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jedem Tage mehr das Aussehen eines verschanzten Lagers annehmen. Zu mal ist das Terrain dort sehr coupirt, und die Russen würden sich, bevor sie ihre Colonnen formiren könnten, einem mörderischen Feuer aussehcn müssen. In der Fronte wird ununterbrochen gearbeitet. Das mislungene Unternehmen vom 18. Juni scheint die Soldaten noch versessener auf die Erstürmung des Malakow gemacht zu haben. Troß des feindlichen Feuers breiten sich die Werke der Alliirten, die feindlichen Forts umzingelnd, nach allen Richtungen langsam wol, aber unwiderstehlich aus. Sie kriechen an den Seiten des Malakow hinan und umranken den Nedan immer enger und enger. Die französischen Batterien gegen die Mastbastion sind auch endlich -u Stimme gelangt, und es gab auf dieser Seite in den letzten Tagen heftiges Feuern. Was weiter geschehen soll, ist ein Geheimniß der Ober generale." — Der Constitutionnel enthält folgenden Brief eines jungen Militärs der orientalischen Armee, datirt Sewastopol, 27. Juli: „Wir sind fort während in Expeditionen und Recognoscirungen begriffen, die russischen Campirungen umschwärmend und, wenn wir ausruhen, nur mit Ei nem Auge schlafend. Wir haben die Tscherna-Rjetschka überschritten und sind jetzt jenseits Sewastopol im Bivouac von Baga. Wir lagern inmit ten der Berge auf noch unbetretenem, noch nicht wie die andern Lager von tobten Pferden und Gräbern angefülltem Boden. Die Luft hier ist scharf und rein, der Soldat ist fröhlich, voller Feuer, Vertrauen und Muth. Ich möchte euch öfter schreiben können, allein wir sind sozusagen fortwährend in Bewegung; heute bin ich von der Escorle bei dem befeh lenden Brigadegeneral, was mir das Vergnügen verschafft, euch schreiben zu können. Ich halte mein Pferd mit der linken Hand am Zügel, und meine Säbcltasche dient mir statt eines Schreibpults. Die Dragoner und Kürassiere sind hinter uns, und die Höhen sind von der Infanterie besetzt. Wir sind hier in prachtvoller Gegend; allein eine Armee hat nicht große Zeit nöthig, um die Localmittel aufzuzehren, besonders wenn sie wie die Herren Husaren das Geflügel und den guten Wein zu schätzen weiß. Wir sind übrigens durchaus nicht zu beklagen, und wenn man zu Hause in Frankreich in unsern Herzen lesen könnte, so würde man darin Ge fühle entdecken, die als sichere Bürgen des Erfolgs und des Siegs gelten können." — Aus Marseille vom 11.Aug. wird die Ankunft des Sinai mit Nach richten aus Konstantinopel vom 2. Aug., aus der Krim vom 31. Juli tclegraphirt. Ungeheure Massen von Wurfgeschossen waren in die Lauf gräben gebracht worden; doch waren noch mancherlei Vorkehrungen nöthig, bevor zu einem neuen Angriff auf den Malakowthurm geschritten werden kann. Die Presse d'Orient bemerkt, daß 56 Batterien allein für den Angriff auf dem linken Flügel in Entfernungen von 50—120 Meter von den feind lichen Werken errichtet worden seien. Bei Abgang des Sinai weilte Omer- Pascha noch immer in Konstantinopel. Die Türken verschanzen sich an der Donau. Die Schiffahrt an der Sulinamündung wurde durch Räuber unterbrochen; der Donauhandel ruft den Schutz der verbündeten Mächte an', damit die Schiffahrt die nölhige Sicherheit erhalte. Zwischen den Befehlshabern der türkischen Truppen und der österreichischen Militär behörde in den Donaufürstenthümern sind Mishelligkeiten ausgebrochen, da letztere die Zumuthung wagte, daß sie im voraus von allen militärischen Operationen, welche die Türken etwa vornehmen wollten, unterrichtet werde. Laut Nachrichten von der asiatischen Küste ist es den russischen Truppen, die Anapa vor zwei Monaten räumten, endlich gelungen, über den Kuban zu gehen, sodaß sie jetzt ihren Rückzug ohne Furcht, abgeschnitten zu wer den, vollenden können. Sefcr-Pascha organisirt eine