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Rabenauer Anzeiger : 30.05.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-05-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191805304
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19180530
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19180530
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-05
- Tag 1918-05-30
-
Monat
1918-05
-
Jahr
1918
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Die letzte Kriegswoche. Die frei Schweiz, Frankreich als Knecht. Die Kette der großen Siege in der Kampffront schließt sich an die Reihe der bedeutsamen Verträge an, die von Deutschland abgeschlossen worden sind, und zu denen wir trotz allem auch das Uebereinkommen mit Frankreich wegen des Gefangenenaustausches rechnen können. Denn es bedeutet das erste Abweichen von der seither betätigten Todfeindschaft. Mit besonderer Genug tuung begrüßen wir den neuesten Vertrag, dessen Aufschub wie eine Gewitterwolke über den Pfingstseiertagcn lag, die wirtschaftliche Abmachung mit der Schweiz. Indem der BundeSrat der Eidgenossenschaft in Bern den Kohlenver trag mit dem Deutschen Reiche so, wie er vor Pfingsten festgestcllt worden war, unterzeichnete, wahrte sie die Freiheit ihrer Entschließungen und die Ehre ihrer Selb ständigkeit, und schließlich auch, was doch nur selbstver ständlich war, ihren Vorteil. Sie hat heute die Gewißheit, daß sie die ihr vom Deutschen Reiche zugesicherten Kohlen auch erhält, während Frankreich außerstande war, auch bringen, die es in Aussicht genommen hatte. Der Versuch, nur annähernd diejenige Menge nach der Schweiz zu die Kohlenlieferung zum Ausgangspunkt eines deutsch schweizerischen Zwischenfalles zu machen, in dem zuerst Tinte und dann Blut verspritzt werden sollte, sind also endgültig gescheitert: die tapfere Schweiz hat den übrigen Neu rosen Staaten gezeigt, wie gehandelt werden muß. Es liest sich wie ein Hohne sondergleichen, daß die französischen Zeitungen behaupten, die Schwei; aus ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit von Deutschland befreien zu wollen. Der Schweiz ist nichts zugemutet worden, womit sie nicht von vornherein einverstanden war und was sie zum Teil selbst vorgeschlagen hatte. Die Schweiz steht frei und gleichberechtigt neben dem Deutschen Reiche da, das ibr nie zugemutet Hot, den Herrenstandpnnkt aufzu geben. Die Franzosen sollten nur so frei sich gegenüber ihren Bundesgenossen England und Amerika fühlen, wie die Schweiz gegenüber Deutschland, es wäre besser für sie. Und vor allem ehrenvoller. Daß die französische Re publik keinen eigenen freien Willen mehr hat, das räumen selbst vielgelesene Zeitungen in Paris unumwunden ein. So kennte man letzter Tage im „Ci de Paris" lesen: „Selbst wenn wir Elfaß-Lothringen bekämen, wür den England und Amerika den Krieg fortsetzen. Ein Se paratfriede ist für uns nicht möglich. England und Ame rika würden uns die Verpflegung abschneiden und uns so fort blockieren. Wir sind an unsere Verbündeten gekettet. Für uns heiß! nicht mehr zwischen Sieg und Frieden, sondern zwischen Sieg und Hungersnot wählen." Das Pariser Blatt will es augenscheinlich nicht wa gen, seinen Lesern die Möglichkeit eines deutschen Sieges friedens vor Augen zu halten. Es wird selbst nicht daran zweifeln, daß Frankreich nicht auf unabsehbare Zeit wci- terkämpfen kann, wenn es nickt zugrunde gehen will. In Englands Banden haben französische Truppen ununterbrochen ihre Sturmangriffe auf die beherrschende Kemmelbergstellung und andere deutsche Positionen fort gesetzt, die nur die Blutopfer gesteigert haben, ohne den Erfolg dafür zu erbringen. Dis britischen Streitkräfte sind wieder, wie