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Rabenauer Anzeiger : 15.06.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-06-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191806158
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19180615
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19180615
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-06
- Tag 1918-06-15
-
Monat
1918-06
-
Jahr
1918
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Ein Menschenalter. 15. Juni 1888 — 15. Juni 1918. Dreißig Jahre, ein Menschenalter, sind am 15. Juni verstriche«, seitdem Kaiser Friedrich im Neuen Palais, seinem Aeblingssitz im Park von Sanssouci bei Pots dam. die müden Augen zum ewigen Schlummer schloß. Kaiser Wikhelm II. regiert jetzt drei Jahrzehnte. Es ent spricht nicht dem Gebrauch, eine Tätigkeit von dieser Dauer zum Gegenstand einer offiziellen Erinnerung zu machen; das fünsundzwanzigjährige Regierungsjubiläum des Monarchen hat am 15. Juni 1913, dem Säkularjahre für die großen Taten des Freiheitskrieges, stattgefunden. Kurz vorher waren Kaiser Nikolaus von Rußland und König Georg von England Hochzeilsgäste im Berliner Schloß, als am 24. Mai 1913 die Kaisertochter Viktoria Luise sich mit dem heutigen Herzog Ernst August von Braunschweig vermählte. Wenige Monate später, am 18. Oktober, wurde das gewaltige Völkrrschlachtdenkmal in Leipzig eingsweiht. Vertreter der meisten Staaten, die vor hundert Fahren gegen Napoleon gefochten hatten, waren zugegen. Niemand konnte damals denken, daß ein Jahr später die Flammen eines neuen unerhörte» Wett- trieges zum Himmel emporschlagen würden. Das deutsche Volk wird angesichts der Vollendung dieses Menschen alters der Regierung des Kaisers gern zuriirkblicken auf diese bedeutsame Zeit, in der sich das Oberhaupt des Deut schen Reichs wie kein anderer Fürst und Staatsmann be müht hat, der Welt den Frieden zu erhalten. Daß es ihm nicht gelungen ist, das ist eine Lebenserfahrung, mit der sich abzuftnden dem Monarchen Wohl nicht leicht gewor den ist. Ihr gegenüber steht aber Deutschlands großartige wirtschaftliche, wissenschaftliche und technische Blüte vor dem Kriege, die uns das Aushalten und Siegen im Krieg« ermöglickst hat. Haben fremde Fürsten dem Kaiser nicht die Freundschaft gehalten, das Vertrauen des Herrschers auf die Treue und jugendfrische Kraft des Volkes ist nicht getäuscht worden. Als Kaiser Wilhelm II. vor dreißig Jahr-n die Ne gierung antrat, galt er den Franzosen n ' Russen, und was sonst unter ihrem Einfluß stand, als ein Fürst mit ausgesprochenem Kriegswillen. Die Engländer zeigten eitis gerechtere Würdigung, sie würden auch lenk; schwerlich in die Abtretung der Insel Helgoland an T ' hland ge willigt haben. Der große Friedensbund, de-. utschland mit Oesterreich-Ungarn und Italien verbano arde auf recht erhalten; und die Reisen, die der Kaiser ou oie euro päischen Höfe unternahm, sowie deren Erwiderung ver stärkten die sich doch Bahn brechende Erkenntnis von der unveränderten Friedenspolitik des Reiches. Das Bünd nis zwischen Frankreich und Rußland, welches an der Seine zuerst als Rvanchebündnis gegen Deutschland auf gefaßt wurde, verlor an Schärfe, zumal ver junge russische Zar Nikolaus sich für ein Welt-Schiedsgericht und allge meine Abrüstung aussprach. Als sich Deutschland hervor ragend an der Pariser Weltausstellung von 1900 beteiligte und im Deutschen Hause im Namen Kaiser Wilhelms festliche Empfänge stattfanden, war die Aenderung in der äußeren Meinung Frankreichs so