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Dee neue rüUch-WMsHe Meg. Der ferne Osten steht wieder unter dem Zeichen Les Krieges. Dem Drängen der Entente hat Japan endlich nachgcgcbrn und in Lem ostfibirtschen Hafen Wladiwostok Truppen gelandet, nachdem einige bolschewistische Räuber Lain den nötigen „Anlaß" gegeben hatten. Di« bolsche wistische Negierung in Rußland hat diesen Vorgang alt offizielle Kriegserklärung an das neue Rußland angesehen, nrtn seinerseits nach vergeblichen Mahnungen und Drohun gen an den Verband den Kriegszustand für ganz Sibirien angekündigi und bis sibirischen Sowjets (lokale Arbeiier- nnü Soldatenräte) aufgefordert, rote Armeen zu bilden und Len Japanern auf der ganzen Linie energischen Widerstand zu leisten, » Die Japaner haben zunächst erklärt, sie hätten nur einige wenige Tage Truppen gelandet, um dis Ordnung aufrecht zu erhalten. Dem widerspricht dis Tatsache, daß auch englische Truppen dabei find, und ebenso, daß das japanische Eingreifen vor sich geht auf Las Verlangen der Entente hin, Japan solle in Ofiasten eingreifen und den Bolschewist in Rußland das Leben sauer machen, nach Mög lichkeit das europäische Rußland mit japanischen Truppen überschwemmen. Dir Entente scheint da j tzt ihr Ziel erreicht zu haben, denn eS ist selbstverständlich, üaß eS jetzt nicht bei lokalen Maßregeln bleiben wird. Wenn Lie Sowjets in Sibirien über einige Macht verfügen, dann muß man wohl an nehmen, Laß es jetzt zu einem regelrechten Krieg kommen wird. Zn bescheidenem Umfange freilich, denn Rußland kann natürlich für einen solchen Krieg unmöglich ein wirk lich widerstandsfähiges Heer zur Verfügung stellen; schon, weil er keine Waffen, insbesondere keine Kanonen hat. Aber Japan wird nunmehr bas ostasiatische Drama zur Tragödie müchsn. Es wird dis rrgstfche Hilflosigkeit be nutzen, um alles in Sibirien an sich zu reißen, was ihm für dis Unterbringung seines unmenschlichen Bevölkerungs zuwachses notwendig erscheint. Und LsS wird ziemlich viel sein. Denn dis Einwohnerzahl von Alt-Japan ist trotz geradezu ungeheuerlicher Auswanderung nach Korea, nach Hinterindien, zum Archipel, dann zur Westküste Amerikas in den letzten 80 Jahren um 25 Prozent angewachsen und seins Hauptstadt Tokio hat bereits 2,5 Millionen, dis In dustrie» und Hafenstadt Osaka 1,5 Millionen Einwohner. Daß Rußland den Krieg, da draußen verlieren wird, ist ganz außer Zweifel. Aber die bolschewistische Regierung hat sich zur Kriegführung entschlossen, und es wird sich nur darum handeln, ob sie imstande ist, größere Mafien beweg lich zu machen und damit wenigstens einigen Widerstand zu organisieren. In dieser Hinsicht ist ein Urteil nur möglich, wenn man die besonders Veranlagung einerseits und den gegenwärtigen Zustand des russischen Volkes andererseits gegeneinander abwägt. Der Russe ist ein ganz phlegmatischer Geselle, der rr? hin und wieder einmal in Zorn «uSbricht, dann aber gleich in tobsüchtigen Zorn, danach aber sehr schnell wieder lfi fein hilflos schwächliches Dassin Les ZagenS und des Gehen- und Sichgehenlassens zurück,ünst. Das ist in den böhrren Schichten so, wo trotz künstlicher Einflüsse in Gc- jwtt von Zerstreuungen und Genüssen aller, auch der be- Lenklichsten Art im allgemeinen eine untätige Kraftlosigkeit vorherrscht. Das ist erst recht der Fall t-ei der großen Masse LeS Volkes, den Dauern, — worunter in Rußland ein abhängiges LanLproletariat zu verstehen ist, — für die ein Drang zur Arbeit nur durch Len Hunger oder Lie. Hungergesahr verursacht wird. Diese Mafien haben am Kriege bisher wirklich genug. Laß cs Len Sowjets ge lungen ist, eine Anzahl Banditen