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Rabenauer Anzeiger : 12.09.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-09-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191809129
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19180912
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19180912
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-09
- Tag 1918-09-12
-
Monat
1918-09
-
Jahr
1918
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Vie leme WegsmOe. Tie St W- werden autgcjaugcu. Es geht heiß her im Westen, die KamPfltnie hat sich weiter ausgedehnt, und noch wissen wir nicht, ov sie bis'zum größten Umfange gediehen ist. Tie Amerikaner, die bisher nur im beschränkten Maße in die vorderste feindliche Kampffront gezogen waren, .sind jetzt, wie es scheint, herangeholt, soweit sie nur verwendbar waren, auch die letzten Negertransporte sind eingesetzt worden, und was sonst noch von den Marschällen Haig und Foch aufzutreiben war. Die Tankschlacht ist nicht mehr maßgebend, sie ist von Artillerie- und Jnfanteriekämpfen abgelöst worden, die Millionen-Armeen sind zur Wirklichkeit geworden und ringen unter Aufgebot aller Kraft um den Sieg. Es ist ein furchtbares, gewaltiges Schauspiel, wie es bisher nicht nur niemals, dagewessn ist, sondern wie es sich in seiner titanenhaften Groß? und in seinem abgrundtiefen Schrecken niemand vorstellen kann, der nicht unter den Ungewittern dieser Weltschlacht stand halten muß da, wohin ihn und seine Kameraden seine Führer gestellt haben. Diese allein sind es, welche die volle Tragweite der meilenlangen Schlacht ganz über sehen können, welche die Verantwortung tragen und mit kaltem Blut den Ausgang sichern. Tenn es kann für uns ja nur einen einzigen Abschluß dieses Schlacht- und Kriegsdramas geben, den Sieg der deutschen Waffen. Tie Usbermacht ist groß und nur sie ist es, auf die der Gegner seine Erwartung auf den Erfolg setzt. Au etwas anderes kann er auch nicht denken, denn woher sollte den afrikanischen Schwarzen, die betrunken gemacht und mit Maschinengewehren ins Feuer ge trieben werden, das Verständnis und nun gar die Be geisterung für den Sieg der englischen Krämerpolitik und des französischen Chauvinismus kommen? Die Uebermacht soll unsere Front durchstoßen und uns zur Aufgabe des Kampfes um das lebenskräftige Dasein des Deutschen Reiches zwingen. Die Anstrengungen es da hin zu bringen, wiederholen sich Tag für Tag, aber noch immer ist der Stoß aufgefangen und mit Gegen stößen erwidert, die das Blut aus dem feindlichen Heereskörper Hachaus zum Himmel spritzen ließen. Unse e Feldgrauen haben sich in allen Waffengattungen be- iwährt, sie haben ausgehalten, wo sie auch immer standen und mit dem Feinde zusammensökeßen, und war es selbst im offenen Felde ohne Deckung. Bei dem Hin- und Herfluten der Kampflinie ist manche Position vorübergehend aufgegeben, an die sich stolze Erinnerungen knüpfen, wie der Kemmelberg bei Upern, aber wir erhalten schon einen Ersatz dafür. Grauen voll ist der Boden Frankreichs durch diese unabläßlichen Kämpfe, vor deren Bombardements Menschenwohnun gen und alle Zeichen der Menschenarbeit verschwunden find, verwüstet, aber unseren Tapfern ist es ein Trost, daß alles dieses schwere Leid von der Heimat fern gehalten ist. So werden sie auch die Weltenschlacht sv zu Ende bringen, wie sie ausgehen muß. In demselben Mcß:, in welchem die Kämpfe sich ausdehnen, wächst auch überall die Erkenntnis, daß dies Schlachten — eine Schlacht ists kaum noch zu chennen — seine Ablösung durch eine Einstellung der