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Freitag. — Nr. 298. —— 21. December I8SS. EeiPziß. Dit Zeitung erscheint mit Au-nahme Les Montags täglich und wird Nachmittags 4 Uhr aus» gegeben. Pveis für das Viertel jahr I'/, Thlr.; jede ein zelne Nummer 2 Ngr. Deutschs Mgmkiuc Zeitung. »Wahrheit und Recht, Freiheit und GesetzI» Zu beziehen durch all« Pvstämter des Zn- und Auslandes, sowie durch die krpedltion in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Jnsertt-nSg-duhr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Den erhöhten Anfoderungen, die in der jetzigen Zeit an die größer» politischen Blätter Deutschlands gestellt werden, sucht die' Deutsche Allgemeine Zeitung in jeder Weise zu entsprechen. Sie hat zahlreiche und zuverlässige eigene Gorrespon-ente« an allen Hauptpunkten Europas, namentlich auch an den verschiedenen bei den gegenwärtigen Ereignissen besonders wichtigen Orten. Ihre ikeitarttkel suchen*den Leser über die politischen Angelegenheiten zu unterrichten und zugleich die Aufgabe der unabhän gigen patriotischen Presse nach Kräften zu erfüllen. De« sächsische« Angelegenheiten wird in Leitartikeln und Cor- respondenzen große Aufmerksamkeit gewidmet. Wichtige Nachrichten, auch die Börsencurse von London, Paris, Wien, Berlin rc., erhält die Zeitung durch telegraphische Depesche«. Die Interessen des Handels und der Industrie finden sorgfältige Be achtung. Ein Feuilleton gibt zahlreiche Originalmittheilungen und kurze Notizen über Theater, Kunst, Literatur u. f. w. Die Deutsche Allgemeine Zeitung erscheint, mit Ausnahme des Montags, täglich in eitlem ganzen Bogen. Das viertel jährliche Abonnement beträgt für Sachsen 1 Thlr. 15 Ngr., für Preußen 2 Thlr. 9/- Sgr., für das übrige Deutschland und däS Ausland 1 Thlr. 21 Ngr. Inserate finden durch die Zeitung die weiteste Verbreitung und werden mit 2 Ngr. für den Raum einer Zeile berechnet. Bestellungen auf -aS mit dem I. Januar beginnende neue Abonnement werden von allen Postämtern des In- und Auslandes, in Leipzig von der Expedition der Zeitung angenommen und baldigst erbeten. Die Stellung der evangelischen Kirche in Oesterreich. NWien, 18. Dec. Unser neues, unser verjüngtes Oesterreich scheint von Deutschland noch immer nicht ganz begriffen zu werden. Das neue Ge- werbegefetz predigt wieder den neuen Geist, der bei uns zum Regiment ge langt ist. Vielleicht begreift man das jenseit der böhmischen Berge besser, als wir es zuletzt an dem Concordat erfahren haben. Oder wäre dieses wirtlich etwas Anderes als eine Frucht des von den verschiedensten Seiten her empfohlenen Princips der Freiheit der Kirche? Die Anwendung die se« PrinripS in Oesterreich ist übrigen- auch nicht einmal der katholi- schen Kirche zuerst zustatten' gekommen. Die Thatsachen mögen in dieser Hinsicht sprechen. Nur die Unbekanntschaft mit diesen vermag zu irren. In Ungarn und in Siebenbürgen insbesondere und auch außerdem war die evangelische Kirche in ihren inner» Verhältnissen schon bisher viel unab hängiger vom Staate als die katholische. Der letztere fehlte z. B. bis auf die neueste Zeit das Recht, Diöcesan- und Provinzialsynoben zu halten, gänzlich. Die evangelische Kirche dagegen besaß und übte dasselbe. Zn Un- garn wurde dieses Recht allerdings durch die nothwendige Verhängung des Belagerungszustandes mit suspendirt. Mit der Aufhebung desselben wurde cS aber reaetivirt durch die Verordnung des Kultusministeriums vom 5. Juli 1854, welche den großen Localcpnventen sowie den Senioral- und Super- intendentialconventen das Recht des freien Zusammentritts und die freie Berathkng ihrer kirchlichen Angelegenheiten wieder zutheilte. Ein landes- fürstllcher Kommissar hat solchen Versammlungen zwar beizuwohncn, allein nicht dgs Geringste weiter dabei zu lhun, als darüber zu wachen, daß die Verhandlungen auf kirchliche Angelegenheiten allein beschränkt bleiben. Die Senioral- und Superintendentialconsistorien üben die kirchliche Gcrichtsbar- keit au«. Rücksichtlich der Wahlen der Pfarrer und Schullehrer hat die Regierung sich lediglich das Recht Vorbehalten, binnen einer Frist von sechs Wochen darüber sich auSzusprechcn, ob politische Bedenken der Ein führung deS Gewählten in das Pfarr- oder Schulamt entgegenstehen. Der §. 