früher, zurückgehalten, der Unmut beson ders der Weißen Kolonialtruppen verträgt das nutzlose Hinscklachten nickt mehr, und die Amerikaner kommen noch immer nicht in Frage, nicht einmal für den Luftkampf, zu dem sie 20 600 Flugzeuge stellen wollten. Die Leistun gen des Flugzeugwesens in Amerika selbst sind so kläglich gewesen, daß eine vollständige Neuorganisation angeord net ist. Präsident Wilson hat dazu in einer tönenden Rede seine Zustimmung gegeben. Aber die deutsche Kraft achtet wohl heute noch weniger aus Wilsonsche Reden, wie am amerikanische Flugtechnik. Der Mann hat sein Re nommee zu gründlich eingebützt. . Der letzte deutsche Luftangriff auf London, den die dortigen Zeitungen den größten der bisher stattgehe bten nennen, hat die Engländer bei sich zu Hause davon über zeugt, daß die deutsche Schlagfertigkeit nicht sinkt, sondern im Gegenteil in der Zunahme begriffen ist. Und das wird schließlich auch die Entscheidung des Weltkrieges bringen, mag sich John Bull noch so sehr gegen diese Einsicht sträuben. Auch alle Versuche, wie sie nun heißen mögen, Der häßliche Doktor Liebling. Humoristischer Roman von Harry Ritsch. 's (Nachdruck verboten.) Nach Tisch zogen die Manner sich in das Zimmer LoS Hausherrn zurück, um eine Zigarre zu rauchen, während dre Damen in das benachbarte Zimmer der Frau Schütz gingen, dessen Tür offen blieb. Die Jun gen waren mit einem Male verschwunden. Herr Schütz nötigte dem Gast eine große Bock auf und rief dann plötzlich in das Nebenzimmer: ..Singe uns etwas, Suse!" ,,Jch kann nicht, Vater," kam es mit schlecht ver hehltem Aerger zurück. „Du kannst nicht singen?" fragte Herr Schütz dar auf lachend. ,,Ja, wofür bezahle ich denn das Stun dengeld „Ich will nicht!" rief Suse nun trotzig und schlug den offenstehenden Deckel des Flügels zu. „Das ist etwas anderes," erklärte der Vater, immer noch lachend. „Vielleicht bist du dem Doktor gegen über höflicher als gegen deinen Vater. Herr Doktor, bitten Sie das spröde Fräulein um ein Lied." Werner wurde etwas verlegen. Zögernd trat er irr die Tür: „Nur ein einziges Lied, girädiges Fräu lein. Darf ich Sie begleiten?" Suse wandte sich überrascht um: „Sie können be gleiten?" fragte sie froh Sie hatte niemand zu Haus, der sie zu ihren Liedern begleiten konnte, und das betrübte sic oft. Sie konnte ihre schöne Sopran stimme viel srcier und ungezwungener entfalten, wenn lis nicht zugleich aus die Begleitung achten mußte Ihr eben noch so trotziger Widerstand war mic auSgewischt, vergnügt kniete sie am Notenständer nieder und suchte zwischen den Noten. „Kennen Sre Hildachs „Lenz! Die Finken schla gen?" fragte sie Werner. „Ich habe es sehr gern," erwiderte Werner, nahm ihr die Noten aus der Hand und schlug den Flügel wieder aus. Bald hallte die schöne, frühlingsfrische Stimme den U-Boot-Krieg etnzudämmen. erweisen sich als nutzlos, die amtlichen deutschen Berichte über die Versenkung sei nes Transportraumes hält sich unverändert auf stattlicher Höhe. Alle Schisfsneubauten. alle Tampserräubereien in neutralen Staaten befreit die Entente nicht aus der har ten Zwangslage, in der sie durch die deutsche Seetüchtig keit geraten ist, und die sich für den Kampf an der West front besonders geltend macht. Ebenso wie Frankreich sitzt Italien in der Klemme, das jetzt sein viertes Kriegsjahr begann und mit sehr bitteren Empfindungen an die Erfahrungen zurückdenkt, die ihm seit dem letzten Herbst beschieden sind. Die große Ratlosigkeit ist in Nom zu Hause. Siegen kann man nicht, und die bekannte italienische Eitelkeit verbietet, rm Frieden nachzusuchen. Man fürchtet auch vielleicht die Rache der bisherige Bundesgenossen, die aber vock wahrlich mit sich selbst genug zu