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Die Zungen. Von A. Ostla nd. (Nachdruck »«rbolen.) Ihr alle habt natürlich Onkel Theo nicht gekannt I Wie solltet ihr auch? Es kannten ihn ja überhaupt nur sehr wenige Menschen, denn er war ein bißchen „beson ders", wie er selbst sagte, und er lebte sehr zurückgezogen in seiner schönen Hellen Wohnung, welche so koch lag, daß man von ihren Fenstern aus weithin sah über alle die Dächer und Kuppeln und Türme unseres lieben Wien und der Blick immer noch weiter fliegen konnte, bis dort hin, wo sich das blaue Bergrund um das steinerne Meer schließt. Bon daher kam in der schönen Jahreszeit ein warmer, süßer Hauch, wie von üppigen Blumenwiesen, die eingebettet liegen zwischen den grünen Beständen unserer Wälder. Wenn der Herbst einzog ins Land, dann brannten die Bäume in hochroten und goldgelben Farben, und im Winter standen ganze Eisblütenfelder am Fenster in einer schimmernden, glitzernden Pracht, als seien hunderttausend kleine Diamanten verschwenderisch nus gestreut worden. Dann sang drinnen im wohlgeheizten Zimmer der hochgelbe Kanarienvogel noch einmal so laut und einschmeichelnd; der kleine, mausgraue Kater, welcher sich seltsamerweise ganz prächtig vertrug mit dem ge fiederten Sänger, schnurrte auf seinem Fensterplatz, und alle die Bilder an der Wand über dem großen Schreibtisch lächelten. Bor allem das Bild von Onkel Theos frühverstorbener Frau und jenes seines jungen Bruders, der Anno 1866 gefallen war. Dann war da noch ein Bild: Ein prachtvoller Männerkopf unter einem Tirolerhut. Darunter stand mit einer feinen steifen Schrift, welche mit blondschimmerndem Haar nachgezogen worden war: „Hubert Ullrich. Gestorben 1809 für sein Land." Jener „Hubert Ullrich" war ein Großoheim Onkel Theos gewesen, und dieser erzählte noch oft in stillen Dämmer stunden dem jüngnen Geschlecht von den Heldentaten des Abnen. Gegenüber hing das Bild eines blühenden Mädchens. Das war die Braut des Hubert Ullrich. „Die war auch dabei beim großen Freiheitskampf," pflegte der alte Herr zu sagen — „hat Steine herbeigetragen und Stutzen geladen und wohl auch manchen selber abge schossen. Geheiratet hat sie aber nie mehr. Sie hat halt auch nicht vergessen können —" Immer bin ich als Kind so gerne die vier Treppen zu Onkel Theo ernporgelaufen. Dann kam die Zeit, da ich ruhiger gehen lernte. Und dann wurden mir manch mal die vielen Stufen ein wenig beschwerlich. Nie aber erschienen sie mir so hoch und steil, als an jenem grauen Vorfrühlingstag, da ich Onkel Theo es „langsam bei bringen" sollte, daß sein Lieblingsenkel, der jüngste Sohn seiner einzigen Tochter, den Heldentod erlitten habe für seinen Kaiser und sein Reich. Es erschien mir ja selbst so ganz unfaßbar, daß dreier schöne, blühende junge Mensch weggelöscht sein sollte aus dem bunten Leben. Aber als ich endlich droben war und eintrat in das Helle Zimmer, da sah ich es gleich, daß er schon wußte, was ihm ihm hätte sagen sollen. Die kleine, magere Ge stalt schien gebückter, das weihe Haar lag etwas weniger sorgfältig geordnet um seinen Kopf, und die schönen, noch immer feurigen Hellen Augen blickten trübe. Neben ihm saß sein ältester, einziger Freund, der Doktor Rasmus Lund. Der hielt die schmale, zittrige Hand Onkel Theos fest zwischen seinen großen Fingern, und manchmal strich er mit der Linken zärtlich wie eine Mutter über die Stirn des andern. Es wa r kein lauter Schmerz in diesem Zimmer. Aber eine großeStille herrschte darinnen. Und dann stau dOnkel Theo plötzlich auf, nahm das Bild des schönen jungen Enkels von der einen Seite des Schreibtisches, wo es immer ge standen, weg und stellte es gerade unter die kleinen, leuch tenden Miniaturen jener andern, welche so früh abberufen wurden. „Die Iunggebliebenen! Die