11 der Verordnung vom, 3. Juli 1854 setzte fest, daß die Evan gelischen beider Konfessionen zum Zwecke der definitiven Entscheidung über ihre kirchlichen Angelegenheiten gehört werden sollten. Darauf hin wurden Anfang diese- Jahres Vertrauensmänner beider protestantischen Confessio- ncn in Ungarn nach Wien berufen, und das Ergebniß der mit ihnen ge pflogenen Besprechungen unterliegt den Berathungm der Behörden. Der Augenblick aber dürfte nicht fern sein, wo auf Befehl des Kaisers die Protestanten Ungarn« unter Vorlage organisatorischer Bestimmungen wer den gehört werden. In Siebenbürgen wurde mittel« Verordnung vom 27. Febr. 1855 die Vertretung und Verwaltung der dortigen evangelischen Landeskirche aug-burgischen Bekenntnisses provisorisch geregelt. Es wurde dabei ganz von den nämlichen Grundsätzen ausgegangen wie bei dem Con- cordat. In h. 4 dieser Februarverordnung ist ausdrücklich der in Sieben bürgen schon vorher anerkannte und durchgeführte Grundsatz von neuem ausgesprochen worden, daß jede kirchliche Gemeinde berechtigt ist, ihre be- sondern Angelegenheiten durch die Beschlüsse ihrer In gesetzlicher Weise ver sammelten Vertretung zu regeln. Dis kirchliche Gerichtsbarkeit ist in Sie benbürgen durch die bezogene Verordnung den Bezirks - und Superlnten- dentialconsistorien übertragen, und di« Kirchrngemeinden selbst haben da« Recht der freien Wahl ihrer Pfarrer und Schullehrer und des freien Er werbs von Eigenthum und von dessen Verwaltung. WaS die übrigen Pro testanten im Kaiserthume betrifft, welche unter den beiden Konsistorien zu Wien stehen, so sind alle ihre bisherigen Rechte auftechterhalten und noch vermehrt worden. Insbesondere geschah die« durch dir Verordnung vom 30. Jan. 1849, welche die unter den beiden evangelischen Konsistorien stehenden protestantischen Gemeinden von aller und jeder Abhängigkeit von der katholischen Geistlichkeit, die noch in Bezug auf Stolgebühren, das Aufgebot, die Führung der Tauf-, Trauungs- und Sterbebücher bestand, vollkommen im Sinne der Gleichberechtigung befreite. Die bis dahin ge- setzliche Benennung Akatholiken wurde in Evangelische der Augsburgischen und Evangelische der Helvetischen Konfession umgcwandelt. In dem Pa tente vom 31. Dec. 1851 sicherte der Kaiser Franz Joseph I. feierlich und ausdrücklich zu: daß er jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsge sellschaft in dem Rechte der gemeinsamen öffentlichenNeligionsübung, dann in der selbständigen Verwaltung ihrer Angelegenheiten, ferner im Besitze und Genüsse, der für ihre Kultus-, Unterrichts- und Wohlthätigkeitszwccke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonds erhalten und schützen wolle. Dieses feierlich« Kaiserwort ist die ölaznu 6karts der Protestanten in Oesterreich. Anzuführen ist hier auch die aus allerhöchster Entschließung vom 11. Oct. 1849 der evangelisch-theo logischen Lehranstalt in Wien ertheilte zweckmäßigere Organisation mit dem Rechte, die theologische Doctorwürde zu verleihen, was dieselbe, mithin den katholisch - theologischen Facultäten auch in dieser Beziehung völlig gleich stellte. Aus allen diesen Thatsachen ergibt sich aber unstreitig, npt wtlcher Fürsorge unter der Regierung des Kaisers Franz Joseph I. die Angelegen- heiten der evangelischen Kirche in Oesterreich ins Auge gefaßt worden sind und daß zur definitiven Regelung dieser Angelegenheiten die einleitenden Schritte seit längerer Zeit in der Art getroffen wurden, daß der Abschluß , der hochwichtigen Sache baldigst zu erwarten ist. Deutsch!««-. Preußen. ^Berlin, 19. Dec. Es wird Ihnen nicht entgangen sein, wie die officiösen pariser Korrespondenten jetzt alle Künste der Dialek tik zu Hülfe nehmen, um zu beweisen, daß Das, was sie über den gün stigen Stand der Friedensfrage in den letzten Wochen berichtet haben, eben nur eine Darstellung der allgemeinen Sachlage gewesen sei, daß sie damit aber nichts weniger als eine positive Wahrscheinlichkeit für oder ge gen die Wiederherstellung des Friedens hätten aussprechcn wollen. WaS diesen letzter» Punkt betreffe, so sei das Endresultat der betreffenden diplo matischen Bemühungen, welches nur noch bei Rußland liege, eben abzu- wartcn. Man sicht, die betreffenden Korrespondenten haben die Ueberzeu- glmg gewonnen oder sind nachträglich belehrt worden, daß sie zu weit ge gangen seien, und sie sorgen darum schon beizeiten für die geeigneten Mittel zum Rückzüge. Aber Das, was der bekannte V-Corrcspondent der Jnde- pendance belge, welcher bei den erwähnten Dialektikern voransteht, von ei- nein zwischen Oesterreich und den Wcstmächtcn gewonnenen positiven Re sultat sagt, ist auch nicht richtig, wenigstens nicht in dem Smne, wie er die Sache hinstellen will. Oesterreich ist allerdings im Sinne des FriedenS thätig gewesen und ist es ohne Zweifel auch noch. Bei allen'Frieden«, bemühungen muß der dritte Garanlicpunkt natürlich den Schwerpunkt de- Ganzen bilden. Was Rußland betrifft, so ist von ihm, solange keine außerordentlichen Vorgänge cintrete», ein Gngehen auf die westmächtliche Interpretation des dritten Garanliepunkt« unter keinen Umständen zu er warten. Was Oesterreich betrifft, so hat cs sich nm Schluß der Wiener Konferenzen über seine Stellung zu dem dritten Garantiepunkt in einer be sonder« Interpretation klar und bestimmt ausgesprochen und gleichzeitig zu erkennen gegeben, daß es diese seine Interpretation als vollkommen genügend für alle Theile halte. Auf diesem Standpunkt steht Oesterreich, wir wir vollkom men versichern können, auch jetzt noch. Aus diesen Thatsachen folgt nothwendig