zur Beunruhigung des Landes auf Lie Beins zu bringen, ist eine Folgeerscheinung, wie sie jeder Krieg überall mit sich bringt. Dis übrigen, fast dir gesamten vom Milnär entlassenen Mannschaften sind in ihre Dörfer und Sredelvngen zurückgekehrt und sind nur noch von Lem einen Willen beseelt: Ruhs zu haben zur friedlichen Amgestaltung ihres Daseins. : Ob eS ter Lenin'scheu Negierung gelingen wird, sie ans diesem starken Ruhebedürfnis durch den Appell an die Vaterlandsliebe aufzurütteln, das ist eins andere Frage. Für den Muschik waren bisher dis Kriege immer nur ein rmcbWrndhareS Schicksal; mit dem Begriff Vaterland ver band er Kins besonders Vorstellung. Er wußte, baß er Lem Zaren unbedingt zu gehorchen hatte, wenn er nicht er» sSofieu werden wollte. MW SMS« SÄ MW. Von Marie Kamslcbsu. 1i (Nachdruck verboten.) Als der Freiherr von Hehdebreck auf Kronenburg starb, nahm man an, daß seine einzige Tochter Marie Ilse zu ihrer verheirateten Lieblingsbase nach der Re sidenz ziehen und dort schöne Künste treiben würde. Daß sie ruhig, auf dem großen Gute wohnen blieb», erregte zuerst Verwunderung, dann - man sich: „Nun wird sie heiraten, sie ist ja hübsch und reich, und für manchen Menschen anziehend." Als aber auch das nicht geschah, zuckte man die Achseln und meinte: „Sie handelt töricht, es wird ihr bald leid wer den, denn eine alte Jungfer bleibt man nicht gern." ^nn waren schon vier Jahre vergangen, und dem Fräulein Marie Ilse von Hehdebreck fiel es noch gar nicht ein, seine augenblickliche Lebensart zu ändern, es war ja außerordentlich glücklich. Dis alte Frau von Seckendorf, die auf des Frei fräuleins Wunsch als Ehrendame nach Kronenburg ge kommen War, legte ihr nichts in den Weg, sondern ließ sie ganz nach Belieben schalten. „Du soll! .ü wenigstens die Landwirtschaft ver pachten," riet Ziska Lindenberg der Bass. Aber Marie Ilse wollte davon nichts wissen, ließ sich durch ihren entfernten Vetter Benden, dessen Gut nur eine Stunde von dem ihren entfernt lag, einen tüchtigen Inspektor besorgen und fuhr vortrefflich dabei. Den ganzen Vormittag war sie tätig. Jnnen- und Außenwirtschaft mußten stets gewärtig fein, sie austauchen zu sehen. Bald stieg sie in den Milchkeller hinab, bald ritt sie auf ihrem hübschen, feisten Shet landspony über die Felder. Sie beaufsichtigte die Kartoffelsammler, besichtigte gemeinsam mit dein Ober förster die ausgedehnten Waldungen nnd sorgte dafür, daß der schöne Park stets in Ordnung war. Der Nachmittag gehörte ihr. Da wurde musiziert, gemalt und gelesen, ganz nach Neigung. Gegen Abend 5-ZMM »btt Sie KsZe üsr Die erste Phase der große!- deutschen Offensive ist sb- geschlossen, schreibt Stegemann im „Bund": Sie umfaßt zehn Tage und hat zur taktischen Erfassung von über 800 Geviertkilometern geführt, im Vergleich zu der 100 tägigen enZÜsch-ftanzösischen Sommeoffensive, Lie den Angreifern etwa 300 Gewerikilomeier und zur 120 tägigen englischen Offensive in Flandern, die etwa 200 Geviert» kilometer einbrachie, ohne zur taktischen Durchbrechung der deutschen Fronien zu führen. Die erste Dekade der deutschen Offensive ist so stürmisch und raumverschlingend ver laufen, daß man beinahe behaupten könnte, der Angreifer Habs mit längeren Fristen gerechnet, um gewisse Ziele zu erreichen. Am 1. April waren Lie englischen Armeen von Paris abgedvängt und der Gefahr ausgesetzt, das Haupt quartier und das Hauptdepot Amiens zu verlieren und mit verkehrter Front mit der HaaptbosiS Nonen—Paris, also der Seinelinie, vor der rechten Flanke anstatt im Rücken fechten zu müssen, eins Gesahr, der sie noch nicht entronnen sind. Die englischen Festlandarmeen