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568 sandte nicht umhin ju bemerken, daß nicht die Motive «intr Aulschußvorlage, sondern die Anträge Gegenstand der Abstimmung find, und die Zustimmung zu den Anträgen nicht die Zustimmung zu den Motiven selbstredend in sich schließt. Oesterreich in«ve- sondere hat seiner Zustimmung die Erklärung beizusitgen für zweckmäßig «rächtet, daß «» die Motive de« Gutachten« sich nicht aneign«. klebrigen« würde au» d«m Um stande, daß, wie da« Gutachten behauptet, die Nothwendigkett zur Erfüllung der durch den Bundesbeschluß vom !«. Dec. übernommenen Deftnfivverpflichtuug zu schreiten nicht nachgewiesen ist, nicht gefolgert werden können, daß st« überhaupt nicht besteht, und die Ausschüsse haben die« sicher nicht behaupten wollen, da fie selbst erklärten, noch nicht in der Lage zu sein, darüber ein Urtbril sich bilden zu können, ob sich an dle dermalen schwebenden Verbandlungen günstige Hoffnungen für Wiederberstellung de« allgemeine» Frieden« knüpfen lassen oder nicht. Deutschla« d. Frankfurt a. M., 22. März. Das Frankfurter Journal enthält mehre ihrem Inhalt nach sehr interessante Berichtigungen. Es schreibt: „Wir haben dem pariser Moniteur die Nachricht entnommen, baß Hannover, Ba den, die beiden Hessen, Braunschweig, Nassau, die thüringischen Staaten und die Freien Städte erklärt hätten, sie betrachteten die von der Bundes versammlung am 8. Febr. beschlossene Kriegsbereitschaft als eine na türliche Folge des Vertrags vom 20. April rc. Wir sind nun in den Stand gesetzt, diese Nachricht, welche der Moniteur aus Karlsruhe erhalten haben will, als jedes Grundes entbehrend bezeichnen zu können. Von den genannten Staaicn hat auch nicht einer eine derartige Erklärung an die Bundesversammlung gelangen lassen. — Ein gleiches Dementi dürfen wir einer berliner Mittheilung der SLeser-Zeitung geben, welche «mehre» Mit telstaaten in Sonderbündnisse mit Oesterreich eingetreten sein läßt. In Wahrheit hat aber nur Braunschweig der österreichischen Circulardepesche vom 14. Febr. zugestimmt, und zwar nur ganz im Allgemeinen, ohne auf eine specielle und kontraktliche Verbindlichkeit einzugehen. — Endlich gehört auch die mit so vieler. Emphase gebrachte Neuigkeit des Journal de Franc fort (aus Wien vom 14. März), die Mehrheit der Bundesversammlung sei für die Mobilmachung und Aufstellung des Bundesheers im Sinne der Bundesbeschlüsse vom 20. April und 9. Dec. v. I., in das Reich der «orientalischen Märchen»." Preußen, t Berlin, 22. März. Die Aussichten auf das Gelingen der Wiederherstellung des europäischen Friedens scheinen nach den Andeutungen in den hiesigen diplomatischen Kreisen einen immer fester« Anhaltepunkt zu gewinnen. Auch tritt die Behauptung, daß Preußen in der kürzesten Zeit sich an den wiener Friedensberathungeu betheiligen werde, heute schon mit großer Bestimmtheit auf. Namentlich soll auch von England die Theil- nahme Preußens an diesen Conferenzen befördert werden. Daß von der Türkei dringend der Wunsch gehegt wird, daß eine vermittelnde Macht wie Preußen Einfluß auf die wiener Berathungen erlange, liegt zu sehr in dem Interesse des osmanischen Reichs, insofern nämlich die Unabhängigkeit des letzter» nach der einen wie nach der andern Seite hin gewahrt werden soll, als daß besonders darauf hingewiescn zu werden braucht, abgesehen noch davon, daß Preußen die betreffenden Verträge, die eine Abänderung erlei den sollen, mit gewährleistet hat. Der freundliche Ton, welchen die Par- tei der Neuen Preußischen Zeitung in Bezug auf England gegenwärtig anschlägt und den in der gestrigen Kammersitzung der Akg. v. Gerlach zum offenen und unumwundenen Ausdruck brachte, möchte um so beachtenswerther sein, als er eben nicht zufällig sein soll. Wir wiederholen deshalb diese Worte: „Die Franzosen haben jetzt nicht nur Rom, auch Athen und Konstantinopel be setzt. England ist das einzige Land, welches dem Despotismus nie verfallen war, das einzige rein protestantische Land; cs ist uns stammverwandt, sein Bündniß ist für Preußens Politik stets ein Kernpunkt