tscherkessische Miliz; aber Schemil bleibt noch immer im Gebirge und zeigt keine Neigung zu einer Diversion. Kars leistet noch immer Widerstand. Die Armee, welche dasselbe vertheidigt, steht noch in ihrem verschanzten Lager. — Aus Pera vom 30. Juli wird der Allgemeinen Zeitung geschrieben: „Die polizeiliche Aufsicht über die Fremden in Kamiesch, Balaklava und Jenikale ist in der letzten Zeit sehr verschärft worden, da sich herausgestellt hatte, daß sich eine Masse russischer Spione in den genannten Orten aufgehalten hat. Vor einigen Tagen ist sogar, der Fall vorgekommen, daß drei als französische Offiziere uniformirte Spione mitten im Lager der 3. englischen Division angehalten wurden, wo sie durch anscheinend unschul. dige Unterhaltungen mit den englischen Offizieren Informationen einzuholen suchten. Ein Dous ex maodins in Gestalt eines französischen Ordonnanz, ofsizicrs, der gerade den Befehl hatte, den Engländern das Signalement dieser drei Individuen zu überbringen, und sie nun in OaZrgnti eben in dem Augenblick überraschte, wo sie den harmlosen Briten die Würmer aus der Nase zogen, machte ihrem Treiben und wahrscheinlich ihrem Leben schnell ein Ende." — Aus Trcbisonde vom 24. Juli wird dem Moniteur nach Briefen aus Erzerum vom 17. Juli gemeldet, daß die Russen, welche noch immer an- derthalb Wegstunde von Kars lagern, durchaus nicht die Entschlossenheit zeigen, diese Festung anzugreifen; da sie Kunde erhalten, Kars sei nur auf vier Wochen verproviantirt, so suchten sie alle Zufuhren aufzufangen und hofften die Garnison auf diese Weise zur Uebergabe des Platzes zu nöthigen. Schcreff-Pascha, der nach der Schlacht von Jndschcdere zum Gouverneur von Kars ernannt und dann mit der Aufsicht über die Getreidemagazine in Dscheni-Kuni betraut worden war, ist auf Geheiß des Oberbefehlshabers Wassiff. Pascha verhaftet worden, da er auf die Kunde vom Anrücken der Russen sofort alle Vorräthe verkauft hatte und nach Erzerum entflohen war. Die Russen scheinen die bajazeter Straßen gänzlich verlassen zu ha ¬ ben, sodaß die Wege nach Persien wieder frei sind und der Handel dahin wieder eröffnet werden könnte, wenn die Räubereien der Kurden nicht zu fürchten wären. Die Berichte aus Batum sind ohne Interesse. Das dort wie an den übrigen Küstenpunktcn stehende türkische Corps ist an Regulä ren etwa 10,000 Mann stark. Hasiz-Pascha, der sich in Baibut befindet, hat 3 — 4000 Mann nach Erzerum geschickt. — Das Journal de Constantinople sagt, daß es sich mit den von ihm mit allen Einzelheiten verbreiteten Nachrichten von dem Einfalle Sehe- mil's in Georgien und dem Rückzüge des Generals Murawiew hintergehen ließ. Die Russen haben vielmehr die Verbindungswege in ihrer Hand und scheinen gar nicht gewillt, die Belagerung von Kars aufzugeben, das jedoch hoffentlich bald in der Lage sein werde, sich erfolgreich zu vertheidigen. Neber die Unternehmungen und Absichten des Scheikh von Daghestan (Sche mil) weiß man durchaus nichts. Amerika. Nachrichten aus Brownsville vom 10. Juli melden, daß die mexi- canischen Insurgenten voll von Hoffnung auf Erfolg seien. Gene ral Vidauri, welcher an ihrer Spitze steht, hat in einer Proklamation die Todesstrafe über Santana, seine Minister und Generale im voraus verhängt. Eh i« a. Der bekannte Sinologe Neumann äußert sich in der Allgemeinen Zei tung über die Zerrüttung in China in folgendem Artikel unter Anderm: „Wir haben längere Zeit geschwiegen. Es gab wenig zu berichten, und das Wenige ist unerquicklich, trostlos. Obgleich zu unsern Tagen Nöthen aller Art über die Länder sich verbreiten, so wird doch kein anderes Volk von den verschiedenen Plagen der Menschheit zu gleicher Zeit und in so massenhafter Weise betroffen wie das chinesische. Aus verschiedenen Be richten der Pekinger Zeitung, wovon