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Aufbauen. Erzählung von Olga Zieler. , (Nachdruck verboten^ s l. »Du bist verstimmt, Elsa, ist wieder eine der mensch lichen Unvollkommenheiten daran schuld?" „Sie sind allerdings nicht zu knapp heute! Ich kann mich jeden Tag aufs neue darüber ärgern, daß in den bessergestellten Familien überflüssige Möbelstücke die Räume beengen, wahrend Kriegsgetrnute vergebens nach den not wendigsten Dingen zur Einrichtung fahnden. Und ist es ferner nicht unv rzeihiich, daß t ei uns ein Zimmer leer steht und Mutter jeden glatt abweist, der hier eine Sommer- frische finden möchte? Du hast doch wenigstens Ferien kinder bei dir!" „Du mutzt die Gesüble der alten Dame schonen. Der Schmerz um den gefallenen einzigen Sohn ist noch zu frisch, und sie mag eben niemand in der Stube wissen, wo er jahrelang gewohnt und gearbeitet hat. Das kann ich sehr wohl verstehen!" „Du bist eben feinfühliger als ich, Grete; zudem glaube ich. das Andenken meines Bruders gar nicht besser ehren zu können, als wenn ich das, was er besaß, andern zur Verfügung stelle, denen damit besonders gedient ist. Nach meinem Empsuden sollte i» solch schrecklicher Zeit, wie der unsrigen, auch die Trauer in gewissem Sinne fruchtbringend sein." „Als du aber meine anskeimende Neigung zu Berg mann spürtest, schienst du verletzt zu sein, daß ich den Verlust meines Verlobten schon überwunden habe, der sein junges Leben im ersten Gefecht dieses Krieges lasse» mußte." „Nicht verletzt, sondern besorgt war ich, und das lag nur an der Bewertung von Bergmann, der nichts wie Haß und Verachtung gegen die andern Völker im Munde hatte und förmlich schadenfroh von jedem neuen Zer störungswerk sprach. Uebriaens betonte er Mutter gegen- über auch ost, daß du als alleinstehende Erbin eines an sehnlichen Geweses eine gute Partie seist, was mich vollends gegen ihn einnahm." Grete zog unmutig die Augenbrauen zusammen und schwieg, während sie mit der jugendlichen Freundin und Nachbarin von Groß-Borstel nach Hamburg wanderte, wo beide ehrenamtlich in einer Kriegsküche arbeiteten. II. Am folgenden Sonntag durchstreifte Else schon in frühester Morgenstunde das Moor. Sie lieble es, allein in der Natur zu sein und, beobachtend ihre Schönheiten auf sich einwirken zu lassen. Plötzlich tauchte am Hügel ein Herr auf, der in einem Krankenwägelchen subr, das er selbst regierte, indem er, wie beim Rudern, die Hebel links und rechts bewegte. Er machte gerade halt, um geschickt mit seinem Stocke Ginster herbeizuziehen und es mit einem Messer abzuschneiüen. Dabei fiel ein Busch der leuchtend-gelben Blume», die flyon auf seiner Decke lagen, unter den Wagen, was er aber nicht merlte. Else lief herbei, hob den Ginster auf und reichte ihn dem Herrn hin. Er dankte höflich, militärisch grüßend, und lächelnd sagte er: „Nun verrate ich mich doch als Kriegs- invalide, obschon ich absichtlich die Uni'vrm heute av- legte." Als Else ihn fragend anjchaute, wobei ihr Blick unwillkürlich das Abzeichen des Eiserren Kreuzes l. Klasse an seiner Brust streifte, fuhr er fort: „Ick, bin hier näm lich auf der Suche nach einer Sommerfrische und wollte niemand durch Mitleid schlagen. Ich dachte es mir gar nicht so schwer, in dem schöngelegenen Hamburg eine Er holungsstätte im Freien zu finden, wie ich von Kameraden gehört habe." „Gestatten Sie mir, als einer Eingeborenen in Groß- Borstel, Ihnen hierbei behilflich zu sein! Vielleicht mögen Sie hier am Hügel noch verweilen, dann bringe ich Ihnen Bescheid." Wiederum grüßte er militärisch verbindlich, ohne viel zu danken oder höfliche Redensarten zu machen. Mit