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»79 die fürstliche Regierung sich veranlaßt, ein solches, der proclamirten Neu tralität strikt ent-egenlaufendes Benehmen nach den hierüber erlassenen Ge sehen zu bestrafen. Dieses direkt an die montenegrinischen Eingewandcrten gerichtete Aktenstück wurde (und gewiß mit Grund) als ministerielles Glau- bensbekenntniß und als ein indirekter Angriff auf den Panslawismus bc- krachtct. Die Panslawisten, schon höchst bestürzt über Knitschanin s Ernen nung, fürchteten bei der bekannten Energie dieses vom Heere fast abgöttisch verehrten Mannes das Aergste für sich. Die Serbotürken jubelten einen Augenblick über sein entschiedenes Frontcmachen gegen ihre Widersacher, be sannen sich jedoch bald darauf eines Andern und meinten, wenn der „Hau degen" ,am Staatsruder bliebe, möchte die serbische Selbständigkeit in weni gen Jahren in eine Abhängigkeit von Oesterreich umgewandelt und die serbische Volksthümlichkeit der sodann nichr ausbleibenden germanisircnden Propaganda des Nachbarstaats unterlegen sein. Unter solchen Auspicien tonnte es nicht auSblcibcn, daß beide Parteien sich die Hände reichten und ein gemeinschaftliches Handeln gegen den gemeinschaftlichen Gegner eintreten ließen, was ihnen um so leichter wurde, als die Hofcamarilla ebenfalls aus Panslawisten und (wenn auch nur wenigen) Serbotürken besteht. Diese Camarilla nun, gestützt auf den Beistand so zahlreicher Helfershelfer, begann nun ihrerseits alle Minen spielen zu lassen und alle Vorlagen des Ministeriums in so bissiger Weise zu kririsircn, daß Fürst Alexander an Knitschanin und sich selbst irre ward und Dinge, denen er bereits seine vorläufige Zustimmung verheißen, wenn es zur Unterschrift kam, unter dem Vorwande nochmaliger genauer Prüfung unerledigt ließ. Auch die Ausführung der Mission nach Wien, obwol dieses Project hauptsächlich KnitschaninS' Erhebung zum Minister veranlaßte, ward aus unzureichenden Gründen aufgcschoben. Dem scharfen Blick des Feldherrn konnte diese auffallende Veränderung in dem Benehmen seines Gebieters nicht lange verborgen bleiben, und zu geraden Charakters, als daß er sich herbcigelassen hätte, den Jntriguen mit Jntriguen zu begegnen, erklärte er bereits am 2. Jan. dem Fürsten, daß er es unter den obwaltenden Verhältnissen vor ziehe, die ihm widerfahrene Gnade, die er wohl zu schätzen wisse, dankend von sich zu weisen und wieder in den Senat zurückzutrcten, zumal er über- zeugt sei, daß dieser Schritt seinem Gebieter der Unannehmlichkeit enthebe, früher oder später entweder das Ministerium oder das gcsammte Hofpcr- sonal zu entlassen. Der Abdikation schlossen sich Jankovich und später auch Petrovich an; sic wurde in den wohlwollendsten Ausdrücken acceptirt, und kaum war sie geschehen, als auch schon Ersatzmänner für die erledig ten Acmter auftratcn und Lags darauf zu wirklichen Ministern crcirt wur den. Als Conseilpräsidcnt fungirt gegenwärtig Slcphan Magazinovich, dessen hauptsächlichstes Verdienst darin besteht, ein eifriger Panslawist, Bru der des auf Aziz-Pascha's Verlangen noch unlängst wegen russcnfrcundli- cher Handlungen zur Untersuchung gezogenen Polizcipcäfcctcn von Belgrad und ein willfähriger Diener der Camarilla zu sein. Zufälligerweise wurde dieser Mann gerade an demselben Tage Scnalsmitglied, als Knitschanin das Ministerium übernahm. Die Freude über den Sturz des „deutschfreund lichen Ministers" war in beiden Parteilagcrn gleich groß, der Spott über sein nur achttägiges Regiment, das „unmündige, aber ungebcrdigc Kind", wie man es zu nennen beliebt, womöglich noch größer! Daß dieses Regi ment überhaupt, wenn auch nur eine Woche lang, möglich war, ist aber dennoch als ein sehr gewichtiger Fingerzeig über die wahren Gesinnungen des Fürsten zu betrachten; daß diese Gesinnungen nicht conscqucntcr ver fochten und dnrchgeführt wurden, liegt weniger an dem als ziemlich fest bewährten Charakter Alexander s, als an dem Einflüsse, welchen seine Um gebungen auf ihn geltend