wir Auszüge bis zum 22. April 1855 vor uns liegen haben, ersieht man, daß das ganze große Reich der Mitte, dessen Flächeninhalt bekanntlich über ein Drittheil des asiatischen Festlandes, über 270,000 geographische Geviertmeilen sich ausdehnt, von einem Ende zum andern, von Khokand und den russisch-sibirischen Grenzen bis hinab nach Tarakai und Formosa, durch zahlreiche Räuberbanden beun ruhigt wird. Bald überfallen sie diesen, bald jenen unbewachten Ort, er morden die öffentlichen Beamten, plündern die Staatskassen und ziehen schnell mit ihrem Raube von dannen. Bald behaupten sie diesen und jenen Plaß, diese und jene Burg auf längere Zeit, und gehen von hier auf Beute aus nach den umliegenden Gegenden. So ist unter Anderm mit Weitsche», an der Grenze von Kuangsi, geschehen, wo nach einer sicherlich höchst über triebenen Angabe an 120,000 Rebellen stehen sollen. Man findet in der Zeitung Berichte über Banden in den Provinzen Setschuen und Nganhoi, in Junnan und Kiangnan; es wird erzählt, welche Gräuelthaten sie ver übten, und wo und wann sie die Rache, der Tod unter furchtbaren Qualen ereilte. Im Orient ist das Alte immer auch das Neue. Wie ihn das Buch der Bücher darstellt, so ist der Orient heutigen Tages noch. Gnade und Erbarmen sind für den Sieger nicht vorhanden; alle Unterworfenen sind dem Tode geweiht, die Jungen wie die Alten, Mann und Weib, Herr und Knecht. Man berichtet und berühmt sich der Hinrichtung der Gefangenen zu vielen Tausenden. Dies geschieht zu wiederholten malen im Hofherold zu Peking von diesem Jahre. Gräßliche Schauspiele dieser Art wurden wäh rend der letzten Monate täglich zu Kanton aufgeführt. In Rotten von Zehn zu Zehn werden sie, mit schweren Ketten umhangen, herbeigeführt und Einer nach dem Andern enthauptet. Sind Zehn geliefert, so wird eine Pause ge macht. Nach kurzer Zeit ruft der Beamte wieder Pan, haue zu, und ein anderes Zehnd wird in Angriff genommen. Doch soll die kantoner Kreis- regierung, wie man mir von Hongkong schreibt, vor kurzem befohlen haben, daß von jetzt nur die vorzüglich bcthciligten Rebellen Todesstrafe erleiden. Nach dem Friend of China vom 9. Juni (1855) ständen die Rebellen un fern Kanton, und würden bald furchtbare Rache nehmen. Sicher ist, daß die Heere des «Jüngern Bruders Christi» zu Nanking während der letzten Monate wieder mehre Städte und Bezirks eingenommen haben. So Wut- schang, die Kreishauptstadt von Hupe, und Kuangsi im nordöstlichen Theile von Kiangsi, was man aus der Pekinger Zeitung ersieht. Jangpi, der Statthalter von Hupe, sagt der Hofherold (21. April 1855), wäre zur Strafe seines Amtes entsetzt worden, wenn man nicht alle Beamten zur Beschützung der Gegenden nördlich des Kiang bedürfen würde. So begnügt sich Se. Maj. damit, ihm blos alle Titel zu nehmen." Königreich Sachsen. Dresden, 11. Aug. Das Dresdner Journal schreibt: „Am 8. Aug. hat zu Brennbichel bei Imst eine, jedes Sachsenherz ticfcrgreifende Feier stattgefunden, über welche uns nachstehender Bericht zugegangen ist: «Brennbichel, 8. Aug. Heute fand die feierliche Einweihung der von Ihrer Maj. der Königin Marie von Sachsen gestifteten, dem Andenken ihres verewigten Gemahls, des höchstseligen Königs Friedrich August, geweihten Kapelle statt. Die Kapelle ist »ach dem von dem Ingenieur Ro kita in Imst ausgearbeiteten Plane unter Leitung des Erster» von dem Baumeister Eiter erbaut. Der Stil ist rein gothisch und entspricht im klebrigen der hier gebräuchlichen Bauart. Die Kapelle ist bis zur Thurm- spitze 85 Fuß hoch. Uni die Kapelle auf ebenen Bode» zu stelle», mußte dem Wege ei»e andere Richtung gegeben werden, der sich nun in Bogen- form an der Ostseite der Kapelle vorbcizieht und der Brücke über den Inn zuläuft, über welche Se. Majestät den Weg in das Hintere Thal nehmen