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Der Gefangene. Ferd. Frhr. von Haecklingen. (Nachdruck verboten^ „Und ich sag' dir, Lene, laß den Christian Engler laufen, der Mann taugt nichts!" „Laufen soll ich den lassen? Ja, da muß ich ihn doch überhaupt erst haben I ' „So, so, also so weit seit ihr noch nicht miteinander? Ich dachte, er hätte schon mit dir gesprochen! Na, dann ist's ja recht. Also, mein Mnd, sei vorsichtig, ich weiß nicht, ich hab' so eine Ahnung, als ob er hier ins Zucht- Haus noch mal auf andere Weiss hineinkommt, wie so als Dachdecker." „Aber Vater, der Christian ist doch ein gänzlich un bescholtener Mann und ein tüchtiger Geselle im Geschäft seines Vaters und dessen Stütze!" „Alles gut und wohl, aver — aber!" „Ja, warum laßt ihr ihn denn dann hier im Ge- sängnis arbeiten ?" „Der Herr Direktor will s, der bat einen Narren an dem dummen Kerl gefressen. Ich will ja nichts gesagt haben, aber ," der Gefangenenaufseher Schwindemann unterbrach sich in seiner Rede, und da fuhr seine Tochter ärgerlich auf: „Nu red' doch weiter! Brich doch nicht so mitten im Satze ab! Sprich dich aus! Wir kennen ja deine Art nun schon, daß du jeden für einen Verbrecher ansiehst. Das macht dein Beruf und der dauernde Umgang mit den Gefangenen. Es wird nicht lange mehr dauern, und du siehst auch in deiner Familie jeden für einen Gauner an." — „Eben darum, weil ihr von dem Zeug da nichts versteht, als dringend nötig ist, habe ich meinen Sohn Walter zum Förster in die Lei.re gegeben. Dort draußen im grünen Wald wird man nicht so leicht zum Verbrecher, jetzt dient er seit IV2 Jahr bei den Jägern ; da lernt er auch nur Gutes. Und du? Io, du kommst demnächst auch fort^l Wohin, wissen Mutter und ich noch nicht, aber du sollst auch diese Gefängnisluft nicht dauernd atmen, 's schadet dem Menschen." Lene Schwindemann sah dem Alten, ohne ein Wort zu erwidern, ruhig nach, als ersetzt sein stets geladen am Nagel hängendes Gewehr heruntcrgrncmmen, über die Schulter gehängt hatte und nun davonstapfte. Recht hatte der Vater ja in manchem, ein Vergnügen war cs ja wahr haftig nicht, so als Freier immer unter Gefangenen zu leben, selbst beinahe wie ein Eingesperrter; denn auch die Wohnung des Oberaufsehers Schwindemann lag inner halb der dicken Mauern, auf denen eiserne Zacken und spitze Glasscherben blitzten, um das Uebersteigen zu vtt» hindern. Lene sah dem davonschreitenden Vater nach. So unrecht hatte er nicht. Es war ja manchmal recht trost los. Nur das kleine Gärtchen draußen, jenseits der Mauer, bot ihr hier und da Ruhe. Dort saß sie öfters, und dahin hatte sie auch der Christian Engler begleitet. Auch heute hatte sie sich nach des Vaters Ermahnungsrede wieder einmal in dieses einsame Fleckchen Erde geflüchtet und saß, vor sich hinträumend, in der kleinen Laube. Die Tür in der Mauer hatte sie nur leicht angelehnt; da knarrte sie leise in den Angeln, und ganz plötzlich stand Christian Engler vor ihr; er hatte sie hierher gehen sehen, folgte ihr aber erst, als er den Alten, vor dem er einen heillosen Respekt hatte, aus dem Felde hatte verschwinden sehen, denn er wollte allem Anscheine nach die da draußen arbeitenden Gefangenen besichtigen. Nun war der Alte fort, und die Luft war rein, und so schlich Christian in den Garten zu dem Mädchen. Es war einer jener hcißen Frühlingstage, die