allen Wegen genau vertraut, wühlte Else einen kleinen zwischen den Hecken, der sie in wenigen Minuten nach ihrem Hause führte. Di« Mutter saß im Garten und pahlte Erbsen, als ft« rasch a t sie zutrat und sprach: „Mutting, ich will dich um die l rMubnis bitten, mein Zimmer au einen Er holungsbedürftigen zu vermieten!" — „Und du?" fragte dir Mului. „Ich zieh in Fritzens oben herauf, daun host du lernen Fremden darin, und diesen, ist eine Woh- »ung zu ebener Erde noch besonders willkommen!" „Du willst doch keinen Krüppel ins Haus bringen? Soviel Rücksicht erwarte ich von dir!" „Und ich erwarte von der Mutter eines gefallenen Helden, daß sie seine Kameraden freundlich aufnimmt, eingedenk dessen, was sie alle iür uns opfern, damit wir den Feind nicht im Lande und unsere Grenzen geschützt sehen!" „Wenn's nach deinem großzügigen Sinn ginge, Else, dann hausten wir beide schon in der Küche!" „Und wenn schon, immer besser, als im Schützen graben!" — Erregt schickte das junge Mädchen sich an, fortzugehen und weiter zu suchen, als die Mutter sich besann und ge lassen sprach: „Jedenfalls müßte man doch wissen, wen man als Hausgenossen bekommt!" „Der Meinung bin ich auch, Mutting, und darüber sollst du genügend Auskunft haben." IN. Die alte und junge Nachbarin saßen handarbeitend im Garten der erstern, die behaglich sprach: „Diesmal tut e« mir nun gar nicht leid, meinem Hitzkopf Else Folge gelastet zu haben. Der Architekt ist wirklich ein ungemein kluger und feiner junger Mann. Auch sein Freund und Landsmann, früherer Oberinspektor auf einem bayerischen Großgrundbesitz ist ei» a»ge,,ehmer Gesellschafter. Beide lagen zusammen im Lazarett und bereiten anscheinend ein gemeinsames luneruebmeu vor. Sie sind immer mit d«r Sammlung und Untersuchung von Pflanzen und Kräutern beschäftigt. — Sie trafen, glaube ich, mit dem Oberinspektor bei uns noch gar nicht zusammen, Grete?" Lachend erwiderte letztere: „Ich habe ihn zuerst kennen gelernt, denn er trat versehentlich in meinen Park, als er feinem Freund den ersten Besuch machen wollte. Und wissen Sie, was er am meisten bei mir bewunderte — die Resseln, die um den See flehen! „Sie ahnen gar nlch^ mein Fräulein, was Sie da für einen Schatz haben!" — sagt« er, und jedesmal wenn er wiederkommt, lenkt er fein« Schritte unwillkürlich nach dem See »der »ielweh» »ach Hs« Nessel«." — „Wie schade, daß der hübsche Mensch seinen linken Arm im Felde verloren hat !" bemerkte Elses Muttec sinnend. Grete schien es zu überhören und schaute ge spannt nach der Gartenpforte, der sich langsam.beide Freunde näherten, denn der Architekt hatte sich auf dem Laude schon so weit erholt, daß er, auf zwei Stöcke ge stützt, gehen konnte. Unbemerkt kam zu gleicher Zeit Else vom Hofe, einen stattlichen Blockwagen hinter sich ziehend, der über und über mit Ginster, Schilf und Nesseln be laden war. Kopfschüttelnd rief die Mutter ihr zu: „Du bringst aber einen anmutigen Blumenschmuck ins Haus!" und sie erwiderte in heiterstem Tone: „Einen besseren wünschen sich unsere Gäste sicher nicht!" — Ihr beipflichtend, rief der Architekt verwundert aus: „Sie haben entschieden eine Entdeckernatur. Wir beide suchten vergebens solche Prachtexemplare von lang stieligen Nesseln!" Die Hausfrau konnte sich eines spötti schen' Lächelns nicht erwehren und meinte: „Heutzutage wird ja alles gesammelt und geborgen, was sonst ver ächtlich weggeworfen und gar nicht beachtet wurde." Ernst bemerkte hierzu der Architekt, während alle An wesenden am gedeckten Kaffeetisch im Garten Platz nah men: „Vielleicht ist das, was Sie rügen, gnädige Frau, gerade das Beste, was dieser