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M Todesfurcht. Kriegsfkizze von Paul Blitz. (Nachdruck verboten.) Nahezu sechs Stunden waren sie unterwegs gewesen mit kaum nennenswerten Unterbrechungen. Mannschaften und Tiere waren gleich hinfällig, und als sie nun ihr Ziel, das Gehöft Pierre Dubochets, erreicht hatten, da ging es wie ein Aufatmen durch die ganze Schwadron: Gott sei Dank! Es war ein köstlicher Abend. Die Sonne war be- reits gesunken, aber der ganze Horizont flammte in pur purner Lohe, und es war so heiß, als spür« man noch die segenspendenden Strahlen der Sonne. Nachdem die Mannschaften abgekocht und das ein fache Mahl — seit zehn Stunden die erste Nahrung — verzehrt hatten, lagerte sich alles, um zu schlummern und Stärkung zu suchen für den nächsten Tag, von dem jeder der hier Schlummernden es dunkel ahnte, daß er Heitz und blutig werden würde; denn man erwartete ein« Schlacht. Bei den meisten dieser fnngen Soldaten forderte die Natur ihr Recht, fast alle entschlummerten sie bald. Einer aber lag da und wartete vergeblich auf den Schlaf. Der Gefreite Franz Schwarz hüllte sich fest in seinen Mantel; lang ausaestrrckt lag er da, grub den Kopf ins Stroh und versuchte es immer wieder und wieder, die Gedanken zu verscheuchen — die Gedanken, die ihn den Schlaf nicht finden ließen. Aber umsonst war olles; trotz seiner großen Müdigkeit fand er keine Ruhe, keine milde Wohltat des Bergessens, keinen Schlummer, nach dem er so keimend lechzte. Die Nacht brach herein, eine wundervolle, mondhelle Sommernacht; ringsum, soweit man hören und sehen konnte, eine heilige Stille, ganz leise nur und eintönig zirpten die Grillen, und manchmal auch drang ein röcheln de» Schnarchen von den Gäulen herüber. Atte Kameraden rings um ihn her schliefen bereits. Nur die Postenkette war in Bewegung. Sonderbare Gefühle tobten ihm durch die Brust. Seit heute früh schon mich diese Unruhe nickt vcn ihm. Etwas ganz Eigenartiges, etwas nie Gekanntes durch wühlte seine Seele — die ungewisse Borahuung, daß er vor einem grauenvollen Ereignis stände. Er wußte, daß morgen eine Schlacht zu erwarten war — alle wußten es —, aber wohl keiner von allen dachte jetzt daran, sie alle waren jetzt von der große», wohltuenden Müdigkeit übermannt, sie alle waren schlafend hingesunlen und verträumten ihre Todesgedonken — er allein war wachgeblieben, ihm allein mar die Wonne de» Vergessens versagt. Langsam schlichen die grauenhaften Gedanken zu ihn, heran und umnebelten ihm das Hirn; ein Frösteln überlief ibn, jo daß er den Mantel fester an sich zog; er wühlte den Kopf in das Stroh, aber umsonst, die Angst wurde immer größer. Endlich ertrug er es nicht mehr. Er stand auf, zog den Mantel an und ging zu einem Freund. Als der ihn kommen sah, blickte er erstaunt auf und rief: „Nanu, weshalb schläfst du denn nicht?" „Ich kann nicht," erwiderte Franz zitternd, „ich will bei dir bleiben." Der andere schüttelte erstaunt den Kopf, sagte aber nichts. Sie setzten sich gegenüber und brüteten dumpf vor sich bin; keiner sprach ein Wort. Nach einer Weile fragte der Freund: «Hast du Nach richt von Hause?" Stumm verneinte Franz. Wieder minutenlanges Schweigen. Endlich fragte er wieder: „Was ist dir, Franz, du hast etwas, was dich drückt? Dann vertraue dich Miran! In diesem Augenblick hörte Franz, wie einer der Posten das Liedchen summte: „Morgenrot, Morgenrot, leuchtest mir zum srüheu Tod!" Und da griff er des Freundes Hand und rief mit zitternder Stimme: „Karl, wenn ich satte, dann ." Weiter kam er nicht, denn die Angst schnürte ihm die Kehle zu. „Unsinn!" rief der Freund; weshalb solltest denn du gerade fallen? Red dir doch nichts ein, Mensch!" „Ich fühl's, daß ich fallen werde", entgegnete er mit bleichem Gesicht. „Verrückt dist du! Hast wohl gar Furcht, was?" Stumm nickte Franz nur. Da lachte der andere herzhaft auf: „Und du willst ein Deutscher fein? Schwächling du! — Da, hier Haft du einen herzhaften Schnaps, reines Nordlicht, danach wird dir besser werden!" Er nahm die Flasche und tat einen tiefen Zug dar aus, — und ihm wurde wirklich besser — er fühlte ordentlich, wie ihm die Wärme durch den Körper rieselte. Dann ging er zurück und legte sich nieder, um viel leicht noch den