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I DRESDNER PHILHARMONIE Sonnabend, den 14. September 1974, 20.00 Uhr Sonntag, den 15. September 1974, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden 2. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Maxim Schostakowitsch, Sowjetunion Solist: Gustav Schmahl, Leipzig, Violine Richard Wagner 1813-1883 Gerhard Rosenfeld geb. 1931 Ouvertüre zur Oper „Rienzi" Konzert für Violine und Orchester Nr. 2 PAUSE Dmitri Schostakowitsch geb. 1906 Sinfonie Nr. 12 op. 112 (Das Jahr 1917) Revolutionäres Petrograd (Moderato — Allegro) Rasliw (Allegro) — Aurora (Allegro) — Morgenröte der Menschheit (L'istesso tempo - Allegretto - Moderato) HlllllltlHI Illllllllll HIHIHI IIIHHHII HIIIHIIIIIIHIIIHHIHIIIIIHIIIIIIIIHIIIIII IIHIIIII HIHI Maxim Schostakowitsch, der Sohn des großen sowjetischen Komponi sten Dmitri Schostakowitsch, wurde 1938 geboren. Seit frühester Kindheit bereitete er sich auf den Musikerberuf vor. Zunächst erwarb er sich, dem Rat seines Vaters fol gend, ein beachtliches pianistisches Kön nen, u. a. als Schüler von Jakow Flier am Moskauer Konservatorium, und betrieb dann ab 4. Semester intensive Studien in den Dirigentenklassen von N. Rabinowitsch, A. Gauk und G. Roshdestwenski. 1963 legte er sein Staatsexamen ab und wurde Assi stent beim Moskauer Sinfonieorchester. 1966 verpflichtete ihn das von J. Swetlanow ge leitete Staatliche Sinfonieorchester der UdSSR als Dirigent. Mit diesem Orchester oder auch als Gastdirigent konzertierte Maxim Schostakowitsch in vielen Städten der Sowjetunion, in der VR Polen, VR Bul garien, in den Niederlanden, in Großbritannien, Japan, Mexiko, in den USA, in der DDR und in der BRD. Selbstverständlich nehmen im Repertoire des Künstlers, der Preisträger des II. Allurionswettbewerbes der Dirigenten in Moskau ist, die Werke seines Vaters eine füh rende Stellung ein, wie überhaupt die Pflege des zeitgenössischen Musikschaffens zu den wichtigsten Anliegen seiner künstlerischen Arbeit gehört. Gustav Schmahl, 1929 geboren, begann bereits in frühester Kindheit mit dem Geigen spiel. Er war Schüler von Max Strub in Detmold, von Gustav Havemann in Berlin und von David Oistrach in Moskau. 1953 bis 1970 war er 1. Konzertmeister des Rundfunksinfonieorche sters Berlin. Neben seiner regen solistischen Tätigkeit, auch für Rundfunk. Fernsehen und Schallplatte, wirkte er seit 1962 außerdem als Dozent an der Musikhochschule Dresden, wo er 1971 zum Professor ernannt wurde. Seit September 1973 ist er Rektor der Hochschule für Musik in Leipzig. Für seine hervorragenden künstlerischen Leistungen, insbesondere für seine Verdienste um die Pflege zeitge nössischer Violinliteratur, wurde Gustav Schmahl 1959 mit dem Kunst preis und 1968 mit dem National preis der DDR geehrt. Konzertreisen führten den Künstler u. a. in die Sowjetunion, die ÖSSR, die VR Polen, VR Bulgarien, die SR Ru mänien, die Ungarische VR, die SFR Jugoslawien, nach Schweden, Österreich, Großbritannien, Italien, in die BRD, nach Ägypten und in den Libanon. ZUR EINFÜHRUNG Richard Wagners 1840 in Paris vollendete und 1842 mit außerordent lichem Erfolg in Dresden uraufgeführte Oper „Rienzi" ist mit ihrem Pathos noch von der französischen „Großen Oper" im Stil Meyerbeers beeinflußt. Sie zeigt aber auch als erste Oper die ganze Wagnersche Meisterschaft. Das Werk ist ein politisches Selbstbekenntnis des Komponisten und wurde zu seiner Zeit auch als solches