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Sonnabend. MetPßtb» Di« Zeitung erscheint «t «««aahmr te« Montag« täglich und wird Nachmittag« -1 Uhr auS- g'geben. Deeig für da« Viertel' jihr ZHlr.; jede ein. zelne Nummer 2 Ngr. Nr. s. «. Mannar I8SS Dmtschk Mgmcim Ztitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz I- Zu beziehen durch alle Postämter de« In« «ud Au«lande«, sowie durch die Expedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Änfertion-fledühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. D eutsch la « b. Preußen. L Berlin, 4. Jan. Wenn die Sachlage nicht einer so ernsten Entwickelung sich zuwendete, würde die von hiesigen Federn in die Welt geschickte spaßhafte Interpretation des wiener Deeemberver- trag-, zufolge welcher derselbe am 1. Jan. schon wieder erloschen wäre, ihre sehr heitere Seite haben. Wäre eS so leicht, auf der dem hiesigen Eabinet gewordenen Einladung zum Beitritt jetzt zu antworten: „Es exi- stirt ja kein Decembervertrag mehr", so würden Hrn. v. Usedom s und Hrn. v. Manteuffel's Reisekosten nicht nöthig gewesen sein, um den 1. Jan. heranzubriugen. Auf die in diesen beiden Persönlichkeiten ausgesprochene muthmaßliche Divergenz ihrer Aufträge ist schon mehrfach hingedeutet wor den. Wiener Nachrichten, zusammengehallen mit londoner Mittheilungcn, scheinen diesen Umstand zu bestätigen. Sie betrachten denselben aber gleich zeitig als Grund des bereits entschiedenen Nichtgelingens des an jene Mis sionen geknüpften Versuchs, gewissermaßen an die Seite der östcrreichisch- weftmächtltchen Tripleallianz eine preußisch, weflmächtliche zu setzen. Dieser Plan tritt aber auch vor den dringlichen Entschließungen zurück, zu welchen die geringe Hoffnung auf rückhaltlose Annahme der in Wien aufgestellten Präliminarien zu Unterhandlungen in Petersburg und die über die Con- centrationen russischer Truppen in Polen eingehenden Berichte den Anstoß geben. Der im Aprilvertrage vorgesehene Fall des Bedürfnisses, für wel chen sich Preußen in der zugleich mitabgeschloffenen Militärconvention zu bestimmten und innerhalb kurzer Frist zu bewirkenden Truppenaufstellungen zur Deckung der linken Flanke der österreichischen Position verpflichtet hat, stellt sich als elngetreten dar. Aus Grund dessen sind denn auch, wie von gewöhnlich gutunterrichketer Seite mitgetheilt wird, schon vor einiger Zeit auf die Verpflichtungen deS Aprilvertrags und der Militärconvention be gründete Anträge wegen Ausführung derselben hier eingegangen. Auch ist die Wiederhersendung eines österreichischen Militärbevollmächtigten bereits angekkndigt worden. (Vgl. unter Oesterreich L Wien.) * Berlin, 4. Jan. Es ist eine irrige Meinung, wenn man annimmt, daß Preußen bei den Wiener Conferenzen gänzlich nnbetheiligt ist. Für die Wiederherstellung des Friedens übt Preußen vielmehr sowol nach russischer Seite hin als wie nach jener der Westmächte und Oesterreichs einen namhaften Einfluß aus. Daß Preußen nach Verlauf einiger Zeit dem Decembervertrage beitreten werde, daran scheint hier selbst in solchen Kreisen nicht gezweifelt zu werden, deren Neigung mehr Rußland zugewen- det ist. WaS die Bereitwilligkeit des Petersburger Cabincts für die An nahme der gegenwärtigen Friedensbedingungen der Westmächte und Oester reich- anbettifft, so wird dieselbe als überwiegend im dortigen Cabinet hier erachtet und deshalb für die Wiederherstellung deS Friedens gute Hoffnung gehegt. Die außerordentlichen Rüstungen, welche