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Rabenauer Anzeiger : 22.01.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-01-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191801224
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19180122
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19180122
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-01
- Tag 1918-01-22
-
Monat
1918-01
-
Jahr
1918
- Titel
- Rabenauer Anzeiger : 22.01.1918
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Niemals!), oder soll bel Leu FrieüetlZocrhmwlungeu das Urteil der Männer gebärt werden, deren idealer Feldherm- kuvst und unvergleichlicher Erfahrung wir allein verdanken, daß wir überhaupt solche Friedensverhandlungen führen können? Ich rufe Sie, verehrte Anwesende, zu Richlern auf: Wen wird das deutsche Volk wählen? (Stürmische Zurufe: Hindenburg und Ludendorff!) Auch die konserva tive Partei in allen ihren Teilen und die konservative NeichstagetagssmkUon sind der Meinung, daß das Urteil Hindenburgs und Ludendorffs maßgebend sein muß für die jenigen Forderungen, die bei den FriedenSverhandlungen im Interesse der deutschen Sicherheit zu stellen sind. ää ' Die NeichStngSc ej«rntion als Friedens-Grundlage? Ein Londoner Blatt veröffentlicht eine Unterredung mll einer „sehr hockstehenden offiziellen Persönlichkeit in Was' hlngton, deren Namen nicht genannt werden darf* (man soll also an Wilson denken). Diese Persönlichkeit sagte: Die Botschaft des Präsidenten sollte dis Solidarität der Alliierten beweisen. Wünsche Deutschland einen ehrenvollen und gerechten Frieden und wolle es sich an dis ReichStaasresolution vom 19. Juli holten, die den wahren Volkswillen ausdrückte, so stünde die Welt vor dem Anbiuch des Friedens. Wenn die vorliegende Äußerung tatsächlich von einem leitenden amerikanischen Staatsmann stammt, so würde sie zum eisten Mals die im Namen der ganzen Entente abge gebene autoritative Erklärung enthalten, daß die Reichs« tagsresolution vom 19. Juli als brauchbare Friedensgrund- läge angesehen wird. Da dis EMents nach ihren letzten offiziellen Kundgebungen sachlich auf dem der Resolution entgegengesetzten Standpunkt steht, so kann eS sich, wie die -Voss. Ztg." meint, nur um einen neuen Versuch handeln, die deutschen Friedensfreunde für den angelsächsischen Frieden einzufangen. Dis Friedensoffensive der Mest- mächte, die bisher hauptsächlich von Lloyd George und Wilson gegen die Verhandlungen in Brest-Liiowsk ge führt wurde, geht jetzt mit aller Kraft weiter, und ihrs Ge fährlichkeit wächst mit jedem Tage, der in Brest-Litowsk versäumt wird. Aus aller Welf. Mn umfangreicher Tabaktnebstahl wurde in einer Fabrikniederlage an der Sendlingerstraßs in München ver übt. Den Tätern fielen mehrere Zentner Tabak in die Hände. Die Leuts wurde in der Nacht in der Nähe unter« gebracht, um am Tage darauf fortgeschafft werden. Be» sondere Frechheit zeigt» einer der beiden Täter, ein Mann in feldgrauer Uniform. Er läutete um 1 Uhr nachts an einem Gasthof in der Altstadt und ersuchte bas Zimmer mädchen, sein Gepäck, eine mit einem Strick verschnürte Pappschachtel ausbewahren Zu dürfen, er komme von der Bahn und könne die Schachtel nicht mehr schleppen. DaS Zimmermädchen gestattete das Einstellen deS Pakets. Am andern Morgen kam dann der Dieb wieder und ließ dir schwere Schachtel durch einen Radler fortschaffen. Eine zweite Schachtel Ha ien Lie Diebs in einem Keller verborgen. Der Soldat und ein junger Bursche wurden verhaftet. Der Tabak wurde wieder deigsbracht. Kriegsallerlek. Neus Fünfmarkscheine find jetzt sim Verkehr erschienen. Es sind DarlehnZkassenscheine mit bläu licher, auf der Rück eite grünlicher Färbung. Die Vorder seite ziert ein Medaillon mit einem Frauenkopf, in dessen Haarfülle Ähren geflochten sind. — Lausend Weihnachts- bäume, die ihren Beruf verseht hoben, bringt die Güter abfertigung in Apolda Zum Verkauf; sie sollen als Deckretsig noch zu brauchen fein. 260 Hektar Neuland, das sogenannte Börßumer Watt in OstfrieSland, das sich vom Börßumer Siel bis zum Emdener Außenhafen hinzieht, sind jetzt der Kultur erschlossen worden. Vis vor einigen Jahren zogen noch die Wellen über das Land hinweg, eS fuhr dort brr Fischer mit seinem SchlickschUtten, jetzt wird dort bereits gepflügt und gesät. Große und kleine Kanäle sorgen für die EM- iernung des Wassers, das in mächtigen Röhren in den Var- fiutkanal aelettet wird. Das neu gewonnene Land soll sich für den Gemüse- und Kartoffelanbau eignen. Em sonderbarer Betrüger. In Berlin wurde em Magistratssekretär, Vater von 6 Kindern, wegen Unter schlagung und schwerer Urkundenfälschung zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt. Der Verurteilte, der IS^Jahre bei der Marine gedient und 4 Jahrs in den Tropen zugebrachi hat, hatte den Kriegerfrauen die Kriegsunterstützungen an- zuweisrn. Häufig kamen die Postsendungen zurück, wenn die Frauen verzogen oder nicht mehr bezugsberechtigt waren. In sechs Fällen dieser Art hat er sich die Beträge ange eignet, dafür bei der Kaffe gefälschte Empfangsbescheinigun gen hinterlegt, falsche Eintragungen gemacht uvd diese Maßnahme mehrmals wiederholt. Er hat sich auf diese Weise 2704 Mark widerrechtlich angestgnet und diese Gelder — wie ihm nicht zu widerlegen war — an Kriegerfrauen ausgeliehen. Er hat sogar an mehrere Kriegrrsrauen, die ihn auszunutzen verstanden, noch aus eigenen Mitteln etwa 7000 Mk. verliehen. Es scheinen da doch krankhafte Symp toms mitzusprechen. Schwerer Eisenbahnunfal! In der Pfalz. Nacht« ist zwischen Kaiserslautern uxd Homburg vor Station Bruchmühlbach bet starkem Schneegestöber ein Urlauberzug auf einen Güterzug aufgefahren. Von den Insassen des Urlauberzuges sind nach den Feststellungen über 80 getötet und über 100 teilweise schwer verletzt worden. Hilfszüge gingen sofort von Homburg und Kaiserslautern ab. Die Verletzten wurden in Bruchmühlbach, Miesan und im Re servelazarett Homburg untergebracht. Die Strecke wurde gesperrt. Der Verkehr wird durch Umsteigen aufrecht er halten. Der Schaden ist bedeutend. Die Erfolge unseres Lnftbomben in Londün« Bei dem deutschen Fliegerangriff auf London am 6. Dezember sind nach amtlichen Mitteilungen 19 Brände ausgebrochen, über 30 Gebäude wurden hierdurch vernichtet. Der Poltzei- bericht verzeichnet 44 Tote und 102 Verwundete. Ein eng lisches Marineflugzeug ist bei der Verfolgung Ler Flieger westlich von Margate ab gestürzt. Schneesturm-Wtrkunge». Auf einen km Schnee sturm in einer Schnerschanzs bei Louisenthal bei Königs berg Pr. sieckengebltebenen Personevzug der Haffuferbahn wurde durch den Sturm bas Pappdach eines großen Z-egelsi- arbelter-WohnhauseS geschleudert. Di« Wand eines Per sonenwagens wurde durch dir schwere Last eingedrückt, und von den Fahrgästen erlitten drei Frauen schwer« Verletzungen. Bei den RettungSarbeitsn wurde der Zugführer schwer ver wundet. — Amtlich wird aus München gemeldet: Der ge samte Durchgangsverkehr nach dem Norden ist infolge weiter Schneeverwehungen unterbrochen. Zur Beseitigung der Verkehrshindernisse ist militärische Hilfe herangrzogen. s Las Zwerelnhalb-PfenrUg-Mück. Durch die Ein- i sührung von Postwertzeichen im Werle von 7 und einem s halben" Pfennig ist es notwendig geworden, auch eine i Münze zu schaffen, dir den Erwerb eines einzelnen solchen < Postwertzeichens ermöglicht. Es wurde daher dis Ein- s sührung "eine? neuen Münze im Werte von zweieinhalb Pf. s beschlossen. Von der Durchführung diese« Beschlusses wirb i aber laut „Tägl. Rundsch." einstweilen Abstand genommen - werden müssen, weil dis für eins solche Münze in Betracht kommenden Metalle zurzeit nicht zur Verfügung stehen. Das neue Stück wird mithin erst nach dem Kriege zur Aus prägung gelangen. Mit seinem Erscheinen im Zahlungs verkehr wird das 2-Pfennig-Stück entbehrlich, da eS zweck- : les ist, zwei Münzen, deren Zahlwert so dicht brisinander i liegt, gleichzeitig im Verkehr zu haben. Auch kann das j I-Pfennig-Stück bei ausreichender Prägung das L-Pfenntg- s Stück vollkommen ersetzen. Rücktritt des Lsssanev OberdüsgermetfLsLs- Der Oberbürgermeister Dr. Kösling in Dessau ist wegen der gegen seins Geschäftsführung erhsbmen schweren Vor würfe vom Amts zurMgetreten. Vor einigen Wochen wurde auf dem Rathaus« über Mittag i« drr LrbenSmtttsl» kbieilung eine Kassette mit 8000 M. gestohlen. Der ge naue Beirag war mangels zureichender Buchung «kcht W ermitteln. Ein Sekretär wurde verhaftet, und erst dab« wurde festgestellt, baß dieser 70 000 btt ?0 000 M. unter- schlagen hatte. Inzwischen tfl noch ein OS-rfskretär ver haftet worden. In mehreren erregten Stadtverordneten- itzungen, an denen auch ein Vertreter der StaatSrrgtsrung teilnahm, kam eS Sann zu schweren Vorwürfen auch gegen den Oberbürgermeister Dr. Ebeling, der seit SS Jahren an er Spitze Dessaus sieht. Graf Luckner, der kühne Führer de, -Seeadler', der auf Neuseeland interniert wurde, ist schnell ebenso volks tümlich geworden, wie der „Emden'-Kapitän von Müller, der als Austauschgefangener auS England dieser Tage in Deutschland eintrifft und eines herzlichen Willkommens sicher ist. Solche zielbewußte Energie, solch wagemutiger See- mannSgeist ward selten an die Ausführung so unglaublich tollkühner Heldenstückchen gesetzt, wie an dis Kaperfahrt des -Seeadler" im Atlantischen Ozean durch Graf Luckner. Graf Felix von Luckner hatte bereits ein bewegtes Leben hinter sich, als er mit feinem Hilfskreuzer, einer in ein Kriegsschiff umgewanbelten amerikanischen Barke, unter der Mask« eines norwegischen Holzdampfers im Dezember 1918 seine acht Monate lange beutereiche Fahrt antrat. Von seinem dreizehnten Lebensjahre an bis etn Jahr vor dem Kriege durste er sein Vaterhaus nicht betreten, weil er dem lästigen Schulzwang« entlaufen und Schiffsjunge geworden war. In Nordamerika lernte er, wie die Voss. Ztg. erzählt, erzählt, alle Wechselfälle deS Lebens, alle Berufe, vom Ringkämpfer bis zum Farmer und zum Kaufmann, kennen. Als Führer des „Seeadler" hat er innerhalb kurzer Zeit wenigstens elf Schiffe im Gesamtwerte von etwa 8 Millionen Pfund vernichtet. Graf Luckner war nach einer Reuter- Meldung mit einigen seiner Leute in einer bewaffneten Barkasse gefangen genommen, aber schon im Dezember aus einem Ort in Neuseeland, wo sie interniert waren, in einer Barkasse und bann in einer erbeuteten Prahm geflüchtet, um einige Tage später auf- neue in englische Gefangen schaft zu geraten. Jetzt wird von ihm das erste Lebens zeichen mitgeteilt. Ehrensalven über ein Franengrab. Mit allen militärischen Ehren wurde in Rostock eine hochbetagte Dams zur letzten Ruhe bestattet, baS im öö. Lebensjahr verstor bene Fräulein Elifs Wille. Sie hatte sich während deS Krieges von 1870-71 der Militärbehörde zur Verfügung gestellt. Als dann bis ersten Schwerverwundsten, nament lich Bayern, «Mraftn, hat sie »IS Pflegerin im UnioerfftStS- KrankenhsusH das als Klarst« di«ntr» mit größter Pflicht- tr«re ihres Amtes gewaltet. Nelche H-ringSUnD« kn Skagerrak und Katte- gat. Aber die Gewässer zwischen Nord- und OM« geht gegenwärtig ein unermeßlich« Hsringssegen nieder. Ein« Rieftnsiolte von HeringbfSngern ist im Skagerrak »nd Katte gat emgetroffkn, wohl üb« 30S Motordampfer, di« »it dem Fang begonnen haben und in der kurzen Zeit ihres Aufenthalt In ben dortigen Gewässern bisher well über 1110 600 Kisten Herings (etwa 116 MMonen Heringch ihrem Element entrissen und zugleich einen stattlichen Mil« itonensewinn he-ausgefifcht haben. Und jeder Tag bringt neue Millwrwn Die zahlreichen minderwertigen Ersatzmittel für fehlende gdrc besonders ««teurrtr hochwertig« Nahrungsmittel haben unzweifelhaft in letzter Zeit dir berechtigte Besorgnis erregt, od das Publikum dauernd auf diesem Wegs von findigen Köpfen geschröpft »erden soll. Polizeiliche Maßnahmen und Eingriffe von Etnährungsbehörden können zwar beson ders bsdsEche Gelundhritrschädigungen und übervor- rstlMgsn de« kaufenden Publikum« «inschränken, aber sie können da« Abel tm ganzen weder ausreichend bekämpfen noch vollständig beseitigen. Diese allgemeine Erfahrung hat in der breitesten Offentlichkeft «in« scharfe Verstimmung gegen Handel und Industrie «rzeugt, insbesondere aber gegen alle Herstell« von solchen Ersatzmitteln, bis kein«! schlichen Ersatz bedeuten. Jetzt hat Professor Paul-München fich laut „Köln. Ziy." mit dieser Frage orschäftigt und bis Bedeutung der em- aehenden Untersuchung der BrotstrsckrmKsmütel, der auSgr- vehntsren Verwertung gewerblicher Nebenerzeugnisse (Bier- bntzach zur menschliches Ernährung und bte Er^ugung neurk Würz« und Genußmittel akS Ersatz der vorläufig noch nicht tn vollem Maße möglich«, Fletschnahrung hervor- gehoben. Sr fordert dis Verdrängung drr schlechten, dir Stoffe fthSLIgonden Waschmittel durch stnen guten Selfen- erfatz, der ans tierischen und pflanzlichen Abfallen der NahrMgLmsitelerzLUgung zu gewinnen ist. Sein Programm läßt erkennen, daß dis Tage des „angeblichen* Ersatzes ge zählt find, so bah wir die Hoffnung hegen dürfen, mit Hilfe der Wissenschaft bald wieder bessr».