Feindseligkeiten, durch den Frieden in nicht mehr unab sehbarer Zeit finden muß mögen auch die Kriegs schürer sich noch so sehr gegen diese Möglichkeit sträu ben. Die Stimme der Friedensfreunde in den Entente ständern werden lauter, und die Abneigung der Arbeiter cheginnt sich mit den Sorgen der großen Geldleute zu begegnen, denen vor der schließ.ich unausbleib lichen Bölkerverarmung graut. Tas Deutsche Reich kann keinen Frieden wieder anbieten, denn wär wissen, daß das nur als Zeichen von Niedergeschlagenheit ausgelegt werden würde. Aber überall ist bekannt, daß wir auf Verhandlungen eingehen werden, die aufrichtig gemeint sind. Die Frredensverträge mit Rußland und Rumänien haben bewiesen, daß wir nicht daran denken, einen anderen Staat zu errichten, haß es also Lug und Trug ist, was in dieser Beziehung Über uns gefabelt wird. Und das ist ia in der letzten Woche wieder aründ- Irr Tirol. Von Walter Frank. Forschend blickte er in die Züge des Alten, der fich be mühte, seinem Gesicht einen möglichst einfältigen Ausdruck zu geben. Da der Herr noch schwieg, fragte Rauschvogel: „Wie wär's denn, Euer Gnaden, wenn Sie uns einmal einen Besuch abstatteten? Zu kurz würden Sie schon nimmer kommen. Dürft' ich vielleicht um den Namen von dem Herrn bitten, damit ich ihn anmelden kann?", schloß.er pfiffig. Der elegante Mann schien von seinem Verdacht ku riert. „Warum sollt' ich nicht einmal zu Euch kommen? und damit Ihr wißt, wie ich heiße, mein Name ist Don Cicio". Der Adlerjäger machte große Augen, denn er merkte wohl, daß hier eine kleine Fopperei vorlag. Aber es drängte ihn vor allen Dingen, die Bekanntschaft mit dem Fremden aufrecht zu erhalten und so sah er darüber fort. Um so eifriger aber kam er auf den Verkauf seines Adlers zurück und da er erheblich nachgab, war man bald han delseinig. Zusammen zogen sie zu der Wohnung Don Cicios, wo Andreas Rauschvogel das ausgestopfte Stück Wild ablieserte und der Käufer seinen Erwerb mit neuen Bank- Koten bezahlte. Neugierig schaute sieh der Gebirgler in dem fremden Gelaß um und es gefiel ihm gar wohl, daß ihm Don Cicio aus einer großen Flasche einen kräftigen Enzianschnaps einschenkte. Dem ersten folgte ein zweiter Prunk, bis Andreas merkte, daß ihm der scharfe Alkohol doch etwas zu Kopfe stieg. Da wehrte er dankend eine weitere Gabe ab. Aber jetzt wurde Don Cicio gerade zutraulich und ^drängte seinen Gastfreund, der Flasche noch weiter zuzu- jsprechen. Als der sich weigerte, meinte er lächelnd: „Tut doch nicht so, Landsmann; wenn wir uns Wiedersehen, be- Ihr Wch", Don Cielo mußte wyhl annehmen, daß Nch geschehen. Mus den Reden englischer Minister klingen ja einzelne Töne heraus, welche auf gewisse Spuren der Einsicht deuten, daß doch nicht alles so kommen wird, wie sie es sich gedacht haben, aber in den Ergüssen des nordamerikanischen Präsidenten Wilson treibt der Größenwahn immer tollere Blüten. Deutschland soll vernichtet werden, weil es anderen Nationen keine Freiheit und Selbständigkeit gegönnt hat. Nicht einmal die Franzosen und Engländer haben 1914 an solche Dinge gedacht, die dieser Mann erfindet, um die Amerikaner im Kriogsrausch zu erhalten. Man sollte meinen, Amerikas Verbündeten müsse schwül zu Mute werden, denn nach dem Vorgänge Wilsons kann künftig jeder nordamerikanische Präsident einen Staat und eine Nation in die Acht erklären, der nicht so Wilt wie er. Und um mit Amerikas Geld- und Ge schäfts-Interessen in Konflikt zu kommen, dazu gehört wirklich nicht viel. Das erkennt man auch bei den Neutralen, die merken, daß wir nahe daran sind, zu erleben, daß