Rußland in diesem Au genblick macht, werden gewöhnlich als Zeichen und Beweise dafür angesehen, daß der russische Kaiser bereit sei, den Kampf mit Europa aufzunehmen. Hiesige namhafte Politiker wollen indessen aus diesen Rüstungen den inni gen und tieftn Wunsch des Kaisers nach Frieden erblicken. „8i vis pa- ovm, pars bellum", würde auch hier anwendbar sein. Die Bedeutung, welch« die altrussische Partei infolge des Kriegs Rußlands mit der Türkei und dm Westmächten im russischen Reiche in gesteigertem Grade allenthal ben erlangt hat, soll den Frieden in vielfacher Beziehung um so wünschenS- wercher de« Kaiser wie dm einsichtsvollem Leitern der russischen Politik machen. Des unheilvollen Einflusses der fanatischen, blind dahinstürmenden allrussischen Partei kann sich daS Petersburger Eabinet nur durch Herbei führung des Friedens entledigen. Dies ist die Auffassung diesseitiger Män ner, denen die Dinge in Petersburg nicht fremd sind. — Die Budgetcom- Mission der II. Kammer hat in einer ihrer letzten Sitzungen, dem Ver nehmen «ach, beschlossen, der Kammer den Antrag zu empfehlen, daß ihr vor der Bewilligung der Etats für daS Auswärtig« Amt eine Aufklä rung über den Gang der preußischen Politik in der orientalischen Streit frage vom Ministerium gegeben werde. Wie wir hören, soll letzteres aber durchaus nicht willen« sein, diesem Verlangen zu willfahren, Nach den bisherigen Abstimmungen der U. Kammer scheint nicht Raum für di« An nahme vorhanden zu fein, daß der bezeichnete Antrag die Stimmenmehr heit erlangen werde, wenn er auch von nuhren Fraktionen unterstützt wird. Der Beschluß der Budgetrommission macht natürlich in allen hiesigen poli tischen Kreisen viel Aufsehen und wird auf das lebhafteste besprochen und erÄrtert. — Man will hier wissen, daß von Seiten Oesterreichs an Preu- ßen auf Grund des Schutz- und Truhbündnisses und des Zusatzartikels zu demselben der Antrag ergangen sei, eine Mobilmachung der preußischen Streitkräfte nach Maßgabe der von Preußen übernommenen Verpflichtungen -u bewirken. Wie wir andeuten hören, wäre die preußische Regierung gegenwärtig wenig geneigt, diesem Anträge Oesterreichs, wenn derselbe über- - Haupt wirklich gestellt worden ist, Folge jh geben. Wir erwähnen der Sach«, weil sie in namhaften hiesigen Kreisen besprochen wird. Nähere- über das Ganze ist indessen noch nicht bekannt. — Die Freimükhige Sachsen-Zeitung drückt in ihrer Nummer vom 5. Jan. ihren gänzlichen Mangel an Hoffnung für Erhaltung, resp. Wieder herstellung des Friedens aus. Dahin deute die in der Wiener Gcsand- tenconferenz am 28. Dec. gefederte Frist, ferner die Rüstungen in Eng land, Frankreich, Rußland und Oesterreich, welches letztere, wie dies Blatt in glaubhafter Weise hört, in der Weihnachtswoche an das preußische Ca binet das Ersuchen habe ergehen lassen, die Hälfte der Truppenzahl kriegs bereit aufzustcllen, welche in der zum dritten Artikel des Schuh- und Truhbündnisses vom 20. April gehörigen Militärconvention stipulirt sei. Der Grund zu dem Ersuchen liege darin, daß erst durch diese Aufstellung die österreichische Armee in Galizien in den Stand gesetzt werde, mit siche rer Aussicht auf vollen Erfolg einen Gewaltstoß der Russen gegen die obere Weichsel zu bekämpfen. Auch versichere man, daß Oesterreich unter An- dcrm Preußen an das Herz gelegt habe, gemeinschaftlich am Bunde die Mobilmachung der Hälfte der BundeScontingcnte zu beantragen, wovon der eine Theil zu dem preußischen, der