verstanden. Rienzi, der letzte römische Volkstribun, verjagt mit Hilfe des Volkes die Aristokraten, fällt aber dann den Intrigen des Adels und der Kirche zum Opfer. Seine Revolution war nur eine halbe Revolution. Die in Sonatenform angelegte Ouvertüre gestaltet die revolutionäre Idee von der Befreiung des Volkes durch die Verarbeitung entsprechend dem Ideen gehalt ausgewählter Themen der Oper. „Der Trompete langgehaltener Klang" als Signal der Befreiung ertönt dreimal am Anfang der Ouvertüre. Die lang gezogenen Trompetentöne beginnen im Pianissimo, steigern sich zur vollen Ge walt und verklingen wieder. Aus Rienzis Gebet, dem aufrüttelnden Schlachtruf „Santo spirito cavalierel", dem Huldigungschor auf Rienzi aus dem 2. Akt sowie dem Jubelchor aus dem 1. Akt baut Wagner die Ouvertüre eindrucksvoll auf. In großartiger Weise gestaltet er das ganze Geschehen des Befreiungskampfes bis zum triumphalen Ausgang. In der Instrumentation folgt Wagner der „Großen Oper“ seiner Zeit, wobei er sich vor allem stark auf das Blech im Orchester stützt. Der Name Gerhard Rosenfelds wurde schlagartig einer breiten Öffent lichkeit bekannt, als Gustav Schmahl und die Dresdner Philharmoniker im Jahre 1963 das 1. Violinkonzert des Komponisten uraufführten und wenig später für die Schallplatte produzierten. Inzwischen gehört Rosenfeld zu den profiliertesten Vertretern der mittleren Komponistengeneration der DDR. Sein bisheriger Ent wicklungsweg zeigt seine Begabung für die verschiedenen Genres der Instru mental- und Vokalmusik. Auffallend ist seine Vorliebe für den konzertanten Be reich. Er schrieb neben Orchesterwerken zwei Violinkonzerte, ein Klarinetten konzert (1965), ein Cellokonzert (1967), ein Klavierkonzert (1969), ein Konzert für eine Aljstimme und Orchester (1969), ein Flötenkonzert (1972). Des weiteren entstanden gewichtige Kammermusikwerke und großangelegte Kantaten wie „Vom Horizont eines Menschen zum Horizont aller Menschen" (1964) und „Das Feuer des Prometheus" (1967). Auch eine Oper, „Das alltägliche Wunder" nach Jewgeni Schwarz, 1973 in Stralsund uraufgeführt, ist zu nennen. Gerhard Rosenfelds Musik ist stets von einem inneren Engagement erfüllt; er weiß um die gesellschaftliche Wirksamkeit der Kunst und geht mit großem Ernst und Verantwortungsbewußtsein zu Werke. Seine Handschrift ist durch eine manchmal eruptiv erscheinende Expressivität gekennzeichnet. Er erstrebte zu nächst eine organische Synthese von tonal zentrierter Tonsprache mit neuen Kompositionsmethoden. Seit 1972 treten neue Kompositionsformen stärker in den Vordergrund, jedoch immer in einem solchen Zusammenhang, der notwendig und zwingend erscheint. Herkömmliche Formabläufe gibt es in Rosenfelds Wer ken nicht; die Form entsteht nach Bauprinzipien, die sich für ihn aus dem je weiligen motivischen, melodischen und rhythmischen Material ergeben. Rosenfeld wurde 1931 im ehemaligen Königsberg geboren. Er studierte von 1952 bis 1957 in Berlin Musikwissenschaft und Musiktheorie sowie seit 1955 Kom position bei Rudolf Wagner-Regeny. 1958 bis 1961 war er Meisterschüler von Hanns Eisler und Leo Spies in der Akademie der Künste der DDR. Danach wirkte er u. a. als Lektor an der Internationalen Musikbibliothek Berlin und als Lehr beauftragter an der Deutschen Hochschule für Musik „Hanns Eisler" in Berlin. Das 1972 komponierte 2. Violinkonzert entstand — wie bereits das erste — in enger Zusammenarbeit mit dem Geiger Gustav Schmahl, der es im Januar