kämpfen in dem von ihnen organisierten französischen Norden jetzt wie in einem riesenhaften Brückenkopf. Hieraus geht hervor, daß die strategische Lage des englischen Heeres in der ersten Phase der deutschen Offensive noch mehr gelitten hat, als diejenige der Italiener, als sie vom Isonzo auf den Tagliamento zu- »kickgeworfen wurden. Die Franzosen Haden in der ersten Phase der Verteidigung durch rasches Zufafsen das Schlimmste verhütet, aber ihre strategische Lage Hai sich auch verjchiech» tert. Die Taikrast, mit der die Franzosen durch Eiwetzen des größeren Teils ihrer straisgischen Reserven die Lage im Zentrum der Schlachtfiont gelistet Haden, darf nicht darüber hinwegtäuschen, baß sie in der Verwendung der Reserven nicht mehr srsi sind, sondern gezwungen werden, sie am äußersten linken Flügel ihrer eigenen Schlachtsrcmt aufzuhäufen. Maßnahmen die traurige Lage der belgischen Arbeiterschaft bessern wird und daß man iw besetzten Gebiet den guten Absichten der Verwaltung auch^oirllicheS Verständnis ent» gegenbringi. . —. ff "Das Objekt des jetzigen neuen Krieges ist denkbar un günstig für Lie Bolschewik:. Las ferne Sibirien ist dem Russen im allgemeinen gänzlich gleichgilt'g, und dis vor 15 Jahren Lurch den rufsisch-japanifchen Krieg heimgesuchten Familien Haffen Lieft GHafiatischen sFobciumsadent-uer Les Zarismus noch 'heme, auch wenn Lis Belschewiki sich dafür ins Zeug legen. i— . .. . ... ... . . Deutsches Reich. NsueS Friedeusgerücht. Von verschiedenen Seiten wird in Holland verbreitet, Laß in der vergangenen Woche in Lausanne in Ler Schweiz Dcfvrechungen staltgefunben haben zwischen einigen ösier- freichischen Diplomaten, zwei Personen der deutschen Hoch finanz und zwei hervorragenden Personen aus den Entente- iländern. An Ler Amsterdamer Börse erklärte man bereits ^am Sonnabend, daß Friedensverhandlungcn im Gange .seien. Wenn etwas an dem Gerücht wahr ist, wird es sich tzsch wohl kaum um mehr handeln, als um unverantwort- Me FühlungSversuche. i Teuerungszulage für NeAtsemwälts. Am 18. April »tritt eine Verordnung in Kraft, wonach die Gebührensätze Mr Rechtsanwälte sich um drei Zehntel, in Ler Berufungs instanz und in der ReoisionStnsianz um fünf Zehntel erhöhen, s— Die Gebührensätze der Gerichtsvollzieher erhöhen sich 'ebenfalls um drei Zehntel. 2 Jahren nach der Beendigung deS Krieges tritt die Verordnung wieder außer Kraft. Das rreu« AbzeUi-err sirr vorrvrmdets KrrscMelk- treues besteht aus Eisen und Zeigt auf seinem von einem LmSreriranz eingefaßten Schild einen Stahlhelm auf zwei gekreuzten Schwerter». Es ist schwarz bei ein- und zwei maliger, mattweiß bei drei- und viermaliger, mattgelb bei fünf- und »nehrmaliger Verwundung. Bet Zuerkennung eines höheren Abzeichens ist das bisherige zurückzugeben. Getragen wird es an der Bluse (Feldrock) Ler linken un teren Brust, auch an der bürgerlichen Kleidung. Zu« Bekämpfung dar G<chlschtsrrankheiten, Lis jetzt im Kriegs einen höchst bedrohlichen Umfang ange nommen haben, find im BevölkerungLausschuß des Reichs tages eingehende Beratungen gepflogen worden, Lis zum Teil sich aus die anders geartete Rsgeümg der Prostitution beschränken. Dort ist u. a. beschlossen wordrn, alle, also auch dis männlichen, GeschlechtLkrsnk.il unter ärztlichen Bc- handlunßkzwang zu stellen und Kurpfuscher auszuschalten. Im Sinns dieser Bestrebungen erlassen jetzt 688 große, zu- rneist ganz Deutschland umfassende sozialpolitische, kirchlich- religiöse und Wohlsahrtsveremigungen aller Richtungen und Konfessionen einen Ausurl, der z:r Bekämpfung Ler Miß stände auf diesem Gebiets folgende Forderungen enthält: Die Möglichkeit