Volltext Seite (XML)
ZUR EINFÜHRUNG Pavel Josef Vejvanovskjz war ein bedeutender mährischer Meister, der in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts (seit 1664 bis zu seinem Tode im Jahre 1693) im Dienste des Olmützer Bischofs Karl Liechtenstein-Kastelkorn stand. Er wirkte als Regens chori an St. Moritz in Kremsier (Kromeriz) und — seit 1670, nach dem Abgang H. I. F. Bibers - als Kapellmeister der dortigen Schloßkapelle. Er bezeichnete sich häufig als Feldtrompeter, obwohl er auch die Funktion eines Hoftrompeters versehen hat. Nach seiner Besoldungsgruppe gehörte er zu den höchsten Beamten des bischöflichen Hofes. Das genaue Datum seiner Geburt wie auch der Ort konnten bisher noch nicht einwandfrei festgestellt werden. Wahrscheinlich wurde er vor 1640 entweder in Hukvaldy (woher Leos Janäcek stammt) oder in Hlucin geboren. Vejvanovskys zahlreiche Kompositionen, u. a. 20 Messen, 4 Requiems, ein Tedeum, 20 Vespern, 30 Litaneien sowie viele weltliche Instrumentalwerke, meist Sonaten oder Serenaden genannt, haben sich überwiegend — in Autogrophen — im Schloßarchiv zu Kromeriz erhalten. Nachdem die Dresdner Philharmonie bereits in ihrem Festkonzert anläßlich der Heinrich-Schütz-Festtage der DDR 1972 die Sonata Ittalica des Komponisten zur DDR-Erstaufführung brachte, stellt sie heute erneut ein Werk des Meisters vor, das mit seinem Trompetenglanz so recht geeignet ist, etwas von der Atmosphäre erhabener Pracht zu vermitteln, wie es dem Musizieren in jener Zeit zu eigen war: die 1666 komponierte zehn stimmige Sonata in C für 2 Trompeten, 2 Posaunen, Streich orchester und Orgel. Das mehrgliedrige Werk, dem Kanzonentypus zugehörig, ist in einer korrespondierenden, konzertanten Technik gearbeitet; melodisch begegnen Elemente der volkstümlichen tschechischen Singweise. Vejvanovskys von den Wiener Komponisten seiner Zeit beeinflußter Stil zeigt eine interessante Vorliebe für den Ausdruck in homophonen Flächen, die er wirkungsvoll mit polyphonen Elementen abwechselt. Seine Polyphonie strebt zur Vereinfachung des Ausdrucks, der sich vor allem auf verschiedene Arten der Imitationstechnik stützt. Hinzuweisen ist ferner auf die originelle Variations technik; die einzelnen Werkteile sind entweder durch kurze Modulationsgebilde verbunden oder folgen einander mit einem Sprung in eine andere Tonart. Die Tempoangaben sind zugleich Funktionsbezeichnungen des Ausdrucks. Eugen Suchen, der heute 65jährige Nationalkünstler, ist neben Jan Cikker die prominenteste Persönlichkeit der gegenwärtigen slowakischen Musikkultur, dessen eigenständiges Schaffen längst nicht nur in den Besitz des slowakischen und tschechischen Volkes überging, sondern das weite internationale Anerken nung gefunden hat. Beispielsweise wurde seine Oper „Krütnava" (1949) inner halb des tschechoslowakischen Opernschaffens nach Janäcek zum größten inter nationalen Erfolg. Mit diesem Werk gab Suchon dem slowakischen Volke ver gleichsweise das, was Smetana mit seiner „Verkauften Braut“ den Tschechen, Mussorgski mit „Boris Godunow“ den Russen und Moniuszko mit „Halka" den Polen gab: die slowakische Nationaloper. Auch mit seiner nächsten Oper „Svätopluk" (1959) bewies Suchon sein sicheres Gefühl für dramatische Wir kungen. Hervorgegangen aus der Schule von F. Kafenda in Bratislava und V. Noväk in Prag, hat er in Weiterentwicklung einer zunächst auf Noväk und Janäcek zurückgehenden Musiksprache, die er mit der slowakischen Folklore verband, längst eine persönliche Handschrift ausgebildet, die in freizügiger Weise Elemente der Dodekaphonie einbezieht. Suchon schuf außer seinen Bühnenwerken Orchester-, Kammer- und Vokalmusik (Kantaten, Lieder, Chöre, Volksliederbearbeitungen). Er ist Vorsitzender des Verbandes der Slowakischen Komponisten, Abgeordneter des Slowakischen Nationalrates, er lehrt an der Komensky-Universität und ist Mitglied von