Volltext Seite (XML)
Vie Mittelskandsküche. Eine gastronomische und volkwirtscdaftliche Plauderei. Von F. Kiehl. (Nachdruck verboten.) Ein abgelegener verödeter Fabrikhof mit toten Winkeln. Grelle Lichtwogen überfluten den mit runden Kopfsteinen gepflasterten Hof und brechen sich an den Backsteinmauern, die ihn einschließen. Still und schläfrig liegt er vor dem ruinenhaft wirkenden Steinviereck der alten Fabrik. Gegen Mittag erwacht das Leben vor und in dem roten Bau. Menschen strömen zu und ab. Wir lassen uns mit dem Menschenstrom treiben. Auf gewundener Eisentreppe, die scheinbar für Menschen im dürftigen Kriegsernährungszustand berechnet ist, quet schen wir uns zum 1. Stockwerk empor. Durch Windfang türen, die scharf zurückschlagen und die Nasen der Nach folgenden in Gefahr bringen, treten wir in einen lang gestreckten, getünchten Raum, dessen Decke auf Eisenträgern ruht. An den Langseiten dehnen sich weißgescheuerte Tische nach altpreußischer Ordnung in Reih' und Glied. Auf jedem Tisch winken in schlanken geschliffenen Vasen langgestielte Blüten uns Frühlingsgrüße zu. Sie wett eifern in Anmut mit den biegsamen Mädchengestalten, den freundlichen Helferinnen gemeinnütziger Kriegs tätigkeit. Es ist doch etwas anderes, statt der befrackten, bezüg lich der Sauberkeit nicht immer ganz einwandfreien, mür rischen, trinkgeldhüngrigen KellneHünglmge, die herab lassend des Gastes Wünsche entgegennehmen, weibliche Wesen mit Scharm und Grazie und sehr viel Feuereifer ihres Amtes walten zu sehen. Das Drum und Dran beim Mahle ist nicht bedeu tungslos; denn nicht nur das, was auf die Geschmacks nerven angenehm einwirkt, beeinflußt günstig die Ver dauungstätigkeit und gewährleistet dadurch die Krafter neuerung. Auch die Reize auf die anderen «sinne ver setzen den Körper in eine aufnahmefähigere Allgemein stimmung. Gerade in dieser Zeit des Schwundes sorg fältig angepflegter Friedensbäuchlein tut es doppelt not, durch Reize aus die beim Essen nicht direkt beteiligten Sinne den fehlenden Gaumenkigel zu ersetzen. Ich bin der Ansicht, es stünde besser um die Mensch heit, wenn man in dem Essen etwas mehr sähe, als nur die Befriedigung eines brutalen Naturtriebes. So ganz unrecht hat der Gourmet nicht, der da fordert, daß man die Nahrungsaufnahme nach Art uralten weihevollen Opferkultes zum Festakt steigere. Doch dazu fehlt uns eins: die Zeit, die leider restlos für den Erwerb aus genutzt wird. Nur hin und wieder findet man bei ein zelnen Vertretern kirchlicher und künstlerischer Kreise eine entsprechende Würdigung echter Kochkunst. — Langsam schreiten wir aus der Suche nach einem Plätzchen die Tischreihen entlang. Nachdem wir gefunden. was uns behagt, lassen wir die Blicke durch den weiten Raum schweifen. An allen Tischen sitzen frohschmausende Menschen, Männlein und Weiblein. Ueberwiegend ist der Ledigenstand vertreten, doch auch ganze Familien sieht man um das Oberhaupt geschart. Die sozialen Unterschiede scheinen völlig verwischt zu sein. Der höhere Offizier a. D. sitzt neben dem Jüngling mit den krebsroten Händen, der mit bewundernswertem Geschick das Messer durch die Lippen zieht, ohne sich zu schneiden Abgesehen von diesem Messervirtuosen geht es im allgemeinen manierlich zu. Gruß und Gegengruß werden beim Einnehmen und Verlassen des Platzes gewechselt. Eine Tischunterhaltung zwischen Fremden findet zumeist nicht statt, ist auch nicht nötig. Einige Typen fallen auf. Dort jener Herr, der soeben den Raum betritt, zeigt immer den gleichen Ausdruck un sagbaren Staunens. Stets behält er den Ueberrock an und legt den Hut auf den Nebenstuhl. Es scheint ein ganz Vorsichtiger zu sein, der keinem traut. Am Tische uns gegenüber sitzt eine junge Dame in geschmackvoller Gewandung — so sagt man wohl besser sür „Toilette". Zierlich, fast feierlich, führt sie Messer und Gabel, als säße sie an einer festlich gedeckten Galatafel. Die reinste Augenweide. — Das Essen ist für Kriegsverhältnisse gut und reichlich. Das Sonntagsmahl — Suppe, Braten mit Beisatz, Speise — zeigt eine festliche Note. Nur eins stört: Das ist das Tischgerät. Gewiß kann man nicht verlangen, daß von damastüberdeckter Tafel schweres Silber mattglänzend aufleuchte. Doch ließe es sich vielleicht vermeiden, schwarze scharfrandige Blechlöffel zum Gebrauch vorzulegen. Viele Gäste bringen ihr eigenes Besteck mit. Wer aber von seinem Dienst direkt zu Tisch geht, möchte nicht gerne sein Besteck mit Herumschleppen. Das Mahl ist beendet, und wir verlassen den wirt lichen Raum, um den Neuankömmlingen Platz zu machen. Zur vehablichen Verdauungsruhe ist hier kein Raum. — Alles in allem genommen: Es war nett in der Mittel standsküche, und was die Hauptsache war, der Körper kam ohne große Unkosten zu seinem Recht! Die Mittelstandsküche ist eine von den vielen Einrich tungen, die der Krieg hergorgerufen hat, und die mit dem Kriege wohl wieder verschwinden werden. Um die Mittelstandsküche täte es mir leid. Es wäre zu erwägen, ob man sie nicht in einer den Friedensverhältnissen an gepaßten Form weiterbestehen ließe. Biele Gründe sprechen dafür. Die Dienstbotenfrage, deren Lösung schon vor dem Kriege nicht ganz leicht war, ist durch den Krieg mit seinen für das weibliche Geschlecht neu geschaffenen besseren Erwerbsmöglichkeiten, die zudem eine gewisse Ungebunden heit nach den Dienststunden gewährleisten, noch schwieriger geworden. Nnr gegen außerordentlich hohe Entlohnung, wie sie der durch den Krieg verarmte Mittelstand nicht aufbringen kann, wird es in Zukunft möglich sein, sich Wirtschaftsstützen zu halten. Folglich liegt dis ganze Wirtschaftsführung dieser Kreise auf den Schultern der Haussrau. Die abgehetzte Frau ist nicht imstande, behag liche Stimmung am Familientisch zu schaffen und zu er halten, auf die der vom Dienst abgespannte Mann ein Recht hat. Sie muß entlastet werden, wenn das Fa milienleben nicht unheilbaren Schaden erleiden soll, und da« kann durch Benutzung öffentlicher Küchen geschehen, die aber immer nur als Notbehelf anzusehen wären. Die praktische Durchführung dieses Gedankens ver langt eine sorgfältige Prüfung aller Fragen, insbesondere auch der Frage, wie hoch das Tischgeld zu bemessen sei Tine zahlenmäßige Festlegung ist nur in Anlehnung an die stets in Fluß bleibenden Teuerungsverhältnisse mög- lich. Grundsätzlich ist aber daran festzuhalten, daß nicht ein nach der Kopfzahl der Familien berechnetes Vielfache zu zahlen ist, wodurch die Wohltat dieser Einrichtung ge rade denen, die einen besonderen Anspruch darauf haben, den kinderreichen Familien, versagt bliebe. Vielmehr müßte eine Ermäßigung, die porportional mit der Kopf zahl wachse, eintreten. Das wäre schon eine Form, praktische Wirtschaftspoli tik zu treiben und die Hemmungen der Volksvermehrung zu beseitigen. — Für den Küchendienst und die Bedie nung der Gäste käme freiwillige Hilfstätigkeit in Betracht, wenn man nicht staatlicherseits zur Festsetzung der obli gatorischen weiblichen Dienstpflicht schreiten will, auf deren Ableistung die Tätigtest in Volksküchen angerechnet werden könnte. Nun möchte ich noch eine Befürchtung zerstreuen, die sicher in den an der Lösung dieser Wirtschaftsfrage inter- essierten Gastwirtskreisen auftauchen könnte, die nämlich, daß der Wirtschaftsbetrieb durch die öffentlichen Küchen leiden werde. Die Befürchtung ist meines Erachtens grundlos. Der zahlungsfähige Junggeselle, der für den Mittagstisch in Gastwirtschaften doch fast ausschließlich in Frage kommt, wird auch in Zukunft dorthin gehen, wo ihm reichliche Speiseauswahlund alkoholische Getränke zu Gebote stehen, und moder ganze mehr luxuriöse Zuschnitt einen längeren behaglichen Aufenthalt ermöglicht. Zum Schluß meiner Darlegung wiederhole ich noch einmal: Die öffentliche Küche ist und soll als Notbehelf und zum wirtschaftlichen Ausgleich dienen. Das Ideal bleibt der gemütliche, Behagen ausströmende Familien- iisch, das der verwirklichen kann, dessen Einkommens- und Familienverhältnisse es gestatten. Für alle anderen