ersehnten Schlaf zu finden. Und wirklich, nach fünf Minuten schlief er ein. Aber entsetzliche Träume quälten ihn. Er sah, wie der Feind sie überfiel, wie die wüt-ndcn Franzosen ein grauenvolles Blutbad anrichteten, er sah sich oersiümmelt daliegen und sah die Seinen aus der Heimat, die händeringend an seinem Krankenlager standen. Als er erwachte, war die Sonne eben aufgegangen. „Ach l" befreite atmete er aus. Das Helle, warme Licht tat ihm wohl. Erleichtert stand er auf, kühlte sich Stirn und Schläfen. Nun ward ihm wodler. Plötzlich gedachte er wieder der Seinen. Ach, die liebe Heimat! Jetzt steht geMfi der Weizen schon in Stiegen, voll und schwer neigen sich die goldgelben Aehren auf den Halmen — und wenn daheim heute auck so ein schöner Tag anbricht, dann fahren sie die vollen Garben in die Scheune, und dann regt sich alles, was zu Hause ist, alles muß mit heran, alles schafft bis in die sinkende Nacht, um die goldene Frucht unter Dach und Fach zu bringen — und zum crilen Male, solange er lebt, kann er heute nicht mit dabei sein — und wer weiß, vielleicht wird er es nie mehr können, vielleicht werden sie ihn hier einscharren, fern von de, geliebten Heimat, hier in Feindes land — ein paar dicke Tränen fielen ihm auf feine Backen herab, und zum Steroen weh waro's ihm unis Herz. Plötzlich ein Signal. Die Hilfstruppen, die man er wartet, rückten an. Nun kam Leben ins Lager. Im Nu war alles auf den Beinen. Und von dem Augenblick an war er wie umgewand lt: er sah, wie jeder der anderen auf dem Platze war, und nun wollte er nicht hintenan stehen, die Macht des großen Augenblick» ritz ihn mit fort. Nichts mehr von Angst und Furcht war da. Es schien, als habe der neu« Tag mit feinem neuen Sonnenschein einen neuen Menschen aus ihm gemacht. Aus der Angst von gestern war nun ein stolzer Mut geworden. Alles, was Kraft und Jugend in ihm war, lohte auf in Heller Liebe zum Vaterland. Dann ein letzter Gedanke nach Hause. Und nun — hilf Gott! — vorwärts ging «s zum Sturm t Vermischtes. Vom Geisterspiegel zum Kino. Die Erfindung des Kinematographen geht bekanntlich in einem Grundprinzip auf die alte und früher so be liebe Kinderunterhaltung der^srerns ms-ic- zurück. Auch der „Geisterspiegel", den schon Heron von Alexandrien beschreibt, scheint nach gleichen optischen Gesetzen gebaut gewesen zu sein. Die Erfindung der l-mervL msZws ver danken wir dem gelehrten Jesuiten Kircher, der sie in seinem optischen Werk im Jahre 1646 bekanntgab. Er warf unter Benutzung des Sonnenlichtes Schristen bis auf 500 Fuß Entfernung; ein andermal projizierte er eine buntbemalte Figur odereinen Hampelmann; dann wieder lietz er Fliegen in starke, Vergrößerung auf einer Wand er- scheinen, um endlich nachts mit künstlichem Licht Schriften oder Figuren gegen ein Papierfenster des gegenüberliegen» den Hauses zu werfen, fo daß die im Zimmer befind lichen Freunde sie verwundernd erblickten. — Die weitere Entwicklung der l^ten -c iw- vs, so entnehmen wir einem Dortrage von F. P. Liesegang (Düsseldorf), ging langsam vor sich. Man vergnügte sich lange Zeit mit der Projek tion meist nichtssagender Bilder, entwarf eine die Zeit anzeigende Uhr auf die Wand, vor allem aber benutzte man den Apparat zur Darstellung von Gespenstererschei nungen, um damit das Volk zu betören. In dieser Kunst taten sich um 1600 Grundier in Nürnberg, um 1770 Schröpfer in Leipzig und besonders kurz nach der fran zösischen Revolution Robertson in Paris hervor. Letzterer arbeitete mit eineraufNädern laufenden Projektionslaterne, die zuerst ein ganz kleines, weit entfernt scheinendes Bild der Beistecgestalt entwarf, das durch Zurückichieben des Appa rates immer größer wurde und näher heranzu- kommen schien. Aus diesen „Phantasmagorien", die 1802 ein Deutscher namens Philippsthal nach Eng land brachte, entwickelten sich dort, begünstigt durch die Erfindung des mächtig Hellen Ka'klichts, die in den Anfang dec 20er Jahrs fällt, die Jahrzehnte hindurch so beliebten Nebelbilder, welche uns die Verwandlung einer Landschaft von Tag in Nacht oder vom Sommer zum Winter zeigen, welche Erscheinungen aller Art, Engels- gestalten, Nordlicht, usw. hervorzauberu und durch sinnreiche Mechanismen Bewegungsvorgäuge vor- täuschen. Ende