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Die letzte Kriegswoche. Endlich volle Klarheit. ' Die deutsche« Wassen sind an der Westfront miaust haltsam vorgetragen worden. Zielbcwußt und in muster hafter Ordnung sind die deutschen Soldaten in Flandern und Frankreich den von der obersten Heeresleitung gege benen Weisungen gefolgt, was im Hauptquartier in mühevoller Arbeit festgelegt worden war, ist genau ver wirklicht worden. Demgegenüber steht der bei aller Kampfzähigkeit nicht selten bis zur Ratlosigkeit gesteigerte Wirrwarr auf gegnerischer Seite, der so schlecht zu den vom Ministerpräsidenten Lloyd George im Unterhause des Parlaments zu London gesprochenen Worten paßt: „Wir werden endlich siegen, wenn wir unsere Armee durch die angeordneten Reuaushebungen, auch in Irland, verstärkt haben." Mit der Erringung dieses endlichen Sieges wol len wir das Weitere für England abwarten, aber das ist wichtig, daß der britische Diktator sich vorher gezwungen sah, der Wahrheit in zwölfter Stunde die Ehre zu geben und einzuräumen, daß Englands Heer schwer geschädigt ist und den Rücktritt vor den siegreichen Deutschen hat an treten müssen. Diese Worte werden in der ganzen Entente welt wiederhallen, und das Rankenwerk, welches diese- Klarheit umgibt, angebliche schwere deutsche Verluste und die Hoffnung auf den Endsieg, vermögen die Tatsache nicht abzuschwächen, daß es mit England schlecht steht. Die Folgen davon werden sich bald genug zeigen, und die heu tigen Neueinberufungen zur britischen Fahne können nicht dis kampfgewohnten Sieger irgendwie aufhalten. Keine papierne Maßnahme in London kann den wundervollen deutschen Heeresgeist ersetzen. Die Franzosen und Amerikaner sollen John Bull her« aushruen, der Generalissimus Foch soll strategische Wun derwerke errichten, aber die Ankündigung solcher Zu kunftsbilder hält dis Deutschen nicht auf. Die Opferlust der Franzosen sinkt um so schneller, je weniger die Briten Stand halten können. Von den Amerikanern soll noch die erste Heldentat berichtet werden, denn bis jetzt wiederholen sich nur die Klagen über ihren geringen Gefechtswert. Der Generalissimus Foch behauptet zwar immer von neuem, er sei seiner Sache sicher, aber alle seine Vorgänger und Kameraden waren ihres Erfolges genau ebenso sicher, und es kam hinterher doch total anders. Gewaltigen Eindruck hat namentlich das deutsche Vordringen im Gebiet von Ypern beim Feind gemacht. Dort, wo im Herbst 1914 die Schleusen geöffnet wurden, glaubten die Gegner felsen fest, daß sie unbezwingbar seien. Und jetzt hat sich auch diese Stelle als eine Achillesferse erwiesen. Eine Begleiterscheinung im Kampfdrama bildete die diplomatische Attacke des französischen Premierministers Clemenceau gegen die Wiener Regierung. Er hat den österreichischen Kaiser Karl denn doch zu gering einge schätzt, daß er von ihm behauptet, der Monarch habe Frankreichs „Recht auf Elsaß-Loihringen" anerkannt. Oesterreichisch-ungarische Geschütze geben darauf die Ant wort. Die völlige Aufklärung in dieser Sache muß noch erfolgen, aber soviel steht fest, daß der Leiter der franzö sischen Staatsgeschicke die Wiener Regierung hinter der Tür der Intrige gesucht hat, in der er, wie ihm selbst seine eigenen Landsleute vorwerfen, ost genug selbst gesteckt ha ben mag. Man hat Georg Clemenceau den „Tiger" ge nannt. Ist der Tiger ein Raubtier, so entbehrt er doch die Majestät nicht; diese geht aber dem heutigen Premier minister in Paris ab, er hat vielmehr von dem boshaften Affen, den Voltaire im Charakter seiner Landleute sah. Jedenfalls bleibt es in Wien wie es war, Nr neue dortige Minister des Auswärtigen, Baron Burian, ist für uns ein guter alter Bekannter von seiner früheren zweijährigen Verwaltung (1915 und 1916) dieses wichtigen Postens im österreichisch-ungarischen Ministerium. Auch im Osten sind die Kämpfe allenthalben erfolg reich fortgesetzt. Unsere Truppen haben in Finnland und in der Ukraine weiter aufgeräumt, die finnische Haupt stadt Helsingfors ist von ihnen besetzt