andere zu dem österreichischen Heere zu stoßen hätte. — Dem Mainzer Journal wird vom Rhein vom 2. Jan. berichtet: „Rußland soll an verschiedenen deutschen Höfen die Erklärung abgegeben haben, daß es Oesterreich nicht angreifcn werde und nicht wohl voraussetzen könne, zuerst von Oesterreich angegriffen zu werden. Es soll, wie es scheint, mit dieser künstlichen Beschwichtigung weiter nichts erreicht werden, als die Mobilisirung der deutschen BundeScontingcnte möglichst lange hinauszu- schicben." — Die officielle Preußische Eorrespondenz erkennt in dem gestern mitgecheilten Manifest des Kaisers von Rußland, abgesehen von einzelnen Wendungen desselben, welche als in das Gebiet der europäischen Kritik gehörend nicht betrachtet werden können, da es eine Ansprache an das Volk sei, den friedengencigten Sinn des Zar, namentlich in den Wor ten: „Wir werden keine Fricdensanerbietungen und Bedingungen zurück- weisen, wenn dieselben vereinbar sind mit der Würde nnsers Reichs und dem Glück unserer geliebten Unterthanen." Freilich fehlt da aller Anhalt, welche Foderungcn Rußland als nicht mit seiner Würde vereinbar bezeich net. Die Rüstungen Rußlands, meint die Preußische Eorrespondenz, seien nur zur Abwehr der A>»griffe bestimmt, welche von außen erwartet wür den. Von einem Festhalten der Foderungen, welche dem orientalischen Zwist den Ursprung gegeben, sei keine Andeutung mehr vorhanden, und der Kampf, wenn er fortgesetzt werden sollte, stelle sich als ein nothgedrungener und auf die Vertheidigung beschränkter dar. Aus diesen letzten Acußerun- gen schöpft die Preußische Eorrespondenz die Zuversicht, daß, nach den bis her cingegangencn Verpflichtungen, für Deutschland eine Bcthciligung an den, kriegerischen Vorgehen sehr in die Ferne gerückt sei. Wie dem aber auch sein möge, das kaiserliche Manifest lasse keinen Zweifel mehr darüber, daß Rußland aufrichtig die Hand zum Frieden biete. Es bleibe nur der Wunsch, daß diese unzweideutige Absicht auf allen Seiten erkannt und ge würdigt werde. — Das Eorrcspondinj-Bureau sagt: „Die Absicht, eine allgemeine Ver ordnung über die Heilighaltung der Sonn- und Festtage zu erlassen, scheint vovläusig aufgegeben zu sein. ES sind in den letzten Tagen des ver- stoffenen Jahre« derartige Verordnungen im administrativen Wege von den meisten Bezirksregierungen spceiell für ihre Regierungsbezirke, mit Rücksicht auf die den Regierungen im h. 11 des Gesetzes über die Polizeiverwaltung vom 41. März 1850 ertheilte Ermächtigung zum Erlaß polizeilicher Straf- Verfügungen, erlassen worden, in welchen unter Festhaltung gemeinsamer Grundprincipien auf provinzielle Gewohnheiten und Einrichtungen Rücksicht genommen ist." — Di« am 3. Jan. in Berlin «»gekommene Nr. 3 der Kölnischen Zeitung (vom 3. Jan.) ist, nach einer telegraphischen Requisition des Po- zeidiroctorS von Köln, Nachmittag« gegen 5 Uhr auf der Post mit Beschlag belegt worden. - — Die Schlesische Zeitung berichtet aus Breslau vom 3. Jan.: „Ge stern Abend nach 10 Uhr traf der Fürstbischof, vr. Heinrich Förster, ans Rom zurückkehrend in seiner hiesigen Residenz wieder ein. Das Ge läute der Glocken der Kathedrale und der übrigen katholischen Kirchen ver kündete noch in der elften Abendstunde den Katholiken BreSlaus daS froh« Ereigniß." — Bei dem Gewitter am 1. Jan. traf «in Blitzstrahl die Kirche zu Linda, einem Dorfe etwa drei Stunden weit in südöstlicher Richtung von Görlitz gelegen, zündete und legte das Gotteshaus in Asche.