den Menschen so schlaff und wohügmüde machen, daß sie lieberträumen und nichts tun als arbeiten. Christian ließ sich auf der Bank neben Lene nieder, und diese hatte nichts dagegen einzuwenden, im Gegenteil, sie freute sich, den frischen Burschen so nahe bei sich zu sehen, denn erst des Vaters Worte hatten ihr klargemacht, was sie bisher nur dumpf gefühlt hatte, daß sie den Christian gerne sah. Auch der in jedem Menschen steckende Widerspruchsgeist half ihr, sich schneller den Worten Christians zuzuneigen, als es sonst vielleicht der Fall gewesen wäre. Ermahnungen schaden eben oft mehr, als sie nützen. Eine ganze Weile lang hatten beide kein Wort miteinander gewechselt; jeder wartete, daß der andere den Anfang machen sollte, aber keiner traute sich so recht mit der Sprache heraus. Endlich fing Christian von ihrem Bruder an zu reden, und sie erzählte ihm nun, daß der nun schon seit einem und einem halben Jahre bei den Jägern sei und dabeibleiben wollte; später könne er dann sogar Revierförster werden. Christian fand das sehr vernünftig. „Na ja, Fräulein Helene, sehen Sie, das ist wenigstens ein Beruf I Es gibt so viele, die ich nicht geschenkt haben möchte, so zum Beispiel könnte mir einer noch was extra draufzahlen» ich würde kein Gefangenenaufseher sein mögen." „Meinen Sie, ich?" fragte sie. „Sie auch nicht?" verwunderte er sich da doch, „wo doch Ihr Vater solch einen Oberposten da hat?" „Ach Gott, wie satt ich das Leben hier habe, können Sie sich gar nicht denken!" gab sie zurück. „Nun, dem wäre ja schnell ubzuhelsen," fügte er leise lackend bei und sah sie so verliebt an, daß sie unter heißem Erröten sofort verstand, was er meinte. Sie gab indes nicht gleich eine Antwort, sondern sah zur Erde und spielte dabei mit der Spitze ihres zierlichen Schuhes im Sande; erst als er sie noch immer schalkhaft lächelnd von der Seite her ansah, fragte sie leise: „Ja, und wie denn ?" „Wie denn", lachte er, indem er ihre schlaff herab hängenden Hände ergriff, das Mädchen an sich zog und ihr unter Küssen sagte: „Indem du mein kleines Frauchen wirst." „Ja, wie kann ich denn das?" meinte sie und erwiderte innig seine Küsse. „So wie du es mir eben zeigst, indem deine Küsse mir immerzu ,ja', ,ja', ,ja' sagen, und bei jedem ,ja' gab er ihr einen neuen Kuß, und sie gab ihn zurück, bis sie endlich meinte, sie habe nun oft genug „ja" gesagt. Da war er glücklich; die Ubr schlug 10, und er sprang auf." „Herrejemine, jetzt Hütte ich bald meine Arbeit ver gessen! Also zu Mittag komme ich zum Vater und hole mir sein Jawort-" hr! Wenn heutzutage alle auf „bestrafte" Leute fickt nehmen wollten, dann käme gar manche Verbindung nicht zustande. So und ähnlich argumentierte das junge Mädchen, aber vorläufig durfte sie dem Vater nicht öffent lich mit dem Christian kommen. Ob das richtig war? Mutter war dagegen, und so entschied Vater Schwinde« m--nn in seiner etwas despotischen Art: „Schön, wenn ihr Weibsbilder nicht Order parieren wollt, muß ich als der Vernünftigste einfach befehlen," ent schied er, als nach ein paar Tagen der Fall Lene-Christian wieder einnial erörtert worden war. „Uebermorgen reist Lene nach Polzin zur Tante, um daselbst 's Kochen zu lernen." „Ja, Mann, bist du denn dumm?" „Nein! Packt die Sacken und fahrt ab! Du kannst das Mädel Hinblingen!" Selbst der Sohn, der heute zum ersten