Ewigfungen!" sagte der alte Mann mit einen: stillen, ernsten Gesicht. Der Doktor nickte. „Sieh deine Frau an, wie sie lächelt!" sprach er. Onkel Theo sah auf die Bilder und nickte. „Sie sind gleich alt — Großmutter und Enkel. Beide vierundzwanzig, als sie ans dieser Welt gingen." Er verl or sich in ein tiefes Nachdenken, und der andere Uör^ tu- Zwei weiße Kopfe neigten sich gegeneinander. Manch mal wurde ein Wort laut. Das sind Stunden, wo kein Dritter mitsprechen soll, wenn «alte, treue Freunde so miteinander Zwiesprach halten. Ich trat ungehört ins Nebenzimmer. Da saß die junge Lisbeth Kern, ein Väschen. Sie hatte den schlanken Leib zusammengebogen wie unter einem jähen Schmerz und weinte, hoffnungslos und wild, wie man weint mit achtzehn Jahren, wenn das Schicksal seine schwere Hand zum erstenmal in unser Leben streckt. „Ich hab' ihn so lieb gehabt!" schluchzte sie immer wieder. „So lieb!" Ja. Das hatten wir alle gewußt, daß diese beiden Jungen einander gut waren. Ob sich eine Zukunftshoff nung daran hätte knüpfen lassen, das blieb nun wohl für ewig unentschieden. Neben Lisbeth stand der ältere Bruder des Gefallenen. Ein ernster, gütiger, tüchtiger Mensch, dem allerdings das Glänzende, Sprühende des Toten fehlte. „Bruno!" sagte das Mädchen leidenschaftlich. „Ich vergesse ihn nie! Nie!" Da trat in sein offenes Gesicht ein weher Zug. Die Alten kamen herein. Onkel Theodor sah scharf von einem zum andern. „Wer könnte die vergessen, die so jung hinübergehen müssen?" fragte er. — „Alle diese unerfüllten Zukunfts wünsche, alle die Unruhe und Sehnsucht dieser heißen Herzen — all die flammende Begeisterung, der Opfermut, die Entsagung: Das läßt sie jung bleiben, wenn alle anderen altern." Doktor Rasmus Lund sah jäh mit einem Aufblitzen in seinen schönen Augen hinüber zu dem Bild der jungen Großmutter. Das war ein seltsames Grüßen von dem Lebenden, Alten zu der längst Stillgewordenen. Onkel Theo sah de» Blick auch. Und plötzlich stand ein scharfer, gespannter Zug in seinem blassen Gesicht. Das alles ist nun zwei Jahre her. Ueber dem Grab des jungen Helden blülcken die Sommerblumen, und der Winterwind sang ihm einen Gruß aus der fernen Heimat 'N. Wir alle hatten in diesen beiden Jahren so Unge- h-usrliches erlebt, daß jenes Einzelschicksal fast versinkt in dem Strom der neuen Ereignisse. Und in diesem Strom versank auch das Erinnern an manchen Gedenktag. Und doch berührte es mich eigentümlich, als ich letzthin in einem Gebetbuch, das noch von Onkel Theos Frau stammt, ein Datum fand. Der Tag ihrer Hochzeit war da ver merkt; die Stunde. Und das war eben fünfzig Jahrs her. Eine goldene Hochzeit wäre geleiert worden, wenn nicht die schöne, junge Frau sich schon so lange fortgestohlen hätte ans dieser unrnhsvollen Welt. Um fünf Uhr na h nittazs waren sie dereinst ge baut worden. Und gerade nm die Stunde ging ich zu )nkel Theo. (Schluß folgt.) Hauptgewinne der K. G Landeslotterie. (5. Klasse. Ohne Gewähr.) Ziehung am 17. Oktober. 200 000 Mark aus Nr. 83421 5000 Mark auf Nr. 1 4082 44584 3000 Mark aus Nr. 9845 13696 26564 27755 43023 43139 47854 55423 55087 58333 59590 63308 65280 65363 76106 78826 82219 83699 90692 92888 103363 Ziehung am 18. Oktober. 30000 Mark auf Nr. 65065 20000 Mark auf Nr. 90571 15000 Mark auf Nr. 71456 3000 Mark auf Nr. 1159 3565 6477 13411 13560 15021 24439 31742 3494^ 45150 53095 53525 62334 65883 69928 73509 81234 87394 88627 92547 100917 103519 104761 104819 105522 106050 106902 Ziehung am 19. Oktober. 5000 Mark o ck -^872 2^71 39957 3000 Mark auf Nr. 333 1192 1614 7176 11206 15909 18762 20842 27923 35746 38477 39115 39260 46817 49668 51488 65197 66374 71732 84160 88279 91122 92079 94255 97231 98361 98665 Ziehung am 20. Oktober. 