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heit der Lrastat-bedin-ungen stilisirt undausgrfertigt ist, so hat eS dicselbe Kraft und Wirkung, al- wär« eS ein Zusahartikel zum Tractat selbst. Mit dieser gemeinsamen Maßregel ist ein für alle mal die Angabe widerlegt, al» herrsche über die Au-legung der vier Punkte eine Meinungsverschieden heit unter den drei Machten. Sie waren früher in ihrer ofsicicllen Corre- spondenz über ihr gemeinsames Uebereinkommen vollkommen im Klaren; eö fehlte nur blo- die Form deS Protokolls, und diese wurde auf den Vor schlag des wiener CabinetS als die regelrechteste und bindendste angenom- men. Somit füllt dieses neue Aktenstück eine Lücke au«, welche im alten Traktat zur Zeit von dessen Abschlicßung und Veröffentlichung wahrgenom men worden war. Es ist die nolhwendige Folge des frühern Allianzvcr- trags und verpflichtet das wiener Cabinel in mehr präciser Weise zu jenen Punkten, welche die Westmächle zu beantragen übercingekommen waren. Der nächste Schritt, den die Alliirten thaten, war, dem russischen Gesand ten die Form mitzutheilcn, in welcher sie sich eben verpflichtet hatten, ihre gemeinsamen Federungen auszudrückcn und zu unterstützen, um Rußlands Aufrichtigkeit, inwiefern es bereit sei, auf der Basis der vier Punkte Unter handlungen zu beginnen, auf die Probe zu stellen. Fürst Gortschakow erwiderte darauf, daß er nicht genügende Vollmachten habe, um mittels einer unbe dingten Annahme dieser Vorschläge Unterhandlungen zu beginnen; daß sei ner persönlichen Ansicht nach der Kaiser sich weigern dürfte, auf eine solche Basis hin zu unterhandeln, und daß, angenommen selbst, er nehme drei von den Bedingungen an, er doch die vierte, welche sich auf die Beschrän kung seiner Macht im Schwarzen Meere bezieht, wahrscheinlich verwerfen werde. Das Ansuchen des Fürsten, eine weitere vierzehntägige Frist zu ge- währen, wurde demnächst bewilligt. Wie oft haben solche Botschaften und Verhandlungen seit 18 Monaten zu keinem Resultat geführt! Wir erwar ten im vorliegenden Fall kein günstigeres, denn wir können uns nicht schmei cheln, daß die Verbündeten mit ihrer Kriegsmacht genug geleistet haben, um den Kaiser von Rußland zur Annahme der gestellten Federungen zu bewegen. Die Schlachten, welche er verloren hat, mögen das Vertrauen in seine Truppen, den Ruf seiner Generale geschwächt haben, aber sie haben uns keinen entscheidenden Erfolg erfochten. Darum läßt sich nicht voraus- sehen, daß ein Monarch, im großen Kampfe seines Lebens und seiner Ne gierung begriffen, dieser letzten Auffoderung, so gemäßigt sie auch gehalten sein mag, Gehör geben wird. Solange Sewastopol nicht genommen ist, solange unsere Truppen als Belagerte, nicht als Belagerer vor dessen Mauern stehen, kann man nicht annehmen, daß der Kaiser von Rußland die Ab tretung seiner überwiegenden Herrschaft im Pontus zum Gegenstände von Unterhandlungen machen wird. Die größte Wichtigkeit jener Maßregel (des Protokolls) von Seiten der drei Mächte liegt in der größern Einigung, welche durch sie zwischen England, Frankreich und dem leitenden Hofe Deutsch lands erzielt wird. Dieser Punkt war es gerade, diese Bedingungen, welche Rußland mitgethcilt werden sollten, worüber Lord I. Russell in der Adreß» debatte sich so kleinlaut äußerte. Oesterreich, sagte er, könne behaupten, daß cs mit den Bedingungen der Westmächte nicht einverstanden sei, und könne somit ganz zurücktrelen. Nun aber ist Oesterreich diesen Bedingun gen beigetrcten; auf Oesterreichs eigenen Vorschlag wurden sie in der feier lichsten und unzweideutigsten Form aufgesetzt, als die einzigen Bedingungen, die einen Frieden auf gesicherter Basis herbeisührcn können. Diese Erklä rungen Oesterreichs, diese Acte, seine frühere Convention mit der Pforte, seine Defensivbesehung der Fürstenthümer und seine Rüstungen an der pol nischen Grenze sollten doch Beweise