der 40er Jahre konstruierte Dubosq in Paris einen mit elektrischer Bogenlampe ausgerüsteten Projektionsapparat, der auch zur objektiven Darstellung physikalischer Versuche diente, und dessen Form Jahrzehnts hindurch vorbildlich blieb. Die Verbindung dieses Apparates mit einem geeigneten Mikroskop, das sogenannte Phoseiek- trische Mikroskop leistete 1870/71 den in Paris eingeschlosseneck Franzosen ausgezeichnete Dienste, indem man damit die auf winzige Kollodiumhäutchen photographierten Nach richten stark vergrößert auf den Schirm warf, die von Tours aus durch Brieftauben nach Paris befördert wur den. Die Projektionskunst gewann gewaltig an Bedeu tung durch die Einführung naturgetreuer Glasbilder au- ollen Gebieten der Künste und Wissenschaften, deren Her stellung die inzwischen großgewordene Photographie er- möglickte. Auch dü weiterhin der Unterhaltung dienen den Nebelbilder breiteten sich unter dem Einfluß dieser neuen Technik aus, bis sie durch den Kinematographen, der alles übertrumpfte. >en Todesstoß erhielten. I,, welcher rapiden Entwicklung die Kinematographie ihren jetzigen Stand erreicht hat, das hat die jetzige Generation ja noch miterlebt. Kleine Nachrichten. Unsere Unterseeboote haben im Seesperrgebiet neuer dings rund 19 000 Tonnen versenkt. In Warschau herrscht wegen der ukrainischen Frage große Erregung; die Vorstellungen in den Theatern und Kinos wurden eingestellt. Im preußischen Abgeordnetenhause erklärte Minister Dr. Drews, daß Deutschland auf den Schutz des Deutsch tums in der Ostmark nicht verzichten könne. Die Verhandlungen zwischen Rumänien und dem Vierbunde haben noch nicht begonnen; vorläufig handelt es sich nur um Vorbesprechungen. Der Gesamtüberschuß der Ukraine an Getreide soll bis zum 31. Juli abgeführt werden, wozu allerdings militärische Hilfe erforderlich sein dürfte. Gegen den englischen Obersten Repington ist wegen seiner Kritik an den Versailler Beschlüssen in aller Form das Hochverratsverfahren eröffnet worden. Der Reichshaushaltsplan für 1918 schließt mit einem Fehlbetrag von 2,875 Milliarden ab. Die preußische Regierung teilte dem Abgeordneten hause mit, daß der Geburten-Ausfall im Kriege weit höher sei, als die Zahl der Gefallenen. Die deutsche Regierung erläßt eine Erklärung, daß sie sich nach Ablauf des Waffenstillstandvertrages mit Rußland freie Hand nach jeder Richtung vorbehält. Der polnische Regentschaftsrat veröffentlicht einen in den schärfsten Ausdrücken gehaltenen Protest gegen die „neue Teilung Polens" durch die Mittelmächte. In Livland und Estland wurden zahlreiche Deutsche und deutschfreundliche Esten von den Maximalisten ver haftet, in Reval allein über 1000 Personen. In dem unbesetzten Teile Livlands breitet sich die russische Schreckensherrschaft immer mehr aus; die Hungersnot steht unmittelbar bevor. Die Verluste der australischen Truppen betragen nach einer Meldung aus Melbourne im ganzen 229000 Mann, darunter 43 000 Tote und 4000 Gefangene. Die fortwährend drohende Haltung Polens hat nach einer Wiener Meldung in den leitenden Kreisen der Mittelmächte einen Gesinnungswechsel hervorgerufen. MM finden sofort Arbeit in der Färberei lul. Ka»iniek,Hainsbg. Zelrer-lMling, der im 2. Lehrjahre aus unsere Kosten die Dresdner Buch drucker-Fachschule besuchen kann, für Ostern 1918 gesucht. veudknen Teilung, Deuben, Marktstraße 3. Wem« zum Wäscheplätten u. urbeAttauen finden sofort Beschäftigung Mm! ful. NMmcb, Hainsberg. Ausruf. Diejenigen Einwohner von Rabenau und Obernaundorf, die geneigt sind, erholungsbedürftigen Kriegsteilnehmern während des Krieges oder nach Friedensschluß Unterkommen und volle Verpfle gung unentgeltlich oder zu ermäßigtem Preise zu gewähren, werden gebeten, dies bis zum 24. d. M. dem Unterzeichneten anzuzeigen. Rabenau, am 16. Februar 1918. Pfarrer 8turnr, Obmann des Vereins „Heimatdank" in der Amtsh. Dresden-Altst. Muhlbauer finden sofort gutlohnende, dauernde Beschäftigung bei öuscb L Oo., MMfM 6srings»s!l!s i. 8s. WNlliMMlMN' u. -Lrdeilki'Mllll NLHLH sckrcnisn tragen ein 1111Z öisse^sn- in sorncöeck-tsr, Ä^siss mit 8Wk knmlslm-^olu-sib 1i8ob-, ^Vobn- rimmsnsiubls 8uobt ru Kaufs» WS, AliW!, lleinsbui'gstn. 9. MMW-Ersatz sLn empfiehlt Fritz Pfotenhauer.