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Freitag. Nr. 34. — S. Februar I8SS Leipzig. Die Zeitung erscheint mit Ausnahme des Montag» täglich und wird Nachmittag« -1 Uhr aus- gegeben. Nreia für das Biertel fahr l'/, Thlr.; jede ein- jeln« Nummer 2 Ngr. DniW Allgtineim Zeitung. «Wahrheit uud Recht, Freiheit und Tesch l» Zu beziehen durch alle Postämter des In- und Auslandes, sowiedurchdie Erpedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Hnfertion-flebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Deutschland. Frankfurt a. M., 6. Febr. Die Bundcsmililärcommissio n hat, wie wir vernehmen, ihren Bericht über die infolge des Beschlusses der vereinigten Ausschüsse vom 30. Jan. erfoderlichcn militärischen Maßnah men bereits beendigt. (Frkf. I.) Unterm 7. Febr. berichtet das Frankfurter Journal: „Die vereinig ten Ausschüsse der Bundesversammlung haben, wie wir vernehmen, be reits in einer vorgestern von ihnen abgehaltcnen Sitzung den bereits er wähnten Bericht der Bundesmilitärcommission über die infolge des Be schlusses vom 31. Jan. erfoderlichen militärischen Maßnahmen ihren Bera- ihungen unterzogen und werden schon in einer der nächsten Bundestags- sitzungen darüber Vortrag erstatten." Wie verlautet, wird von mehren Bundesregierungen beantragt wer den, die österreichische Negierung zu ersuchen, der Bundesversamm lung nähere Mittheilung darüber zu machen, inwieweit die Gefahr der Lage sich gemehrt habe, um außergewöhnliche militärische Vorkehrungen von Seiten des Deutschen Bundes zu erheischen. (Lpz. Z.) — Aus Mitteldeutschland von Ende Januar enthält die Kasseler Zei tung folgende Bemerkungen: „Mehre berliner Blätter erheben ein gro ßes Geschrei gegen die bekannte geheime Note Oesterreichs vom 14. Jan. Die «Zeit» und die National-Zeitung, heute einverstanden, überbieten sich, dieselbe als bundesbrüchig, anticonservativ, ja als revolutionär zu be zeichnen. Es ist aber nicht wohlgethan, in dieser Haltung preußischen Pa- triotismus zu suchen. Der preußische Patriotismus der heutigen Tage kann nur ein deutscher sein; ein Preußenthum, das etwa auf die schlesisch- sächsischen Kriege zurückgriffe, wäre ein Anachronismus, für den es wol einige Anklänge in einseitigen Stimmungen und Antrieben, aber nimmer im bewußten und erleuchteten Leben der Nation gäbe. Die «Zeit» ruft Wehe über die Veranlassung zur Zerklüftung Deutschlands, über Diejcni- gen, die dessen Volk in zwei feindliche Lager spalten möchten. Wer aber arbeitet für solche Absicht? Dienen denn solche Auslegungen und Verdäch tigungen zur Erhaltung oder Herstellung der Einigkeit und des Vertrauens? Und doch bedarf Deutschland nichts mehr, ja, es bedarf ausschließlich nichts Anderes als der Einigkeit und des Vertrauens. Wie die Lage aber seil Jahresfrist vor der Welt daliegt, in der Größe und Fülle ihres Ernstes, ist Gerechtigkeit gegen Oesterreich eine Pflicht Dessen, dem das deutsche Vater land, dessen Interessen und Ehre und vor allem dessen Einheit und Einigkeit am Herzen liegt. Es handelt sich um kein Kleines. Wenn Rußland die Tür kei an sich risse, wäre Oesterreich von russischer Macht umgarnt und um- schnürt, und mehr noch als nur seine Macht wäre bedroht. Wie aber stände es um Deutschland nach Osten und Süden, wenn Oesterreich be drängt, geschwächt, wenn Oesterreich nicht mehr Oesterreich wäre? Daß cs eine militärische Stellung gegen Rußland eingenommen, gebot ihm die Pflicht Ler eigenen Lage; daß auch Deutschlands Interesse es ihm geboten, Hal Deutschland, hat Preußen, Hal der Bund