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Von ferne klingt ein leises Läuten... Bou A. Hottner-Grefe. (Nachdruck verboten.) Der alte Doktor Martin trat aus der Tür der Spitals baracke des weithmgestreckten Gefangenenlagers. Es war schon ziemlich spät am Abend. Dunkel stand über der schneeverwehten Landschaft der Himmel; aber dort und da glitt doch ein Sternenstrahl durch das sestgeaallte Ge wölk, wenn der Wind m t machtvoller Faust dazwischen» fuhr und es in hundert F j; n zerriß. Schwarz standen die Berg« ringsum, eingeln^t in ihren dichten Wald mantel. Dunkel lag die Barmkenstadt. Uebcrall war es schon still geworden. Mit müden Schritten ging der Doktor gegen das Ausgangstor. Die Wache salutierte. Der alte Mann nickte dem Soldaten freundlich zn. „Ich bin aller Wahrschciwi vkeit nach beute nacht zu Hause," sagte er. „W.nn der Iwan Suchowilz nach mir verlangt, so schicken Sie! I n komme." Der Wachthabende sah mit e nem seltsam bittenden Ausdruck zu dem Dokror hinüb r. „Gestatten, Herr Doktor: Geht es — geht es zu Ende mit ihm?" fragte er leise. „Es scheint so. Ke neu Sie den Mann naher?" Doktor Martin lächelte stückig, als er sagte: „den Mann." Es war wirklich bloß ans a ter Gewohnheit ge schehen. Denn in Warrh it iah dieser Iwan Snchowitz eher einem Kinde gleich als einen, ehemaii wu Krieger. Ein zwanzigjähriger blon-er Knabe mü einem schmalen, hübschen, gutmütigen Gehcht mit e wOnbem .Naar und lichten» sanften Augen. Ein Smwmt im allerersten Halbjahr war er gewesen Der V i n eines baltischen Gutsbesitzers. Vom Kriege batr er wen g gesehen, denn schon in den ersten Kar athentamchsn wurde er, schwer durch einen Lungenschu'z verlebt, gewng »genommen. Dann lag er in Spitäl.rn. Kam endlich hierher. Erst halb geheilt. Und nun, da der fröne Winter jo strenge sinsetzte, ging es plötzlich mit rasender Schnelligkeit talab mit ihm. Die Lunge wollte nicht mehr arbeiten. Die Kräfte waren erschöpft. „Einer von Ungezäiilten," dachte dcr alte Doktor, als er nun noch einen Blick aus die Spitalsbaracke zurückwar'. Ein Licht strahlte von dort hinaus in Sie Nacht, tröstlich und freundlich. Der wachthabende Soldat sah gleichfalls nach jenem Licht. „Ja — das ist halt so ein Zufall, Herr Doktor," sagte er dann langsam — „wie man im Krieg so manchen er lebt. In derselben Schlacht, die dem.Su ho.» iz den Lungen schuß gebracht hat, bin ich auch schwer verwundet worden. Der Fuß ist ja heut noch ein b jjel fieu. Und just neben einander sind wir da gelegen, d im s um uns eine große Einsamkeit, denn wir waren »erst reuat und weit weg von Len anderen. Und eine fura tbare Kmte war in der Nacht. Ich hab' gestöhnt vor Schmerzen, und meine Zähne haben aufeinandergeklappert. Da ist der Russ' auf einmal ein bissel nähergekrochen und hat mir einen Mantel überge worfen, der da just gelegen ist. Er hat selber keinen ge habt. Reden hat er kaum können, und ich hab' gesehn: Der arme Teufel ist schlechter dran als ich, und tun kann mir der nichts mehr. Da hab' ich einen Zipfel vom Mantel aufgehoben und hab' gesagt: „Kriech auch drunter. Wir können