gewesen; seine Allianz werden wir auch wiedererlangen, sobald cs nur seinen jetzigen falschen Standpunkt verlassen hat." Worauf die in den hiesigen ruffenfreundlichen Kreisen be züglich Englands genährten Hoffnungen sich gründen, wissen wir natürlich nicht anzugeben. Wir wollten nur auf die Thatsache aufmerksam machen, daß eine baldige Lockerung des Bündnisses zwischen Frankreich und Eng land in den eben bezeichneten Kreisen vielen Glauben findet und zum Stütz- punkt für sehr belangreiche Folgerungen dient. — Wie man als bestimmt andeuten hört, wird die im Interesse Rußlands hier in Berlin in französi scher Sprache herauszugebende politische Zeitung „Journal du Nord" unter der Oberleitung des russischen Collegienraths, Baron v. Schöpping, welcher früher bei der hiesigen russischen Gesandtschaft sehr thätig war, in dessen jetzt wegen geschwächter Gesundheit in den Ruhestand zurückgetreten ist, erscheinen. Baron v. Schöpping steht mit der hiesigen russischen Ge sandtschaft übrigens noch immer in unmittelbarer Verbindung und hat seine Wohnung auch noch wie früher im hiesigen Palast des russi schen Gesandten. Das Unternehmen ist auf Actien gegründet und soll einen sehr guten Fortgang haben. In den europäischen Ländern zusammen- genommen sind durch die Bemühungen der russischen Gesandten, Konsuln rc. angeblich bereits gegen 6000 Abnehmer (?) der Zeitung gesichert, die aber hauptsächlich den diplomatischen Kreisen der verschiedenen Staaten Europas angehören sollen. Die Hindernisse, welche dem Erscheinen der besagten Zei tung in hiesiger Hauptstadt entgegenstanden, scheinen beseitigt zu sein. Der hier anwesende Redacteur des Blatts hat mit dem Baron v. Schöpping in Betreff der baldigen Herausgabe, wie man hört, in den letzten Tagen viele Besprechungen gehabt. Als Hauptzweck der in Rede stehenden Zeitung hö- ren wir bezeichnen, daß es von russischer Seite als eine Nothwendigkeit er kannt worden sei, die öffentliche Meinung Europas über die Absichten und politischen Ziele Rußlands „aufzuklären und zu berichtigen", namentlich aber in Bezug auf die große orientalische Frage darzuthun, daß Rußlands Po ¬ litik weder eine aggressive sei, noch sein wolle. Von diesen „Berichtigungen und Aufklärungen" scheint man russischerseits viel Günstiges und Wirksames hinsichtlich dn Brurtheilmig russischer Ding« zu hoffen, die, wie man b«. hauptet, vielfach entstell würden. Die Herausgabe der Zeitung ist jeden- fall-, daS ist offenbar, ei« Eingeständnis.Rußlands, daß die öffentliche Mei nung Europa» eine Macht ist, die ohne Rachtheil von keinem Staate un beachtet bleiben kann. — Nach der bereits mitgetheilten Rede des Ministerpräsidenten Frhrn. v. Manteuffel in der gestrigen Sitzung der II. Kammer bei der Bera- thung deS Commissionsbericht zur Vorprüfung des Gesetzentwurfs über die Deckung des außerordentlichen Geldbedarfs der Militärverwaltung erhob sich der Berichterstatter und äußerte: Das vom Ministerpräsidenten berührte Regierungsprogramm bestehe, und «S sei dagegen kein Widerspruch erhoben. Der Ministerpräsident habe der Commission den Vorwurf ge macht, daß sie den Credit verweigert und doch für die Adresse gestimmt habe. Dem Ministerpräsidenten werde nicht unbekannt sein, daß nur eine Vereinigung der Rechten und der äußersten Linken daS seltsame Resultat zustande gebracht habe. Die Kammer sei überzeugt, daß Se. Maj. fir das Wohl des Lande» unausgesetzt sorge, sie halte es aber für ihr« Pflicht, ihre Meinung über den Weg, den sie für den geeignetsten halte, auSzu- sprechen. Die Frage der Personen betreffend, so widerstreite eS seiner per- sönlichen Meinung allerdings nicht, wenn die Conclusionen des Minister- Präsidenten plahgriffcn. (Bravo! Heiterkeit.) Was den Vorwurf betreffe, daß die Commission zu kriegerisch sei, so habe der Ministerpräsident nicht berücksichtigt, daß sie nur getadelt, daß man nicht rechtzeitig energisch ein- geschritten sei, um den Frieden herbeizuführen. Ferner habe der Minister präsident bemerkt, die Commission sei unzufrieden, weil Preußen sich noch nicht gebunden habe. Er