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DRESDNER PHILHARMONIE Sonnabend, den 26. Mai 1973, 20.00 Uhr Sonntag, den 27. Mai 1973, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden 10. ZY KLUS-KONZERT und 10. KONZERT IM ANRECHT C MENDELSSOHN - BRAHMS - REGER Dirigent: Günther Herbig Solisten: Hanna Blechschmidt, Dresden, Alt Reiner Goldberg, Dresden, Tenor Karl-Heinz Stryczek, Dresden, Bariton Rolf Tomaszewski, Dresden, Baß Chor: Philharmonischer Chor Dresden Einstudierung Wolfgang Berger Johannes Brahms 1833-1897 Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 73 Allegro non troppo Adagio non troppo Allegretto grazioso (quasi Andantino) Allegro con spirito PAUSE Felix Mendelssohn Bartholdy Die erste Walpurgisnacht — Ballade von Johann 1809-1847 Wolfgang von Goethe für Soli, Chor und Orchester op. 60 Ouvertüre (Das schlechte Wetter — Der Übergang zum Frühling) Es lacht der Mai (Tenor und Chor) Könnt ihr so verwegen handeln? (Alt und Chor) Wer Opfer heut' zu bringen scheut (Bariton und Chor) Verteilt euch, wackre Männer, hier (Chor) Diese dumpfen Pfaffenchristen (Baß und Chor) Kommt mit Zacken und mit Gabeln (Chor) So weit gebracht, daß wir bei Nacht (Bariton und Chor) Hilf, ach hilf mir, Kriegsgeselle (Tenor und Chor) Die Flamme reinigt sich vom Rauch (Bariton und Chor) ZUR EINFÜHRUNG Johannes Brahms' Sinfonie Nr. 2 D - D u r o p. 73, im Jahre 1877 komponiert, entstammt einer glücklichen Lebensperiode des Meisters, deren ruhige Heiterkeit sich in den meisten der in dieser Zeit vollendeten Werke widerspiegelt. So ist auch die Grundstimmung der D-Dur-Sinfonie durch Lebensbejahung, Lebensfreude und innere Gelöstheit gekennzeichnet. Das Werk, das oft als die „Pastorale" des Komponisten bezeichnet wurde, steht in starkem Gegensatz zu der vorangegangenen, leidenschaftlich-kämpferischen c-Moll-Sinfonie und verhält sich zu ihr vergleichsweise etwa wie Beethovens „Sechste" zu seiner „Fünften" oder Dvoraks achte zur siebenten Sinfonie. Landschaftliche Eindrücke, Naturstimmungen sollen auch bei der Entstehung dieser Brahms-Sinfonie eine wesentliche Rolle gespielt haben. „Das ist ja lauter blauer Himmel, Quellenrieseln, Sonnenschein und kühler, grüner Schatten. Am Wörther See muß es doch schön sein", äußerte der dem Komponisten befreundete Chirurg Theodor Billroth zu der in wenigen sonnenerfüllten Sommermonaten in Pörtschach am See in den Kärnter Bergen geschriebenen Komposition, die in ihrer pastoralen Lieblichkeit dem ein Jahr später dort entstandenen Violinkonzert nahe verwandt ist. „Eine glückliche, wonnige Stimmung geht durch das Ganze, und alles trägt so den Stempel der Vollendung und des mühelosen Ausströmens abgeklärter Gedanken und warmer Empfindungen.“ Doch entbehrt das sehr einheitliche und geschlossene, an herrlichen Einfällen überreiche Werk trotz seiner lichten und freudigen, lyrischen Grundhaltung keineswegs kraftvoller, ja zum Teil auch tragischer Töne. Am 30. Dezember 1877 fand die Uraufführung der Sinfonie (die Brahms übrigens in einem Brief an seinen Verleger Fritz Simrock humorvoll „das neue liebliche Ungeheuer“ nannte) durch die Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Hans Richter statt; Clara Schumanns Voraussage „Mit dieser Sinfonie wird er auch beim Publikum durchschlagenderen Erfolg haben als mit der ersten" sollte sich dabei nachhaltig bestätigen. Eine meisterhafte variationsmäßige Durchdringung und Bindung der einzelnen gegensätzlichen Themen, aus der eine ungemein starke Einheitlichkeit der Stimmung erwächst, charakterisiert gleich den ersten Satz (Allegro non troppo). Entscheidend für den Aufbau des gesamten Werkes ist das aus drei Tönen (d — cis — d) bestehende Anfangsmotiv, das in Violoncelli und Kontrabässen quasi wie ein Motto dem in den Hörnern einsetzenden Hauptthema voraus geschickt wird und als Grundmotiv in zahlreichen Varianten und Ableitungen die Sinfonie durchzieht. In Hörnern und Holzbläsern erklingt das Hauptthema des Satzes wie ein Frage- und Antwortspiel; geheimnisvolle Klänge der Posaunen und der Baßtuba folgen. Nach diesem wie eine selbständige Ein leitung anmutenden Beginn tragen die Violinen eine weitgeschwungene, bereits abgeleitete Weise vor. Es verbreitet sich eine ausgelassene Fröhlichkeit, die jedoch durch das dunkel gefärbte, von den Violoncelli angestimmte zweite Thema wieder gedämpft wird. In der poesievollen Durchführung des Satzes, die durchaus große Steigerungen aufweist und ihren Höhepunkt in einem Fugato erreicht, dominieren das Grundmotiv, das Hauptthema und daraus abgeleitete Gedanken. Noch einmal erklingen die schönen Melodien des Satzes in der wieder von ungetrübter pastoraler Stimmung erfüllten Reprise. Ein wenig melancholisch, empfindungsschwerer gibt sich der folgende, in dreiteiliger Liedform angelegte Satz (Adagio ma non troppo). Sein Haupt thema bildet eine schwermütige Cello-Kantilene in H-Dur, die dann von den Violinen aufgenommen wird. Nach einer kurzen, vom Horn begonnenen fugierten Episode erfolgt ein Taktwechsel; der Mittelteil setzt mit einem für Brahms sehr charakteristischen synkopierten Thema der Holzbläser ein. Unruhige, erregte Klänge führen zu spannungsvollem musikalischen Geschehen.