worden. Nachdem jetzt der deutsche Botschafter bei der russischen Republik in , Moskau angekommen ist, ist eine Beseitigung aller noch ! schwebenden Angelegenheiten bei dieser zu erwarten. Mit dem Mai soll bekanntlich der volle wirtschaftliche, Post- SM« KMkÄW M MW. Bon Marie RamslcSew. l-A (Nachdruck verboten > In demselben Augenblick SporenkUrren und lautes Gelächter im Nebenzimmer. Marie Ilse er kennt mit stockendem Herzschlage den Carstemtzer und mehrere sehr leichtsinnige Offiziere aus der benach barten Garnison. Sie hört, wie sie sich an einen Tisch setzen und bald in ein eifriges Kartenspiel vertieft sind. Herr von Jtzenplitz ist stark im Verlust und schlägt alle Augenblicke dröhnend mit der Faust auf den Tisch, dazu ein erstaunlich' langes Register häßlicher Redens arten herunterfluchend. „Na, na," sagt einer der jungen, angetrunkenen Leute mit unangenehmer Betonung: „Nicht verzagen, Barönchen, die schöne Hehdebreck ist Ihnen ja sicher, wer wird da um den Verlust von ein paar schäbigen Goldfüchsen trauern." Der Carstenitzer lacht roh, aber ein wenig gezwun gen auf. „Mit Weibrrlaunen ist nicht zu rechnen! Sie war heute abend durchaus nicht zugänglich!" „Wird schon anders werden, wenn sie den Grasen Benden nicht sieht." „Diese Zuneigung werde ich ihr schon austreiben, i wenn sie erst mein ist!" knirscht d,er Varon, „v.eber- haupt dann werde ich nicht mehr den Liebens würdigen spielen, sie soll meine eiserne Faust schon fühlen." „So — geladen auf sie?" meinte der leichtsinnige Leutnant Silchdorf, „meiner Treu! Ich glaubte, Sie liebten die schöne Hehdebreck?" „Pah — Liebe!" schreit der Baron, den der gute Champagner fast um die Besinnung gebracht hat. „Der Reichtum lockte mich. Hätte das Vögelchen nicht goldene Federn, ich ließe es unbehindert fliegen." Marie Ilse war nabe daran, den Verstand zu ver- - lieren. üftd Handelsverkehr zwischen Deutschland und Rußland wieder ausgenommen werden. Damit wird hoffentlich in den Russen die Erkenntnis geweckt, daß für sie Wohlstand und Verdienst in der Pflege guter Beziehungen zu Deutsch lang liegen. Einen wichtigen Erfolg haben die Türken mit der Eroberung der bisher russischen Petroleumstadt Batum an Schwarzen Meer errungen. Die reichen Bodenschätze sind für den osmanischen Staat von höchster sinanzieller Bedeutung, und die große Naphta-Produktion, die auch uns zugute kommt, wird uns hoffentlich gestatten, die Lie ferung von amerikanischem Petroleum nüchtern zu beur teilen und über die Drohung des Präsidenten Wilson, uns die Petroleumflasche hoch zu hängen, zu lachen. Der Friede mit Rumänien ist fertig, und das italie nische Volk verlangt danach dringender, als bisher. Dis österreichische Offensive ist vorbereitet, und es ist für die Italiener kein großer Zweifel mehr möglich, daß die Lawine ins Nollen kommen wird, die das Unglück des Staates und Volkes besiegelt, wenn der Angriff los bricht. Die Treulosigkeit des Königs Viktor Emanuel und seiner Regierung in Rom hat eine schwere Züchtigung ver dient, von dem italienischen Volk konnte man in seiner großen Mehrheit sagen, daß es dem Krieg abgeneigt war. Politische Söldlinge Frankreichs und Englands und be zahlte Pflastertreter und Straßenlumpen haben den Kriegslärm im Frühling 1915 in Szene gesetzt, die wirk lichen Volkskreise sind längst entnüchtert, wenn sie wirk lich einige Zeit mitgeschrieen hatten. Auch in den Ver einigten Staaten von Nordamerika wird die Auflehnung gegen Präsident Wilsons Tollhauspolitik immer stärker. Namentlich dir Deutschen und Irländer lehnen sich kräftig auf. Die Entente-Presfe sagt davon natürlich nichts, aber wir wissen, daß es so ist. Ueberall in der Welt herrscht jetzt volle Klarheit über den Stand des Weltkrieges. Endlich ist das erreicht, und das Weitere wird folgen. Baron Stephan Burian, der neue österreichische Minister des Aeutzern. Deutscher Reichstag. Die zweite Lesung des Postetats wurde am Donnerstag fortgesetzt. Bei der Debatte ka men besonders dis Bedürfnisse auf dem Lande zur Gel tung. Die