rechtzeitiger Eheschließung für alle Berufs stände muß gefördert werden. Umfassende Wohnungsreform und nachdrückliche Bekämpfung Les NlkoholiSmus gehören zu den unerläßlichen Grundlagen unserer VEsgesundung. Gehalt und Lohn sollen der Pfle,s junger Ehen und dem Schutze kinderreicher Familien Rechnung tragen. Daneben hat Lie unmüteldare Bekämpfung der Geschlechiskrankheiten e-nzusctzrn. Jede Behandlung der Geschlechts«,«-ken durch Kurpfuscher ist zu vrrhindern. Beratungsstellen sind diesen Leidenden zugänglich zn machen. Bordelle und bordell- artigs Betriebs müssen aushLren; sie sind des Vslkcs un würdig, da-3 dir Schlachten dieses Weltkrieges schlug. Der polizeiliche Zwang drr Eintragung in Dirnenlisten soll ver schwinden. Jugend und Familie sind gegen die Prostitution zu schützen. Dev Vorsitzende LeS VunhsI Lex Landwirte, Hßerr von Wangeahrim-Kleinspiegel, ist an LungenrnC zündvna schwer erkrankt. i ^sztcrlpoUtik für Belgien. In der sozialen Für sorge für das besetzte Belgien ist jetzt ein entscheidender Schritt vorwärts getan worden. Ein Vertreter Les Reich?« vrrsicherungSamts hat längere Zsit in Belgien geweilt, qm Lie Lage des arbeitenden Volkes dort zu studieren und zweckentfprrchendr Verbesserungen einzulciten. Jetzt sind Verordnungen über die obligatorische Kranken-, Invaliden» und Altersversicherung von Arbeitern und Angestellten in Flandern und Wallonien erlassen und veröffentlicht worden. Man darf die Hoffnung aut-sprechen, daß sich infolge dieser Vie plünäernäen Engländer Ja dem Kampfgebiet um Montdidier scheinen die Eng länder ihre Schützlinge, die Franzosen, recht elend mitge» nommen zu haben. Bei dem deutschen Vordringen find diele Einzelbauern in deutsche Gewalt gefallen, die der Aufforderung zur Flucht nicht stattgegebrn hatten. Diese sagen jetzt aus: „Die Engländer haben sich durch ihr Ver haken gegenüber Ler Ziviibeoölkerunö hier überall sehr un beliebt gemacht. Lebensmittel erhielt nur, wer Geld genug hatte, sie hoch genug zu bezahlen. Biele von uns waren sich darüber vollkommen einig, Laß eS Ler ärmeren Bevölkerung zur Zeit der Verwaltung des Landes durch die Deutschen besser erging. Drei Tags vor Erstürmung von Ham erbicltcn wir Brsehl, sofort die Stadt zu räumen. Es wur^u Züge bereitgestellt, in die unsere Landeleute wie Schafe hweingepserchl wurden. Miinehmen konnte man fast nichts. Kanin war die Stadt geräumfi so srärzftn sich die englischen Soldaten in die Häuser und plünderten. Alles wurde erbrochen und durchwühlt. Die Soldaten betranken sich zum Teil sinnlos und gaben sich dann einer barbarischen Zer störungswut hin. Niemand schritt ein. Dieses Wüsten dauerte so lauge, bi- die englische Soldateska durch Lie stürmenden Deutschen hinausgeworfen wurde." So wird bis Freundschaft, Lie die Franzosen den Engländern eni- egendringcn, immer mehr abgewürgt. GeÄUNädeitsverkältmsse in ?etervburg. Die Gesundheits-veri-ulir?^ in Petersburg werden aus englischer, Lenlnfeinblicher Feder so trübe wie nur möglich gefchttdrrt: Petersburg ist auf Sumpfboden ge baut und wird häufig von EplLemi-n heimgesucht. Diese Gefahr ist im letzten Jahre vielfachAZrößer geworden. ES gibt keine einheitliche Kanalisation, alles wird einfach irr di« Newa geschüttet, die zugleich das Trlulwafier lirfert. Dabet macht es wenig aus ob die Songrohre oberhalb oder Zab eS gewöhnlich" eine flotte Fahrt - im zweiräderkgen Kutschierwagen. Tas war eins Lust, wenn die feu rigen Jucket mit flüchtigen Hufen die Erde berührten, wenn Bäume und Sträucher nur so vorübertauztcn, und auf der Rückfahrt der Mondschein seine silbernen Streifen über, den Weg warf. Hü Tante SWendorfs