« War« für gutes Geld «u bekommen. Dies« Wandlung ist dringend notwendig. Von Clara Blüthgen. „Da hilft es freilich nicht. Aber machen Sie sich klar, was Sie möglichettveiss anrichten. Am Ende wird dann die Welt nm einen schlechten Musiker reicher." „Ich vertret' es! Aber nun bin ich ausgerrcht, muß mich auch noch kür Tisch umkleiden. Hier liege ich, zehn Klafter tief in den Brunnen gefallen, wer mich lieb hat, hole mich raus!" Damit streckte sie ihre Hände aus, denen sofort ein halbes Dutzend anderer Hände entgegenkam, doch wußte sie es geschickt so einzurichten, daß die ihren in Harduugs schlüpften, der sie srnporziehen nrußts. Als sie dem Hause zuging, schloß sich, wie selb scher- stündlich, ihr Kometenschweif an — darunter auch Hardung, Biauka blieb allein zurück, zuerst in ungläubigem ^Stau nen, dann in schmerzlicher Empörung. War das möglich? Man ging, wandte ihr den Rücken — kaum daß Hardung ihr eine flüchtige Abschieds-Verbeugung gönnte. All ihr Werben, um seinem Wesen auf die Spur zn kommen, eS fich untertan zu machen, vergebens. War es denkbar, daß ihre Seele, die pch an seiner festsaugen wollte, davon aöglitt, ohne Laß er es überhaupt bemerkte? Woran lag das? Redete sie eins fremde Sprache? Klopfte sie immer und immer an waschlosjener Pforte? Da kommt ein junges Ding, hübsch, dreist, unerzogen mW rnmmt ganz selbstverständlich sich alles hin, was ihr versagt wird. Den ganzen Mann greift sic auf wie ein herrenloses Gut. Und sie, Vianka, muß da? mit ansehen — so unwichtig M sie ihm, daß er sich nicht einmal die Mühe gibt, sein williges Unterlegen nur im ge ringsten zu bemänteln! Wäre ^we würdige Geg- uerin, vor der sie zurückzutretm hatte - Ihre Augen folgten dem Paare, das ein wenig hinter den übrigen gin: sie zwar Sin bißMU, sterfvermg von der Anstrengung des Nadelns, aber mit jeder Bewegung ko- kettierend, werbend, der schmächtige Oberkörper geschmeidig bewegt in einer Grazie, die an die Keckheit der Gasse streifte; er müde, etwas schleppenden Ganges, ober distinguiert, rn einer Art zu ihr niedergebeugt, die nicht allein der Großen- «ntsrsckied bedingte. Zärtlich! Branka scheut« vor asm Worte Zurück, ohne ein anderes, gleich passendes zu finden, 8br Herz zog sich m einem gräßlichen Weh zusammen, Diess ganze Frau eine einzige Dissonanz. Ader sie gleicht Hardungs verstorbener Braut — — die ganze Strahlen glorie der Verstorbenen wird auf das Haupt der Leben digen gehäuft -- vielleicht auch hat Hardung diese Aehnlich- keit nur künstlich konstruiert, um seine Zärtlichkeit mit ei nigem Recht auf sie abladen zu können? Der Gedanke ver ursachte ihr eine ohnmächtige Verzweiflung, es überfiel sie wie ein Schwindel, so daß sie die Augen schließen und die Hände um die Armlehnen ihieZ Stuhles krallen mußte, um der Empfindung, als werde sie gehoben und in Wellen- linren durch dis Lust getragen, zu begegnen. Mit diesem Mann, den sie mit der Kaprice einer Nervösen als Mittel- punkt in ihr Leben gestellt hatte, fiel alles, waS ihr dies Leben lebenswert hatte erscheinen lassen. „Ich sterbe daran" sagte sie mit «Maßten Lippen, als wsnn sw sich einem fhatum beuse. Mit zitternder Angst hatte Bianka der UrHMgSskund« gedacht, zu der Frau Schulze Hardung gepreßt. Die Mittagstafel hatte ihr keine Möglichkeit für irgend- welche Beobachtungen geboten, denn dis junge Frau saß unter den später Angekommenen, den Demidows und ei nigen anderen, ziemlich weit von ihr selbst, wie von Har dung und Dr. Schröder entfernt, Mit einer unheimlichen Lebendigkeit hatte Frau Anni ihre Nachbarschaft unter halten, dabei waren ihre Wangen tiesrot gefärbt gewesen, hatten ihre blauen Augen in einem seltsamen Feuer ge glüht. Sie sah dabei wunderschön aus, Bianka hatte eS mit einem Stich im Herzen zugegeben. Später hatte sie feige auf ihrem Zimmer gesessen, klopfenden Herzens darauf gehorcht, üb vom Saale her die süße, verhaßte Frauenstimme töne — ob sie M den ge fährlichen Pausen abbrechen würde, in denen die Lektion einsetzts. Als alles still geblieben, war sie hinuntergeschlichen in den Garten, und dort war man ihr sofort damit ent- gegengskommen, ob sie es schon wisse, Frau Schulze sei erkrankt, liess mit Fieber im Bette. .Hal«- oder Mandelent- - zuuvuug, lÄensallS «ine ErMtuugskrankhsit, die sie sich morgens barm Radeln ««holt. Dor Doktor sei «ben zum zweiten ML« z» ihr gegangen, fvnst dürfe ab« niemand hinauf. MS der Doktor dann wukd« er umringt, bestürmt. ' Mit dem beruhigenden Lächeln, mit dem Aerzte ganz besonders dann, wenn sie zugleich SanatoriumSbesitzer sind, über das Ergehen ihrer Patienten Auskunft erteilen, ver sicherte der Doktor, daß die Sache ganz, ab«: auch absolut bedeutrnrgslos sei, mit zwei Dagen Bettruhe, einem Prieß- nihnmschlag und ei« paar Alaungurgelungen sei alles zu kurieren. Fron Schutze gehör« «bon auch zu jenen, dis niemals lernen, auf sich zu achte» »nd eiiwu Sanatoriums- aufenthalt ernst zu nehnwn. Tas Ergeb» is wnrds weiter dmÄMfprochen im Garten, An der Tat: wie ka»n diese funße Frau auch das Radfahren so forcieren, und immer mit dem seiden mngen Manns zusaminen > Ob der Gatte davon Wohl «ine Ahnung hat?, Ueberhau.pt, ihr Benehmen ist doch reichlich frei und ber- auSfordcnd, eine alleiursisende Frau täte besser, sich etwas zurückzuhaften, alH sich in dieser ausdringlichen Weise zum Miiklpuirkt zu machen. Allzuweit her schein« es ja mit -er Krankheit und Sanatoriumsbedürftigkeit nicht zu sein. Bianka griff hier und dort Bruchstücke der Uut-erhaftuuxß auf: das aiso'rst LaS Urteil über den verzogenen Liebling; ein Nachmittag des Fernseins, und alle die SchmeüHelnsn Md Liebenswürdigkeiten schlugen in das Gegenteil mn -— Das hinderte jedoch nicht, daß, als die Krankheit von Frau Anni Schulze sich noch ein paar Tage in gleicher Weiss hinzog, man.sich recht geflissentlich mn sie bemühte. Eine Beileidsadresse, von der ganzen Gesellschaft unter schrieben, wurde geplant scheiterte aber daran, daß niemand sich dazu hergkben wollte, sie abzufassen. Dagegen kam ein KollÄtivstrauß glücklich zusammen, ein Riesenbukett, für das jeder eigenhändig ein paar Blumen hatte pflücken müssen. Fmu Demidow, der endlich der Doktor den Zutritt gestattet, wurde als Ueberbringerin ausersehen. „Wie ein Engel, genau wie ein Engel sah sie aus in ihren.weißen Kissen und Spitzen, Md dazu diese rührende kmduche Freude!" berichtete'sie pach ihrer Rückkehr. u.g, j
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