Verwaltung soll für die dort tätigen Beamten ebenso gut sorgen, wie für die in den Städten, und die Posteinrichtungen auf dem Lande nicht vernachlässigen, j Abg. Meher (nl.): Der Fernsprechbetrieb weist jetzt manche Mängel auf. Man mutz stundenlang auf Anschluß warten. Die Entschädigungsgebühr für verlorengegangens Pakete soNte erhöht werden. Erforderlich ist eine Ver mehrung der Postscheckämter. Der Redner fordert ein Postfcheckamt für Bremen. Das Land muh bei postali schen Einrichtungen besser berücksichtigt werden, besonder- „Mein Gott!' oentt sw, „warum kann ich nicht hingehen, ihn zur Verantwortung ziehen!" Wie eine Erlösung klingt ihr da plötzlich die Helle, klare Stimme des Grafen Benden ins Ohr: „Baronesse, ich habe alles mit angehört. Lassen Sie uns einmal Komödie spielen. Nimm scheinbar meine Hand an" — seine Augen sahen sie finster und gebieterisch an — „der Braut des Grafen Benden darf niemand zu nahe treten. Ein Wort, und ich ver schaffe dir Genugtuung." Fassungslos starrt sie in seine zwingenden Augen, dann kommt ein zitterndes „Ja" von ihren Lippen. Stumm hält er ihr seinen Arm hin, sie legt den ihren wie leblos hinein, und dann geht er unbekümmert an den mit ausgerissenen Augen dasitzenden Spielern vorbei und stellt seine Base im gelben Salon seine« Gastgebern, oem Arlskchen Ch-vaars, als seine Braut vor Man ist erMuul, überrascht, aber mehr als be friedigt. Man hat es überall empfunden, daß das Frsifräulem von Hehdebreck viel zu schade sei für den fremd hereingeschneiten Carstenitzer. Dis Erstaunteste ist die Tante Seckendorfs, aber keiner merkt es ihr an, daß sie dis Sache völlig überrascht. Der Carstenitzer kommt unter anderen Glückwünschenden. Er schäumt vor Wut, aber er nimmt sich zusammen. Das Braut paar unterhält sich freundlich, aber gemessen, und die allgemeine Meinung lautet: Uebermäßig zärtlich sind sie nicht, «Ler die Hehdebreck hatte immer etwas so Apartes, man konnte keine Verliebtheit von ihr er- w arten. Der Carstenitzer erklärte nachher mit schlecht ver hehltem Aerger seinen Kameraden, er nehme alle seine Worte von vorhin zurück, sie seien im Rausch ge sprochen, also ungültig. Keiner hat die Erklärung verlangt. * * Marie Ilse wartet den ganzen folgenden Tag auf Hans Heinrich, aber erst mit herembrechender Dun kelheit sprengt statt des Erwarteten der lustige Ponh- durch Verbilligung der Fernfprechänlagen. Bei Straßen namen, die aus mehreren Worten bestehen, sollte man bei Telegrammen nur ein Wort anrechnen. Die am 1. April gewährten Teuerungszulagen sind n»ch nicht aus reichend. Die Regierung sollte ihren Widerstand gegen den vom Reichstag vorgeschlagenen Gesetzentwurf mit der durchlaufenden Gehaltsskala für die höheren Beamten end lich aufgeben. Die Disziplinarvermerke sollen nach Ab lauf einer bestimmten Frist gelöscht werden. Erwünscht ist die Schassung von örtlichen Beamtenausschüssen. Die Frage der Beamtenkammern ist allerdings noch nicht spruch reif. Immerhin, die gute alte patriarchalische Zeit ist vorbei. Abg. Flemming (kons.): Die Postdiebstähle nehmen lei der zu. Reichen dU Strafbestimmungen aus? ES muß rücksichtslos gegen diese Mißstände etngeschritten werden. An dem Verluste vieler Pakete ist das Publikum selber schuld. Den kinderreichen Familien von Postbeamten mutz ausreichende Unterstützung gewährt werden. Die Zulage der Postverwalter sollte pensionsfähig werden. Die Warte zeit bei den Postschaffern auf dem Lande ist zu lang. Die untern und mittleren Postbeamten sollten rascher befördert werden. Die Ostmarkenzulage sollte wieder eingeführt werden. Staatssekretär Rüvli«: Die Zahl der Postscheckämter kann nicht ohne weiteres vermehrt werden. Das Ideal wäre ein einziges Postscheckamt. Oesterreich hat nur ein einziges, und zwar in Wien. Wie Bremen, so wünschen auch Danzig, Posen- Kassel, Dresden, Essen und andere Städte ein eigenes Postscheckamt. Die Wiederzulassung von Einschreibpaketer. wird erwogen. Nach Wien haben wir nur zwei, nach Budapest eine direkte Fernsprechverbin dung ,die