tun zu haben. Jedenfalls marschiert auch hier das Verhängnis vorwärts, langsam, aber stetig. König Viktor Emanuel, der seinen Staat in die Kriegshölle stürzte, besitzt nicht die Energie, ihn daraus zu befreien. Die Reise des österreichischen Kaiserpaares nach Sofia und Konstantinopel ist erfolgreich und ungestört beendet, die Beziehungen für Gegenwan und Zukunft sind be festigt. Es wird das noch weiter geschehen durch den gro ßen Waffen- und Wirtschastsbund. der künftig die vier Mittelmächte umschließen soll. Die fortwährenden Er örterungen, die unsere Gegner daran knüpfen, beweisen, wie richtig der Weg ist. den Deutschland .ind seine Ver bündeten einschlagen wollen. In Rußland schreiten sie Friedensverhandlungen zwischen der Moskauer Republik und der Ukraine dem Abschluß entgegen. Hoffentlich wird es auch gelingen, im Verkehr und in der Verwaltung wie der diejenige Lrdnung herbeizuführen, die allein ein künftiges Gedeihen sichert. Einstweilen ist noch recht viel zu tun. denn was normale Friedenstätigkeit bedeutet, ist in Rußland mehr oder weniger vergessen worden. Politische Nachrichten. Das neue Bündnis schon unterzeichnet Drr Aus bau des Zweibundes stellt sich als ein Dokument dar das im deutschen Hauptquartier am 12 Mai Vers:s unter zeichnet worden ist. Das Bündnis gilt sür längere Zeit; in einem Wiener Artikel der ..Nordd. Allg. Zrg." wird angedeutet: 2 0 Jahre. Ueber die .bindend ge- setzlicken Richtlinien" wird noch gesagt, daß das birve- rige Bündnis „entsprechend der geänderten Weltlage und im Hinblick auf den Zusammenbruch des utteri Zaren reiches sinn- und zweckgemaß hinsichtlich seiner VeitsiDi- gungsziele erweitert wird." Im Ausschuß desBundesra's für di?A wärtigen Angelegenheiten mackic am MiC'-oH Grii Heu ling Mitteilungen über die Besprechungen im Gurren Hauptquartier mit Kaiser Karl Siaaissckis'är o Kühl mann berichtete über die Lage im Tsien Sozialdemokratie und Kriegsende Ein Aussckuß des Würzburger sozialistischen Parteitages hat »in Aktionsprogramm der Sozialdemokratie eingestellt, veilen Zweck es ist, zu den Forderungen >er Kriegszeit im E>n- zelnen Stellung zu nehmen. Die staatsrechtlichen For derungen der Sozialdemokratie bleiben unveränd n ebenso die prinzipiellen wirtschaftlichen und softa'cn Grundsätze. Für die Uebergangszeit bilden die Fo-Ss- rungen der vorläufigen Veibebal nng der Scbensmtttsl- rationierung und der Nohstoffverteilnng sowu der Fracht dienstkontrolle nichts Besonderes, da man darüber wohl allgemein einig ist. Für die Unterbringung der Arbeits kräfte beim Ende des Krieges wird verlangt daß jeder feinem Berus zugefübrt werde Durch lüplich- Staus- und Gemeindearbeiten soll ausreichende Beschäftigung be- 'chafst werden. Wer keine unter Berücksichtiau-g seines Berufes ihm zuzumutcnde Arbeit erhalten inn soll >ine angemessene Arbeitslosenunterstützung aus Reichsmitteln bekommen. Wegen Mangel an Beschäftigung soll nie mand langer bei der Fakne zurückgehalten werden Ein besonderer Abschnitt betrifft Maßnahmen gegen monovo- listische Wirtschaftsgebilde. Die Mittelstandsfrage bleibt unberücksichtigt. Unter den verlanqten direkten Steuern erscheint ein allgemeiner Schuldcnlilqung-beiirag. Ain sozialpolitischem Gebiete wird der «stündige Arbeitstag und das Verbot der gewerblichen Beschäftigung von Kin dern unter 15 Jahren verlangt. Die Fürsorge für die Kriegsbeschädigten und Kriegsteilnehmer wird nicht ins Einzelne behandelt. Das sozialdemokratische Aktionsprogramm ist vom .Vorwärts" zur öffentlichen Besprechung gestellt worden. Die Entwicklung der Gewerkschaften. Die unter sozialdemokratischer Leitung stehende Generalkommission der freien Gewerkschaften teilt mit, daß di- freien Gewerk schaften, deren Mitgliederzab! Ende 1016 au? 919 633 ge sunken war, Ende 1917 bereits wieder 1!