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»hilhiarnnoni Dur nach Moll sorgen neben Figurations- Josef Suk, dessen Werk bisher worden ist, darf mit seinem Schaffen bei uns noch nicht gebührend gewürdigt wie Leos Jandcek und Vitezslav Noväk als 7. PHILHARMONISCHES KONZERT 1973/74 Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1973/74 — Chefdirigent: Günther Herbig Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Die Einführung in das Violakonzert von C. Stamic schrieb unsere Praktikantin Sylvia Schode vom Bereich Musikwissenschaft der Humboldt-Universität Berlin Druck: Polydruck Radeberg, PA Pirna - 111-25-12 2,85 ItG 909-6-74 schottischen Volksmusik ist. Auch das Seitenthema ist der Folklore des schottischen Volkes abgelauscht. Mendelssohns Lehrer Karl Friedrich Zelter hatte ihm den Rat mit auf den Weg gegeben, „Lieder und Tänze an Ort und Stelle genauer aufzuzeichnen, als man sie durch reisende Liebhaber und unu.nterrichtete Nach schreiber bis jetzt kennt". Wehmütig-gesangvoll ist der langsame dritte Satz (Adagio) gehalten. Besonders das klangvolle Hauptthema der ersten Geigen berührt die Bezirke schwärmerischer Innigkeit, während das ernste, fast düstere (an einen Trauermarsch gemahnende) zweite Iherna (in den Bläsern) schwere, ja heftige Akzente setzt. Scharfe, kraftvolle Rhythmen kennzeichnen das sich von Moll nach Dur bewegende zweiteilige Finale (Allegro vivacissimo — Allegro maestoso assai), in dem schließlich die bisher vorherrschenden dunklen Emp findungen einem sieghaften, triumphalen und vorwärtsstürmenden Jubelgesang weichen. Im zweiten Teil ('• S -Takt) des Finales bestätigt sich in einem „schottisch" inspirierten Thema nochmals das schottische Kolorit des Werkes, das zu den schönsten sinfonischen Leistungen des 19. Jahrhunderts gehört. Wegbereiter jener tschechischen Musikergeneration angesehen werden, die nach dem zweiten Weltkrieg in das Blickfeld der Öffentlichkeit trat. Aber nicht nur für die weitere Entwicklung der tschechischen Musik wurde sein Oeuvre außer ordentlich bedeutungsvoll — es besitzt vor allem genügend künstlerische Eigen ständigkeit und Überzeugungskraft, um selbständig bestehen zu können. Suks Stil wurde stark durch den Impressionismus und Richard Strauss beeinflußt, erhielt jedoch seine persönliche Note durch den kompliziert-grüblerischen Charakter des Komponisten, seine lyrisch-melodische Erfindungsgabe und seinen eigenartigen Formwillen. Er schrieb u. a. bedeutende Orchesterwerke (darunter die Streicherserenade Es-Dur, die sinfonische Dichtung „Fraga", die Sinfonien „Asrael", „Das Reifen" und „Epilog"), Kammermusik, Klavierstücke, Chorwerke und Bühnenmusiken. — Einer alten Kantorenfamilie entstammend, 1874 in Krecovice (Böhmen) geboren, zeigte Suk schon frühzeitig Äußerungen einer außerordentlichen musikalischen Begabung. Als Elfjähriger kam er bereits an das Prager Konservatorium, wo er die Aufmerksamkeit Dvoraks, seines späteren Lehrers, erregte. 1892 gründete er das weltberühmt gewordene „Böhmische Quartett", dem er bis 1933 angehörte, bei etwa 4 000 Konzerten in der ganzen Welt mitwirkend. Suk war auch ein hervorragender Pädagoge. Einer seiner Schüler war Bohuslav Martinü. 1922 wurde er Kompositionsprofessor am Prager Konservatorium — eine Stellung, die er bis zu seinem Tode im Jahre 1935 inne hatte. 1898 hatte er Dovrdks Tochter Otylka geheiratet. Als 1904 05 Schwieger vater und Frau verstorben, erschütterten ihn diese beiden Schicksalsschläge derart, daß eine Wende zum Reflexiven in seinem Schaffen eintrat. Als Suk im Frühling des Jahres 1904 auf einer Konzertreise des „Böhmischen Quartetts" in Spanien weilte, war er von Heimweh und Sehnsucht nach seiner Heimat erfüllt. Dabei kam ihm der Gedanke, Prag durch eine sinfonische Dich tung zu verherrlichen, die seine Liebe zu dieser Stadt ausdrücken sollte. Die plötzliche Rückkehr nach Prag zu Dvoraks Begräbnis am 1. Mai 1904 beschleu nigte die Verwirklichung seines Planes. Das