schreckliche Krieg uns ge brach: hat. Wir sind durch die Nöte, die er herausbe- schworeu, erst zu der Erkenntnis gelangt, daß es nicht genügt, draußen Siege davonzutragen, sondern daß wir auch daheim siegreich die Nöte zu überwinden haben." Ergänzend sagte der Oberinspektor, der sich wie selbstver ständlich neben Grete gesetzt hatte: „Unser Uebermut und unsere Bequemlichkeit ging soweit, daß wir unzählige Millionen dem Auslande zuführten, um nur nicht den eigenen Besitz mühsam verwerten zu sollen. Das ist eines Kulturvolkes unwürdig, und wir können die Unterlassungs sünden nur gutmachen, wenn wir alle bemüh: sind, unser Wirtschaftsleben vernunftgemäß wieder au zubauen." — „In bezug auf Kleiduugsmaterial war es doch aber ganz prakiisch, daß unsere deutschen Fabriken sich den fertigen Rohstoff, wie Baumwolle, Wolle und dergl. mehr, verhältnismäßig billig von auswärts kommen ließen," unterbrach ihn die alte Dame, die einen allgemeinen Widerspruch l erausgefordert zu haben schien; denn Else und Grete schüttelten verneinend das Haupt, die Hciren lächelten mitleidig, und der Architekt sagte ruhig, aber ent schieden : „Es war ein großer Fehler, daß wir uns mit un- eiubehriichen Rohstoffen so völlig abhängig vom Aus land machten, und dieser Fehler rächt sich je.ft dadurch, daß wir weit größeren Hemmungen in der Bekleidungs- na e, als in der Ernährungsfrage ausgesetzt sein kö-nen. Sie, gnädige Frau, entsinnen sich wohl noch oer Z ir, da der Wäscheschrank im deutschen Famüienhause Restel- gewebe barg, die weiß, weich und unverwüstlich haftbar waren." „Ganz richtig, mir fällt sogar ein, daß ich noch emigcs an Nesselgeweben von meiner Mutter besitze!" war üie Antwort. „Sehen Sie I Und nun vexgegenwärtigen mir un-- einmal, daß plötzlich eigene deutsche Wevstosse aus Ginster, aus Schis und namentlich aus der Nesseftafer entflohen und uns von der Gefahr der Entblößung befreien!" „Begeisternd, herrlich!" riefen die Damen wie im Ehor aus und baten nacheinander, des näheren den Werdegang des neuen Gewebes klarzustellen. „Die Hauptsache ist die," Hub der Architekt an, ,dah die Nesseln, als die wertvollsten der genannten Kräutcr, fleißig gesammelt werden." „Und das ist gar nicht schwer. Ich tat es mit papier- bcunckeltsu, und dann sogar mit bloßen Fingern. Man muß nur den Griff erst heraushaben, geradeso, wie beim Pslüneu von Rosen oder von Stachelbeeren," sagte Elfe. Der Architekt, der immer wie zu ihr zu sprechen schien, nickte ihr beifällig zu und setzte dann deutlich aus einander, wie Reiseln auch mit einer Drahtschiinge zu fasten und von Kindern bequem zu sammeln find, und wie dann die vorirepliche, von jeher in Ehiua, in Indien, in Deutschland und in Frankreich, namentlich iu der Picardie geschützte Resjclsaser durch einen chemischen Prozeß sich in Nesteituch oüer Leinewand verwandeln wird. „Ünö an Nesseln kann es uns gar nicht fehlen, wenn wir erst all das Moor- und Oedland zur Anpflanzung derselben yusuutzeii, wie ich zu meiner Freude eijuhr. Ich finde diese Kulturarbeit so hoffnungsvoll, so auf richtend unter dem Drucke der Verhältnisse, daß ich mich ihr völlig zu widmen imstande wäre," sagte Else leuch tenden Blickes. — „Zur Strafe, daß du mich nicht früher in dieses ver heißungsvolle Unternehmen eingeweiht hast, sollst du meine ganze Feiienkolouie zum Nefselsammeln hinaus führen," sagte Grete neckisch, woraus Else mit einer launigen Anspielung erwiderte: „Ich vermutete, daß der Herr Oberinspektor dich zur Nestettiebe erziehen und da- mit eine neue Eroberung machen würde!" Grete schlug errötend die 'Augen nieder, doch stellte sich bald wieder ihr