anerkannt, ausgesprochen und dessen Zeugniß in diplomatischen Acten und Staatsverträgen niedergclegt. Was heißt das aber, Rußland gegenüber eine militärische Stellung einneh men? Das heißt, das Höchste einsetzen, was ein Staat, eine Macht, eine Nation einsetzen kann. England und Frankreich führen Expeditionen in weite Ferne, sie wagen das Blut ihrer Söhne, die Schätze ihres Landes; das ist viel; aber wenn sie unterliegen, haben sie sich verrechnet und gehen heim, um schwere Niederlagen zu verschmerzen, in kürzerer oder längerer Zeit die Heilung ihrer Wunden abzuwartcn. Oesterreich aber, einmal mit Rußland im Kriege, ist die Vorhut des gejammten Europa. Durch die Stellung, die es infolge des Aprilvertrags und des Zusatzartikels zu be haupten hat, erhielt es eine brennende Berührungs- und Grenzlinie von einigen Hundert Meilen mit der Streitkraft der größten Landmacht der Welt. DaS ist eine sehr ernsthafte Sache; da gilt es nicht schwanken, mä keln, grübeln, Schaltirungen erfinden; da gilt es für so große Anfoderung, für so entscheidenden Beruf und Augenblick alle Bürgschaften und Schutz- wehren zu sichern, welche dem Schicksal und Zustande eines Reichs und Völkercomplexes von 36 Mill. Menschen entsprechen." Preußen, t Berlin, 7. Febr. Der Prinz von Preußen wird, wie man erfährt, gegen den 14. Febr. seine Rückreise nach dem Rhein an- tretrn. Die Rückreise war bereits auf gestern festgesetzt. Wichtige Beweg gründe scheinen diesen Aufschub veranlaßt zu haben. — Der CabinetSrath des König-, Hr. v. Niebuhr, hat sich in außerordentlicher Sendung nach Paris begeben. — „An der Schwelle deutscher Fragen", ist der Titel einer vier- ten Flugschrift deS unter dem Motto „>loocium msriciiv8" schreibenden unbekannten Verfassers, dessen Ansichten übrigens jenen in den RegierungS- sphären nicht sehr entferntstehen dürften. In der neuen Schrift beschäftigt sich der Verfasser einleitend mit bundesrechtlichen Erörterungen, denen er jedoch selbst am Bunde nicht mehr den entscheidenden Einfluß zuspricht, weil auch dort schon die Gestaltung der Dinge mehr eine Frage der Macht geworden sei, und führt aus, daß der NcchtSbestand der BundeSbeschlüsse vom 24. Juli und 9. Dec. 1854 vorzüglich auf dem Schlußsatz des Art. 1 der Wiener Schlußacte beruhe, in dessen Sinne sie als eine allgemeine Sicherheitsmaßregel für den Bund zu betrachten seien. Würde der Versuch gemacht, hebt der Verfasser hervor, sie in einer entgegengesetzten Tendenz auszubcuten, wie kürzlich von Seiten Oesterreichs durch den MobilifirungS- antrag, angeblich um Friedensverhandlungcn zu unterstützen, eigentlich aber um andere Interessen und Zwecke als die des Bundes zu erreichen, ge- schehen ist, so habe Preußen sofort Protest zu erheben und die Ncchtsgül- tigkcit jener Beschlüsse, die, weil sie nicht im Plenum gefaßt, auch formell antastbar seien, in der neuen Tendenz anzugreifen. Der Verfasser erklärt sodann, daß durch Oesterreichs neu entwickeltes Verhältniß zu den West- Mächten das Bestehen des Aprilvcrtrags überhaupt schon in Frage gestellt sei. Er meint, daß Preußen nunmehr mit einer Reihe von Anträgen am Bunde aufzulreten habe, nämlich mit den Foderungcn: 1) daß Oesterreich über seine Stellung zu den Westmächlen dort Aufschluß gebe, 2) daß eine Verhandlung eröffnet werde, um diejenige Auslegung der Garantiepunkte fcstzustellen, welche die drei Contrahenten des Schuh- und Trutzbündnisses vom 20. April 1854 denselben geben, und welche ihre Stellung zu den Fricdensverhandlungen in Wien genau formuliren würde. Er fodert fer