durch Heeres- und Dienstgespräche sehr belastet sind. Die Wünsche der Presse sollen möglichst berücksich tigt werden, die Verhältnisse sind aber sehr schwierig. Die Löhne sind ständig gestiegen . In Köln z. B. er hielt der Telegraphenarbeiter vor dem Kriege 3.50 M. jetzt erhält er 5.10 bis 5.50 M. Kein Postarbeiter bekommt weniger als ein Arbeiter bei einer anderen staat lichen Behörde. Die höheren Zuwendungen machen im Jahre 100 Mill M. aus. Die vorgetragenen Wünsch« werden wohlwollend geprüft. Abg. Bruhn (D. Fr.) bringt Wünsch« einzelner B«« amtenoruvven vor. Abg. Zubeil (U. Soz.): Da» GünstlingSwesen bei der Post greift um sich. Am Sonnabend folgt der Etat der ReichSeisenbahnen. Freiheit für die Iren? Eine Folge der deutschen Siege. - Lloyd Georgs bat im englischen Unterhaus den Iren vorgeredet, sie würden die freie Selbstverwaltung erhal ten, weil ihre Brüder in Amerika, indem sie sich zu Millionen gegen die Deutschen erhoben hätten, sür sie ein getreten wären. Nun erwarteten die amerikanischen Ire« daß die Iren in der Heimat Schulter an Schulter mit ihnen gegen Deutschland kämpfen würden. Ob die Iren auf diesen Leim kriechen werden? Seit Jahren schon sind die amerikanischen Trnppen mit grötz- ter Entschiedenheit sür das freie Selbstbestimmungs ihres Mutterlandes eingetreten, und England hat sich nicht ernst lich gerührt. Erst jetzt, wo die Not anfS schärfste gewachsen ist und man die Iren als Soldaten dringend braucht, um Oldenglands Söhne schonen zu können, soll Jrland, Homerule, das Gesetz über die frÄe Selbstbestimmnng, erhalten. Die für Homerule eintretenden Parteien haben natür lich Sicherheit sür Lie Einhalt,ing des Negierungsver- sprechens verlangt, und sie haben sich nicht damit begnügt, daß Llopd Georg: erklärt hat, er werde zuriicktreten, wenn das Oberhaus das Gesetz wie bisher verwerfen sollte Der Ausweg ist eine bedingte Inkraftsetzung des Militärgesestes. Der Abgeordnete King hat bei Behandlung der Dieustpslichtvorlage einen Paragraphen vorgeschlagen, wonach jeder schriftliche Erlaß, der kraft des neuen Gesetzes beransgegebcn wird, dem Veto im Unterhaus, oder im junge tn den Hof und überbringt einen Brief. „Du bist natürlich frei," lautet der Inhalt, „ich würde nie ein erzwungenes Glück genießen. Vorläufig bleiben wir vor der Welt Verlobte, aber das Gras Wird darüber wachsen, und wir lösen allmählich die scheinbare Verbindung. Um dich jedrr Verantwortlich keit zu entheben, gehe ich vorläufig auf Monate zu meinen väterlichen V 'wandren uaa, England. Wenn du diese Zeilen erhältst, bin ich bereits in Ham burg. Vergiß mich und alles, was an mich erinnert. Hans Heinrich, Graf Benden." Der Abend ist völlig hersingebrochen. Ilse steht ' noch immer in der Fensternische, das Briesblatt in der Hand. Dann bedeckt sie ihre Augen damit, und ein Strom von heißen Tränen bricht hervor. Zu Anfang ist man natürlich sehr erstaunt über Graf Bendens überstürzte Abreise, aber man zuckt die Achseln und sagt: „Sie sind eben apart." Und als von Hans Heinrich keine Kunde einläuft und die Ba ronesse sich völlig von der Welt abschließt, verliert man das Interesse an beiden. Base Ziska aber kann sich nicht beruhigen, kommt daher mit Mann und Kin dern zu Besuch. „Nein, Marie Ilse! So etwas verstehe ich nicht! Gerichisauklags gegen die kanadische Intrige. Das Lotenschauergericht in Quebec hat in dem Pro zeß, der wegen vier bei den letzten Unruhen get ö teter Bürger geführt wurde, die Meinung ausge sprochen, daß die Unruhen durch die grobe und ungeschickte Art, mit der die Bundespolizei austrat, um das Dienst- pslichtgcsetz in Geltung zu bringen, verursacht seien. Das Gericht erklärte, daß die Familien der Getöteten durch die Regierung entschädigt werden müßten. Ebenso erklärte es mit Nachdruck, daß die Regierung den bei den Un ruhen entstandenen Schaden an Eigentum vergüten müsse. Der Gerichtshof bestand hauptsächlich aus sranzö- sischen Kanadiern und gibt die allgemeine Ansicht der französischen kanadischen Bevölkerung von Quebec wieder.