dame, und lachend erwiderte sie: „Der Herr Ober leutnant scheinen sich ja beinahe zu freuen, mich wieder zusehen. Das hätte ich kaum erwartet. Seinerzeit im Lazarett war ich Ihne» ja ziemlich gleichgültig!" „O, da sind Sie aber in einem furchtbaren Irrtum befangen, Schwester Irmgard! Nur müde, furchtbar müde war ich damals infolge des starken Blutverlustes: aber von Herzen dankbar gewesen b n ich Ihnen immer für Ihre aufmerksame Pflege, un recht unglücklich war ich, daß man mich schlafend im Nronsportiert hatte aus der Etappe in ein Heimatlazareck. ime daß ich Ihnen zum «hieb die Hand drücken durste. Als es mir dann besser Denkspruch. E« wohnt ein Gott hoch über unserm Kreise, Ein Gott der Huld, ein starker Gott der Macht. Mag wunderbar das dunkle Schicksal walten, Er wird cs hell und freundlich einst entfalten) denn er ist Sott, und unten wohnt die stacht. E. Schulze. ging, habe ich Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um Ihren Aufenthaltsort zu erfahren. Leider vergebens. Man teilte mir nur mit, daß Sie selbst erkrankt seien und auf ärztlichen Rat Ihren freiwillig übernommenen Pflegerinnen beruf aufgegeben hätten. Durch den Waffenstillstand usw. habe man Sie dann völlig aus den Augen verloren. Damit mußte ich mich notgedrungen vorläufig zufrieden geben." „Na ia, Herr Oberleutnant, da hat man wie ia so ziemlich richtig unterrichtet. Ich bekam in der Tat infolge von Ueberanstrengung eine Art leichten Nervenfiebers, von dem ich im Hause meiner Eltern kuriert wurde. Nun bin ich seit 14 Tagen hier zur Nachkur und habe mich bereits prächtig erholt. Finden Sie nicht, Herr Ober leutnant ?" „Das muß Ihnen selbst der Neid zugestehen, ver- ehrteste Schwesterl Augenblicklich würde Ihnen bei Ihrem blühenden Aussehen kaum jemand anmerken, daß Sie vor kurzem erst eine schwere Krankheit überstanden haben. Uebrigens mit dem Oberleutnant ist's bei mir nun wieder vorbei, habe ihn wegen der Verstümmelung meines linken Armes an den Nagel hängen müssen und bin nun wieder einfacher Kaufmann. Aber etwas soldatischen Offensiv geist habe ich mir doch hinübergerettet in das Zivilleben. Schwester Irmgard, seit Monaten trage ich Ihr Bild in meinem Herzen als das der liebenswertesten Dame, die ich je kennen lernte, und gerade während der letzten Tage habe ich in beinahe hoffnungsloser Sehnsucht Ihrer ge dacht! Würden Sie wohl bereit sein, mir Ihre Hand fürs ganze Leben anzuoertrauen?" Unbemerkt waren beide während ihrer Unterhaltung weitergewandert hinein in den einsamen, dichtbeschneiten Wald, und die Antwort, die Werner Hertling hier auf seine Frage erhielt, schien ihn doch überzeugt zu haben, daß er keine Fehlbitte getan Katte: denn noch am selben Abend schrieb er an seinen Freund Eschenbach: „Lielffter Freund! Sie bezweifelten kürzlich, daß ich mir noch bis zum Feste würde einen eigenen Hausstand gründen können. Nun, das ist mir ja auch nicht gelungen, aber den Grund dazu habe ich nun doch gelegt, und Sie sollen jetzt der erste sei», der erfährt, daß ich mich soeben mit Fräulein Irmgard Rother verlobt habe. Sie erwarten jetzt gewiß nicht eine langatmige Epistel mit allen Einzelheiten. Was zu erzählen ist, wird sich in einigen Tagen mündlich viel besser erledigen lassen. Vorläufig genüge Ihnen, daß es mir — mulour mwanlli» — ergeht wie meinem Namens vetter, dem Trompeter von Säckingen: ,Iung Werner ist der glückseligste Mann Im Deutschen Reiche geworden; Doch wer sein Glück ihm angetan, Das sagt er nicht mit Worten, Dar sagt er nur mit Hei, Juchhei, Im Dezember liebt sich's so gut wie im Mak, Femslieb, ich tu' Dich grüßen!' Mit herzlichsten Grüßen an Sie und die Ihrigen Ihr Werner Hertling." ********4***4***************4* Ruhmvolles Deutschland! Nach en-losem Ringen Ehrenvoll «nüet's -ie nutzlose Schlacht/ Unbesiegt, vom Kreun- verraten, Brach'- durch Uebermacht. Tiber auch so gilt's nimmer zu bangen, Hilse in Nöten war oftmals schon nah', Ueberspannte Bögen brachen, Eh' man sich's versah! Weihnacht, du holde beglückende Habe, Einstmals verliehen der staunenden Welt, Kuch in unsere Not bring wieder heil vom Himmelszelt! Martin Kemnitz. Weihnachtszuversicht! Nusten-e Tannen un- leuchtende Kerzen Grüßen die liebliche Weihnachtszeit, Un- au« Kin-eraugen sprühen Lust un- Seligkeit. Ghne viel Fagen un- ohne viel Sorgen wegen Ser Feiten ver-rießlicher Muh' Kühren sie ihr junges Leben: wer-et -och wie sie! Weihnacht, -u hol-e beglücken-e Gabe, Einstens verliehen -er staunen-en Welt, Bring auch -ieses Fahr uns wie-er heil vom Himmelszelt!
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