ä Million Mit glieder zählten. Tie finanzielle Entwicklung bat nicht gleichen Schritt gehalten. Der Kassenbericht weist 413 OVO Mark Gesamteinnahmen und 527 000 Mark Gesamtaus gaben sowie einen Vcrmögensrückgang von 33? 600 auf -24 600 Mark auf. Tie Generalkommission hebt hervor, daß der Parteistreit die Gewerkschaften 'm Jahre 1917 nicht allzu schwer berührt babe » Anrechnung der Kriegszeit bei der Pensionierung der Beamten. Der Vorstand des Verbandes Deutscher Beamtenvereine hat an den Reichskanzler eine Eingabe gerichtet, in der gebeten wird, eine Abänderung des Reichsbeamtengesetzes dahin herbeiführen zu wollen, daß den im Heimatdienst zurückgebliebenen Beamten die wäbrend des gegenwärtigen Krieges abgeleistete Dienst zeit doppelt angerechnet wird. Menn eine Anrechnung von Kriegsjahr in den Reichsbeamtengesetzt sür die im Hei- maldienst zurückgebliebenen Beamten bisher nicht vorge sehen ist, so dürfte dies lediglich darauf zurückzuführen sein, daß diese Beamten in früheren Kriegen besonderen Entbehrungen und Gesundheitsstörungen nicht ausgesetzt waren. Im gegenwärtigen Kriege haben sich aber die Verhältnisse in dieser Beziehung völlig geändert. Die im Heimatdienst zurückgebliebenen Beamten müssen ihren Dienst meistens unter schwierigeren Verhältnissen versehen, als die Angehörigen des Heeres in der Etappe und in den besetzten Gebieten, denen die Anrechnung von Kriegsjahren gesetzlich zusteht. Mehr als die Hälfte der Beamten würde gleich nach Ausbruch des Krieges zum Heeresdienst einqezogen. Die zurückgebliebenen Beamten "nßtcn deren Dienstgeschäfte mit übernehmen nnd sind 'either dauernd mit Arbeit überbürdet. Der russische Botschafter Joffe bleibt in Berlin. Aus- ändische Zeitungen meldeten, Deutschland habe die Ab berufung des Herrn Joffe verlangt. Davon ist natür- ich kein Wort wahr, es liegt auch kein Grund dazu vor. Denn über die politischen Gesinnungen des Botschafters war man natürlich in Berlin ganz genau unterrichtet, be vor er sein Amt antrat; sie entsprechen denen seiner Ne gierung in Moskau. ° Bolschewistisch abgefärbt. Von einem Besuch bei den aus Rußland Heimgekehrten, die in Warschau einige Wochen Zwischenaufenthalt zu ihrer Erholung verbrin gen, berichtet Pfarrer Prieba (Grunewald): Besondere Aufmerksamkeit habe ich bei dem Umgang mit den Gefangenen der Frage zugewendet, ob unserem Vaterlande von ihnen die Gefahr des Bolschewismus vrohen könne. Durch die bolschewistische Revolution ist ihre Befreiung ja möglich geworden, mit den Bolschewiki haben sie das letzte halbe Jahr zusammen gelebt. Die Bolschewiki haben in einigen Lagern auch kräftige Ver suche gemacht, die Leute zu sich zu bekehren. Einige hatten in deutscher Sprache verfaßte Flugblätter mitgebracht, in denen sie aufgefordert worden waren, die revolutionären Gedanken nach Deutschland zu übertragen. In einem klei nen Lager hatten die Bolschewiki zu den Gefangenen ge sagt: „Wir lassen euch frei, geht nach Deutschland und be- reitet alles für die Revolution vor; wenn ihr soweit seid, kommen wir nach und vollenden das Werk." In mehre ren Fällen waren Leute zwangsweise in die Reihen der Bolschewiki gesteckt worden. Es mag auch ruhig zugege ben werden, daß manche unverbesserliche Rote im Herzen mit den Polsckewiki sympathisiert haben und mit bolsche wistischen Ideen nach Hause kommen. Ich glaube aber, an ^enen ist nicht erst etwas verdorben worden, die waren vorher schon so. Die grobe Mehrwhl kebrt mit einem gründlichen Abscheu vor den Bolschewiki und ihrem Revolutionswcrk in die Heimat zurück. Niemand braucht zu befürchten, daß von dieser Seite unserem