Humor ein, und die Freundin schelmisch an- blickend, sprach sie: „Der Mangel an Aussteuer fällt somit als Hindernis für KriegstrauuttgeN demnächst weg!" „Die jungen Damen können sogar schon Aussteuer zu nähen anfan-. en, denn als Lohn für zehn Kilo trockener Nesselstengel gibt es einen Wickel Nesselgarn!" bemerkte der Overmspektor vergnügt und setzte dann noch sachlich hinzu: „Es ist die vaterländische Pflicht von groß und klein, das Sammeln und Enuicser» der Nesseln zu fördern, die in Mengen wild wachsen und uns den ersehnten Baumwollersatz leicht schaffen können." „Und obendrein gilt es, wie ich einsehe, ein fried liches, segensreiches Werk in die Wege zu leiten, das end lich wieder die Schaffens- und Lebensfreude zu wecken vermag!" sprach die Haussrau, die zum erstenmal im Trauerjahre in eine angeregte Stimmung geraten war und, wie erlöst, tief aufatmete. —— Vermischtes. Alexanders Großmutter. Eine interessante philologische Kuriosität teilt W. R. Paton dem Atheuaeum mit: Von der Großmutter Alexanders des Großen hat man bisher nichts gewußt. Zwar wird in einer pseudoplutarchischen Abhandlung eine gewisse Eurydice als Verfasserin eines geistvollen Epi gramms erwähnt, die eine Illyrien» war und augen scheinlich mit einer der verschiedenen mazedonischen Prin zessinnen des gleichen Namens identisch sein mußte. Die Texte gaben dieser Eurydice aber den rätselhaften Bei namen „Hierapolietis aus Hierapolis", worin nur ein« sinnlose Verwechselung einer Frau aus dieser kleinasiati schen Stadt mit einem Mitglied der mazedonischen Königs familie erblickt werden konnte. Die richtige Lesart für den Beinamen der Eurydice findet sich nun aber in einer guten Handschrift; sie heißt „hirra pol etis" und ist zu deuten als „Tochter des Hirras und Bürgerin der Stadt". Da nun Hirras der Vater der Eurydice war, die als Gatti» des Amy»tas Mutter des Philipp und Großmutter des Alexander wurde, so ist die Verfasserin jenes stolzen Epigramme?, die sich Eurydice nennt, ganz zweifellos als die Großmutter Alexanders festgestellt. Es wird dkN An hängern der Theorie, die das Genie eines großen Mannes von der mütterlichen Seite herleiten will, eine gewiss- Genugtuung bereiten, zu erfahren, daß die Mutter König Philipps von Mazedonien, die Großmutter des Weitbe- Zwingers Alexander, augenscheinlich eine Frau von großen Gaben und fester Entschlossenheit war, die im starken Glauben an die Größe und Zukunft ihres Stammes lebte und an den schwierigen Wirren, aus denen das maze donische Königreich und das alexandrinische Weltreich her vorgehen sollte, lebhaften Anteil nahm. Wahrscheinlich. „Sagen Sie, Herr Schmirmski, wie kommt es, daß Ihre Artikel immer von den Zeitungen zurückgewiesen werden?" „Ich habe nicht die geringste Idee —" „Ach jo, das könnte freilich der Grund sein." Aus dem Gerichtssaal. Todesurteil. Wie uns aus Posen initgeteilt wird, hat da« dortige außerordentliche Kriegsgericht die Arbeiterfrau Sinochlvwkz, die in: Mürz ihre Hausgenossin Kucik in deren Wohnung ermord wd beraubt batte, zum Tode verurteilt. Qotchsrü Kiehls? uncI ^breicstner Nsx In clen 8cstvveren Kämpfen stir8VaterIum> liest cviecler rvei un8rer irüsteren Arbeiter, 6er Ltunlvuuc Wir verlieren in ilinen ?cvei Heikle unft 8treb 8vme Oldester, cleren Andenken vir cstiuerncl ii Östren stylten cverften. Düngekalk gemahlen, in bekannter vorzüglicher Qualität Vereinigte k^aunekiopfer' volonM-Wei-lre eraunsNorf. Sitze Metzle M Wirk für die Landwirtschaft per sofort und Neujahr. Rehn, Vermittlerin. Schellack kaust Image, Deuben, Tel. 347. Wehrstraße 7. 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