machten, und welchen sic, jeder Wahrheit ein ne- girendes Wahres entgegensetzend, dazu benutzten, den Fürsten wenn auch nicht zu überzeugen, so doch zu irritiren und unschlüssig zu machen. Die Kraft dieses Einflusses ist jedoch nur von ephemerer Dauer; cmanircnd aus zwei in der Hauptsache sich feindlich bekämpfenden Elementen, muß sie sehr bald versiegen, und sic beginnt schon jetzt zu erschlaffen, weil dic durch gemein schaftliche Noth zusammengekettctcn Parteien sich bereits wieder auseinandcr- scheidcn und die auf kurze Zeit unterbrochene gegenseitige Fehde aufs neue sortzuschen beginnen. Nicht unmöglich ist cs daher, daß dic Folgezeit den Deutschsreunden dennoch zum andauernden Triumph verhelfen, im Bunde mit Oesterreich den Panslawismus bewältigen und deutscher Civilisation in Serbien Bahn brechen kann! Das erste diplomatische Debüt des Mini steriums Magazinovich war die Einleitung einer Unterhandlung mit dem preußischen Konsulat in Belgrad, deren Zweck cs ist, die Lieferung diverser Armccbedürfnisse auf dem Wege der Licitation aus Preußen statthaben zu lassen. Dieses Project hat bei beiden Parteien gleich rcussirt, denn Preu ßen ist gegenwärtig die Macht, für welche sowol Panslawisten als Serbo türken inclinircn; Erstere erblicken in ihr den treuen Freund Rußlands, Letztere den friedlichen Verbündeten der Pforte, und Beide preisen den Act des neuen Ministers als verdienstlich und patriotisch, was sic jedenfalls nicht lhun würden, wenn dieser Staat, gleich Oesterreich, ihr nächster deutscher Nachbar wäre! Amerika. Neuyork, 10. Jan. Ueber die Jnsurrection in Neugranada erfährt man, daß der Chef der Rebellen, General Melo, bei Bagota geschlagen, er selbst gefangen, General Herrera getödtct und Mendoza tödtlich ver wundet wurde. «Königreich Sachfen. Dresden, 24. Jan. Das Dresdner Journal berichtet: „Se. Maj. der König hat gestern Nachmittag von 1'/- bis gegen 4 Uhr dem könig lichen Schullehrerscmsnar zu Friedrichstadt einen Besuch gewidmet. Nach dem er die Bibliothek, die Lehr- und Schlafsäle in Augenschein genommen, wohnte derselbe der Bibelexegesc des Directors Otto sowie der Geschicht- stundc dcö Seminarlchrers Reinicke bei und sprach seine Zufriedenheit über die Einrichtungen und Leistungen aus." * Leipzig, 25. Jan. In der gestrigen öffentlichen Sitzung der Stadt verordneten kam nur Ein Gegenstand zur Verhandlung, der vom Bau- auSschuß gefertigte Entwurf eines Schreibens an den Nath in der Mu seumsangelegenheit. Der Nath ist nämlich dem, vom Collegium der Stadtverordneten im Einklang mit den Vorschlägen des Schlettcr'schcn Co- mite, des Direktoriums des Kunstocrcins und vieler hiesigen Künstler und Architekten einstimmig ausgesprochenen Anträge, das neuzuerrichtcnde Mu- scumsgebäudc in die Promenade am Augustusvlatzc, zwischen die Erste Bür gerschule und das sogenannte Weinnäpfchcn zu stellen, nicht bcigetretcn. Er hält vielmehr seine Meinung , daß zum Museum das Areal vor und neben der Dritten Bürgerschule zu verwenden sei, fortwährend aufrecht und will nunmehr dic zwischen beiden städtischen Collegicn waltende Differenz der Entscheidung der Regierungsbehörde vorlegen. Letzterer gegenüber sollte das vom Bauaus- schuß entworfene, vom Lackirer Müller vorgctragcnc, sehr ausführliche und tief- eingehende Schreiben dic Gründe entwickeln, welche für den Bauplatz in der Promenade sprechen. Es war darin mit vieler Sorgfalt und Ueberzeugung nachgewicscn, daß nur dieser Platz alle Erfodcrnisse vereinige, daß nur ev geeignet sei, dem neuen Gebäude einen monumentalen Charakter zu geben und es als ein redendes Zcugniß der Dankbarkeit Leipzigs gegen verstor bene edle Mitbürger hinzustellcn, daß nur an diesem, mitten im frequen testen Verkehr gelegenen Platz der wahre Zweck dcr Kunstsammlungen mit Erfolg zu erreichen, daß aber neben diesem Allen jener Plaß auch zugleich der billigste für dic Commun sei. Denn an eine Verwendung desselben zu irgendeinem andern Zweck könne wol kaum gedacht werden; der Bauplatz an dcr