alle internationalen Rechtsgrundsätze auf den Kopf gestellt werden. Die Rücksichtslosigkeit in der Verleumdung und in noch schlimmeren Kriegsmitteln kann nicht mehr über boten werden, das zeigt auch das Attentat gegen den Letter der Sowjet-Regierung in Moskau und die Entdeckung einer mit britischem Gelbe angestifteten Verschwörung gegen die Selbständigkeit des heutigen Rußland, das mit aller Gewalt wieder in einen neuen Krieg gegen Deutsch land yineingetriebeu werden soll. Es ist eine völlig falsche Voraussetzung in London, als ob sich nicht bezahlte Russen abermals nach einem Kriege sehnten, sie sind froh, daß sie Ruhe haben. Es ist darum auch zu erwarten, daß die inneren Wirren im Lande aus Mangel an Zündstoff erlöschen werden. Auch die Pläne, Mpan als neuen Kriegstreiber in Sibirien zu benützen, erweisen sich immer deutlicher als verfehlt. Japan hat keine Lust, den Entente karren durch eine große und kostspielige militärische Ewn lm lernsten Osten aus dem Sumpf zu ziehen und für anglo-amerikanische Sonder-Interessen den Weg frei zu machen. Amerika, das den deutschen Militarismus ausrotten will, wirft sich dem Milita rismus selbst in die Arms und zwingt damit Japan, sein Pulver mehr wie je trocken zu halten. Ter Weltkrieg hat große Ueberraschungen gebracht, viel leicht erleben wir aber nach dem Weltkriege noch größere. ' wm. Grundsatz der deutschen Heeresleitung in diesem fürchterlichen Kriege ist es stets gewesen, das Not wendige, das zugleich nützlich war, zu tun und keine Möglichkeit außer Acht zu lassen. Misere Gegner gingen darauf hinaus, das Unmögliche zu zwingen. Sie wollten die dentsche Widerstandskraft befestigen, und das ist ihnen bis heute trotz aller aufgewandten Mittel nicht gelungen. So find sie denn zu der bitteren Notwendigkeit gelängt, koste was es wolle, vs bavaus zu spielen, alles auf eine Karte zu setzen, um ihr bisher stets als unerfüllbar anerkanntes Ziel der deut- schen Vernichtung zu erreichen. Denn ihre Armeen, wie ihre Völker können die Not und Bedrängnis des Krieegs nur noch eins absehbare Zeit ertragen. Das Ziel ist gewaltig, und es sind gewaltige Mittel aufgedoten, größer, als so mancher bei uns erwartet hat. Aber diese Mittel an Menschen sind, was die weißen Franzosen und Engländer anbetrifft, auch die letzten. Der feindliche Verlust in der Früh lings-Offensive betrug, wie bekannt, weit über eine Million, er ist seit Mitte Juli bis Ende August auf mindestens 600 000 Mann einschließlich der Ameri kaner und der Kolonialtrduppsn zu berechnen. Im Ganzen dürfte die Enrente seit Ostern 1918 nicht viel weniger als zwei Millionen Mann verloren haben. Das ist nicht zu ertragen, und auch die Amerikaner können nichts daran ändern, weil ihnen die Haupt last des Krieges nicht aufgebürdet werden kann, wenig stens vor der Hand nicht. Es hieße unfern Feinden dis Gerechtigkeit ver sagen, wenn wir nicht anerkennen wollten, daß die Franzosen sich in den 50 Kriegsmonaten recht wert ¬ volles Soldatenmaterial yerangebildet haben. Auch bei Len Engländern find die Schotten, Kanadier und Australier gute Truppen, die ihre Siurmkraft mit Zehntausenden von Gefallenen bewiesen haben. Aber bis Lie Amerikaner so west sind, wenn sie überhaupt dahin gelangen können, vergehen weitere Jahre, und wieviel mag dann von ihnen überhaupt noch übrig sein? Die Schwarzen sind in groß n Mengen auf das Kriegstheater geworfen, sie haben dem Gegner als Kanonenfutter größere Dienste geleistet, als früher ver mutet worden war. Aber den europäischen Winter haben sie nicht ertragen gelernt und sie können während der