ist im Interesse einer gesunden Bolksernährung und der wirtschaftlichen Entlastung der Hausfrau die Beibehaltung öffentlicher Küchen unter entsprechender Ausgestaltung nach Maßgabe der Friedensverhältnisse eine unbedingte Notwendigkeit. SIgsmsins Vvulsoks klusstelluns von Kreälldrlelen und 8ckeck8 aul äas In- unä kluslanä LinIö8UnZ von Ans- und Vivläenäönsclielnen unter clem eigenen Ver8oklu88 de8 ^bmieters , und clem diitversobluss der öank belindlicb, wir UN8 mit KnNllllMö V0N LakeinIgZöN 2tlk VölÄNZUNs Zclieckverkelii', LiMnuns Igukeiiäer lrectinungön Diskont unä Linrug von wechseln kln- uncl Vsrkauk unä kelelkung von Wertpapieren Versickerung von Wertpapieren gegen Kursverlust VermögenZvemllltung Mdevislirung von offenen unä gescklossenen Depots unter gesetrlicker Haftung von, tLönig!» LUN von Miinilolsolilonn in» koiio «io» 8 1088 8 8 -8. vnmüvkßigK potscbsppsl, stMsnöler AiM« 13 sKMnec iMes Wir kalten unsere Dienste kür clie Vermittelung aller ^rten von 8anlcAe8cstästen ru ^ünsti^en kedinAUNAen anßele^entliebst empioblen, insbesondere belassen stellen wir ru günstigen Leclingungen rur Verfügung, kernsprevker: Vevben-kotsvduppel Nr. 111. ZUlgvmsme veutseks OrsM-lwstslt V6po8i1«vk»88tz ?1»U6N8vd6r Llrunä. Vs^sKSigsnung. Sonntag, den 4. August, nachmittags von 2 Uhr an sollen in 8I«inüIo« 8^. II verschiedene Nachlaßgegenstände versteigert werden. MM M nm sonst sch PW bM werden dringend ersucht, sofort nach der Pferdeverkaufsstelle Char lottenburg Stall Nr. 10 im Bahnhof Zoologischer Garten zu kommen, da jetzt alle Rassen militärfreier Pferde vorrätig, spätere Belieferung jedoch fraglich. Preise pro Pferd ca. 3000—4500 Mark. Schriftliche Anfragen zwecklos. lmpmal-Lkesittveuben. Spielplan für den 3. und 4. August: !.—4. Zerren und 6er Drama. In der Hauptrolle Mia Map 5.-8. lkausokelläe Akkorde. Dramatisches Schau spiel. 9. tLrieAsderiekte von »Uen Fronten. WWe KW Mert-M Sonntag, den 4. August, abends 8 Uhr: ln neue»' ^usfUdpung: Schauspiel in 5 Akten. In der Hauptrolle Fern Andra u. Alfred Abel. Ksrlcksr! soll bsirstsn. i/KL Nachm 4 Uhr: NM'Große Familienvorstellung: Zius Äer sm vsmelEeßs. Ukrainer Speilsenksrte. »umoe. veutseke» 8pibLxeuZ üureks IslkrkunÄsrt. Es laden freundlichst ein. LmU 8t«io und Frau kuurmann. Königlich SücksiLcker Mitär-lW Verein Rudenau una Vmxsxvvll. Sonnabend, den 3. August 1918 abends 8 Dbr IVIonskvsrsammlunZ. Om rablreicke Beteiligung bittet 6er Vor8lLv6. Zum Antritt für den 15. August oder I. September 1918 sucht ein gesundes, kräftiges Mädchen für Küche und Haus die Apotheke Rabenau. 6 bis 8 kräftige Frauen werden noch angenommen Ziegelei Rabenau. Zuverlässige Frau oder Mädchen zum Austragen der „Dresdner Nachrichten" sucht Noch einige Mitsf«» stellen ein ernoi Wolk L Liv., illoiväl8a. Grätz. Halläivagen, 8—10 Ztr. tragend, sucht zu kaufen „Rabenauer Mühle-. Ächeln empfiehlt kr. ktotvnkauer. eaMok ObemLUNäork. Sonntag, den 4. August: 6ro88v turnvrkek-muMalketw -MWung und Ehester äss lui-nversinF Fpsis linnen, Nadenau unä Umgsgonä. Kassenöffnung '/,7 Uhr. Anfang '/,« Uhr. Eintritt 60 Pfg., Kinder in Begleitung Erwachsener zahlen die Hälfte. Um gütigen Zuspruch bitten der Turnrat und E. Uhlemann. Änsiclstslzarlsn, Prausr^arlsn, Slüc^wunsc^arlsn für alle Gelegenheiten empfiehlt in großer Auswahl üi« RtLokäravkeiei von Hermann Msrris^k. lllMlllW sucht für Färberei und Wäscherei und auch für andere Abteilungen per sofort oder später Färberei >ul. Hainsberg. tuiM llsnineken verkauft ttainabsrgsr 81r. 27. Sparkasse Hainsberg. Im dasigen Gemeindeamt ge öffnet: Montags, Mittwochs und Freitags nachm. von 2 — 6 Uhr. Verzinsung der Einlagen mit 3*/,'/» täglich. Einlagen werden streng geheim gehalten. Pasc^snmssssr mit Korkzieher und Dosenöffner, auch zum Anhängen, >aschen- scheeren bei Max KaNeemNen in verschiedenen Größen und Aus führungen bei k'tilL kkotvn Kauer LristpÄpisr in Kassetten, Mappen und lose, "einen mit Seidensutter, solange Vorrat reicht von 40 Pfg. an bei Max Wünschmann.