ner, daß die Enlschädigungsobjecte, d. h. diejenigen rechtmäßigen Interessen des Bundes erörtert werden sollen, für welche unter Eventualitäten die Wehrkraft des Bundes mit Preußen in Bewegung kommen soll, und meint, daß die Macht deS Bundes bedeutend genug sei, um auch ihm seinen Antheil an den definitiven Friedcnßrcgulirungen zu sichern. Durch unumwundene Erör terungen dieser Punkte würde sich die Stellung Oesterreichs neben dem Bunde und Preußen zwar abgrenzcn, jedoch nicht feindlich, da nur der Zeitpunkt und die Bedingungen des Activwerdens, nicht die Frontstellung eine ver schiedene sein würde. Ein solches Nebeneinander könne noch dem Gegen einander vorbeugen, welches von Wien aus schon drohende Schatten über Deutschland werfe. Der Verfasser schließt hieran eine Beleuchtung der augenblicklichen Lage Preußens, den europäischen Mächte» gegenüber, aus welcher hcrvorgeht, daß die sogenannte Jsolirung nicht zu fürchten sei. Die Besprechung der Geheimdepcsche des Grafen Buol bildet den Schluß. Der Verfasser erblickt in ihr eine „offene Misachtung der Grundgesetze und der Verfassung des Bundes" und einen neuen Fingerzeig dafür, wie Oester- rcich letztem stets nur nach seinen Zwecken zu brauchen suche. Als es in seinem Interesse gelegen habe, den Zusammenschluß eines Bundesstaats in Deutschland zu hintertreiben, habe es sehr gewissenhaft die rechtsgültig auf gehobene alte Verfassung des Bundes wiederherzustellen und zu halten ge strebt, jetzt aber, da sein Interesse ein anderes sei, zeige cs sich bereit, unter irgendeinem beschönigenden Vorwande den Bestand des Bundes ganz in Frage zu stellen. Von welchem Werth aber gerade in der jetzigen Krisis der Schirm des Deutschen Bundes für die deutschen Mittelstaaten wäre, gehe aus der Lage anderer Staaten zweiten Ranges, wie aus jener Sar diniens, deutlich hervor, welches sich dem Anschluß an die Westmächte zu entziehen nicht die Macht gehabt hätte und nun das erste Conlingcnt für England stelle. Der Verfasser folgert aus allem Diesen, daß die deutschen Mittelstaaten sich um den Bund als ihr Palladium scharen und in demsel ben zu Preußen, dem treuen Wächter des Deutschen Bundes, hallen soll ten.— In Bezug auf die Gestellung von Pferden bei einer nöthigen Mo bilmachung wird von Seiten der Negierung sichern, Vernehmen nach ein neuer Gesetzentwurf den Kammern vorgelegt werden, welcher den noch vor waltenden Misständen bei solcher Gestellung von Pferden abhelfcn soll. Das Interesse der Pferdebesiher soll in diesem Gesetzentwurf in billiger Weise berücksichtigt sein. n Berlin, 7. Febr. Da es zufällig bekannt geworden ist, daß der Geh. Cabinetsralh v. Niebuhr seine Pässe nach Brüssel und dem Haag hat vi- siren lassen, so sind diese Städte als das vorläufige Ziel einer von ihm un ternommenen Reise zu betrachten. In der ministeriellen Region ward ge stern in Abrede gestellt, daß Hr. v. Niebuhr mit einer officiellen Mission beauftragt sei. Es wird diese daher jedenfalls bezweifelt. Der Westen hat inzwischen das Princip eines besondern Vertrags mit Preußen zugegebcn, und es fragt sich, wie weit Preußen über einen etwaigen defensiven Vertrag, zu dem es wahrscheinlich bereit ist, hinausgrhen wird, ferner, ob der Westen geneigt ist, auf einen solchen defensiven Vertrag einzugehcn. — Graf Ester- häzy wird in einigen Tagen hier zurückcrwartet — In den westlichen Unter handlungen soll sich Neapel vorläufig gegen den Hinzutritt zur westlichen Allianz ausgesprochen haben. — Ein berliner Correspondent der Jndöprndan« belge thcilt den Inhalt