einer bestimmten wohlerwogenen Politik sein. Denn es ist klarer als je, daß die Thcilnahme Deutschlands noth wendig sei, um diesen Krieg rasch und entschieden seinem Ende zuzuführcn. Preußen mußte, seiner freiwillig isolirtcn Stellung gemäß, von der Wiener Konferenz ausgeschlossen bleiben, und cs ist seinerseits kindisch zu glauben, daß es in Paris und London verhandeln könne, nachdem es in Wien und selbst in Berlin eine vereinsamte Stellung eingenommen hat." — Der Allgemeinen Zeitung wird aus Wien vom 31. Dec. geschrieben: „Ich kann Ihnen die Mittheilung machen, daß der in dem Allianzvertrag vom 2. Dec. angedeutete peremtorische Termin «bis zum Jahresschluß» mit dem heutigen Tage noch nicht abläuft. Wie ich eben erfahre, ist in folge der erwähnten zwei Conferenzen, welche Fürst Gortschakow mit dem Grafen Buol in den letzten zwci. Tagen gehabt hat, von den Nepräsen- tanten der Allianzmächle dem Petersburger Cabinet eine weitere vicrzehntä- gigr Frist eingeräumt worden, um sich definitiv zu erklären. Die darauf bezüglichen Depeschen gehen, wie man mich versichert, noch heute nach Pc- terburg ab." Nach einer telegraphischen Mittheilung aus Wien vom 2. Jan. Nach mittags in der Allgemeinen Zeitung hätten die Allianzmächte Rußland eine weitere 14tägige Frist zur Endcrklärung zugcstande». Die Petersburger Rückantwort werde bi» zum 14. Jan. in Wien erwartet; indessen würden die Conferenzen zwischen Fürst Gortschakow und Graf Buol fortgesetzt. Eine weitere Depesche vom 2. Jan. Abends besagt: „Fürst Gortscha kow hatte heute Mittag abermals eine anderthalbstündige Audienz beim Kaiser. Die präcsse Formulirung der vier Punkte scheint noch immer Schwierigkeiten darzubieten." — Die Stipulationen des zwischen der österreichischen Regierung und der Gesellschaft österreichischer und französischer Capitalisten abgeschlossenen Eisen bahnvertrags sind im Wesentlichen folgende: Die Gesellschaft erhält für 90 Jahre den Betrieb der Eisenbahnen von Bodenbach nach Brünn und Olmütz, der östlichen Staatseisenbahn bis Szolnok und Szegcdin, der Bahn von Orawitza bis Basiaschi, der Bahn von Szegcdin bis Tcmeswar, welche augenblicklich im Bau begriffen ist, wird der Gesellschaft zu demselben Zweck überwiesen. Die Gesellschaft hat sich verpflichtet, eine Eisenbahn zu bauen, welche TemeSwar mit der Donau verbindet. Für das Exploitationsrecht während der angegebenen Dauer zahlt die Gesellschaft der Negierung einen Betrag von 63,400,000 Fl. in Gold oder Silber. Die Negierung garantirt dersclbcn eine» Zinö von 5 Proc. und eine Annuität von Proc. für die Amortisation der zu cmittirenden Obligationen. Allein, da die ungarischen Eisenbahnen einen höhern Ertrag als 5 Proc. liefern, so wird die Negie rung ohne Zweifel nicht nöthig haben, der Gesellschaft die fragliche An nuität zu zahlen. Die Concession zum Betrieb der Eisenbahnen kann der Gesellschaft schon nach 30 Jahren entzogen werden, vorausgesetzt, daß die Negierung sich mit derselben darüber in einer stipulirlen Weise einigt. Dir Gesellschaft kauft außerdem die Kohlen- und Eiscngruben von Sobochleben, Kladno, Brandeis, Orawicza, DognatSka, Szaszka, Doman Szerek, Mol- dava, Steyerdorf, Rcsicza, Franzdorf, Bogsan, Gladna und Morawicza, und von den Staatsforsten eine Fläche von 186,719 Jochen. Sie zahlt der österreichischen Regierung für diese Eigenthumsobjectc einen Betrag von 11,550,000 Fl. in Gold oder Silber, sodaß das gesammte Geschäft eine Summe von 200 Mill. Fr. — 77 Mill. Fl. C.