ungünstigen Jahreszeit nicht in der Front bleiben. Wenn die feindlichen Marschälle Foch und Haig in diesem Jahre noch ihr Spiel gewinnen wollen, dann haben sie allerdings keine Zeit zu versäumen. Der „Weg bis zum Rhein" ist viel zu weit, als er in den Plänen der beiden feindlichen Mar- schalle schon heute ebenso eine Rolle spielen könnte, wie in Len Pariser und Londoner Zeitungen. Sie Wösten zunächst die Deutschen aus Frankreich hinaus haben. Sie kommen zu diesem Zweck immer wieder auf ihre Angrisfsmmiier zurück, Flankierungsversuche zu machen, um die deutsche Front auseinander zu ziehen und sie zu durchs^ ß n, aufznrollen und eine Katastrophe herbeizusithren. Liese Absicht ist durch die Rückverlegung der deutschen Front in feste Ver- terdtgungsstellungen bereits vereitelt, und damit auch das ganze, mit so enormen Mitteln ins Werk gesetzte Unternehmen grundsätzlich ins Wasser gefallen. Die Unmöglichkeit eines entschiedenen feindlichen Sieges über die Deutschen ist tatsächlich unverändert geblieben, mögen auch die Massenangriffe weiter fortgesetzt wer den. Sie nicht fortsetzen, hi ß . die Niederlage ein gestehen, und so bleibt dis bn-ere Notwendigkeit und Nutzlosigkeit weiterer enormer Verluste. Die Menge, die Uebermacht, soll es beim Feinde bringen. In Paris ist schon vor längerer Zeit das Wort gefallen, wer es mit seinen Reserven eine halbe Stunde länger aushält, bleibt Sieger. Aber diese Hoffnung auf die letzten Reserven wird beim Gegner schon durch die starken Einbußen an Mannschaften ge schwächt, und die Rechnung, d. ß sen Deutschen die Luft ausgehen könnte, ist falsch. In Deutschland ist infolge Ler weisen Oekonomte Hindenburgs und Ludendorffs mit Soldatenblut an wehrfähigen und kriegstüchtigen Männern kein Mangel, und unsere Reserven im Felde wachsen naturgemäß durch die Kürzung unserer Linie. Damit hat die Uebermacht des Feindes, die für uns nie einen Schrecken gebildet hat, auch ihre Bedeutung als Räuberin deutscher Soldatenleben verloren. In früheren, langdauernden Kriegen spielte der Gewinn von guten Wrnterquartieren eine große Rolle. Jetzt kann auch der Feind den Wert von solchen be merken, denn er ist auf die verwüstete und von allem, selbst von Wasser entblößte Sommegeaend angewiesen, die für eine groß: Armee kaum haltbar ist. Damit Wird die hohe Rechnung dieser Verzwsiflungsoffensive noch kostspieliger, und das vs-bangae-SPiel wird damit unrettbar verloren werden. Und was dann? Für diesen Zeitpunkt wollen wir die deutsche Heereslei tung getrost sorgen lassen, auch er ist rn ihren Zu kunftserwägungen vorgesehen. Löst sich tm seind- lichen Truppengebäude eine Steinlage, so stürzt schließ lich der ganze Bau zusammen. LaS Spiel ist zu Endel ' ' Mm. jMKGr Kuaürcdsu. » Fer amerikanische Präsident Wilsen hat sich in seinem neuesten Erlaß als ganz besonoe.er Freund der Arbeiter auf der ganzen Welt bezeichnet. Die deutschen Arbeiter werden für diesen Kricgcwüterich ein kräftiges „Pfui!" haben, denn längst wäre der Krieg zu Ende, wenn Wilson-nicht im Interesse der amerikanischen Milliardäre den Engländern uno Fran zosen Waffen und Munition gesandt hätte. Las war seme berüymte ardeiterfreunLliche Neutralität. Und Meser Kulrurprophet war damit einverstanden, Laß die deutschen Frauen und Kinder nach Englands Willen dem Hunoer in dis A -ne aeiagr werden sollten. Er sein Gast einen tüchtigen Hieb fort hatte, denn er meinte gemütlich: „Geduldet Euch nur ein paar Tage, dann bin ich oben bei Euch. Und dann soll es hoch hergehen. Ich bringe auch eme Schaar guter Kameraden mit, die sollen uns bei