Leitungen internationaler Organisa tionen wie der Internationalen Gesellschaft für Musikerziehung und der Inter nationalen Gesellschaft zur Wahrung der Komponisten-Autorenrechte. Eine seiner jüngsten Schöpfungen ist die heute zur DDR-Erstaufführung ge langende Sinfonische Fantasie über B —A —C —H für Orgel, Streichorchester und Schlagzeug, für die der Komponist 1973 den Staatspreis der CSSR erhielt. Professor Suchon schrieb uns zu diesem Werk: „Um mein sechzigstes Lebensjahr herum gedachte ich die zweite Periode meines kompositorischen Schaffens durch zwei Werke abzuschließen und zwar mit dem Zyklus von Erinnerungen .Kaleidoskop' und einem .Concertino für Orgel, Streich orchester und Schlagzeug'. Ursprünglich sollte das .Concertino' den Abschluß des Zyklus .Kaleidoskop' bilden. Nach Beendigung des .Kaleidoskops' habe ich jedoch meine Absicht geändert, von der Konzeption des .Concertino' Abstand genommen und mich entschlossen, meine erste Orgelkomposition Johann Sebastian Bach zu widmen, dem großen Baumeister der Fundamente der klassi schen europäischen Harmonie und Polyphonie, upd damit den durch die Werke Blachs repräsentierten geistigen Werten eine Huldigung darzubringen, ich schrieb die Sinfonische Fantasie über B—A—C—H für Orgel, Streichorchester und Schlagzeug. Zum Unterschied von Komponisten, die die Buchstaben B-A—C—H zumeist in horizontalen Variationen verarbeitet haben, versuchte ich daraus möglichst viel auch für die vertikale Struktur herauszuholen. So verwendet die Partitur z. B. auf der ersten Seite alle zwölf Töne der chromatischen Tonleiter, läßt dabei aber ahnen, daß den Kern der Akkordstruktur die Verdichtung der Intervalle und Akkorde bilden wird, beginnend mit Kombinationen von Dur- Quintakkorden mit Kleinsekund-Entfernung ihrer Grundtöne bis zu den mannig faltigsten vertikalen Formen wie z. B. dem Großseptime-Vierklang. Will sich der Zuhörer in die gesamte Atmosphäre der Komposition vertiefen, möge er das gemeinsame Gedankengut der drei Werke in Betracht ziehen, die ich im Rahmen des zweiten Zyklus meines Lebenswerkes für ein Soloinstrument und Orchester geschrieben habe: .Fantasie für Violine und Orchester', .Suite für Klavier und Orchester' (ebenfalls mit dem Charakter einer Fantasie) und die .Sinfonische Fantasie über B—A—C—H'. überdies ist hier eine Verwandtschaft mit dem ersten und dem letzten Satz der .Metamorphosen' (eines 1953 ge schaffenen Orchesterwerkes) evident. Das thematische Material der .Meta morphosen' geht von der Diatonik aus, während die .Sinfonische Fantasie über B—A—C—H' es gleich zu Beginn — gerade unter dem Einfluß der Tonfolge B-A—C—H — chromatisiert. Dabei möge man meine Zielsetzung beachten: Die .Metamorphosen' schließen den mittleren Teil der zweiten Schaffensperiode ab. Die .Sinfonische Fantasie über B—A—C—H' beschließt deren dritten Teil mit einem Material, das zur Nutzung der chromatischen Totale führt. Selbst wenn die Zwölfton-Technik hier unter dem Einfluß modaler Akkordik eine neue Gestalt erhält, bemühte ich mich auch in der .Sinfonischen Fantasie über B—A—C—H', meine ursprüngliche kompositorische Handschrift beizubehalten." Zdenek F i b i c h gilt neben Smetana und Dvorak mit Recht als der dritte Klassiker und Mitbegründer der tschechischen Nationalmusik. Geboren 1850 in Vseborice in Mittelböhmen, erwarb er bereits in frühem Alter eine gründliche musikalische Ausbildung (u. a. bei Smetana in Prag), die er durch Studien im Ausland (in Leipzig, Paris und Mannheim) ergänzte. 1873—1874 wirkte er als Musiklehrer in Wilna, sonst lebte er seit 1871 in Prag, wo er durch privaten Musikunterricht seinen Lebensunterhalt verdienen mußte. Nur von 1875 bis 1878 war er Zweiter Kapellmeister des Interimstheaters upd von 1878 bis 1881 Chor meister der orthodoxen Kirche in Prag. Kurze Zeit vor seinem Tode (1900) wurde er Dramaturg des Nationaltheaters.