Male bei den Eltern zum Abendbesuch mar, konnte den eigensinnigen Mann nicht umstimmen ; er war, seitdem Jäger das Wach kommando für das Zuchthaus stellten, zu demselben kom mandiert worden. Das war eine besondere Auszeichnung. Am andern Abend sollte er zum erstenmal auf Posten ziehen, und es ging — wie es entstanden war, wußte man nicht — das Gerücht um, daß einige der verwegensten Ausbrecher seit Tagen wieder recht unruhig seien. — „Kommst du heute abend noch einmal?" fragte Lene den Christian am anderen Tag. „Aber gewiß, Schatz!" „Dann komm ins Gärtchen vor der Mauer!" Und am Abend trafen sie sich. Lene hatte der Mutter gesagt, sie ginge noch für ein halbes Stündchen runter, Vater war zum Kegelabend in die Stadt gegangen, und es dunkelte bereits, als Lene die kleine Gartentür auf- schloß und ihren Christian schon wartend im Garten traf. „Ich hab' mit Vatern gesprochen," begann er, „der versteht deinen Alten nicht. Jedenfalls läßt er dich schön grüßen und hofft in dir die zukünftige Frau Dachdecker meisterin zu sehen." Während sie Hochsprachen, hörten sie, daß der Posten sckneidend „Halt!" rief. Sofort sprang Christian aus und in die nur leicht angelehnte Tür in der Mauer. Da er- klangen laufende Schritte, und Christian, hinter dem un mittelbar Lene stand, spiang vor, einem daherjagenden Sträfling entgegen. Da krachte der Schuß des Postens, und drei Aufschreie gellten durch die Lust und drei Menschen wälzten sich in ihrem Blute. Der Sträfling war tot, Christian und Lene lagen in den legten Zügen. Der Posten, der geschossen hatte, war der Jäger Schwinde mann, und der Sträfling, um dessentwillen das heimliche Brautpaar hatte sterben müssen, war — Christians Bruder. Der Oberaufseher aber verfiel seit dem furchtbaren Ereignis in Tiessinn und mußte sich bald darauf pen sionieren lassen. Das Ehepaar lebte von nun an wort los und interesselos nebeneinander hin. „Ach!" meinte sich schüchtern „Lie ach? Paßt es dir nicht?" „Doch doch, aber — ja weißt du, ich — muß erst Mutter einweihen, und dann kriegen wir zusammen Vatern schneller herum, denn der „Ja ja, der hat was gegen mich! Der mag mich nicht leiden! Ich wciß's; aber was ist s denn?" „Ich weiß es selber nicht, Ehr-stian! Geh, sei gut und vernünftig, 's wird schon alles gut werden!" Und nach diesen Trostworten ging Christian an seine Arbeit Zurück. . , Helene blieb mit ihren Gedanken allein in der Laube; da kam die Mutter. Sie wunderte sich, die sonst so rührige Tochter mit in den Schoß verschlungenen Händen vor sich hinUäumend dasitzcn zuschen und glücklich lächelnd in den wunderschönen Maientug zu schauen. Lene sprang beim Anblick der Mutter auf uns fiel ihr halb jauchzend, halb weinend an den Hals. Da wußte die alte, gute Frau Bescheid, denn ihr war der Christian ja gerade auf dem Hof begegnet, und der pfiff sich da ein vergnügte» Lied und schwenkte fidel seine Arbeitskappe. „Wie sollen wir's dem Vater beibringen?" fragte nun die Mutter. „Ja, das ist ja auch meine Sorge; denn gerade vor hin, als er fortging, hat Vater mich noch dringend VS7 dem Christian gewarnt." Mutter Schwindemann machte bei Erhalt dieser Nach richt ein recht böses und — energisches Gefickt. Nun, da batte sie doch auch noch ein Tünchen mitzuredenl Wie kam der Mann dazu, seiner Tochter, noch ehe irgendein Wort gesprochen morden war, da