weit vorgeschritten, daß verschiedene französische Zeitungen ziemlich ernsthaft einen Besuch des deutschen Reichsoberhauptes in Paris zu erörtern begannen. Dir Friedensfreunde prophezeiten, daß das neue Jahrhundert die Abschaffung der Kriege bringen würde. Diese Erwartung wurde von vornherein vernichtet. Der Burenkrieg und der russisch-japanische Krieg zeigten, daß internationale Fragen sich neu gebil det hatten, die man nicht vorauSgesehen hatte. Auch die Einmütigkeit der Mächte gegenüber den Boxer-Unruhen in China, welchen der deutsche Gesandte Frhr. v. Kettler zum Opfer gefallen war, war nur Schein gewesen. In zwischen wuchs Deutschlands Wirtschaftsleben in blenden der Kraft empor; der internationale Handel erblühte machtvoll, und immer klarer ward die Notwendigkeit der Forderung des.Kaisers nach einer starken deutschen Flotte anerkannt. Deutschland beobachtete im Burenkrieg Eng land gegenüber eine wohlwollende Neutralität, es wies die fremden Zumutungen, die britische Verlegenheit zu einem Schlage aegen das britische Reich zu benutzen, zu- MSSlMLMWIM »W!I '»WIWailWMMVIM rück. Aber die englische Mißgunst auf das deutsche Macht gebiet im Weltmarkt wuchs unaufhaltsam, nicht allein aus sich selbst heraus, sondern gefördert durch die Politik des Königs Eduard. Vielleicht hat dieser gekrönte Diplomat, der mit großem Geschick die Bemühungen der französischen und russischen Staatskunst zu benutzen wußte, nicht per sönlich einen Krieg gegen Deutschland ins Augegefaßt, aber es konnte auch für ihn kein Zweifel sein, daß es zu einem Kriege mit dem Deutschen Reiche kommen mußte, nachdem er alte Leidenschaften wachgerufen hatte, um den Ning um Deutschland zu schließen. Seit 1906 stand der europäische Krieg als Wetterwolke am poli'ischen Himmel. Ter Deutsche Kaiser und die Reichsregierung hatten es vermieden, diese Intrigen vor aller Welt beim rechten Namen zu nennen, sie. rechneten mit ver Erbaltung des Friedens, für die sie arbeiteten. Es hat nicht an Hinweisen gefehlt daß wir zu verbindlich gegen das Ausland ge wesen seien, das uns das Entgegenkommen nicht dantt. Demgegenüber ist das Wort eines guten Gewissens zu bewnen Wäre das nicht vorhanden gewesen, so wäre auch die Einigkeit aller Truppen für die Niederrinaung des Gegners nicht vorhanden gewesen. Und dieses gute Gewissen gewahrt zu haben, bleibt der Ruhmestitel Kaiser Wilhelms II. Win. Präsidentenwahl iw RMskW. Fehrenbach, Präsident; Dove, Scheidemann, Paasche Vizepräsidenten. Der Reichstag hat sein neues Präsidium. Die Wahl vollzog sich ohne Aufregung ganz programmäßig. Ter neue Präsident Fehrenbach fand in einer Antrittsrede sehr spmpathische Worte für die Freibeit des parlamen tarischen Wortes- die Würde der ersten Kanzel des Reiches unv Vie Verantwortlichkeit der Parlamentsredner vor dem Vaterlande. Mit patriotischem Schwung knüpfte er eine Verbindung zwischen der Heimat und dem siegenden Heer und schloß mit der Zuversicht, daß wir bis zum Ende durchhalten und auch der Amerikaner, wenn sie kommen. Herr zu weiden. ' Nach der Wiederbesetzung der Präsidentenämter ver handelte der Reichstag über den Etat des Reichsamtes des Innern. , Sitzung vom s. Juni. Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten. Die Wahl des Präsidenten erfolgt durch Stimmzettel. Abgegeben werden 280 Stimmzettel, davon ist einer un gültig. Von den 279 gültigen Stimmen lauten 270 auf den Namen des Abg. Fehrenbach (Ztr.) (lebh. Bravo), drei sind zersplittert, sechs Stimmzettel sind unbeschrieben. Vizepräsident Dr. Paasche: Danach ist mit großer Mehrheit der Abg. Fehrenbach gewählt. Ich frage ihn, ob er die Wah! zum Präsidenten dieses Hauses annimmt. Abg. Fehrenbach (Ztr.): Herr Präsident, ich nehme die Wahl an. Antrittsrede des Präsidenten. Präsident Fehrenbach: Bei der Trauerseier für den Heimgegangenen Präsidenten wurde die Hoffnung ausge sprochen, daß der Geist unseres Kaemps, daß der Geist des 4. August 1914 nicht mit seinem Körper auS dem Hause hinausgetragen werde. Ich glaube in Ihrer aller Namen sagen zu dürfen, daß dieser Geist auch weiterhin hier walten wird. (Lebh. Bravo.) Gerechtigkeit und Wohlwollen sind die Leitsterne für jeden Präsidenten, sie werden es auch für mich fein. (Bravo.) Es ist etwas Schönes nm ein freies, selbstbewußtes Wort, und an diesem Platze soll nach unserem Willen eine ge- sicher 1e Stätte für ein freies Wort aufgebaut ! sein und bleiben (lebh. Bravo!). Die vielen Nöte und ! Beschwerden, die während dieses langen Krieges an das i deutsche Volk herantreten, verlangen nach einer offenen Aussprache in diesem Hanse. Politische Tagessragen, ! die an uns herantreten auch während des Krieges mit nicht sich vermindernder Kratt, verlangen eine klare und «WES bestimmte Stellungnahme (Bravo!). Die Entwicklung unseres Reiches in außer- und innerpolitischer Beziehung soll je nach den verschiedenen Anschauungen der verschie denen Parteien klar und deutlich zum Ausdruck kommen. Aber eines bitte ich nicht zu vergessen: daß dieser Platz die erste Redekanzel im Reich ist und daß gegen die Würde dieser ersten Redekanzel ln diesem Hause nicht verstoßen werden soll. (Bravo!) Und das andere bitte ich auch u bedenken: Der Geist, von dem alle Ausführungen ge raden werden vom Interesse des Ganzen und vom Interesse des Vaterlandes. (Beifall.) Tas reie Wort ist auch ein verantwortungsvolles Wort. Der Präsident weiht dann seinen ersten Gruß un seren unvergleichlichen Heeren ,er preist die deutsche Hsl- ^sumutter. die jedes Opfer für das Vaterland ttägt und übt schließlich anacsickts des gigantischen Höhepunktes 'es Krieges der festen Neberzengung Ausdruck, daß wir "ich das amerikanische Heer, wenn es berüberkommt noch besiegen werden. Mit ungebrochener Kraft und mit rischem Mut voranlcnchwny als Ekkeharde un - sterem ganzen deutschen Volke wollen wir an Ziesen hoffentlich letzten schweren Kamvf in diesem unge heuren Kriege Herangehen: im Ausblick an die Größe vieler Ereignisse wollen wi: nunmehr an die Arbeit vrr nächsten Wockeii — hoffentlich ist sie erfolgreich — heran- zehen. (Lebh Bravo!) Paasche legt sein Amt nieder. Vizepräsident Dr. Paasche erklärt, daß er nunmehr auch sein Amt als Vizepräsident niederlcgt. Abg. Dr. Stresemann lnatlib.): Wir stehen vor der Wahl von drei Vizepräsidenten. Ich schlage vor, die Wahl der drei Vizepräsidenten in einem Wahlgange durch eine gemeinschaftliche Liste vorzunehmen. Das Haus stimmt dem Vorschläge zu. Das Ergebnis der Abstimmung ist: Von 269 Stimm zetteln sind zwei unbeschrieben, 262 Stimmen entfallen auf den Abg. Dove, 194 Stimmen auf den Abg. Scheide mann. 187 Stimmen auf den Abg. Paasche. Sämtliche drei gewählten Herren erklären die Wahl anzunehmen. Es folgt die Beratung des Etats des Neichsamts des Innern. Abg. Bell (Ztr,.) führt Beschwerde über die zu geringe Zahl katholischer Beamter in den Neichsämtern. Staatssekretär Wallraf: Wir sind über die Zeit hin aus, wo solche Klagen erhoben werden konnten. Heute erfolgt die Auswahl der Beamten nur nach der Tüchtig keit. Abg. Schulz (Robert) — Soz. — Die klaren Tat sachen sprechen