noch während der Konzertreise skizzierte Werk vollendete er Anfang Oktober 1904 in seiner Geburtsstadt Kreco vice. „Der Begeisterung verdankt es seine Entstehung", äußerte Suk, „und mit jener Begeisterung, in der ich Prag über alles erheben wollte, wurde es zu Ende geschrieben." Die Uraufführung der sinfonischen Dichtung „Praga" o p. 2 6 erfolgte am 18. Dezember 1904 in Pilsen durch die Tschechische Phil harmonie unter der Leitung von Oskar Nedbal. über die inhaltlichen Absichten des Komponisten in dem in feierlichem Ton gehaltenen Stück schrieb Otakar Sourek: „Wie in einem fernen Nebel erscheint ihm au.s grauer Vergangenheit das Bild Prags. Er gedenkt seiner Entwicklung und Blüte, aber auch der schweren Zeiten voller Stürme und Verwirrungen, die sich über die Stadt hinwegwälzten, und mit prophetischem Blick sieht er die Zukunft der Stadt Libusas in Glanz und Herrlichkeit." Zwei thematische Haupt gedanken liegen der sinfonischen Dichtung zugrunde: das mit dem hussitischen Choral „Ihr, die Ihr Kämpfer Gottes seid" verwandte Leitthema Prags, das die ganze Komposition beherrscht und das sogleich zu Beginn von den Hörnern angestimmt wird, und ein später eingeführtes zweiteiliges Liebesthema, dessen ersten Teil der Komponist seiner Schauspielmuisk zu J. Zeyers „Radüz und Mahulena" entnahm. Carl Stamic wurde 1745 in Mannheim geboren. Sein Vater, Jan Väciav Stamic, tschechischer Komponist und Violonist, war aus sozialen, politischen und religiösen Gründen — wie so viele tschechische Musiker im 18. Jahrhundert — nach Deutschland emigriert und zusammen mit anderen Musikern seines Lander, an den aufgeklärten Hof des Kurfürsten Karl Theodor zu Mannheim gegangen. Hier befand sich um die Mitte des 18. Jahrhunderts ein Kulturzentrum von europäischem Ruf. Das Verdienst des Musikerkreises um J. V. Stamic, der so genannten Mannheimer Schule, lag in der Bewältigung der großen zyklischen Instrumentalform und in der Gestaltung aufgeklärten Ideengutes in der Instru mentalmusik, in der Einführung einer neuen, dynamisch hoch differenzierten Orchesterpraxis, in der Entdeckung instrumentaler Farbwirkungen. Die Wiener Klassiker empfingen von hier entscheidende Impulse für die sich neubildende Musizierpraxis des aufstrebenden Bürgertums. Carl Stamic, der seine musikalische Ausbildung von seinem Vater und anderen „Mannheimern" erhielt, wurde 1762 Mitglied der dortigen Hofkapelle, die zu dieser Zeit eines der hervorragendsten Orchester Europas war. 1770 verließ Stamic Mannheim und unternahm eine Reise nach Frankreich, wo er prunkvolle Konzerte gab. Für kurze Zeit in den Diensten des Herzogs von Noailles stehend (1785), führte er danach ein unruhiges Wanderleben als Virtuose und Lehrer, bereiste Deutschland, Österreich, die Niederlande und Rußland, in den Jahren 1789 90 dirigierte er das Liebhaberkonzert in Kassel. 1794 bekam Stamic eine feste Anstellung als Direktor der akademischen Konzerte in Jena und verstarb hier im Jahre 1801. Der Schwerpunkt seines kompositorischen Schaffens liegt auf dem orchestralen Werk. Unter den erhaltenen Kompositionen befinden sich 80 Sinfonien, Solokonzerte für verschiedene Instrumente sowie Kammer musik und eine Oper. Dos Konzert für Viola und Orchester D-Dur op. 1, im Cha rakter freundlich und heiter, stellt ein Übergangswerk von der alten Konzertform des Concerto grosso zur modernen Sonatenform der Wiener Klassik dar. Den Schwerpunkt bildet der erste Satz, dessen zweites Thema schon deutlich ausge prägt ist. Solo- und Tuttiteile des Orchesters durchdringen sich thematisch-moti visch mit virtuosen Passagen des Soloinstrumentes. Der flüssige Kompositionsstil ist typisch für Carl Stamic. Das melancholische Andante des Mittelsatzes kon trastiert in seiner Mollfärbung zu den beiden Ecksätzen. Ein heiteres Rondo, dessen Thema zuerst von der Viola vorgetragen wird, beschließt das Ganze. Tonarten-Wechsel und Wechsel von Dur nach Moll sorgen neben Figurations episoden für Abwechslung.