alle zwei warm haben." So ist er druntergelrochen und bald ins Fieber gekommen. Und da hat er immer „Mami" gesagt. Ganz schön. Grad so wie unsere Kinder auch sagen. Und hat immer mehr geschrien nach seiner „Mami". So hab' ich ihm zugeredet und hab' getan, als wär' ich seine Mutter. Und da ist er dann eingeschlafen auf meinem Arm." Der lange Josef Meier schwieg erschöpft. So'viel redete er nur in den seltensten Fällen. Er war wortkarg und krankte keineswegs an Gemülsweichheit. Aber jene Nacht im Karpatheuwald war ihm wohl unvergeßlich. Der alte Doktor schritt durch die sinstere Allee dem Orte zu. Ein feiner Schnee stäubte ihm ins Gesicht; wenn der Wind durch die kahlen Ä eile suich, seufzte» die Bäume förmlich; vom Felde her l ang schars der Schrei einer Krähe. Jäh blieb der Schreitende sieben. Hatte das nicht geklungen, als schreie jemand: „Bater!" Er schüttelte den Kopf. Keiner schrie hier. Nur der blonde, junge Russe, der so gern noch die grüne Heimat, die „Mami", Eltern und Geschwister gesehen hätte. Aber gingen nicht tausend solcher «elmsuchtsschreie jetzt durch die dunkle Welt? Vielleicht schrie sein eigener Sohn nach ihm. Der war seit Jahr und Tag in Smarkand. „Asiatisches Rußland." Ungezählte Weiten lagen zwischen ihm und seinem Einzigen. Denn ein „Einziger" war sein Sohn, seit der ältere Brüder bei Przemasl geblieben war. Seit Monaten kam keine Nachricht mehr von dem Gefangenen. Man tröstete sich: Bei den furchtbaren inneren Würen in Ruß land konnte wohl keine Post kommen. Aber die Sehn sucht stand auf und breitete die Flügel und spann Fäden vom Nord zum Süd, von Ost nach West. Der alte Mann war so müde. Ganz ausgerieben von der Last des Berufs, die er schon v eggclegt, nun aber willig neu ausgenommen hatte. Wan lut eben seine Pflicht, sonst nichts. Die einen draußen, die anderen drinnen. Aber schwer war die e Bjucht. Hart die Zeit. Erasmus Martin sah eine L m! zwis uen den Bäumen stehen und setzte sich nieder. Rur für einen Augenblick. Nur um neue Kräfte zu sammeln. Da st:eiste er an ein Frauenkleid. Ein leises, trmtloje.- Weinen klang an sein Ohr. Er erkannte die Sim me sosvlt. Das war die Josephine Bachner, die junge Lehrerin von der Volksschule. Worte flogen hin und her. „Ich hab' einen so lieb gehabt, so lieb", schluchzte das Mädchen. „Seit zwei Jahren ist er vermißt. In Rußland. Und nun soll ich einen anderen nehmen. Alle wollen es: die Eltern, die Geschwister. Alle! Und ich kann doch nicht? Ich kann nicht! Am Ende kommt er doch wieder — der Eine — und dann braucht er mich vielleicht. Und überhaupt: ich hab' doch kein anderer Glück als ihn!" Doktor Erasmus Martin streichelte die zitternden Mädchenhände. „Ja, da heißts: festbleiben I" sagte er überzeugt. — „Und alleweil noch hoffen, Kind! Wir leben in einer Zeh der Wunder! Man muß halt nickt den Mut verlieren!' Da« Mädchen weinte schon leiser. Ganz fest hielt sic sich an der alten, getreuen Hand. „Die Welt ist so still," flüsterte sie nach einer Weile. — „Ost fürchte ich mich förmlich. Und Tausende horchen. Horchen auf einen Laut aus dieser Stille, aus