Dritten Bürgerschule, dessen Grundwerth sich auf mindestens 30,000 Thlr. schätzen lasse, schließe aber eine solche Verwendung nicht aus. Deshalb be laste man das Conto des Museumsbaus bei Benutzung jenes Areals schon von vornherein mit schwerwiegenden Summen, ohne die Zwecke dcr Kunstsammlungen zu fördern; denn Niemand werde behaupten, daß die Dritte Bürgerschule so im Herzen des Verkehrs liege, wie der Augustusplah. Dic Befürchtungen, daß der in der Nähe des Baus gelegene Theil dcr Promenaden verkürzt und ver unstaltet werde, wurden in dem vorgctragencn Schreiben ebenfalls sehr gründlich widerlegt. Es wurde nachgewicscn, daß unsere Anlagen, mit dem Bau selbst in Einklang gebracht, nur gewinnen könnten, ja daß sie eine Umgestaltung dringend crfodern würden, selbst wenn man vom Bau an jener Stelle ganz absähe. Dcr Stadtv. vr. Hauschild halte dcn letzterwähn ten Punkt in einem besondern Aufsätze noch ausführlicher behandelt. Er bewies darin, daß man sich durch die Umwandlung der Promenaden zwi schen dem Augustusplatz und Thaer's Denkmal, wcit entfernt, eine Jnpic- tät gegen deren Gründer zu begehen, wahrhaft verdient mache, denn ge rade hier wäre, namentlich infolge dcr Beschaffenheit des Augustus» Platzes und dcr Verwendung desselben zu einem Meßmarktplatze, eine Aen» derung in jeder Hinsicht dringend nöthig. Man müsse den breiten Promenaden» weg, der von Thaer's Denkmal ab seine sonst allenthalben streng festgehaltene Richtung zur Seite dcr Fahrstraße verlasse, auch hier an dcr Fahrstraße forlführcn. Dazu biete dcr Museumsbau, dcr in gleicher Weise, wie jetzt dic eine Seite des Theaters, mit Anlagen zu umgeben, hier die passendste Gelegenheit. Der Hauschild'schc Vortrag fand vielen Anklang in dcr Ver sammlung, die dessen Aufnahme in das, von ihr gleichfalls genehmigte, vom Bauausschuß entworfene Schreiben beschloß. — Aus dcn, zu Beginn der Sitzung vorgctragencn Ncgistrandcncingängen heben wir eine Mittheilung des Naths hervor, wonach von diesem Jahre ab das Zolllager im Schlosse Pleißcnburg an dcn städtischen Lagcrhof übergcgangen ist, der, gegenwärtig in erfreulichem Zunchmen begriffen, dadurch eine beträchtliche Vergrößerung seines Betriebs gewonnen hat. Die Erweiterung desselben durch Anlegung von Lagern im Freien und in Schuppen, sowie von einem Lagerräume für feuergefährliche Güter ist bereits in Verhandlung. L Leipzig, 24. Jan. Der Jnnungsmcisterverein in Leipzig hat sich seit längcrn Jahren damit beschäftigt, ein Institut ins Leben zu rufen, das unter dem Namen Credilvcrein für Gewerbtreibcndc bestimmt ist, Gcwerbtreibcnden zum Betrieb ihres Geschäfts Vorschüsse gegen mäßige Zin sen zu machen. Derselbe erließ, nachdem die Vorarbeiten zur Ausführung des Unternehmens soweit beendigt waren, untcrm 1. Mai 1854 einen Auf ruf an das Publicum, dem dic provisorischen Statuten des zu gründenden Vereins bcigefügt waren, worin dasselbe aufgcfodcrt wurde, sich zur Be schaffung dcr nothwcndigen Fonds durch Zeichnung von Acticn an dem Unternehmen zu bethciligcn. Die Höhe des durch Acticn aufzubringenden Betriebskapitals war auf 10,000 Thlr. festgesetzt, dcr Betrag dcr einzelnen Acticn auf 5 und 10 Thlr. bestimmt und jeder Aktionär nach Höhe dcr eingezahltcn Aktien stimmberechtigtes Mitglied des Vereins. Zufolge des tz. 20 der provisorischen Statuten sollte dcr Creditverein sich constituircn, sobald zwei Drittel dcr Acticn gezeichnet wären; allein sei cs, daß das Vertrauen zu Acticnunternehmungen im Publicum im Allgemeinen nicht vorhanden ist, oder daß dic Organisation des Vereins auf Grund dcr Sta tuten nicht dic entsprechende Sicherheit darzubictcn schien, die Zeichnung der Aktien erfolgte sogar innerhalb des Gcwcrbstandes und dcr Innungen in solchem ungenügenden Verhältniß, daß ungeachtet aller Bemühungen kaum die Summe von 4000 Thlrn. erreicht wurde, wovon außerdem noch ein Theil in monatlichen Ratenzahlungen von 5 Ngr. verheißen war. Nichts- destowenigcr beschloß der JnnungSmeistervercin den Crcditvcrcin zu consti-