gegen den Abg. Bell. Wir haben einen Katholiken als Kanzler, einen katholischen Justizminister und ein Katholiken als Neichstagspräsidenten. Boy Msmi B'indm, Das wilde Durcheinander. Die Entente ergeht sich in allerlei Deklamationen über den neuen deutschen Angriff, über die nicht erreichten Ziele der letzten deutschen Offensive und was dergleichen Phantasien mehr sind. Sie hätte allen Anlaß, für Wieder herstellung der Kampffähigkeit bei sich zu sorgen, wenn sie wieder einmal von Zukunftssiegen ^avelt, denn in ver letzten großen Schlacht sind die feindlichen Truppenver- bände unter dem stürmischen deutschen Draufgehen wild durcheinander gerüttelt worden, so daß die Führung sehr erschwert oder fast unmöglich geworden war. Dieser Zu stand beweist die Zerrüttung des Feindes, die unter sevem neuen deutschen Schlag immer größer wird. Die Entente veiftig zweifellos noch über gewaltige Menfchenmassen, aber die Zähl der für die offene Feldlchlacht mit ihren Gefahren und Ueberraschungen verfügbaren Divisionen wird sichtlich geringer, und der Mangel an intelligenien Ottineren macht sich beim Germer in empfindlicher Weise geltend. Die Engländer haben sich keine Mühe gegeben, die französischen Kommandos richtig verstehen zu lernen. Tiefer Umstand bat die Schwierigkeiten des Durchein ande' in den setzten Kämpfen noch erhöht. Die Aeußerun- Der häßliche D-kLor Liebling. Humoristischer Roman von Harry Nitsch. (Nachdruck verboten.) „Du sslM Viesen frechen Ausdruck nicht ge brauchen," ries Suse empört. „Ich verbiete es vir ein für allemal." „Nun wirv'S gut," meinte Gerhard frech. „Ich Habs ihn doch erst von dir." Suse wurde glühendrot, der heimliche Horcher da gegen Strich. Werner wandte sich hastig um und schritt hinaus. Doch im Gehen hörte er Suse noch rufen: „Das war früher einmal, du Lümmel. Jetzt tut es mir leid, unv ich sage es nie mehr. Es war ungezogen von mir." Nach einigen Minuten kamen Gerhard und Sieg fried zu Werner, der am Flügel sah und leise zwang lose Akkorde anschlug: „Wir wollten Sie bitten, dah Sie uns nicht böse sein möchten, weil wir Sie vorhin kopiert haben," sagte Gerhard und sah Werner treu- herzis an. Der blickte erstaunt auf die beiden wilden Jungen. Hatte Suse es doch noch fertig gebracht, ihren Trotz zu brechen und sie zu diesem Gang nach Kanossa zu bewegen! Ganz gerührt erwiderte er: „Laßt es gut sein, Jungens! Ich bin dergleichen seit meiner frühesten Jugend gewohnt und dagegen abgehärtet." „Nun schäme ich mich doch mächtig," sagte Sieg fried zu seinem Bruder, als sie ans der Hörweite des Doktors waren. „Eigentlich ist es eine Gemein heit, daß wir den gutmütigen Doktor seiner Visage wegen hänseln. Er .kann doch nichts dafür." „Aber eine einträgliche Gemeinheit," erwiderte Ger hard gleichmütig und'ungerührt. Dabei drehte er das Zweimarkstück vergnügt zwischen den Fingern, welches ihnen dis Schwester dafür gegeben hatte, daß sie sich zur Abbitte yerveiließen. Zwei Tage nach Weihnachten traf ein Telegramm bei Eibenforsts ein, in dem Richard Löbe den glück strahlenden Damen mitteilte, daß er nachmittags vier (ihr zwanzig in Rhoda eintreffen werde. „Alles an ders mündlich," lautete lakonisch die Depesche. Bella ging diesmal mit anderen Gefühlen zum Bahnhof als vor vier Wochen zum Empfang Mattikows. Mit geröteten Wangen eilte sie auf dein Bahnsteig aus und ab. Die innere Unruhe trieb sie vorwärts. Die Menschen sahen sie erstaunt cm, denn ihrs grauen Augen leuchteten förmlich. Endlich fuhr der Zug ein. Richard sprang aus dem Wagen, stürzte der