der Ferne. Warten, warten. Monatelang, jahrelang. Bis sie müde sind und nicht mehr können!" „Jetzt dürfen wir nicht müde werden!" sprach die alte Stimme aus der Dunkelheit — „Jetzt nicht —" Der Mann wollte sprechen von den Hoffnungen auf den Frieden, von Möglichkeiten. Aber er schwieg. Plötz lich überkam es auch ihn, als könne er nicht mehr. Als sei er am Rande, am Ende. Ganz stille jaßen sie nebeneinander, der alte Mann und das junge Mädchen. Schwer rann die Zeit. Immer dunkler wurde es. Immer lichtlojer. Und das große Dunkel Hüllle sie ein, begrub sie fast. Da klang plötzlich, wie aus weiter Ferne, ein Laut, ein holder Ton. Eine Glocke begann zu läuten. Das Mädchen horchte. „Es ist ja Advent," sagte sie dann leise — "„Weih nachten kommt." Ganz fern waren ihre Gedanken. Sie flogen zurück zu einer Stunde des Glücks. Da standen hier unter den kahlen Bäumen im Winterwind zweie, die sich küßten. Die kleine Glocke sang fort. Und andere Glocken hoben gleichfalls ihre Stimmen. Die Töne spannen ein Netz über die finstere Welt. „Hoffe! Hoffe!" sangen die Glocken — „Es kommt die Zeit der Sonnenwende! Das Licht kommt wieder und Tage der Erfüllung!" Der alte Mann erhob sich schwer. „Kommen Sie!" sprach er — „Die Glocken lügen auch! Es gibt Unwiederbringliches!" Das Wort fiel hart von seinen Lippen. Er dachte an ein Grab in Galizien. Aber die Glocken redeten fort mit ihren ehernen Zungen: „Laß ruhen!" sangen sie — „laß stille werden, was dein Herz zerreißt! Aus tausend Opfern — un vergessenen — baut sich eine neue Welt! In Tränen denke der Toten, in Ehrfurcht, in Dank. Aber nutzt in Bitterkeit. Tu aus dein Herz und laß de» Klang des Friedens ein!" „Friede! Friede!" Das junge Mädchen verstand es auch, was die fernen Glocken sangen. Nur hatten diese für sie wieder andere Wortes „Sei getreu!" sprachen die Glocken — „treu deinem Volk, deiner Pflicht, deiner Liebe! Laß keinen sremoen Ton in deins Seele dringen! Hoffe! Hoffe nach immer! Halte dich fest an dem „Vielleicht", und wenn es sich als trügerisch erweist, dann bleibe trotzdem stolz und treu!" Der alte Mann hatte nach der warmenHand des Mädchens getastet. Er hielt sie fest. Da kam ihnen je mand entgegen. Eine alte Frau, aber aufreckt und frei trug sie den Kopf, der unbedeckt war und die schneeweiße Haarkrone zeigte. „Kehr' nur wieder um," sagte die Fran. „Eben ist ein Soldat bei uns gewesen. Er hat den abtürze.wen Feldweg genommen, damit er rascher kommt. Wit dem jungen Russen stskt's schlecht Sie haben dich geholt." Der Doktor wandte sich schon. „Und du, Renate?" fragte er — „Du gehst mit?" — Sie schritt neben ihm in gleichem Takt. Die junge Lehrerin ging zwischen ihnen. „Ich geh' auch mit," sprach die Frau. — „Und Sie, Fräulein Josefin', kommen auch! Der junge Iwan hat Sie doch sehr lieb gehabt, seit Sie ihn ein paarmal mit mir besuchte». Und jetzt geht's mit ihm zu umbe." Sie standen zu dritt an dem schmalen Krankenbett. Der blonde Russe stöhnte leise. Das Fieber stieg. „Mutter!" rief er in die Nacht hinaus. Du setzte sich Renate Martin zu ihm und bettete seinen Kopf an