-M. in roeln Metallen aus macht. Dieser Gesammtbctrag ist zahlbar in 36 monatlichen Terminen, jedoch hat die Gesellschaft sich verpflichtet, 13 dieser Terminzahlungen auf einmal zu eScomptircn. — Ein am 30. Dec. erschienenes Circular der Expedition des Lloyd kündigt den bisherigen Pränumeranten deö Blatts an, daß sie binnen we nigen Lagen öffentlich kundzugcbcn hoffe, ob der Lloyd im kommenden Jahre erscheinen werde oder nicht. — Am 2. Jan. sind in Wien 4 Personen an der Cholera erkrankt, 11 genesen und 4 gestorben. — Wiener Blätter enthalten folgende Mittheilung: „Wie man aus gu ter Quelle vernimmt, beschäftigt sich die kaiserliche Negierung anhaltend mit der Ausarbeitung des organischen Systems der LaudeSoertretungen und der Landesausschüsse, ein System, welches manche von den Vortheilen der repräsentativen Regierungsform vereinigt und viele Nachtheile derselben ausschließt. Es ist sonach ein thunlichst baldiges Jnslebentreten des in Rede stehenden Organismus zu erwarten." N Prag, 4. Jan. Drei unserer größten Industriellen, Fabrikant Liebig in Reichenberg, Adalbert Lanna, k. k. Schiffmeister in BudweiS, und die durch ihre ausgedehnten Bauunternchmungcu bekannten Gebrüder Klein sind bei der Regierung in Wien um die Concession zum Bau einer Eisenbahn von Reichenberg nach Pardubitz eingckommcn. Es ist dies die erste Frucht unsers neuen EisenbahngcsetzcS, und wahrlich eine von unberechen barer Wichtigkeit. Auch für Sie in Sachsen hat diese Angelegenheit ihre hohe Bedeutung. Es handelt sich um einen kürzern Weg aus dem öst lichen Theile Ihres Landes und aus der bedeutendsten Fabrikstadt Oester reichs nach Wien und dem Süden. Es unterliegt wol kaum einem Zwei fel, daß die fragliche Concession ertheilt, und bei dem Unternchmungsgeiste und den Ungeheuern Geldmitteln, welche den erwähnten Industriellen zu- gebote stehen, kann man auch mit Gewißheit darauf rechnen, daß, sobald die Concession einmal ertheilt ist, der Bau der Bahn sofort begonnen und in der möglichst kurzen Zeit zu Ende geführt werden wird. Prag erleidet mit dieser Bahnlinie einen empfindlichen Schlag. Seit Jahren schon wurde die Eisenbahnverbindung Reichenbergs mit Wien in der Presse, in den Han delskammern und Gcwcrbcvcrcinen besprochen, und die Debatte halte zu wie derholten malen einen ganz scharfen Ton angenommen. Prag besorgt von einer in Pardubitz mündenden Bahn Ablenkung des Verkehrs; Prag al» Hauptstadt des Landes verlangt auch in commerzieller Beziehung der Kno tenpunkt Böhmens zu sein. Reichenberg dagegen, stolz auf seine industriell« Bedeutung und seit je von einer Art Eifersucht gegen die Suprematie der Hauptstadt beseelt, wies es mit Entschiedenheit zurück, daß es seinen Schic- nenweg nach Wien nicht in der kürzesten Linie, sondern über Prag nehmen solle, nur damit dieses von seinem Verkehr Nutzen ziehe. Diese Angelegen heit führte zu mehrfachen Petitionen und Protestalionen von beiden Seiten, und erst vor kurzem hat die hiesige Handelskammer, im Verein mit der Gcmeinderepräscntanz, eine Vorstellung an das Handelsministerium gerich- tct, worin die mannichfachsten Bedenken gegen eine jede Bahnlinie, durch welche Prag umgangen werden könnte, erhoben wurden. Das kürzlich ver öffentlichte Eiscnbahngcsetz mit dem angefügtcn Eisenbahnnetzprojcct, worin auch eine rcichcnbcrg-pardubitzer Linie erschien, war eine indircctc Zurück weisung der Ansprüche Prag»; mit dem nun eingcbrachtcn Concessions- ansuchen für diese Linie ist die besorgte Gefahr den Pragern in entschie denster Weise auf den Leib gerückt. — Am 28. Dec. starb in seinem Ge burtsorte Blatna, wohin cr sich zur Erholung seiner Gesundheit begeben hatte, der Professor der czcchischen und polnischen Sprache und Literatur an der hiesigen Universität, Johan» Koubek. Er war Abgeordneter im österreichischen Reichstage und, wie sich von selbst versteht, Mitglied der Rechten gewesen. Er hatte sich erst vor kurzem mit einer Schwägerin deS bekannten Pianofortevirtuosen Alex. Dreyschock vermählt. Italien. Sardinien. Die Diskussion des Gesetzes über Aufhebung der Klö ster ist auf den 4. Jan. festgesetzt worden. Der Minister des Innern, Ra- tazzi, setzte die Kammer in Kenntnifi, daß die Negierung aus der erwähn ten Besteuerung dcr Erzbisthümer und Capitcl 650—700,000 Frs. zu ziehen denke.