sei nicht der Meinung, daß cs in der Politik absolute Wahrheiten gebe. Viele Wege führten zu demselben Ziele. Man habe der Regierung nur den Vorwurf gemacht, daß sie nicht einen Weg entschieden gegangen sei. Auch jetzt sei die Regierung gebunden und habe sich den Weg der freien Entschließung durch ihre verschiedenen Stipulatio- nen selbst verschlossen. Der Ministerpräsident: Die Regierung habe nie mals ein für alle Zeiten gültiges Programm aufgestellt; das könnten nur Doktrinäre thun. Wenn sich der Referent wundere, daß er der Majorität über den von ihr gefaßten Beschluß Vorwürfe mache, so weise er darauf hin, daß doch dieser Beschluß wirklich gefaßt sei. Er wolle der Kammer in der Aeußerung ihrer Meinung und ihrer Besorgnisse nicht entgegentre- ten; er wolle nur den Wunsch ausdrücken, die Commission hätte ihre Mei nung ebenso deutlich geäußert wie der Referent. Abg. Braemer: Er könne nicht sehr an die Verantwortlichkeit, welcher der Ministerpräsident sich unterwerfe, glauben, da derselbe geäußert, er wolle auf Befehl des Königs jede Entlassung jedes Ministers gegenzeichnen. Der Redner empfiehlt ein von ihm gestelltes Amendement, der Regierung bis zum 31. Mai die Summe von 2,170,390 Thlrn. zu bewilligen Der Ministerpräsident: Es sei das unbestreitbare Recht des Königs, seine Räthe zu ernennen, und er halte es für seine Pflicht (dies habe er nur in der Commission geäußert), dem König hierin kein« Schwierigkeit zu machen. Von wesentlichen Abweichungen im Programm der Regierung habe er ! ebenfalls nicht gesprochen, noch sogar zugestanden, daß solche Abweichungen existiren. Abg. Harkort: Seine und seiner Freunde Politik sei einfach; es sei dir Politik Friedrich's deS Großen, und der alte Alliirte derselben sei England. Abg. Reichensperger: Im vorigen Jahre hätten die Herren von der Rechten den Credit „ss»8 ptu-uso" bewilligt, diesmal solchen abgclehnt, oder sie hätten ihn doch uvee pkrsss, nämlich wie der Bericht sage, „mit vollem Vertrauen", vielleicht sogar mit „blindem" bewilligen wollen. Man habe der Kammer nicht blos die Kompetenz zur Behandlung der Fragen aus wärtiger Politik, sondern sogar das Urthcil darüber bestreiten wollen, als ob es sich hier nur um die Entdeckung eines neuen Planeten handle. Die Illusionen über die auswärtige Politik seien nachgerade geschwunden. Man wisse, daß bei derselben viel Menschliches unterlaufe. Di« Diplomaten ver öffentlichten jetzt selbst ihre Aktenstücke, doch nicht ihret- sondern wol de- lie ben Volks willen. Denjenigen, die so wenig Zutrauen in ihre Fähigktit für die auswärtig« Politik zu haben glauben, empfehle er Chateaubriand's „Kongreß von Verona" und die Lcctüre der Zeitungen, ja selbst der Kreuz zeitung. Wenn man eine Claque von Journalisten bezahle, um auswärtige Politik zu machen, so könne sich auch wol di« Kammer damit befassen. Die gegenwärtigen Verhältnisse betreffend, so könne man allerdings die Zukunft nicht erspähen. Die Adresse sei von der Commission selbst nicht als fest stehend aufgefaßt, sie solle ein Ausdruck der Besorgniß sein, die in der Kam mer und im Lande herrsche. Solle man es der Kammer verdenken, wenn sie den Gefühlen des Volks am Throne ihre Stimme leihe? Solle die Kammer bei Lebensfragen stumm sein? DaS werde selbst der Ministerprä sident nicht glauben. Die Adresse solle erst noch in der Kammer berathen werden. Sie betreffe nicht eine Personenfrage. Er glaube, der Minister präsident verschließe sein Ohr nicht dem Rathe einer berechtigten Körperschaft wie die Kammer. Bei dieser Voraussetzung falle das Schroffe und Scharfe weg, das man im Erlaß einer Adresse gefunden. Für ihn sei die Adresse kein Mistrauens-, sondern ein Vertrauensvotum. Er schätze die ganze Schwie rigkeit der Lage. ES handle sich darum, dem Orient eine neue Basis zu geben, eS handle sich darum, über die Herrschaft de« Schwarzen Meeres zu entscheiden. Er glaube, daß der mächtige Kaiser Recht gehabt, wenn er geäußert, es handle sich hier um einen „kranken Mann". Außerdem stän den religiöse Fragen auf dem Spiel. Solle der Cäsaropapismus oder das