ihrer Brust. Sie dachte au den Sohn, der einsam gestorben; an den anderen in weiter, unsicherer Ferne. Und fester, fester nahm sie den Fremdling j» ihren Arm. - In die Stille herein klang der Gesang der Glocken. Der Russe lauschte. Dann fiel sein Blick auf das blasse Mädchen. Seme Hand tastete nach ber ihren. „Ich — habe dich lieb!" sprach er sehr mühsam. In seinen Hellen Augen, die schon halb durch die sinkende» Lider verhüllt erschienen, brannte eine Frage. Frau Renate nickte dem Mädchen ermunternd zu. Da sagte die junge Lehrerin laut und fest: „Ich habe dich auch lieb! Sehr, sehr lieb!" Gin Glücksirahl lies zitternd hin über das totenblasse Gesicht. Vernehmlicher tönte» die Glocken herein. „Liebe!" sagte der kleine Russe mühsam — „Hoffnung — Friede! O — Friede " Der alte Doktor drückte ihm sanft die Augen zu. Die Glocken aber »ahmen das letzte Wörtchen .wirr Munde und sangen es leise, voll tiefster Verheißung ^in über die erstarrte Wett: „Friede — Friede " Gesundheitspflege. Für Leute, die angestrengt geistig arbeiten, ist es sehr ratsam, wenn sie sich nebenbei mit irgendeiner mechanischen Arbekk beschäftigen, wie Schnitzen, Buchbinder arbeiten, Tapezieren oder dergleichen. Es ist dies eine große Erholung, denn es lenkt die Gedanken auf ein ganz anderes Feld, und es bereitet auch Freude, denn wer hätte nicht seinen Spaß an einem schön geschnitzten Paneel brett, einem geschmackvoll gebundenen Buch, einer neu tapezierten oder hübsch ausgebesserten Stube? Und die Freude daran wird um so größer jein, wenn man sie den Ehenen Händen verdankt. 254 /Ul' unser Hoffen ivar vergebene! Orau8am Kurt trat un8 die tieltraurige, nock uniakbarc I^ackrickt, ftak mein kerrwrwAuter 8okn, un8er lieber, teurer Krufter, 8ckwaZer unft Onkel üer Wekrmann Paul stee.-Inf. kegt. ^o. 208, 5. Kompagnie nack 4sübrigem Iuskarrcn an fter VVeMrout, um 25. ?^UAU8t, kurri nuek 8einer kaum erkolten Ver- wunftunA, dem groken Völkermorden ?um Opfer skullen ick unft am 28.^u^u8t unter militüriueken Ekreu beerdigt wurde. Lein grökter Wun8ck, ^lück- liek in dieNeimat rurückrukekren, blieb unerfüllt. 8o ruk' nun UU8, ftu keib^eliebter 8oku, lm kremften, blutgetränkten kaud: I^ie kekr8t ftu keim, nie ftrüekt uns wieder Oie liebe, wurme, treue klunft. Ou nukmrck ins Orab dein bleimukeknen: 0n8 bleibt der 8ckmerr und bitt're Tränen. k:8 i8t so 8ckwer, ftie8 rm ver8tekn, Oak wir UN8 8oIIen nickt wiefter8ekn. ln tiektem 8ekmer? Rabenau, um 8. 8eptember 19 l 8. Oie 8ekwergep> ülte blutter im hismen aller Uinterdliebenen. Buch-Romane. Von dem laufenden Roman: „Das Glück der Braunsberg" liegt nunmehr bis Heft 17 und damit Schluß vor Die Hefte nebst Einbanddecke können in unser Geschäftsstelle abgeholt werden. Von gebundenen Romanen haben wir augenblicklich noch vor rätig: „Herzblut" (2,70 Mk.), „Gräfin Hannas Ehe" (2,40 Mk.) und „Zwischen Hatz und Liebe" (2,30 Mk). „Nabenauer Anzeiger". o. sür 15jähr.jungen : o s IMenschen Stellung auf dem Lande. Lohn wird nicht beansprucht. Zu erfragen in der Geschüstsst. d. 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