Begleitung/besuchte Marie Ilse jede Festlichkeit, und sie war eine der gesuchtesten Tänzerinnen. Ließ es sich doch mit keiner so gut tanzen wie mit dem Fräulein von Hehdebreck, wußte doch keine so treffende geistvolle Antworten zu^geben wie sie. Hatte denn noch nie ein Mann Eindruck auf sie gemacht? Sie behauptete es wenigstens Ziska gegen über, die durchaus der Lieblingsbase ein Glück ver- , schaffen wollte, wie sie es an der Seite ihres Mannes j gefunden hatte. „Weißt du," behauptete Ziska bei ihrem letzten j Besuch in Kronenburg und ließ ihre dunkelbraunen ; Augen nachdenklich über Marie Ilse hingletten, „ich z glaube, du liebst unseren Vetter Benden." „Unsinn!" wehrte diese stolz und unbekümmert ab, konnte jedoch nicht verhindern, daß ihr eine heiße Blutwelle in das Gesicht stieg. Ziska sprach nicht wieder davon, aber sie behielt ihre Gedanken. — — — Es ist ein sonniger Junitag. Marie Ilse steht am Mittelfenstsr des Kronenburger Speisesaales und sieht die breite Lindenallee hinab, die von» Schloß eine gute halbe Stunde weit führt, und die Hans Heinrich entlang kommen muß! Wunderbar! Er hatte ? doch um vier Uhr in Kronenburg sein wollen, um ihr i sein neueingarittenes Pferd vorzusühren, und jetzt ver kündete die große Wirtschaftsuhr bereits die fünfte Stunde. Er ist doch sonst immer so pünktlich! Wäh rend sie dem eleganten Flugs der Schwalben nachsieht, die zwitschernd und glückselig die Luft durchschnei den, denkt sie über ihr Verhältnis zu dein Erwartete»» nach. Was zieht sie eigentlich zu Hans Heinrich, und i warum geht ihr Herzschlag in beschleunigtem Tempo, ° wenn sie an Vie hohe, elegante Gestalt ihres Vetters denkt! Sie liebt ihn nicht, wie Ziska anzunehmcn scheint, im Gegenteil, wenn sie zusammen sind, ge raten sie dermaßen in Meinungsverschiedenheiten^ da« ein jeder von ihnen sich das seste Versprechen ab- nimmt, den andern aufzugcben. Außerdem, es ist doch so mancher Fehler an ihm, vor allen Dingen sein Leichtsinn und sein Jähzorn. Ja, er ist ent schieden jähzornig, sehr jähzornig! Hat sie doch selbst einmal — es ist noch gar nicht lange her — gesehen, wie er seinem Diener bei einer» geringen Anlaß rück sichtslos die Peitsche um die Ohren geschlagen hat. Dann ein anderer Fall. Marie Ilse peinigt es, daran zu denken: er führt ein sehr unsolides, wenn anch kein schlechtes Leben! Sie hat erst gestern eine tolle Geschichte gehört, gut für junge Studenten, aber nicht für einen ausgewachsenen Mann! Wenn ihm nur je mand die Wahrheit sagen wollte — aber das tut keiner! Die Eltern sind lange tot, er hat keine Geschwister und die Freunde! — Alle gleich!" Das Fräulein- lacht geringschätzig. Sie essen alle an seinem Tisch und lassen sich's wohl sein auf Haus Bendorf, aber ihm gut zu raten -- das würde keiner übernehmen! Marie Ilse richtete sich energisch auf, bewaffnete srch init einem mächtigen Florentitterhut zum Schutz gegen die Sonne und eilte gegen die Tür. Eins wundervolle silbergraue Dogge stürzte ihr entgegen, sah sie mit klugen Augen an und versuchte die ge waltigen Tatzen auf ihre Schultern zu legen. „Ruhig, Treasure," sagte sie, „ich bin heute nicht in der Stimmung, mir von dir den Hof machen zu lassrn, aber du kannst mitkommen." In freudigen Sprüngen umkreist der Hund seine Herrin, als er aber sieht, wie wenig sie zum Scherzen aufgelegt ist, drängt er sich an ihre linke Seite und schmiegt seinen Kopf in ihre Hand. Marie Ilse erwidert den ehrerbietigen Gruß der ans den Feldern arbeitenden Leute, bleibt abw nicht nach ihrer Gewohnheit bei ihnen stehen, sondern geht nachdenklich durch die Allee. Die Leute machen na türlich ihre Bemerkungen: