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Die Seele des Winters. Von Carl Max Fischer. (Nachdruck verboten.) Nicht mehr als Feind kommt der Winter zu uns. Er schreitet als Freund durch die Aecker und Busche und streut Ruhe, Frieden, den Schnee. Helieckeit und Licht bringt er in die dunklen deutschen Wälder voll süßer Schwermut. Wie kristallene Säulen stehe« die Bäume. Und so wunderbar geordnet in sauberen Reihen, und lange im Dust sich verlieiende Wege führen hinein in eine demautne Einsamkeit. Die Flocken fallen und küssen uns mit reinen keuschen Zärtlichkeiten die Sorgen vom Antlitz. Das ist der Frieden der webenden Stille, und auf ihr kommt die Seele des Winters gefahren, um alles unter der dicken Schneedecke schlafen zu legen, was dich beengte und bedrängte. Es gibt nichts Böses, nichts Schlechtes mehr in der Welt. Den Dorn, dem du im Sommer ausweichst, möchtest du streicheln. Seine Nadeln und Spitzen sind verwahrt; geduckt und schalkhaft steht er mit seiner glitzernde« Last am Wege. Die Menschen gehen unmittelbar an dir varb-i; ihre Tritte sind von der Atmosphäre verschlungen. Die Feierlichkeit der Natur steht ihnen im Gesicht; Unsriede ist begraben, und alle sehen die Welt mit freudige«, verwunderte« TIuge« an, als wenn ihnen etwas Heiliges widerfahren wäre. Und heilig ist's. Alles atmet Ruhe, Vergessen, die Sehnsucht nach dem Frühling: denn Lebe« schläft tief unter dem weißen Flaum im frcskömten Boden. Wie in Träumen unschuldiger Kinder wachsen dir im Flocken fallen selige Bilder vor dem inneren Auge, die Liebe quillt allmächtig in dir auf, und du willst die Arme breiten. So fühlst du die Seele des Winters. Sie zeigt uns ein Leben voll Schönheit und Rube, die dir in diesen keuschen Einsamkeiten ein Lager bereite« möchte. Verschneite Täler, tief vermmnmte Wälder wachsen in ihrer Stille ins Unermeßliche, Uferlose. Tiefverwehte Dörfer scheinen in der Ruhe der spielenden Flocken so weit auseinandergerückt. Und über allem schwebt die Seele des Winters. Ueberall fand ich sie. Am breite« Strom, wo sich die treibenden Schollen dränge«, wie Schafseusgeda«ken des Ewigen. Auf der Ebene, die wie ein heiteres Rätsel vor mir lag. Auf hohem Gebirge, wo der Frost in den Aesten der Bäume klirrt und im Rauhreif stündlich und minütlich sich ein Schöpfungsmysterium enthüllte. Aus den Firnen und Gletschern des Hochgebirges, an der Schwelle des Schweigens ohne Raum und Ende. Da überall wohnt die Seele des Winters, da atmet sie und glüht sie unter dem Mantel des Flock nfalles, und wenn um ihre züchtigen Schultern die Abeiidröte fließt, trägt sie den Frieden hinab in den violetten Dämmerschein der Täler, an den Herd des Mensche«. Denn nie ist ein Herd traulicher und friedlicher als im Winter. Aber die Wiiiteiscele schreibt zur Nacht in rauhem Gewände. Noch sehe ich mich auf hohen, Kamme des Riesengebirges. Ueber mir am sternlosen Himmel zogen Sturmwolken. Langsam und dinier wie ein Begräbnis. Die wohlige warme Stube der Baude lag längst hinter mir. Wie losgelöst und erdensrei stand ich in der Einsam keit des Gebirges und sah nach den Lichtern, die aus fernen tiefen Gründen herausblickten, wie müde Augen. Da fuhr der Stimm in die eisklirreiiden Wälder unter mir, Flocken wirbelten, und meine Lichtlein im Tale waren eingeschlastn. Nun war alles tot um mich. Aber der Sturm stand auf und mit ihm erwachte der Wille, mein Wille. Da hinab! rief er. Und wo w r zwei Tage früher auf dem verwehte« Pjaos a« der sthlesstch-österreichlschen Grenze das Gebirge erklommen, da hinab ließ ich meine treuen Skier laufen. Aber im Dunkel der Nacht barg sich das erste Mißgeschick. Eine riesige Schneewehe lag quer über den Weg. Und wie ein gelles Lacheu klang es in dem keuchende« Sturm, als meins Skier beim tollen Sturze gegen die srosihaiten Bäume schmetterten. Dis zum Halse lag ich in meteltiejem Schnee. Die Glieder waren ganz, aber die Bindung eines der Schneeschuhe war gerissen. Den beilgcbliebenen hatte ick bald herunter, der andere lag abseits. Frostverklammie Finger wühlen im Rucksack nach der Laterne. Aber die alte, liebe Leuchte, deren Heller Schein mir beim nächllicheii Wandern manche Meile beschienen, wollte nickst brennen. Hände voll Eis nadeln schüttete der Sturm hinein in die zaghafte Flamme, die nicht größer brannte, wie meine Hoffnung, der Schnee- umklammerung diesmal unverfehrt zu entrinnen. Ein Knäuel Bindfaden fiel mir dabei in die Hände. Richtig, den hätte ick bald vergessen. Achtfach zusammengelegt, würde er den zerrissenen Spanmiemen ersetzen. Und dann fort! Hinunter, wo der Hochwald den alles er tötenden Atem des Sturms aufjäugt. So ging's eine Weile. In der bremsenden Schnee pflugstellung riß ich eine breite Bahn in das weiße Element. Ich fühlte es mehr, als ich es sah. Denn der sonst so Helle Schrieeschimmer versank unmittelbar hinter mir in der brausenden, schweldunklen Nacht. Da merkte ich, daß die Bindung wieder locker und lockerer wurde; die durch die lange Bremssahit überauf rengten Knie vibrierten. Durch den Schleier der durch die Luft pfeifen den Flocken drang eine schart, rhaste, große, dunkle Masse. Der Hochwald I Da ward's stiller um mich. Uud schwer ließ ich mich fallen. Wie eine Braut den Geliebten umfängt, umschlang mich eine Woge weiche«, pulvrigen Sch«ees. Ich hörte nichts als das seine Sturmraujrhe« i« der höheren Bsrg- region, das knisternde Geräusch fallender Eisnadeln und das laute Klopfen meines munden Pulses. Eine süße Wärme flutete durch die GW er. Eine Ahnung, daß man so sterben könne, blitzie mir durch das Hirn. Aber sie hatte nichts Cchr,ckhasiss, nichts Feindseliges. Ich war müde. Uud im Harzen keimte ein kleiner winziger Gedanke, daß hinter der Müdigkeit der Schlaf und hinter diesem der Tod stehen müsse. So dachte ich und tändelte mit den Sterbegedauken, wie ein Kind mit der Puppe spielt. An mein O rr drang silbernes Geläut. Schlittenjchellenl dachte ich. Siver nein! Bis hinunter ins Tal sind's noch gut rnäerthaib Siuudeu. Ich horchte mit Anstrengung. Glocke«klang, ties melodisch, wie eine im Sturm verflogene Sinfonie siel ein: bald ferner, bald näher. Und doch wußte ich in meiuem halbträumenden Zustande, daß weit uud breit keine Kirche stand. Jäh richtete ich mich auf. Zwifchen den Bäumen stand ein« Gestalt. Wer da? rief ich, und «leine Siimme kam mir fremd und heiser vor. Ich sah deutlich im Dunkel, »ab »s ein Forster sein mußte. Der Hut, Mantel, alles hob sich scharf ab. Schnell riß ich die Skier herunter und wollte auf die Erscheinung zugehen. Aber plötzlich schüttelte sie der Wino. Und ein lautes, frostiges Rascheln verriet, daß es eine kleine, mit dürren Blättern behangene Eiche war. Mit dem Gedanken an einen Förster, der im kommen den Frühling durch sein Bergreoier steigt, trat ich zurück. Und mit einem Male stand mir ein Bild so klar wie ein Erlebnis vor der Seele: lenzblauer Himmel, rauschende Bergwasser und eine tiefe Schneewächte zwischen den Baumen. Und in ihr schlummernd ein Bergfahrer, der vor Monden hier von Schellengeläut und Glockenklang träumte. Mich fröstelte plötzlich. Und mit einem Schauer trat die Starke, das Lebenwollen vor den Sterbensfrohen. Die Laterne im Rucksack wollte ich anzünden. Und dies mal brannte sie. Wie ein Amulett hing ich sie mir um d-n Hals. Die Skier verrieten beim Hellen Schein des Lichts ihre Gebresten. Ich schulterte sie, weiter unten, wo die lange Schneise sanft nach dem Tale abfällt, konnte ich sie noch brauchen. Bei jedem Schritte sank ich bis in die Hüften ein. Aber der Wille lebte mächtig auf. Ich mar nicht mehr einsam, mit mir ging das Licht und die Hoffnung, und je weiter ich Hinabstieg, je näher kam die Stille. Lie heilige Stille des Winters, der seine keusche Serie in Myriaden Sternen auch auf dieses ferne Tal streute. Bier Stunden hatte ich gebraucht, statt einer, als ich im Zackental ankam. Der letzte Zug, der mich heimbrinoen sollre, war längst fort. Aber in meinem Quartier gab's Musik und heitere Leute. Vor den Türen standen sie und lachten über die Flocken, die hier unten langsam, groß und schwer fielen. Sie alle wissen nicht, daß der Winter seine Seele hat, still, groß und rein wie eine edle Mutter. Mit einer tüble» Hand, einer Hand, die so süß und schuleichelud die Marke verwisht, die zwischen Irdischen und Ewigem steht. Da oben auf dem dunklen Bergrücken hatte ich's ei fahren. Kleine Nachrichten. Unsere Unterseeboote haben im Seesperrgebiet neuer dings rund 57 000 Tonnen versenkt, darunter einen voll besetzten bewaffneten Truppentransportdampfer. Die Kommiffionsberatungen in Brest-Litowsk wurden bis zum 29. Januar vertagt, da Trotzky aus innerpoli tischen Gründen auf 8 Tage nach Petersburg reiste. An der russischen Front ist die Zersetzung so weit vorgeschritten, daß unseren Truppen auf großen Strecken kein Gegner mehr gegenübersteht. Die bolschewistische Regierung hat dem russischen Gesandten bei der rumänischen Regierung befohlen, seine Amtstätigkeit einzustellen und Jassy zu verlassen. Die Verfassunggebende Versammlung Rußlands ist am Freitag in Petersburg eröffnet worden; zum Vor sitzenden wurde Tschernoff gewählt. Die russischen Volkskommissare beantragten bei den Sowjets, alle Anleihen im Auslande als verfassungs widrig für ungültig zu erklären. Die Vertreter der Ukraine und der Mittelmächte haben über die Grundlagen des Friedensvertrages eine grundsätzliche Einigung erzielt. Das britische Kriegsamt verfügte die Einberufung von 600 000 Mann für das Feldheer, die bis zum 20. März durchgesührt sein soll. — 300 Zentner Schweinefleisch beschlagnahmt. Ein für die chemische Fabrik Merck in Darmstadt bestimmter Waggon mit 300 Zentnern Schweinefleisch wurde beim Eintreffen am dortigen Bahnhof beschlagnahmt. Der Waggon stammte aus Höchst und war als Salz deklariert. Angeblich hat die Firma für das Fleisch, das zum Höchst preis etwa 90 000 Mark kosten würde, 300 000 Mark bezahlt. Das beschlagnahmte Fleisch wurde nach dem Darmstädter Schlachthof gebracht. — Die Exzarin geisteskrank? Laut einer römischen Meldung der „Neuen Korrespondenz" ist die Exzarin in Tobolsk geisteskrank geworden. c?^ /6s ^/Z/Ä^/6s/6s/7 Bekanntmachung. Wir bitten uns Aufträge auf Ausführung von Kochgas-Anlagen schon jetzt bekannt zu geben, weil dieselben bei den voraussichtlich späteren vielen Eingängen infolge der geringen Arbeitskräfte nicht rechtzeitig fertig gestellt werden können. Bestellungen können bei prau tVliiNer, Restaurant „Sängerheim", aufgegeben werden. OuZwenk OökIen-pot8L^ppe1. kllMok co88MMN8äork. Uitt^voed, 23. 1918, »bencls »/,8 Dkr: Einmaliges vom Theater der Leldgrauen (Solomitglieder angesehener Stadt- und Kurtheater), Veranstaltung vom Stellvertr. Generalkommando XII. Künstlerische Leitung: Richard Bendey vom Zentraltheater, Dresden. Zur Aufführung kommt die in Dresden 45 mal bei ausverkauftem Hause gegebene Neuheit „Im Krug zum grünen Kranze" Ein heiteres Volksstück mit Gesang in 4 Akten von L. Spannuth-Bodenstedt. Musik von Wismar Rosendahl. Preise der Plätze: Sperrsitz l,75 Mk., I. Pl. 1,25 Mk., 2. Pl. 0,75 Mk. Im Vorverkauf: l,50, l.00 und 0,60 Mk. Der Kartenvorverkauf befindet sich bei Herrn Sattlermeister Heinicke in Hainsberg, im Produktengeschäft von Kempe, im Gasthof Coßmannsdorf und bei Herrn Zigarrenhändler Hein rich in Rabenau. Der Reinertrag des Gastspiels wird dem Stellvertr. Generalkommando XII für Kriegswohlfahrtszwecke - - überwiesen. - Änsichlstzartsn, ^rausrftarlsn, Aüctzwunschhartsn für alle Gelegenheiten empfiehlt in großer Auswahl üik LuodäriLolilriei von Hermann ^lnrrleeiL. Als Invalid suche nur kleines MMtN -Sparkasse Hainsberg. Im dasigen Gemeindeamt "ge öffnet: Montags, Mittwochs u. Freitags nachm. von 2—6 Uhr. Verzinsung d. Einlagen mit 3'/, «/o täglich. 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