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Medergewonnene Ehre. Don Herrmann v. Teutschenthal. (Nachdruck verboten.) Der elfjährige Hans Hungermann war todmüde von all der Arbeit, die er im Laufe des Tages geleistet hatte, nach Hause gekommen, asz chneil sein dünnes Süppchen, in das er sich sein Stück Brut hineingebrockt hatte, und kroch in sein armseliges B ttchen. Er war der sechste Junge des Schaffners Hunger» mann, der tagsüber nie zu Hause war, da er dann stets im Eisenbahnkienst staub, Kani er mal über Tag heim, so aß der müde und abg hegte Mann etwas und legte sich dann schlafen, denn zur Nacht mußte er an solchen Tagen wieder in den Dienst. Hans war ein sehr begabter Junge, und da batten denn die Lehrer dem Vater eingeredel, er müsse ihn aufs Gymnasium geben, unü bas war nun geschehen: wenn auch kein Schulgeld zu bezahlen war, so kostete das „Studieren" doch allerhand Geld, und der Junge mußte doch auch leidlich anständig ungezogen gehen, denn gar zu armselig, mit bloßen Füßen im Sammer oder mit Holzpantinen im Winter durste er in dem feinen Haus, dem Gymnasium, nicht erscheinen. Und so verdiente er sich als Laufjunge in se neu freien Nachmittagsstunden die nöligen Nebengroschen und lieferte der armen, fleißigen Mama noch dauernd etwas ab. Er machte Gange für ein großes Geschäft in der Stabt, und da gab man dem Knaben auch manchen Groschen so nebenher, wenn er bescheiden, seine bunte Pennä'ermüße in der Hand, draußen auf dem Flur der Häuser stand unü dann das Bestellte mit den Worten abgab: „Eine schöne Empfehlung von Herrn Eichhorn, und er schickt die Sachen;" dann freute man sich über den munteren Knaben, gab ihm dies und jenes, und mit strahlenden Augen sprang er gleich darauf wieder die Treppe hinunter zu neuen Gangen. Kaufmann Eichhorn hatte zwei Jungens, Zwillinge, die äußerlich kaum zu unterscheiden, aber innerlich voll kommen entgegengesetzt geartet waren; Heinrich war freundlich und gutartig, mohingegeben Hermann ein rich- tiger Tunichtgut im bösen Sinne war, da er Menschen und Tiere gern quälte. Als er einmal nach den Pferden des väterlichen Geschäftswagens mit einem Stock stach, an dem eine spitze Nadel war, und sich die armen Tiere vor Schmerz nicht retten konnten, losschlugen und dann mit dem Wage» davonjagten, hierbei den Burschen über- fuhren, und Hans dazukommend sah, daß dem heulenden Bengel gar nichts passiert war, meinte er: „Schade, daß dir nichts geschehen ist!" „Darüber geriet Hermann so in Zorn, daß er brüllte: „Halt du dein Proletariermaul, du dreckiger Pennälerlauf bursche l" Aber ehe er weiterkam und mit seiner Giftzunge dem armen Hans noch wehe tun konnte, hatte ihn der am Kragen gepackt und nach rechter, echter Iungenart mörderisch verdroschen. »Ich sag's Batern, daß er dich gleich rausschmeißt l" schrie Hermann Eichhorn wie toll und wild und stürzte ins Kontor, um dem Herrn Papa sein Leid zu klagen; der kam in den Hof heraus und schimpfte den Hans tüchtig aus: „Froh solltest du sein, daß man dir armen Burschen was zu verdienen gibt, stattdessen wirst du frech und " „Na, da kann ich ja gehen; wenn Sie aber Ihren Wagen mit den Pferden " „Wo ist der?" schrie der Kaufmann. „Da hinaus — ja, da hinaus!" brüllte der Ver prügelte, „der Hans * „Was, der Hans?" rief nun hinter ki iem Sack hervor springend der Heinrich, „du bist es gewesen, du, lüg' nicht und sei so gemein, den Hans falsch anzuklagen I" Al» der zertrümmerte Wagen und die verletzten Pferde von dem Kutscher, der aus dem Kontor, in dem er zu tun gehabt hatte, stürzend, wieder eingefangen im Hof standen, wußte der Vater Bescheid. Hans blieb, und aus dem Kontor heraus hörte man das Brüllen des Her man», an dem der Vater recht energische und fühlbare Erziehungsversuche vornahm. Diese Mordskeile, die Hermann Eichhorn da erhalten hatte, vergaß und verzieh er dem Hans Hungermann nie, und Tag und Nacht sann er auf Rache, die er an dem Kameraden da nehmen könnte. — Monate waren seit jenen: Vorfälle vergangen, als Hans wieder einmal todmüde an, Abend heimkam. Der Vater war heute noch nicht nach Hause gekommen, ob gleich sein Zug, mit dem er fuhr, bereits vor drei Stunden hatte einlaufen sollen. Es wurde später und später, und da kam der älteste Sohn, der Arbeiter auf der Maschinenwerkstatt war, mit bleichem Gesicht heim; er brachte die Nachricht, daß der Vater aus dem Zuge ge stürzt, von einem entgegengesetzt kommende» erfaßt und überfahren worden sei. Die Frau brach schluchzend zu sammen. — Und dann hatte man ihr auf der Eisenbahn bedeutet, daß es noch nicht einwandfrei festgestellt sei, ob der Mann im Dienst oder aus Fahrlässigkeit verunglückt sei, und darnach richteten sich auch die Begräbniskosten; vorläufig müsse sie sie selbst tragen. „Hans, geh mal zu Herrn Eichhorn und frag' ihn, ob er uns die 200 Mark Begräbniskosten leihen will, wir zahlen's ihm monatlich ab", sagte sie darauf ruhig zu dem Knaben. Der Junge ging zu dem reiche» Kaufmann; der aber handelte erst lange herum; schließlich sagte er: „Gut, wenn du ganz als Lehrling in mein Geschäft eintreten willst, dann will ich's tun, aber das Gymnasium mußt du natürlich darangeben. Im übrigen ist das für einen aus deinen Kreisen sowieso nichts R chtes, da hinein, in die guten Schulen, gehören nur unsere Jungens!" Hans fing bitterlich an zu weinen und sagte, er müsse erst seine Mama fragen. In dem Augenblick trat Frau Eichhorn herein und teilte ihrem Manne mit, daß ihn hinten im Probierzimmer der Weine ein Geschäftsfreund erwarte. „Geh nur," meinte sie, „ich bleibe inzwischen hier, wie ich's ja schon oft getan Habel" »Ja! Hier, da ist die Kasse," sagte er im Fortgehen und wies auf die offene auf dem Tische stehende Kassette hin. Dann eilte er hinaus, und gleich darauf kam Her mann herein. Scheu sah sich der Knabe um, erblickte das viele Geld und sah den heftig schluchzend dastehenden Schulkameraden an. Ohne ihm ein gutes Wort de« Trostes zu sagen, eilte er dann schnell wieder hinaus. Nun erst sah Frau Eichhorn das weinende Kind, und al» sie ihm gut zugeredet hatte, ihr doch sein Leid zu klag n, da rückte er mit der Sprache heraus, und sofort war sie bereit, der armen Familie zu helfen. „Da hast du die 200 Mark, ich leg' sie hernach wieder in die Kasse hinein; ich nehme sie von meinem Ersparten. Sag' deiner Mutter, daß sie 's nur zurückzuzahlen braucht, wenn sie 's wirklich übrig hat. So, da hast du noch 200 Mark dabei, ihr Aermsten werdet etwas brauchen, wo s jetzt am Ernährer fehlt. Auf dem Gymnasium bleibst dul" Hans schluchzte einen Dank und stürzte hinaus. Ihm war eine Zentnerlast von: Herzen gefallen. Frau Eichhorn schrieb dann auf einen Zettel: „Ich Habs für die armen Hungermanns 400 Mark aus der Kasse genommen. Rückzahlung erfolgt heute mittag aus meiner Privatkasse. Datum und Unterschrift, wie sie es schon