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ministrative Agent einer Regierung in allen ihren Verzweigungen zu sein. Der ehrenwerthe Herr ist durchaus falsch berichtet, wenn er sagt, daß kein Druck in den römischen Staaten ausgcübt worden ist. Die Gefängnisse in jenen Staaten beherbergen noch immer eine große Anzahl von Gefangenen. Es ist ein Vergleich gezogen worden zwischen dem Zustande der Dinge in Nom und zwischen den Vorsichtsmaßregeln, die auf den Jonischen Inseln ergriffen wurden, als dort ein Aufruhr statlfand. Jener Aufruhr ward mit Gewalt unterdrückt. Hätte Rom ähnliche Maßregeln ergriffen wie auf den Ionischen Inseln, so würde die Revolution unterdrückt worden sein, und es gäbe keinen Grund, darüber zu klagen, daß die Negierung von ih rer Gewalt in ungebührlicher Weise Gebrauch gemacht habe. Allein in Be zug auf Nom lautet die Klage dahin, daß, nachdem die Revolution schon lange aufgehört hatte und als die Gefahr, daß ein neuer Aufstand auS- breche, nicht mehr vorhanden war, Personen auf den Verdacht, nicht etwa gewisse Handlungen begangen zu haben, sondern manchmal auf den bloßen Verdacht, gewisse Meinungen zu hegen, verhaftet worden sind und, ohne vor Gericht gestellt zu werden, jahrelang im Kerker geschmachtet haben. Nor einigen Tagen wurde mir, wie ich glaube aus guter Quelle, eine Ge schichte erzählt, die sich vor einiger Zeit im Königreich Neapel zugetragen hat und die als Beispiel dienen kann, wie es in gewissen Theilen Italiens hergeht. Ein sehr achtbarer Mann in einer Provinzialstadt ward verhaftet. Seine Freunde protestiren bei dem Beamten, welcher die Verhaftung vor nahm, gegen dieselbe, indem sie sagten: «Der Mann ist vollkommen un schuldig; er hat sich durchaus kein Vergehen zuschulden kommen lassen, er führt ein ruhiges Leben, Niemand hat ihm irgendetwas Ungehöriges zur Last gelegt, und seine Verhaftung muß nothwcndig auf einem Jrrthum be ruhen.» «Dies thut sie keineswegs», entgegnete der Beamte. «Ich weiß sehr wohl, daß der Mann vollkommen unschuldig ist und ebenso wenig ein Verbre chen begangen hat wie ihr oder ich.» «Warum haben Sie ihn denn verhaf- tet?» ward natürlich gefragt. «Weil mir die Regierung vor kurzem vorge worfen hat, ich lasse cs an dem gehörigen Diensteifer fehlen. (Heiterkeit.) Sie sagte mir, ich habe schon solange Keinen mehr verhaftet, daß ich dies jetzt durchaus thun müsse. Warum soll ich also euern Freund hier nicht ebenso gut verhaften wie irgend Jemanden anders?» So verfahren die Negierungen, zu deren Sachwalt sich heute das ehrenwerthe und gelehrte Mitglied aufgeworfen hat. Das aber ist noch nicht Alles. Ich hörte neu- lich, in einem jener Staaten sei Jemand blos in der Absicht verhaftet wor- den, Lösegeld für ihn von seinen Freunden zu erpressen, und solche Fälle sollen nicht selten verkommen. Soviel steht fest: wenn eine Regierung ihre Sicherheit nicht auf Grausamkeit baut, sondern darauf, daß sie ihre Unterthanen glücklich, zufrieden und frei macht, so handelt sie im Einklang mit der Sicherheit des Staats. Solange sie aber die Leute auf Aussage der geheimen Polizei hin verhaftet, die verhaften darf, wen sic will, solange sie die Gefangenen nach Belieben im Kerker sitzen läßt, ohne sie vor Ge richt zu stellen, und Löscgcld von ihren Freunden erpreßt, solange wird es an Tadel ihres Benehmens nicht fehlen." Die Königin besuchte am 9. Aug. in Begleitung des Prinzen Al- lbert das Lager zu Shorncliffe und hielt eine Heerschau über die dort ver sammelte Fremdenlegion ab. Das Lager ist sehr schön gelegen auf der Höhe des Felsens, an dessen Fuß sich das anmuthige Dorf Sandgate schmiegt, und überschaut den bewegten Kanal mit dem beständig auf seinen Fluten sich wiegenden Heere von Segelschiffen und Dampfern. Sei es, daß die Königin früher ankam, als erwartet worden