Geliebten an den Hals und küßte sie vor aller Augen herzhaft ab. Bella ließ es sich ganz verträumt gefallen und dachte nicht an die Zuschauer. „Nich wahr, Freilein, das is schesne, wenn der Schatz aus der Fremde wieder derheeme kommt," sagte ein biederer Kleinbürger schmunzelnd zu Bella und klopfte Richard jovial auf die Schulter. Bella strahlte den Mann vergnügt an und nickte ihm freundlich zu. Dann hing sie sich bei dem Bräutigam an und schritt an seiner Seite der Stadt zu. Mochten die Men schen denken, was sie wollten. Doktor Liebling mußte beim Empfangs des Bräu tigams zugegen sein, das ging nicht anders. holte ihn selbst. Schüchtern trat sie in sein Zimmer: „Er ist da, lieber Herr Doktor," sagte sie mit heim lichem Stolz. „Wollen Sie nicht zu uns hsruber- kommen?" Werner war der junge Arzt sofort sympathisch. Ein Blick sagte ihm, daß er einen Leidensgefährten vor sich habe, dem kein angenehmes Aeußere den Lebens weg ebnete. Doktor Löbs war klein, schmächtig und hatte ein finsteres Gesicht. Nur wer in Pbyjwguomien zu lesen verstand, entdeckte den gutmütigen, frohge muten Zug in diesen wenig angenehmen Zügen- Tat sächlich war Richard im Kreise gleichgesinnter Men schen ein fröhlicher, prächtiger Unterhalter. Doch er mußte sich wohl fühlen und warm geworden sein. Nun ging es an ein Fragen und Erzählen: „Pro fessor Dölling ließ mich am ersten Weihnachtsfeiertaqe zu sich kommen. Er sprach lange mit mir, wohl über eins Stunde und examinierte mich gründlich. MW war banger zumute als beim Examen." Werner lächelte: „Daran erkenne ich meinen alten Gönner und Freund Dölling. Er will wissen, wem er feine Unterstützung gewährt." „Ich verdenke ihm das nicht," fuhr Löbe fort. „Wollte Gott, jede Protektion würde nur nach solchen Grundsätzen geschenkt. Dann ließ er mich gehen, ohne die kleinste Andeutung darüber, was er eigentlich mit mir vorhabe. Gestern ließ er mich wieder rufen und teilte mir in kurzen Worten mit, daß er mich als seinen zweiten Assistenten für seine eigene Klinik engagieren wolle. Am ersten Januar müßte ich antceten. Ich konnte ihm kaum danken, so schnell schob er mich zur Tür hinaus." „Dank verträgt er absolut nicht," lächelte Werner. „Um ihm zu entgehen, wird er grob." , Als Professor Dölling den Brief Werner Lieblings erhielt, in dem er um seine Verwendung für Doktor Löbe gebeten tourde, faßte der weißhaarige Gelehrte an seine Stirn: „Mir ist so, als ob ich irgend etwas vergessen hätte, was Werner Liebling betrifft. Aber ich komme gar nicht darauf," sprach er leise vor sich -uMöe ich mir nirgend ein Zeichen gemacht?" Dolimg durchstöberte die Briefschaften auf seinem riepgen Schreibtisch und warf die dort lagernden zahl- reichen Bücher rücksichtslos durcheinander. Schließlich siel ihm eins in die Hand, aus dem ein Blatt Papier hsrvorstand. Dölling nahm es auf und las den Titel'- „Haben wir den Krebserregsr gefunden?" lautete er. Der Alte schlug es auf und sah einen Brief darin liegen. „Hm, ein Brief!" meinte er nachdenklich- "Wie kommr der in dieses Buch? Ist er an mich? Habe ich ihn beantwortet?" Dölling nahm den Brief und las die Ueberschrift: „Mein lieber, verehrter Freund!" Er legte ihn wieder hin und schlug sich vor die Stirn: „Ich wollte an Hilds Schütz schreiben und habe es total vergessen. Schäme dich, Alter. So liegt dir das Wohl des Jungen am Herzen. Das Mädel kann inzwischen langst mit einem anderen unglücklich gewor den sein. Ob ich jetzt noch schreibe?" '' - ' (Fortsetzung folgt.;
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