15000 Mark auf Nr. 9620 10000 Mark auf Nr. 41044 5000 Mark auf Nr. 57361 80543 3000 Mark auf Nr. 7033 7537 8246 11625 15266 22697 35163 41035 41332 42520 42919 47228 49570 49846 53335 57481 77662 81918 84286 94304 101313 Ziehung am 22. Oktober. 3000 Mark aus Nr. 2598 4485 6353 11209 13392 19069 20481 27010 27961 28290 35001 36997 39697 42194 51653 53641 54963 62437 72092 73609 79990 86514 97809 99299 101516 Ziehung am 23. Oktober. 10000 Mark auf Nr. 16699 101886 5000 Mark auf Nr. 55846 84424 86849 3000 Mark auf Nr. 6405 6992 10727 11332 21978 24921 28781 32083 40036 46194 46382 58542 60176 70334 80531 87654 90800 93605 94593 100226 108680 Kleine Nachrichten. Unsere Unterseeboote haben im Seesperrgebiet wieder 61 000 Tonnen versenkt. Im September sind 672000 Tonnen versenkt worden, wodurch sich die Gesamtbeute seit Beginn des verschärften Unterseekrieges auf 6 975 000 Tonnen erhöht. Ueber die innerpolitische Krise sanden im Reichs tagsgebäude Besprechungen der Mehrheitsparteien unter Teilnahme der Nationalliberalen statt. Die englische Regierung beschlagnahmte mehrere Schiffsladungen für die schwedische Armeeverwaltung be stimmter Wolle in englischen Häfen. Die „Nordd. Allg. Ztg." nimmt in einer Erklärung Stellung zu den Kriegszielen des Petersburger Arbeiter und Soldatenrates. Aus Lier- und Pflanzenreich, „künstlichr" Goldfische. Die Goldfische, die in unseren Aquarien ohne Still stand und Ruhe ihre melancholischen Bahne» ziehen, haben einen um so größeren Kaufwert, je glänzender und gescheckter ihr Schuppenkleid ist. Gewisse Exemplare sind geradezu unbezahlbar, und nur Krösusse oder Kriegs gewinnler können sich den Luxus leisten, ihre Bassins mit diesen seltenen Kaltblütern zu bevölkern. Trotzdem gibt es Mittel, um den Goldfischen auf „künstlichem" Wege die so geschätzten Eigenschasten zu verleihen. Ja, es gibt in Si zilien förmliche „Coldfischfabriken", in denen die Tierchen ganz komplizierten Methoden unterworfen werden, nicht nur um ihnen Glanz und geschecktes Aussehen zu ver leihen, nein, hier werden sogar Fische, die sich nie im Leben ein Goldfischdasein hätten träumen lassen, in buntjchiminernde Schuppenpanzer aller Nuancen ge kleidet. Zunächst werden die jungen Tiere in seichte Bassins bei vollem Tageslicht ausgesetzt, und zwar in Wasser, das mit Kreide und verschiedenen Eisen präparaten gemischt ist. Hier wird die Haut der Fische gewissermaßen unempfindlich gemacht, so daß sie dann sür die weiteren Prozeduren geeignet ist. An - diesen nehmen nur die robustesten von ihnen teil, sie bestehen nämlich in Bädern von Gallnuß, Eisen und Tannin. Die schwächlicheren Tiere gehen in diesem Gemisch unweiger lich zugrunde, die kräftigeren dagegen nehmen, zunächst in der Gegend der Schwanzflosse, eine bunte Färbung an. Neue Bäder mit anderen Ingredienzien wechseln mit den beschriebenen ab, und diese plötzliche Veränderung bewirkt, daß die Tiere schließlich ein ganz buntes und ge schecktes Schuppenkleid aufweisen. Die „gelungensten" der armen Tiere weisen rote und schwarze Färbung auf, manche aber gleichen in ihrer Farbenzusammenstellung der deutschen Reichsflagge, denn sie sind gleichmäßig schwär» weiß und rot. U Von Nontag, äen 22. Oktober D M 1917 ab ist unsere krasse nur nocb M I vormittaSs von 9-l Ufir U U ZsMnst. W M »W- Nacbmittag8 g68cbl0886n. -WS Z ß »Müs M » «s» I M ll6p08iikNKü886 vtzUbtzN. M UWDWMVUMMM8 (Etbot 8p6LbtritS. Sonntag, den 28. Oktober: Kalle u. warme Küeke, ff. Weine u. kiere. — k86I-eniV6l'N6. — Hierzu laden freundlichst ein M. u. lWW^ MiWllsüMkl nur noch diesen Monat bei Der neue Buch-Roman Der Berg-es Ws von Anny Wothe ist bis Heft 8 vorrätig und zum Preise von l5 Pfg. pro Heft in unserer Geschäftsstelle zu haben. Preiswerte Papiergeld-, Aries- u. 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