war, oder daß die Truppen zeigen wollten, wie sicher sie ihrer Sache seien, als die Königin erschien, war die Aufstellung noch nicht vollendet. Einen Augenblick nach her jedoch war Alles in bester Ordnung. Englische Milizen brauchten jüngst, wie die Times bemerkt, zu Aldershott bei einer ähnlichen Gelegenheit eine ganze Stunde dazu, um eine Linie zu formiren, welche die Fremdenlegion in so gut wie gar keiner Zeit formirte. Die Anzahl der versammelten Mannschaften belief sich auf nahe an 3500. Außer der 1800 Mann starken deutschen Legion hatte sich die 1100 Mann zahlende Schweizerlegion eingc- funden, welche aus ihrem Lager zu Dover für den gestrigen Tag herbei- geschafft worden war. Dazu kamen noch 500 Rekruten, welche vorgestern aus Helgoland angelangt waren. Die Königin ward von dem Herzoge von Cambridge, Lord Hardinge, General'Wetherall, Lord Panmure und Hrn. Frederick Peel, Unterstaatssccretär des Kriegs, empfangen. Die Zuschauer, welche dem Schauspiele beiwohnten, waren meist aus den benachbarten Bä dern herbeigeströmt; die Hauptstadt hatte vcrhältnißmäßig nur ein geringes Contingent gestellt. Auch war nur ein einziger höherer Offizier, Sir Ho ward DouglaS, erschienen, um sich die Sache mit anzusehen. Nachdem der königliche Wagen langsam an der ganzen Linie vorbeigefahren war, defilir- ten die Truppen in Parademarsch. Den englischen Zuschauern fiel cs auf, daß die Mannschaften beim Vorbeimarsch die Königin scharf ins Auge faß ten, während das englische Exercirreglement ein unverwandtes Geradeaus blicken erheischt. „Die Königin", sagt der Berichterstatter der Times, „muß vollständig mit dem Resultat ihrer Inspektion zufrieden gewesen sein." Ein besseres Material für Soldaten, bemerkt er, könne man vernünftigerweise gar nicht erwarten. Die Leute seien von kräftigem Aussehen, gut einexer- cirt und dem Anschein nach mit ihrer Behandlung sehr wohl zufrieden. Der Eifer der Offiziere könne nicht genug gerühmt werden. — Der Weser-Zeitung schreibt man aus Hamburg vom 9. Aug.: „In diesen Tagen ist von hier aus der Nedacteur des schwedischen Oppositions blatts „Das Vaterland", Rosenschöld, nach London abgegangen, um dem Gou vernement 2-100 Mann schwedischer Freiwilliger anzubieten, die sich bei gedachtem Publicisten im voraus anschreiben ließen. Er wird die ÄlandS- inscln zum Sammelplatz für diese schwedische Legion Vorschlägen." R«tzla«b. Aus Danzig vom 10. Aug. wird der Times telegraphier: „Am 6. Aug. stachen die englische Flotte und ein Theil der französischen von Nargcn aus in See und warfen an demselben Tage auf der Höhe von Swea- borg Anker. Am 7. Aug. lagen beide Flotten in Schlachtordnung vor Sweaborg. Das Bombardement der Festung sollte am Nachmittage des 7. Aug. beginnen." — Schwedischen Blättern zufolge verbrannten die Engländer am 2-1. Juli im Dorfe Knivaniemi, ungefähr 7V, Meilen von Torncä (Finn land), vier größere Jachten, von denen indessen nur eine beladen war, verloren aber durch finnische Bauern, die sich mit Büchsen bewaffnet in einem Walde ^am Strande versteckt hatten, einen Offizier und sieben Mann an Todten. — Berichte aus Ny stad (Finnland) melden, daß dort am 28. Juli, Morgens 2/2 Uhr, ein Feuer ausgcbrochen sei, welches 93 Häuser, un- gefähr den dritten Theil der Stadt, in Asche legte. Versichert waren nur 33 Häuser. — Der National-Zcitung schreibt man aus Petersburg vom 3. Aug.: „Die Petersburger Einwohnerschaft muß sich vielen Entbehrungen unter werfen. Kaffee und Zucker sind nur noch für Festtage. Gewöhnlicher fran zösischer Wein ist bei Isler nicht mehr für gewöhnliche Finanzen zugäng lich, und die hohen Preise des Tschai (Thee) treffen auch die untern Volks classen. Wenn sie dafür im Wodki (Branntwein) Entschädigung suchen, so wird hier nicht selten der Mangel durch große Quantitäten Wasser, das