des öfteren getan hatte. Sie saß noch eine Weile da. Plötzlich fühlte sie sich schlecht. Hermann kam ins Kantor, und sie hieß ihn, ihr ein Glas Wasser holen. Als er damit wiederkam, lag sie am Boden, und der sonst schon immer leidende» Frau stürzte ein dicker Blutstrom aus dem Munde. Man brachte sie sofort nach oben in ihre Wohnung. In der furchtbare» Aufregung hatte niemand weder an die Kasse gedacht, noch auf Herman» achtgegeben, und so hatte denn auch kein Mensch bemerkt, w:e der Junge de» Zettel wegnahni u»d mit einem bösartigen Lachen in seine Tasche steckte. Erst als man wußte, daß Frau Eichhorn tot war, eilte der erste Buchhalter wieder ins Kontor des Herrn, und da sah er denn die noch immer offen stehende Kasse. Er verschloß sie und über gab sie später dem heimgekehrte» Kaufmann, der nach alter Gewohnheit sofort den Bestand durchzählte. 400 Mark fehlte». Erst »ach zwei Tagen wa^te Hermann, der sich vor. länfig ganz still gehalten hotte, den Verdacht auf Hans Hungermnnn zu lenken, und der Alte glaubte nach den angestellte» Nachforschungen zu gerne an diese Lösung. Er entließ den Knaben sofort und machte dem Direktor von dein Vorfall umgehend Mitteilung. Der ließ den Knaben zu sich kommen und fragte ihn, ob sein Vater schon he rdigc sei, und als Hans unter bitteren Tränen nickte, begann der kluge Schulmann das Verhör von d r anderen Seite, wie es der Kaufmann wahrscheinlich ge tan hätte. „So, so, also die Eisenbahnverwalt >ng hat euch nun das Geld gegeben?" „Nein," antwortete Hans, den Kopf schütte'nd, „das hat mir die gute Fra» Eichhorn geschenkt, gerade als sie dann nachher so blutüberströmt Hinsiel. Auch einen Zettel legte sie in die Kasse, das hab' ich noch ganz genau ge sehen, und daun stürzte sie hin. Ich hab' um .Hilse ge rufen, und als man sie hinausgettage» hatte, ging ich fort. Der Hermann Eichhorn ist dann ins Kontor ge gangen, das leer war." „So, und weiter hast du nichts zu sagen?" „Nein, nichts, Herr Direktor!" „Hm, der s err Eichhorn meint aber, du habest dir das Geld ein ach genommen!" „Wl i i—le? I—i—i—ch? Nein, nie, Herr Di rektor!" sagte der Knabe ganz erstaunt und hörte in dem Augenblick zu weinen ans, uni dann abei uni so desligel losMchinchzen. „A-a—ah so, dm um hat er mich ent lassen! Aha, ja, nun weiß ich es! So 'ne Gemeinheit! Ja- bin ehrlich! Wahrhaftig, ich bin's! Ich hab' noch nie jemanden bestohlen." So jammerte der Junge. Dem Direktor war klar, daß der Knabe da vor ihm die volle Wahiheit gesprochen hatte, und er ließ sich den Hermann Eichhorn einmal komme». Hans mußte ins Neben- zimmmer gehen und sollte La still warten. Das tat er auch. „Nun, Hermann Eichhorn," begann der Direktor, „du weißt, daß deinem Vater Ge!d genommen worden ist ?" „Ja, Herr Direktor," antwortete der Knabe wichtig, „der Hans Hungermann war's, der war ja allein im Kontor." „Hm, so, hast du das gesehen?" sagte er streng und sah den dreist vor ihm stehenden Knaben zornig an. „Weißt du, was du mit den Worten sagst?" „Ja", antwortete der Junge trotzig. „Hermann Eichhorn, hüte dich! Wir alle kennen den Hans Hungermann als einen braven und ehrlichen Schüler, und wenn er das wäre, was du ihm nachsagst, so hätte ihn dein Later nicht fast drei Jahre als Laufjungen be halten! Also überlege dir deine Worte, mein Jungchen!" Aber der Knabe blieb verstockt und war nicht anderen Sinnes zu bekomme». So entließ ihn der Direktor und rief dann