Volke — , „>< N>» Susss im jauchzenden Frühlingsjubsl durch das ge räumige Zimmer der Hausfrau, das zugleich das Musik- zimmer ersetzte. Werner beherrschte das Instrument meisterhaft. Er folgte jeder Regung der Sängerin und schien mit ihr verschmolzen. Suse, die sehr gern sang, strahlte vor Glück. Sie sang unermüdlich ein Lied nach dem an dern, bis Frau Schütz endlich erklärte: „Nun ist es genug, Suse. Der Herr Doktor muß sonst Denken, daß er sein Essen nachträglich verdienen soll." Suse wurde verlegen und sah den Doktor unsicher an. Der kam ihr zu Hilfe: „Gnädiges Fräulein haben mir Den schönsten Genuß bereitet. Ich bin Ihnen von Herzen dankbar. Sie sind sine Künstlerin und beherr schen das Instrument der menschlichen Stimme mit einer Meisterschaft, Dis mir Die größte Bewunderung abnätigt. Wenn Sie mich wieder zu Ihrem Begleiter wählen wollen, würden Sie mich stolz machen." Suse lächelte Werner dankbar und glücklich zu. Wieder stieg in ihrem jungen Herzen eine leise, heim liche Sympathie für Den Mann auf, der ihr eben noch seiner Häßlichkeit wegen verhaßt war. Mit plötzlichem Impuls reichte sie ihm die Hand, die er zarl an die Lippen führte Da rief der Vater aus seinem Zimmer: „Darf ich die Herrschaften bitten? Im Speisezimmer wartet der Kaffee auf uns Geben Sie der kleinen Nachtigall den Arm, Meister Liszt!" Als Suse und Werner in das Speisezimmer traten, fuhren Gerhard und Siegfried erschreckt auseinander und versuchten etn großes Blatt Papier zu verbergen. Doch es war zu spät. Das junge Paar, das vorausge schritten war, sah die Zeichnung, die Gerhard mit kecken, sicheren Strichen aus das Papier geworfen hatte. Es war der täuschend ähnlich getroffene Doktor, aller dings bis an die äußersten Grenzen der Karikatur verzerrt. Werner war in der Gestalt eines riesigen Karpfens wiedergegeben, mit einem blöden Gesichtsausdruck, wie. er nach einer zierlichen Forelle schnappte. Die Fo relle trug Suses Züge. Doktor Liebling wurde blaß und schwieg. Suse "eß hastig seinen Arm los und sah ihn mit einem basen Blick an. Die leise aufgekeimte Sympathie war verflogen; sie glaubte den häßlichen Mann zu hassen, der Veranlassung war, daß ihr Bruder sie in Dieser Weise karikierte. Sie kannte den übermütigen Jungen, die Zeichnung würde kein Geheimnis bleiben. Der so schön begonnene Tag verlief still und Doktor Liebling verabschiedete sich bald darauf. Suse harte dann noch eine kleine Szene mit ihrem Bruder: „Du bist ein ganz ungezogener Bengel," schalt sie ihn. „Wie kannst du einen Gast der Eltern in dieser Weise beleidigen Und mich mit! Augenblicklich gibst du nur das Bild!" -„"Ich A"ke 2"? "icht daran," erklärte Gerhard ganz dreist. „Was willst du denn mit dem Bild?" „Es ins Feuer werfen." „Mem Meisterwerk? Das mich in ganz Rhoda berühmt machen soll?!" „Um Gotteswillen, Du wirst diese Schandzeichnung doch niemand in die Hand geben! Was denkst du dir denn eigentlich." „Nun, wenn dir soviel daran liegt, dann kaufe mir das Meisterwerk doch ab," erklärte Gerhard ge mütlich. „Ich werde es dem Vater sagen." „Dann verhauen wir dich." „Du gemürsroher Bengel. Was willst du für die Pfuscherei haben?" „Zwei Mark!" „Du bist verrückt." „Nee! Billiger ist eS nicht zu machen. Entschließe dich rasch, sonst wird Das Bild teurer! Seufzend holte Suje ihre kleine Börse und sucht« zwei Mart zusammen. „Hier, und nun schäme dich! „Schön: Ich werde e« meinem Meister sagend lachte Gerhard übermütig. Suse rwhm das Bild, eilte in die Küche und warf eS ins Feuer. Dabei dachte sie mit bitterem Groll an den unseligen Mann mit der Karpfenschnute, der sie nun wgar -wei Mark gekostet hatte. (Fortsetzung folgt.)
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