man diesem Getränk beimischt, ersetzt, wobei Pfeffer und Kalk angewandt werden, um ihm die abgetaufte Schärfe wicderzugeben. Besonders werden in den Provinzialstädten die Juden des Gewerbes der Getränkeversälschung angeklagt, sodaß der Finanzministcr dem Kaiser einen soeben veröffentlichten und vom Reichsrath vorher geprüften Gesctzvorschlag vorlegte, demzufolge der Getränkhandel den Juden im Umkreise von zwei Werst von jeder Stadt vom Jahre 1857 ab nicht mehr gestattet werden soll. Der Kaiser hat dieses gegen die Juden gerichtete Gesetz ebenso sanctionirt wie das, welches deren Ansiedelung und Eigenthumserwcrbung in Pultawa und Tschcrnigow ver bietet und ihnen in Odessa den Vollzug von Makler- und Notargcschäften untersagt." Montenegro. Der Schlesischen Zeitung schreibt man aus Wien vom 9. Aug.: „Die an der montenegrinischen Grenze sich wiederholenden Räubereien haben die österreichische Regierung veranlaßt, den General Mamula anzu weisen, damit er dem Fürsten Daniel bedeute, daß der nächste vorkommende Fall ernste Schritte von Seiten Oesterreichs zur Folge haben werde. Man wünsche das Gedeihen Montenegros in seiner gegenwärtigen Verfassung, könne aber die nimmer enden wollenden Räubereien nicht mehr mit Gleich gültigkeit anschen." Türkei. Die neueste Nachricht vom Kriegsschauplatz auf der Krim ist in fol gender russischen Depesche enthalten: „Fürst Gortschakow meldet vom Abend des 9. Aug.: Nichts Neues. Das feindliche Feuer ist sch wach." — Die englischen Lagercorrespondenzen gehen bis zum 28. Juli und sprechen alle mit Zuversicht von den guten Aussichten für den bevor stehenden Angriff. Der Times wird von obigem Datum Folgendes ge schrieben: „Das französische Lager an der Tschcrna-Rjetschka, die Türken und Sardinier befanden sich während der letzten Tage in fortwährender Aufregung. Ein russischer Ausreißer hatte nämlich die Nachricht mit her- übergcbracht, daß die Russen einen großen Angriff auf die Tscherna- Rjetschkalinie beabsichtigen, um die türkische Linie zu durchbrechen. Zu die sem Zweck hätten sic 30 Infanterie- und -1 Artilleriebrigaden in Bereit schaft. Die Folge dieser ins französische Hauptquartier gelangten Neuigkeit war, daß die Türken und Piemontesen eine Nacht durchwachten. Von den russischen Angriffscolonncn war jedoch bis zur Stunde nichts zu sehen. Ge stern kam eine ihrer Fourageabtheilungen, wie dies schon früher oft der Fall gewesen, von der Mackenzie- (oder Weißen) Hügelkette her gegen die Brücke von Traktir zu, wo die Franzosen einen Brückenkopf angelegt haben. Sie begnügten sich jedoch Heu einzusammcln und zogen sich dann zurück, gedeckt von ihren auf den Höhen befindlichen Batterien; sowie sie abzogen, trieben die Franzosen ihr Vieh hinab auf die Weide, und letzteres hatte wie immer die Ehre, aus den feindlichen Batterien mit einigen Kugeln begrüßt zu wer den. Damit ist Alles gesagt, was sich in den letzten Tagen auf der Tfchcrna- Njetschkalinie zugetragen hat. Die Stellungen der Franzosen, Türken und Sardinier sind unverändert die alten geblieben. Die Russen wurden ent weder durch den letzten heftigen Regen vom Angriff abgehalten oder dieser war von Anfang bis zu Ende eine Erfindung des Deserteur. Die For- cirung der Tscherna-Rjetschkalinie wäre übrigens für den Feind jetzt eine saure Arbeit. Weiter unten gegen Inkerman, wo das Thal sich erweitert, hätte die Infanterie den Fluß nicht überschreiten können, da sein Bett jetzt sehr angeschwollen ist; die Brücke bei Traktir ist durch den französischen Brückenkopf gedeckt, und neue Brücken unter dem Feuer unserer Batterien zu bauen, wäre ein etwas schwieriges Unternehmen. Höher oben, bei Tschor- gun, sind die Hindernisse nicht geringer; dort haben die Sardinier an jedem verwendbaren Punkt sehr schön angelegte Schanzen aufgeführt, die mit