der Flasche helfen". So klein Andreas Rauschvogels Augen geworden waren, zog er die schwer gewordenen Lider doch empor und musterte forschend seinen Gastgeber, der sich inzwischen mit dem gekauften Adler beschäftigte und für ihn einen pasienden Plaß an der Wand suchte. „Und wann wollen Euer Gnaden kommen?" Don Ciccio steckte sich eine Zi garette an, gab Andreas auch etwas zu rauchen und meinte lustig: „Wir wollen uns einmal bei Nacht ansehen, wie es in Eurem Tal aussieht. Dann können wir auch der schönen Vroni guten Morgen sagen, bevor die Sonne auf gegangen ist. Wir treffen uns dann oben an der Schlucht, von wo ein Richtweg zu Euch führt". Andreas Rauschvogels Augen wurden immer größer, er dachte: „Schlucht, Richtwcg, Nacht, das hat etwas aus sich". Aber schnell unterdrückte er die Bewegung und er klärte seine Bereitwilligkeit, Don Cicios Wunsch nachzu- kommcn. So ward denn alles genau verabredet, und mii schweren Füßen und nicht ganz leichtem Kopfe zog der Alte heimwärts. Er wäre wohl kaum trotz seines Zustandes und trotz dem er schon einen gewissen Verdacht hegte, so elastisch zmückgeschritten, wenn er hätte beobachten können, was Don Cicio jetzt in seiner Behausung unternahm. Er zog aus seinem Schreibtisch eine umfangreiche Mappe mit Kar ten und Plänen und begann ein eifriges Studium der darauf verzeichneten Gebirgspässe. „Diese Schlucht war die einzige Stelle, an der ich im Dunkeln saß. Daß von hier die Richtung in die Berge führt, steht fest. Wenn der alte Bursche mir darüber reinen Wein einschenkt, bin ich vollständig oben heraus und brauche niemand mehr". Adelheid Kletterer und Veronika Rauschvogel hatten eine seltsame Begegnung. Die Tochter des Adjunkten KieUerer verließ den Lisenvahnzug, Ler aus Bozen tn bas Gebirge führt und traf dort auf die Nichte des Adlerjä gers, die gerade noch beobachtet hatte, wie die iunae Dame einem Herrn im Zuge eine Kußhand zuwarf. Vroni hatte kaum die betreffende Persönlichkeit erkannt, als sie in voller Hast auf den Wagen zustürzte und ihre beiden Hände ausstreckte, um den Passagier zu begrüßen, der augenschein lich Fräulein Kletterer begleitet hatte und von ihr gegrüßt worden war. Sie kam aber zu spät, denn schon ertönte das Horn des Zugführers, und die Lokomotive setzte sich wieder in Bewegung. Ganz verdutzt verließ sie den Bahnsteig, um zur Stadt zurückzukehren, als sie sich im Durchgang des Stationsge bäudes von Adelheid Kletterer ausgehalten sah. Mit höh nischen Augen funkelte die Stadtdame sie an und sagte in häßlichem Tone: „Also hier sieht man das Fräulein Herren eroberungen machen! Die Leute werden Augen machen, wenn ich die Geschichte erzähle". Mit einem Schlage gewann das Mädchen ihre Ge lassenheit zurück und erwiderte: „Kein Weibsbild schaut hinter eine Tür, hinter der es nicht schon selbst gestanden hat". Adelheid warf bei diesen herausfordernden Worten ihren Sonnenschirm beiseite, und es fehlte nicht viel, io wäre sie Veronika, in der sie eine Nebenbuhlerin vermu tete, mit den Fingern in die Haare gefahren. Aber Vroni stand so entschlossen da, daß sie es doch vorzog, von einem Angriff abzusehen, der großes Aufsehen Hervorrufen mußte. Und da war auch schon der Herr Stationschef mit seiner roten Mütze, der die beiden Damen in freundlicher Weise zu beruhigen suchte, was ihm freilich nur halb gelang. Jedenfalls konnte er nicht verhindern, daß es wie ein Lauf feuer die Gassen hinausging, die Adelheid Kletterer und die Vroni Rauschvogcl hätten mit einander am Hellen, lichten Tage raufen wollen.
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