den anderen wieder herein, zu dem er dann sagte: „Hans Hungermann, ich glaube dir! Du bleibst auf der Schule!" Und er blieb und machte seinen Lehrern viel Freude, mehr als sein Klassenkamerad Hermann Eichhorn, der es nicht hatte unterlassen könne», ihn bei seine» Mitschüler» des Diebstahls zu bezichtigen. Fast hatte diese Bosheit und Niedertracht dem reichen Kaufmannssohn seine Ent fernung von der Schule gekostet. Im Offenen tat er nun freundlich und schön mit dem anderen, denn sein Bruder Heinrich war Hansens einzigster, aber dafür auch verläß lichster Freund. Er half ihm über manche schwere Stunde hinweg. — Nun waren sie schon alle in Prima, kamen eben aus den Sommerferien, La brach der große Krieg aus. Wie alle kriegsbegeisterten jungen Leute, so meldeten sich auch die drei sofort als Freiwillige und kamen zum selben Regiment und sogar zur selben Kompagnie. Aber auch dorr konnte, trotz der Größe der Zeit, Hermann Eichhorn seinen Haß gegen den Proletarier nicht ganz unterdrücken und deutete die Diebsgeschichte hier und da erzähiungsweise an. Man mied auch hier den Freiwilligen Hungermann. Dann kam die erste, große Schlacht droben in Flan- d"», bei der ein Teil der Blüte der deutschen gebildeten Ili.end das weite Schlachtfeld deckte. Auch Hermann O ichhorn lag bleich und tot auf der Wahlstatt. Als man dem Bruder die bei ihm gefundenen Papiere übergab, sand er unter anderem auch einen vergilbten Zettel dabei. Es war Frau Anna Eichhorns Quittung über die 400 Mark. Der Ueberlebende überreichte dem Freunde da» Papier, der starr darauf blickte und dann nur leise sagte: „Wie furchtbar, mit einer Lüge in den Tod gegangen zu sein!" Hans' Vorgesetzte erfuhren auch den Sachverhalt, und noch am selben Tage,Erhielt der tapfere Iungf»das Kreuz von Eisen, und man ernannte ihn zum Unteroffizier und — Lffizierafpiranten. s Merlei aus nah-und fern. — Derxmärkische Fleischer und die Franzosen. Eine Chronik aus dem Jahre 1807 berichtet: Nach dem Frie den zu Tilsit vom Juli 1807 kamen auf dem Rückmärsche französische-Truppen durch ein märkisches Landstädtchen und drei Chasseurs erhielten Quartier bei einem Fleischer angewiesen. „Schon wieder Einquartierung?" rief der Fleischer unwillig, „und drei Mann auf mein kleines Haus!" Er war auf dem Hofe mit dem Schlachten eines Ochsen beschäftigt, worin ihn zwei Gehilfen unterstützten. Er befahl nun der Magd, den ungebetenen Gästen Wurst vorzusetzen, dazu Brot und Schnaps. Bald darauf ent stand ein großer Lärm in der Stube und die Magd kam voll Schrecken zurückgelaufen und erzählte, die Franzosen hätten das Essen und das 'Geschirr zur Erde geworfen und drohten, alles entzwei zu schlagen. Der Fleischer blieb^ganz gefaßt, verließ die ^Schlachtbank, nahm ein großes Wurstmesser zurlHand und trat mit bluttriefenden Armen in das Zimmer. Seine beiden Burschen folgten ihm im gleichen Aufzuge und aus dem Fuße. Die über mütigen Franzosen sahen erstaunt empor, doch der Flei- scher schwang das Messer und trat dicht vor sie hin. „Nun frage ich, ob ihr die Wurst aufheben wollt?!" donnerte er ihnen zu und begleitete diese Aufforderung mit der entsprechenden Gebärde. Die Gäste zögerten nicht und begannen die Trümmer aufzulesen. Aber der Fleischer war noch nicht befriedigt. „Nicht genug I" schrie er, „ihr sollt sie auch auffressen!" Etwas zögernd gingen die Gäste ans Werk. 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