dareinzureden, wovon er nichts verstand? Der Tollpatsch der! Komm nur heim, dachte sie, da werd' ich's dir schon besorgen! — Und so geschah es auch. Papa Schwinoemann war an fangs doch ein wenig kleinlaut und betreten, dann aber sah er doch, daß er Farbe bekennen mußte, und so sagte er, als Lene wieder im Zimmer war: „Nun, nun, ihr Weibsbilder müßt nicht immer gleich so ausbrausen, man sagt ais kluger Mann doch nicht gleich alles, was man so weiß. Aber damit ibr's wißt und seht, daß ich nur im guten Glauben gehandelt habe, so sage ich: Der Apfel füllt nicht weit vuin Baume. Also um's Gleichnis zu beleuchten: Christians Bruder ist als Sträfling hier im Zuchthausei" Da schauten die beiden Frauen allerdings sehr er staunt auf, aber Lene bekam ihre Fassung doch bald wie der und sagte: „Weiß er's denn?" „Weiß ich's?" lautete die Gegenfrage. „Der Mann lebte unter falschen, Namen, und ob das die Englers wissen, kann ich nicht sagcn." — Zwei Tage später hatte Lene ihren Schatz einmal ausgeholt und erfahren, daß Vater und Sohn Dachdecker nur wußten, der Gotthelf kei n.-lmnu»» Eurt Fuhrmann. sucht MW, ledig oder verh. sucht sofort Färberei lul. ^allimek, Hainsberg. Ebendaselbst finden Krdkiter, Krdkilskraueu u. auan dauernde Beschäftigung. Einen tüchtigen MWeMM Md!« KM» für Zivil sofort gesucht. Uklig L 8okn, Deuben. Von heute ab stelle ich wieder einen frischen Transport original ostkriesisckes hochtragend und frischmelkend, bei mir zum Verkauf. Auf diese Kühe gewährt der Sächs. Viehhandelsver band den Landwirten 20 «/o Ankaufsbeihilse. Die vorgeschriebenen Ankaussbescheinigungen sind vorzulegen. Von heute ab stelle auch eine Auswahl bLWsclis XuZoekLM zum Verkauf. Hainsberg. Emil Kästner- >18. Im Monat Juli und August treffen wieder größere Transporte belgische, oldenburger und Holsteiner Fohlen im Alter von 4 bis 6 Monaten bei mir ein und nehme jetzt schon Bestellungen auf solche entgegen. WGIMMmslW Nachdem der Roman „Hausmanns Kinder" nach Ausgabe des letzten Heftes beendet ist, beginnen wir nunmehr mit der Ausgabe eines neuen Buchromans unter dem Titel Das Glück der Vraunsberg aus der Feder der beliebten Buchroman-Mitarbeiterin Freiin Carola von Eynatten, die am 3. November l9l7 in Heidelberg plötzlich verstarb. Sie war auch die Ver- sasserin des beliebten Romans „Gräfin Hannas Ehe". Wir empfehlen die neuen Hefte zu wöchentlich 15 Pfg. Vorrätig ist Heft 1 bis 6, welche wir auch zusammen abgeben. Vom Roman Hausmanns Kinder haben wir noch einige Exeinplare vorrätig, welche wir noch bis Ende dieser Woche für unsere Leser zur Abholung bereit halten. Dann ersolgt Zurücksendung. Preis mit Ein banddecke 2,40 Mark. „«emm MM." wieder ange- sindkommen bei Fritz Pfotenhauer. (Stuhlbauer bevorzugt) werden für dauernde Ar beit gesucht. vr^llkn-UebigAU, IVlkng88li.. 9. Krbellerlnen werden angenommen. „Emaillierhütte", Deuben. Für saubere u. dauernde Arbeit sucht KKMllMU Färberei tul. Kallinivb, Hainsbg. Sensenwürfe, ^^Ninge, Schützer, Wetzsteine, Streich- fchaalen zu haben bei ttermsnn Lielen. Im besten Zustand befindliche M HmsMiWe, MW» von 4 die Wahl, sind so fort veränderungshalber zu ver kaufen bei Joh. Riedel, Cohmannsdorf. kimne liefen noch am Lager bei kn»» felüpoEämn eigener Anfertigung, sowie alle underen Feldpostartikel billigst bei Nax Kuders, am Markt. Bezugsquelle sür Wiederverkäufer.